Jurij Al’sic

Jurij Al’sic

Jurij Alschitz bzw. Jurij Al'šic (kyrillisch Юрий Альшиц; * 9. August 1947 in Odessa, Sowjetunion) ist ein seit 1992 in Berlin lebender und arbeitender Theaterregisseur.

Dr. Jurij Alschitz Portrait

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jurij Leonowitsch Alschitz ist der Sohn der Schauspielerin Raisa Stavitskaja und dem Bühnenbildner Leon Alschitz. Er wuchs in einer traditionsreichen Theaterfamilie auf. Jurij Alschitz ist heute für seine besonderen und eigenwilligen Wege der praktischen Theaterforschung bekannt: Theorie und Praxis für neue Methoden des Schauspieltrainings, und für neue Wege in der Regiepraxis, in dessen Mittelpunkt die schauspielpädagogische Arbeit steht. Eines der Merkmale seiner Forschungs- und Unterrichtspraxis ist die Vereinigung der verschiedenen westeuropäischen Wurzeln mit denen des russischen aber auch des fernöstlichen Theaters.

Prof. Dr. phd Jurij Alschitz ist Doktor der Philosophie, Fine Arts. Schauspielpädagoge, Wissenschafter in der angewandten Theaterforschung, Regisseur, künstlerischer Leiter der European Association for Theatre Culture.

Erste Theatererfahrungen

Der lange Weg zum Lehrer und Wissenschaftler im Theater begann mit dem Studium der Regie an der Moscow State University of Culture and Arts von 1969 bis 1973. Jurij Alschitz studierte dort bei Prof. J.N. Malkowskij, einem direkten Schüler von K.S. Stanislawskij und Prof. Oleg Koudriachov. Nach zahlreichen Inszenierungen an staatlichen Bühnen in Moskau, Kiew, Odessa, Riga, u.a. entschloss sich Jurij Alschitz zu einem zweiten Studium, um seine Regiekunst zu verfeinern: am GITIS – der russischen Akademie für Theaterkunst unter Prof. M. Budkewitsch and Prof. A. Vasil’jev, wo er von 1989 bis 1992 selbst unterrichtete. 1987 war Jurij Alschitz Mitbegründer des Theaters ”Schule der Dramatischen Kunst - Anatolij Vasil’jev”. Dort arbeitete er zunächst als Regisseur und Schauspieler, konzentrierte sich aber im Lauf der Jahre mehr und mehr auf pädagogische Aspekte und entwickelte dort seine eigenen Trainingsmethoden. Bis 1989 absolvierte er weitere Meisterklassen des Kulturministeriums der UdSSR für „Regie-Pädagogik“ an der „Schule der Dramatischen Kunst“. Als Pädagoge und Schauspieler war Jurij Alschitz an der legendären Produktion „Sechs Personen suchen einen Autor“ von Luigi Pirandello unter der Regie von Anatolij Vasil’jev beteiligt und besuchte weltweit Festivals wie das Festival von Avignon, das London International Festival of Theatre, die Berliner Festspiele, die Wiener Festwochen, die Salzburger Festspiele und viele weitere internationale Theater-Festivals. Die praktische Erfahrung als Mitglied eines einzigartigen Ensembles wie dem der ”Schule der Dramatischen Kunst“ und die Beschäftigung mit der Persönlichkeit des Schauspielers als Künstler im europäischen Vergleich seit 1992, fanden ihren Ausdruck in der Dissertation „Ensemble und Persönlichkeit – ihre künstlerische und ethische Beziehung“ an der Russischen Akademie für Theaterkunst – GITIS 2003.

Lehrer in Europa

Mit der Übersiedelung nach Berlin 1992 verlegte Jurij Alschitz seinen Arbeitsschwerpunkt endgültig auf die Ausbildung, vor allem auf die Fortbildung von professionellen Schauspielern und Regisseuren sowie auf die Entwicklung einer vermittelbaren Pädagogik und die Methodik für Schauspiellehrer. Damit begann auch die Phase intensiver praktischer Forschungsarbeit. Zunächst nahm er die vielfältigen Angebote aus Deutschland, Dänemark, Frankreich, Italien, Norwegen, Schweden und Spanien wahr und unterrichtete an Institutionen wie der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (Stuttgart), der Folkwang Hochschule (Essen), der Hochschule der Künste (Berlin), dem Dramatiska Institutet (Stockholm) sowie einer Reihe italienischer Film-Akademien.

Gründung der European Association for Theatre Culture

Der Wunsch und das Ziel, langfristige und konzentrierte schauspielpädagogischen Arbeit mit Meister­schülern in einem pädagogischen Team zu realisieren, führte zu dem Entschluss eigene Theaterzentren in Europa aufzubauen: 1994 gründete Jurij Alschitz SCUT Skandinaviskt Centrum for Utforskning av Teater in Stockholm. Dem folgten 1995 AKT-ZENT Internationales Theaterzentrum Berlin und PROTEI Progetti Teatrali Internazionali in Rom. Im Jahr 2000 schlossen sich diese unabhängig voneinander agierenden Zentren mit dem neu gegründeten Zentrum KOINE Langages Transartistiques Paris zusammen: zur European Association for Theatre Culture (EATC) unter der künstlerischen Leitung von Jurij Alschitz.

Gemeinsam mit seinen Meisterschülern – ihrerseits erfahrene Theaterschaffende – hat Jurij Alschitz in diesem Rahmen Projekte erschaffen, die in vielfältigen Kollaborationen in ganz Europa durchgeführt werden: GITIS in Europe: 1995 wurde mit dem damaligen Rektor der Russischen Akademie für Theaterkunst Prof. Dr. Sergej Isaev ein langfristiger Kooperationsvertrag geschlossen, u.a. für das Projekt „School after Theatre“. Mit dieser dreijährigen Fortbildung in internationalen Klassen hat Jurij Alschitz das Prinzip einer kontinuierlichen professionellen berufsbegleitenden Fortbildung für Regie und Schauspiel in Westeuropa eingeführt. Mit dem „International Directors’ and Trainers’ Colloquium“ führte er kurze Zeit später Kurse für Schauspiellehrer ein. Jurij Alschitz wurde 2001 zu den Theatre Olympics nach Moskau eingeladen, um diese innovativen Form der professionellen Weiterbildung in der Schauspielpädagogik zu präsentieren. Sie wird seit 2005 in Zusammenarbeit mit führenden staatlichen Akademien wie DAMU (Prag) oder VSMU (Bratislava) durchgeführt.

Jurij Alschitz wird nicht müde, den Beruf des Schauspielpädagogen neu zu definieren und in seiner fundamentalen Wichtigkeit für das Theater neu zu bewerten. In ersten Linie müsse dies durch methodische Diskussionen und deren Vermittlung geschehen. Die Forderungen nach „Training of Trainers“ im Bereich Schauspielausbildung wird auf seine Initiative hin vermehrt aufgenommen. (ITI/UNESCO Chair World Conference of Rectors of Higher Education Theatre Institutions in Sinaia (Rumänien), 1999 und 2000; Theatre Training & Education Committee ITI/UNESCO etc.)

1999 hat Jurij Alschitz das völlig neuartige Festival METHODIKA aus der Taufe gehoben. Ein Festival, das auf den Methoden des Theatertrainings aufbaut und international präsentiert und diskutiert wird. Es wurde in verschiedenen Ländern Europas zu den Themen „Personality and Ensemble“ (1999), “Energy and Theatre“ (2001), “The Face and the Mask of the Actor” (2003) und “The Theatre of Centaur” (2007) durchgeführt. METHODIKA wurde damit zu einer Ideenschmiede für neue unerforschte Ansätze in der Theaterausbildung. Jurij Alschitz hat über die Jahre hinweg in verschiedenen Formen von Seminaren und Laboratorien Schauspieler und Regisseure aus- und fortgebildet und dabei sein sogenanntes „European Team of Teachers“ aufgebaut, das in einzigartiger Weise vielstimmig seine Methodik in ganz Europa unterrichtet.

Dies machte weitere Pilotprojekte möglich wie “transARTlantica”: in einem Ausbildungmodul für US-amerikanische Universitäten werden M. A.-Studenten für ein Semester in Moskau, Berlin und Italien unterrichtet.

Jurij Alschitz verfolgt seine Forschungsschwerpunkte immer über mehrere Jahre hinweg wie z. B. „Die Vertikale der Rolle. Eine Methode zur selbständigen Erarbeitung einer Rolle“. Wie in all seinen Arbeiten steht auch hier die künstlerische Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Schauspieler im Vordergrund – er nennt sie auch „Autoren der Rolle“. In diesem Sinne unterrichtet er auch Regisseure und Pädagogen, immer mit dem Ziel emanzipierte Künstler für das zukünftige Theater auszubilden.

Die in ihrer Form und Inhalt einzigartige Theaterrecherche, die Seminare, Laboratorien, Festivals, Publikationen und Produktionen beinhaltet, führte 2006 zur Ernennung von AKT-ZENT als Research Centre des Theatre Education & Training Committee des Internationalen Theaterinstituts der UNESCO unter der künstlerischen Leitung von Jurij Alschitz.

Veröffentlichungen

  • Jurij Alschitz: Die Vertikale der Rolle. Eine Methode zur selbstständigen Erarbeitung der Rolle. Berlin Germany: AKT-ZENT BERLIN 2003, ISBN 9783980923019
  • Jurij Alschitz: 40 Fragen an eine Rolle. Eine Methode zur selbstständigen Erarbeitung der Rolle. Berlin Germany: AKT-ZENT BERLIN 2005, ISBN 9783980923040
  • Jurij Alschitz: La Grammatica Dell’Attore. Il training. Italy: Ubulibri Milan 1998, ISBN 9788877481955
  • Jurij Alschitz: .La Matematica Dell’Attore. Italy: Ubulibri Milan 2004, ISBN 9788877482402
  • Jurij Alschitz: .Teatro senza Regista. Italy: Titivillus Pisa 2007, ISBN 9788872181973
  • Jurij Alschitz: .The Vertical of the Role. A methode for the actor’s self-preparation. Berlin Germany: AKT-ZENT BERLIN 2003, ISBN 9783980923002
  • Jurij Alschitz: 40 Questions of one Role. A method for the actor’s self-preparation. Berlin Germany: AKT-ZENT BERLIN 2005, ISBN 9783980923057
  • Jurij Alschitz: Training forever. Malmö: Lund University,Theatre Academy, 2003, ISBN 9789197497312

Weblinks


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