K.a.V Saxo - Bavaria Prag in Wien

K.a.V Saxo - Bavaria Prag in Wien

Die Katholisch Akademische Verbindung Saxo- Bavaria Prag (K.A.V Saxo- Bavaria) in Wien im ÖCV ist eine farbentragende, nichtschlagende Studentenverbindung, die dem größten Akademikerverband Österreichs, dem Österreichischen Cartellverband (ÖCV) angehört.


Inhaltsverzeichnis

Gründung und Kampf um Anerkennung

Vandalia, nach Ferdinandea die zweite Prager CV-Verbindung, beschloß bereits in ihrem zweiten Bestandsjahr, als sie über 30 Aktive aufwies, sich zu teilen, um einerseits der räumlichen Enge im "Deutschen Handwerker"-Heim zu entsprechen und um andererseits den unter dem "Holzkomment" der schlagenden Verbindungen leidenden Prager CV zu stärken. Der konstituierende Beschluß wurde am 9. Oktober 1907 gefaßt, dieser Tag gilt als Gründungstag der K.D.St.V. Saxo-Bavaria. Die Aufnahme in den CV erfolgte im gleichen Jahr; in der offiziellen Reihenfolge der CV-Verbindungen erhielt Saxo-Bavaria die Nummer 60. Die Teilungskommission leitete Alfred Kotschwar v/o Schorle (Fd, Va), zum Gründungssenior wurde Josef Diwald v/o Pagat (Va) aus Oberösterreich gewählt. Die ersten Fuchsen der Saxo-Bavaria waren Max Schatzmann aus Vorarlberg, Josef Sommer und Joseph Scharnagl aus Deutsch-Böhmen und Ludwig Margreiter aus Salzburg.

Am 10. Oktober 1907 reichte die Verbindung bei der akademischen Behörde ein Gesuch um die Bewilligung des Farbentragens ein. Eine Genehmigung war jedoch wegen des akademischen Kulturkampfs nicht zu erhalten. Daher trug die Neugründung wie die Mutterverbindung zunächst offiziell noch die Bezeichnung Vandalia. Das Gesuch der Saxo-Bavaria wurde schließlich am 23. Juli 1908 von der politischen Behörde negativ beschieden. Auf dem Rekurswege an das Kultusministerium konnte die Bewilligung am 27. August 1908 doch noch erreicht werden. Die ursprünglich geplante Deckelfarbe Grün wurde aufgrund des Einspruchs der B! Carolina Prag nicht zugelassen, weshalb stattdessen eine gelbe Tellermütze getragen wurde (bis 1926).

Zum 15. Oktober 1908 wurde der Verbindung die Bude im Hotel "Benesch" am Altstädter Ring "infolge der fortgesetzten Wühlereien der [Anm.: tschechischen] Radikalen" gekündigt; Saxo-Bavaria übersiedelte in einen Raum des Hauses des "Deutschen Handwerkervereins", Smetschkagasse 22, wo sie bis 1938 verblieb. Am 27./28. Oktober 1908 stieg das Publikationsfest mit Fahnenweihe. Auf akademischem Boden bestand für Saxo-Bavaria aber weiterhin das Verbot Farben zu tragen. Als sich die Verbindung jedoch bei den Tschechenkrawallen 1908/09 innerhalb der deutschen Korporationen Prags als standhaft bewies und auch dem Rektor der Deutschen Universität beistand, erhielt sie kurze Zeit später (März 1909) die formelle Anerkennung und konnte zum ersten Mal auf akademischem Boden offiziell auftreten. Anders als mit der Deutschen Universität zogen sich die Verhandlungen mit der Deutschen Technischen Hochschule noch länger hin, führten aber schließlich Ende 1909 auch dort zur Anerkennung von Saxo-Bavaria.


Der Erste Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg wurde der Verbindungsbetrieb weitergeführt. Jedoch mußten schon im ersten Kriegssemester, im Wintersemester 1914/15, die Chargen teilweise neu gewählt werden, da sich die Reihen der Aktiven durch Rekrutierungen schnell lichteten. Am 29. Oktober 1914 fiel der erste Bundesbruder; bis Kriegsende mußte Saxo-Bavaria fünf weitere Bundesbrüder betrauern. Auch im Sommersemester 1915 wurden von der stark dezimierten Aktivitas Chargen gewählt. Zu Semesterende waren nur noch fünf Aktive ortsanwesend. Im WS 1915/16 wurde das Couleur abgelegt; an Veranstaltungen fanden nur noch Convente und eine Receptions- und Burschungskneipe statt. Im SS 1916 gab es keine Couleurveranstaltungen mehr. Im WS 1916/17 sank die Aktivenzahl von fünf auf drei Bundesbrüder; nunmehr standen 34 Saxen unter Waffen. Die Chargenwahlen wurden für die Kriegsdauer ausgesetzt und stattdessen ein Kriegsvertreter gewählt. Ab dem SS 1917 wurde der Kontakt unter den Bundesbrüdern im Feld durch die "Feldzeitung Saxo-Bavarias" aufrechterhalten.


Reorganisation im neuen Staat

Kurz vor Kriegsende am 28. Oktober 1918, wurde die Tschechoslowakei selbständiger Staat; die Deutschen durchlebten eine Zeit der Ungewissheit. Erst nach und nach gelang es den verbliebenen Bundesbrüdern, wieder einen regeren Betrieb durchzuführen. Im SS 1919 wurden wieder Chargen gewählt. Oberösterreich und Vorarlberg waren durch die Bildung des tschechischen Staates als Einzugsgebiet der Saxo-Bavaria verloren. Eine Zeitlang schien die Verbindung deshalb in ihrer Existenz gefährdet, doch stellten sich schon im WS 1919/20 Füchse aus Nordböhmen und dem Böhmerwald ein, sodaß die Krise überwunden werden konnte. Allerdings mußte der Altherrenverband geteilt werden: Für die Sudentenländer entstand in Prag ein Altherrenverband unter der Leitung von Prof. Rudolf Webersinke (Phil.-X bis 1923), für Österreich in Linz ein Altherrenverband unter der Leitung von Dr. Otto Richter (Phil.-X bis 1938).

1920 konnte nach sechsjähriger Unterbrechung wieder ein Stiftungsfest gefeiert werden und zwar in Reichenberg. Im gleichen Jahr unterstützte Saxo-Bavaria maßgeblich die Gründung der vierten PCV-Verbindung Nordgau Prag, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur 18 Studierende aktiv waren. Durch die Trennung von der Vorarlberger Altherrenschaft war die Verbindung von deren Unterstützung abgeschnitten. Die finanziellen Nöte - oft konnte nicht einmal mehr die Budenmiete bezahlt werden - schwanden erst, als Herzog Dr. Heinrich Beaufort-Spontin, Schloßherr von Petschau bei Karlsbad, Saxo-Bavarias Schirmherr wurde. Wie alle PCV-Verbindungen keilte Saxo-Bavaria bei den sudetendeutschen Mittelschulverbindungen. So bezogen wir Füchse aus der Saxo-Bohemia zu Reichenberg/Nordböhmen, die ihre Bude im dortigen Kapuzinerkloster hatte. In Reichenberg feierte man 1927 auch das 20. Stiftungsfest. Als reichsdeutsche Patenverbindung fungierte ab 1925 Markommania Würzburg; von 1927 bis 1938 gab es rege gegenseitige Kontakte bis hin zum Austausch von Aktiven.


Die Zeit im SCV und die Auflösung

Saxo-Bavaria schloß sich 1927 bei der Gründung des 1. Sudetendeutschen CV diesem an, der als Arbeitsgemeinschaft im CV bestand und infolge der Gleichschaltung des reichsdeutschen CV am 14. Juni 1933 aus dem CV austrat. Am 15. April 1934 wurde als Ersatz für die Arbeitsgemeinschaft des SCV ein neuer, selbständiger 2. SCV gegründet, der "Sudetendeutsche Cartellverband der farbentragenden katholischen deutschen Studentenverbindungen" (SCV), dem Saxo-Bavaria bei seiner Gründung beitrat und in dem sie bis zu seiner Auflösung im SS 1938 verblieb.

Als man 1937 das 30. Stiftungsfest beging, umfaßte die Verbindung unter Philistersenior Dr. Leopold Landgraf (Phil.-x 1923-38) elf Ehrenmitglieder, 74 Urphilister, elf Bandphilister und 42 Urstudierende, zusammen also 138 Bundesbrüder. Am 15. Mai 1938 beriet der CC über die Zukunft der Verbindung, die angesichts des Erstarkens der nationalsozialistischen Henlein-Partei sehr unsicher war. Behandelt wurde unter anderem ein Antrag auf Aufgabe des Katholizitätsprinzips, wodurch sich die Chance ergeben hätte, als selbständige Gruppe im gleichgeschalteten "Deutschen Turnerverband" weiterzuexistieren; der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Stattdessen wurde einstimmig die Selbstauflösung beschlossen und noch im Laufe des Monats vollzogen: "Unter den gleichen Grundsätzen, unter denen sie gegründet wurde und gelebt hat, löst sich die K.D.St.V. Saxo-Bavaria auf". Nach der Eingliederung des Sudetenlands in das Deutsche Reich pflegten die beiden AHV-Teile weiterhin vorsichtig Kontakt untereinander. In Reichenberg wurde im Haus des Philisterseniors ein privater Saxo-Bavaren-Stammtisch eingerichtet. Regelmäßige geheime Zusammenkünfte fanden bis 1945 statt. Zahlreiche Bundesbrüder erlitten während der NS-Zeit Unterdrückung und Verfolgung; drei Saxo-Bavaren waren in Konzentrationslagern inhaftiert.


Wiederbegründung in Wien

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Altherrenschaft in einen westdeutschen und in einen österreichischen Altherrenverband umstrukturiert. Beim CC anläßlich des Passauer Katholikentages am 2. September 1950, wurden Philister aus beiden Altherrenverbände beauftragt, die Möglichkeiten zur Wiederbegründung einer Aktivitas in Ihrem Bereich zu prüfen. Da viele Alte Herren in der Zeit vor 1918 aus den deutschen Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie kamen und da nach 1945 eine bedeutende Anzahl Alter Herren aus der Tschechoslowakei vor allem nach Österreich vertrieben wurden, lag die Erwägung nahe, Saxo-Bavaria in Österreich wiederzubegründen. Die Vorarbeiten hierzu wurden vor allem vom Prager CV in Österreich (PCViÖ), einem eigenständigen AH-Verband innerhalb des ÖCV, unter der Führung von Dr. Bruno Helbig-Neupauer (R-B, S-B) durchgeführt.

Zu Weihnachten 1950 stand fest, daß Saxo-Bavaria wieder eine Aktivitas bekommen würde - und zwar in Wien als Traditionsverbindung der heimatvertriebenen Sudetendeutschen. Reaktivierungsburschen des Wiederbegründungsaktes am 3. Februar 1951 waren Helmut Marx (Aa), Waldemar Hankewitsch (AW), Dietbert Helbig-Neupauer (AW), Josef Herzog (AW), Otto Mayerhofer (Dan), Gunther Wadsack (Dan), Ernst Just (NbW), Walter Mahr (NdW), Richard Plaschka (NdW), Walter Stix (NdW), Walter Wieser (Rd) und Heinz Winter (Rd). Als provisorisches Verbindungsheim stand ein Raum in der Bude der Austria Wien zu Verfügung. Am 15. Juni 1951 wurde die Verbindung vollberechtigt in den ÖCV aufgenommen und als K.a.V. im Rahmen der 9. Cartellvollversammlung in Salzburg feierlich publiziert. Saxo-Bavaria erhielt die Nummer 9 in der offiziellen Reihenfolge des ÖCV. Am 27./28. Oktober 1951 beging man das erste Wiener Stiftungsfest, insgesamt das 44. Das 50. Stiftungsfest fand im Juni 1957 mit einem Festkommers in den Wiener "Sophiensälen" seinen Höhepunkt.


Entwicklung bis zur Gegenwart

Aus der Bude der Austria Wien konnte die Verbindung am 27. April 1952 ausziehen, als wir eine eigene Bude in der Schwindgasse im 4. Bezirk einweihten. Elf Jahre später, beim 56. Stiftungsfest 1963, erfolgte die Schlüsselübergabe zur neuen Bude in der Lerchenfelderstrasse 14. In den Jahren von 1951 bis 1966 erlebte die Verbindung eine regelrechte Blütezeit; aufgrund der hohen Mitgliederzahlen war Saxo-Bavaria auch in der Lage, im Jahr 1961/62 das Präsidiums des Wiener Cartellverbandes zu übernehmen. Die Umwälzungen in der Studentenschaft des Jahres 1968 blieben jedoch auch auf Saxo-Bavaria nicht ohne Auswirkungen; im Herbst 1973 mußte sich Saxo-Bavaria infolge eines drastischen Rückgangs und schließlich eines völligen Ausbleibens von Rezeptionen vertagen. Nach über drei Jahren rekonstituierte sich die Verbindung am 12. Januar 1977 jedoch wieder und feierte im Oktober des gleichen Jahres das 70. Stiftungsfest. Seit dem 92. Stiftungsfest im WS 1999/2000 nennt die Verbindung eine neue, große und stattliche Bude im vierten Stock des ÖCV-Hauses, Lerchenfelderstraße 14, ihr eigen. Am 1. - 3. Juni 2007 feierte Saxo-Bavaria unter dem Jubelsenior Mathias Biricz v/o Ambrosius ein glanzvolles 100. Stiftungsfest mit einem Festkommers im Parkhotel Schönbrunn, dem über 320 Personen beiwohnten.


Quellen

Geschichte des Cartellverbandes in Böhmen, Mähren und in der Bukowina von Walter G. Wieser, Wien 1967

Hunder Semester Saxo-Bavaria Prag 1907-1957 herausgegeben von Dr. phil. Alois Großschopf

Ohne Furcht und ohne Zittern - 100 Jahre K.a.V. Saxo-Bavaria Prag in Wien, Wien 2007


Siehe auch

Weblinks


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