Kajak-Freestyle

Kajak-Freestyle
Surfen auf der stehenden Welle Habitat 67 in Montreal
Kanadierfahrer (mit Stechpaddel) im Playboat

Das Playboating (englisch), deutsch Spielbootfahren, auch Kanurodeo, ist eine junge Disziplin des Kanusports. Die Wettkampfform des Playboating heißt Freestyle. Dabei surft der Kanute auf einer künstlichen oder natürlichen Welle oder Walze und bewegt, bei fortgeschrittenem Können, sein Boot – Kajak oder Kanadier – in verschiedenen Figuren.

Die Ausübung des Sports an einer einzigen Welle oder Walze und das Verlassen des Gewässers an der Einstiegsstelle werden im Paddlerjargon als "park and play" bezeichnet. Alternativ werden Flussabschnitte hinuntergefahren und "unterwegs" Wellen und Walzen zum Kanurodeo genutzt.

Kanurodeo wird vor allem an Flüssen mit Walzen und stehenden Wellen ausgeübt. Möglich ist auch die Nutzung von Wellen auf dem Meer oder in Flussmündungen, die in der Brandung oder infolge von Gezeitenströmen zustandekommen. Zunehmend werden außerdem künstlich angelegte (z. B. Augsburger Eiskanal) oder aufbereitete Gewässer genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Um 1970 ging aus dem Kanuslalom das Squirtboating (en) hervor, eine Form des Wildwasserpaddelns, bei der Gewässerströmungen in kürzeren, sehr leichten Boote mit niedrigem Luftvolumen für Figuren (engl.: moves) genutzt werden.

In den Achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das Kanurodeo. Über die Zeit wurden die Boote dafür noch kürzer, aber ihr Auftrieb und ihre Robustheit wurden gegenüber dem Squirtboating wieder erhöht, um auch schwierigeres Wildwasser befahren zu können. Manche Figuren des Squirtboating, insbesondere der Mystery Move, bei dem Boot und Paddler vollständig unter der (relativ flachen) Wasseroberfläche verschwinden, sind dadurch beim Playboating nicht möglich. Andere Figuren wie die Kerze (siehe unten) wurden vom Kanurodeo direkt übernommen und gehören hier, gemeinsam mit im Kanurodeo entstandenen Figuren, bis heute zum Standardrepertoire.

Jan Kellner, Olli Grau und andere Paddler machten die Sportart besonders bei jüngeren Paddlern in Deutschland bekannt und beliebt.

Eurocup 2006 Kanu-Freestyle im Augsburger Eiskanal

In den Neunziger Jahren fanden die ersten, noch nicht von der International Canoe Federation (ICF) ausgerichteten Weltmeisterschaften statt, die zunächst von deutschen Fahrern dominiert wurden. Die Sportart nahm eine sehr dynamische Entwicklung, die von den Bootsherstellern gefördert wurde, die im Abstand von z. T. nur wenigen Monaten neue Bootsgenerationen auf den Markt brachten. Im Zuge einer international zunehmenden Professionalisierung verloren die deutschen Freestyle etwas den Anschluss an die Weltspitze. 2005 in Sydney wurde erstmals seit Jahren mit Jutta Kaiser wieder eine deutsche Athletin Weltmeisterin.

Mittlerweile ist Freestyle offiziell als Sparte in der ICF und im Deutschen Kanu-Verband vertreten. 2006 fand die erste offizielle Europameisterschaft statt. 2007 gewann Eric Jackson die erste offizielle Weltmeisterschaft unter Regie der ICF auf der Welle Buseater auf dem Ottawafluss in Kanada.

International besonders bekannt sind Corran Addison und Eric Jackson (en).

Boote

Zu Beginn waren die Boote noch über 3 Meter lang, symmetrisch gebaut und schwer. Sehr bald wurde mit neuen, vor allem kürzeren Formen experimentiert. Mittlerweile ist die Grenze der Größe erreicht: Die kürzesten Boote sind nur noch 1,75 m lang mit einem Volumen von ca. 200 l. Kürzere Boote mit weniger Volumen würden zu wenig Platz für die Beine und/oder zu wenig Auftrieb bieten. Früher hatten die Boote einen runden Querschnitt, ein modernes Kajak zum Playboaten hat heutzutage einen mehr oder weniger flachen Boden, extreme Kanten zum Unterschiff und das meiste Volumen um die Mitte konzentriert.

Übliche Bootsklassen sind (Einer-)Kajak (meist in den Klassen Damen, Herren, Junioren), Einer-Canadier und Open Canoe.

Figuren

Die erste Figur beim Playboaten war die ‚Kerze’. Man fuhr mit dem Bug oder Heck des Bootes gegen die Fließrichtung in eine Walze, und der Druck des Wassers auf das Ende richtete das Boot mehr oder weniger weit senkrecht auf. Jan Kellner baute dies zum ‚Retendo’ aus. Dabei überschlägt sich der Paddler nach der Kerze und landet wieder in der Walze. Dabei dreht er mit einer Paddelbewegung das Boot um die Längsachse und landet aufrecht.

Durch das leichtere Material und die ausgefeilte Paddeltechnik (unter anderem dem Kanten) sind mittlerweile Figuren möglich, bei denen Paddler und Boot komplett in der Luft sind und sich gleichzeitig um mehrere Achsen drehen.

Freestyle

Ralph Rüdisüli (SUI) am Eurocup 2006 Kanu-Freestyle im Augsburger Eiskanal

Kanu-Freestyle ist die Wettkampfform des Playboating. Ein einheitliches Bewertungssystem hat sich noch nicht durchgesetzt, doch es gibt einige Grundsätze.

Für jede Drehung um 180° gab es Punkte, z.B. bei einer flachen Drehung einen, bei einer hohen Drehung (über 45°) zwei, und senkrecht vier. Außerdem erfolgte eine Bewertung des Stils.

Bei der Variationsbewertung zählen verschiedene Figuren (Moves), unter anderen: Blunt, Cartwheel, Kickflip (oder California-Rolle), Loop, Pan Am, Pirouette, Shuvit, Spin, Splitwheel und Surf.

Seit 2005 bewerten bei offiziellen Freestyle-Wettbewerben drei bis vier Schiedsrichter nur noch die Variation. Die Paddler zeigen möglichst viele verschiedene Tricks.

Weblinks


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