Kanaanäer

Kanaanäer

Die Kanaaniter (auch Kanaanäer) sind die ältesten bekannten Einwohner des syrisch-palästinensischen Gebietes, des biblischen Landes Kanaan, vorwiegend vor dem Auftreten der Israeliten im 13. Jh. v. Chr.

Die Kanaaniter waren in zahllosen Stadtstaaten organisiert; deren Stadtkönige agierten meist voneinander unabhängig gegen- und nebeneinander. Die Kanaanäer sind insofern mit den Phöniziern identisch, als Phönizier die griechische Bezeichnung und Kanaaniter die hebräische für die östlich des Mittelmeeres an der Küste und im Binnenland siedelnden semitischen Großclans ist. Hebr.: קנע qana heißt „Handel treiben“, und Kanaanäer kann auch mit Händler übersetzt werden, weil die im Bergland siedelnden, halbnomadischen Hebräer die Kanaanäer als Kaufleute wahrnahmen. Da die Griechen in historischer Zeit mehr Begegnungen mit den seefahrenden Handelsstädten der Küste hatten, hat sich der durch sie in unsere Kultur gelangte Begriff Phönizien so sehr von dem durch die Bibel in unser Allgemeinwissen hineingeschwemmten, religiös durchaus ambivalent gebrauchten Begriff „Kanaan“ (positiv), dagegen „Kanaanäer“ (negativ, weil antiJHWH) separiert, obwohl es sich um ein- und dieselbe Ethnie handelt.

Nach der Besiedlung des Landes Kanaan durch die Israeliten lebten Kanaaniter und Israeliten im selben Land und existierten über einige hundert Jahre durch Religion (JHWH und Baal-Kulte) nebeneinander. Durch die „Landnahme“ der Hebräer und die wenigstens teilweise durch militärische Macht eroberten Städte ging der territoriale Besitz der Kanaanäer mit der Zeit an die Hebräer über, so auch Jerusalem, doch existierten die Abgrenzungen der Völker noch lange durch die Unterscheidung im Glauben.

In den Zeiten der beiden Staaten Israel und Juda, vor allem nach den Einigungsbestrebungen Davids und Salomos war die Vermischung beider Kulturen - der kanaannäischen und der israelitischen - nicht mehr aufzuhalten. Im nördlichen Palästina, bei den Phöniziern, blieb die bronzezeitliche, matriarchal bestückte Kultur der Kanaanäer bis in die Eisenzeit hinein enthalten.

Nach den neueren archäologischen Forschungen (unter anderem auch der israelischen Archäologen Silberman und Finkelstein[1]) ist der Unterschied zwischen Israeliten und Kanaanitern nicht durch Angehörigkeit zu verschiedenen Völkern, sondern durch unterschiedliche Lebensweisen (städtisch zentral in der Ebene mit intensiver Landwirtschaft versus halbnomadische dörfliche Lebensweise im Hügelland) bedingt. Dies steht in Einklang mit der bisher bereits beobachteten engen sprachlichen Verwandtschaft frühester kanaanitischer und hebräischer Inschriften. Für diese nicht wie in den späten Schriften der Bibel postulierte strikte Trennung in zwei verschiedene Völker (wobei die Kanaaniter nach JHWH gebannt sind und vernichtet werden müssen), sondern eines einzigen Volkes in ursprünglich zwei deutlich verschiedene Lebensweisen sprechen auch

  • die materielle archäologische Hinterlassenschaft aus der beginnenden Eisenzeit vor allem im jüdisch-galiläischen Hügelland (die keine Anzeichen einer Eroberung, aber einen deutlichen Anstieg der Besiedlungsdichte zu Beginn der Eisenzeit zeigt, parallel zum hauptsächlich infolge Wegfalls des früheren Protektors Ägypten bedingten wirtschaftlichen und politischen Zerfall der einstmals mächtigen Stadtstaaten in der Ebene),
  • vergleichbare Hauptgottheiten in Israel und Ugarit (wobei JHWH jedoch als Stammesgott halbnomadischer Stämme aus Seir, d.h. den Gebieten von Edom und Midian zu stammen scheint und bzgl. Bann wie der Gott Chemosch der moabitischen Mescha-Stele spricht) mit verschiedenenorts in der Bibel vergleichbaren Attributen und Symbolen von JHWH, wie sie bereits früher in Ugarit den Göttern El und Baal zugeschrieben wurden),
  • verschiedene Erzählungen der Bibel selbst (z.B. Erscheinung von JHWH als El Schaddai vor Abraham, Psalm 82 mit dem der Götterversammlung vorsitzenden Gott El Elyon[2], bis weit in die Königszeit in Israel und Juda übliche Verehrung des Fruchtbarkeitsgottes Baal und der Gattin des El Aschera).

Insbesondere unter König Josiah und den späteren Propheten scheint eine strikte Zentralisierung des Kultes in Jerusalem erfolgt zu sein. Alle bisher noch verehrten oder zumindest im Sinne einer Monolatrie geduldeten anderen Götter wurden durch den nunmehr allmächtig angepriesenen JHWH verdrängt.

Aufgrund der nach Zerstörung des Nordreiches durch die Assyrer im Königreich Juda verbliebenen Deutungshoheit über die Geschichte ganz Kanaans wurden entsprechend so auch die chronologisch früheren Erzählungen neu abgefasst, abgeändert und umgedeutet. Kanaaniter wurde so zu einem Generalbegriff aller in Kanaan nicht-fremden (wie die Philister) JHWH ablehnenden Personengruppen.

Literatur

  1. I. Finkelstein, N. A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel, C. H. Beck, München 2003, ISBN 3406493211
  2. http://www.bibletopics.com/BIBLESTUDY/154.htm
  • Manfred Claus: Das alte Israel

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