- Kanaldeckel
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Schachtdeckel, auch Kanaldeckel (fälschlicherweise oft Gullydeckel genannt), sind meist aus Gusseisen bestehende Verschlüsse für Wartungsschächte von unterirdischen Versorgungsleitungen, meistens für Abwasserkänale.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Bereits die alten Römer entwickelten Kanalgitter um Passanten zu schützen, aber auch, um Objekte aufzuhalten, die vielleicht versehentlich sonst reinfallen würden. Die Deckel waren meist aus Stein gehauen.
Schachtdeckel können geöffnet werden und ermöglichen so einen Abstieg in den Kontrollschacht bzw. das Kanalsystem. Sie können rückstausicher, gas- und geruchsdicht und/oder wasserdicht ausgebildet sein. Daneben gibt es aber auch Deckel, welche Lüftungsöffnungen besitzen. Diese Öffnungen sind aber sehr klein, so dass größere Gegenstände den Kanal nicht verschmutzen können. Teilweise ist zu diesem Zweck direkt unter dem Deckel ein grobes Sieb, der sogenannte Schmutzfänger, angeordnet.
Material
Ältere Kanaldeckel, oft aus Gusseisen gefertigt, sind häufig mit dem Stadtwappen verziert. In Deutschland wurden nach dem Zweiten Weltkrieg die Deckel mit einem mit Beton gefüllten Kern versehen, um das zu dieser Zeit knappe Metall zu sparen. Diese Bauart wird auch heute noch aus Kostengründen eingesetzt. Die teurere Ganzmetallversion wird heute meist nur noch an repräsentativen Orten verwendet. Außerdem ist die Rutschgefahr bei Nässe auf Beton geringer als auf Eisen, was sich vor allem für Fahrradfahrer bemerkbar macht. Auf Fahrbahnen werden deshalb heute generell Betondeckel bevorzugt.
Gründe für runde Form
aus: http://en.wikipedia.org/wiki/Manhole_cover
Die Frage, weshalb Schachtdeckel in den meisten Fällen rund gefertigt werden, wurde durch Microsoft berühmt, wo die Frage bei Anstellungsgesprächen gestellt wurde. Ursprünglich bestand der Sinn dieser Frage in der Erkenntnis, wie der Kandidat eine Frage mit mehreren "richtigen" Antworten umgeht. Das Problem generierte jedoch eine Anzahl verschiedenster Antworten, vom Pragmatischen ("Schachtdeckel sind rund weil Schächte rund sind") bis hin zum Philosophischen.
Einige Gründe für die Rundform:
- Ein runder Schachtdeckel kann nicht durch die kreisförmige Schachtöffnung fallen, im Gegensatz zu einem quadratischen, wenn dieser über die Diagonale eingeführt wird. Ein sog. Reuleaux-Dreieck oder eine Kurve mit konstanter Weite würden diesen Zweck auch erfüllen, wären jedoch viel aufwändiger in der Herstellung.
- Das Rundrohr ist die stärkste und materialeffizienteste Form gegen Erddruck; es ist somit logisch, dass auch die Schachtdeckel rund sind.
- Schachtrahmen müssen mit dem Deckel eben sein, damit sie vom Verkehr nicht verschoben werden können. Sie sind maschinell einfacher anzufertigen.
- Runde Deckel müssen nicht rotiert werden, wenn sie einen runden Schacht abdecken.
- Ein runder Schachtdeckel kann einfacher transportiert (gerollt) werden.
- Beim Überrollen eines abgedeckten runden Schachtes durch ein Automobil entstehen an dessen Pneus weniger Schäden, da keine Ecken und Kanten vorhanden sind.
- Ein kreisförmiges Loch ist einfacher herzustellen.
- Tradition
- Ästhetik
- Angebot. Schachtdeckel werden von Großfirmen hergestellt. Wollte man eine andere Form, müsste man eine teure Sonderanfertigung bestellen.
- Ein runder Schachtdeckel kann in einer zum Wasserabfluss durch Regen geneigten Strasse durch schräggestelltes Abschleifen der Auflage dem Strassenbelag in der Höhe angepasst werden.
Varianten
Es werden nach DIN EN 124 die Belastungsklassen A (begehbar, 15 kN) bis F (Schwerlast, 900 kN) unterschieden. Im Straßenbereich werden im allgemeinen Abdeckungen der Klasse D (bis 400 kN) mit Nenndurchmesser 625 mm verwendet. Üblicherweise sind die Schachtabdeckungen rund mit einem Nenndurchmesser von 625 oder 800 mm. Je nach Anwendungsfall sind die Schachtabdeckungen mit oder ohne Lüftungsöffnungen, tagwasserdicht oder verschraubt ausgeführt.
Sonstiges
In Ländern, in denen Rohstoffmangel herrscht, werden Kanaldeckel oft gestohlen, so dass dort Gefahren für unachtsame Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger bestehen.
Dolenkultur
In Hannover gibt es auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs einen Kanaldeckel, aus dem Musik zu hören ist. Es handelt sich um eine von Michael Gehrke realisierte Installation von Reinhard Schamuhn.
Der Film „Meerdolen“ erhielt für die Musik den Filmpreis 2006 der Stadt Bern: „Der Film zeigt den Stadtwanderer Hannes Bossert, wie er in Barcelona mit seinem Besen Dolendeckel beseelt und einen Abrieb der Deckel auf Papier anfertigt. Immer wieder tauchen die vielfältigen Perkussionsklänge von Balts Nill und Balthasar Jucker auf oder schweigen im richtigen Moment. In klanglicher Mischung mit dem Lärm der Stadt und den Kommentaren des Protagonisten prägen sie den liebenswürdig-humoristischen Charakter des Films stark mit.“ (Medienmitteilung des Kantons Bern)
Siehe auch
Weblinks
- Verein Dolologie (Verein zum Erhalt schutzwürdiger Dolendeckel)
- Schachtdeckel (Schachtdeckel aus aller Welt)
- Gulliversum (Bildersammlung ungewöhnlicher Gully- und Kanaldeckel)
- Kanaldeckel (Schachtdeckel überwiegend aus Deutschland)
- „Chinas Gullys verschwinden im Rekordtempo“ (Bericht in Die Welt vom 24. November 2004)
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