- Kaninchenzucht in Deutschland
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Das Hauskaninchen ist die domestizierte Form des europäischen Wildkaninchens. Hauskaninchen werden sowohl als Nutztiere zur Fleisch- und Pelzproduktion als auch als Heimtiere gehalten, wofür sich vor allem die Zwergrassen eignen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Wie die Wortgeschichte zeigt, ist das Kaninchen ein relativ junges Haustier: Am Anfang auch der deutschen Bezeichnung steht das lat. cuniculus (Kaninchen; unterirdischer Gang, wie er von Kaninchen erbaut wird). Dieses Wort – und damit das bezeichnete Tier selbst – ist im Latein erst seit der Zeit Ciceros belegt; Plinius der Ältere bezeichnet das Kaninchen in seiner naturalis historia (Naturgeschichte) als aus Spanien kommend.
Das lat. Wort lebt unter anderem im Altfranzösischen in den beiden Formen conil und conin fort; letztere wurde (möglicherweise über das niederländ. konijn) im 16. Jahrhundert als kanin ins Mittelhochdeutsche übernommen, zu dem dann die Verkleinerungsform Kanin-chen gebildet wurde.
Auf anderem Weg war das lat. Wort auch schon als mittelhd. küniclin entlehnt worden. Da dieses Wort an künic „König“ bzw. dessen Verkleinerungsform küniclin anklingt, wurde es durch Volksetymologie auch als „kleiner König“ interpretiert, woraus die landschaftliche Bezeichnung Königshase (bair. kiniglhaas) hervorgegangen ist. Auch in der in der Schweiz verbreiteten Bezeichnung Chüngeli lebt die mittelhochdeutsche Bezeichnung noch weiter.
Das Kaninchen wird seit dem späten Mittelalter gezüchtet. In Klöstern wurden die Tiere in Käfigen gehalten, da die neugeborenen Jungen als Fastenspeise anerkannt waren. Schon im 16. Jahrhundert züchtete man verschiedene Rassen von Hauskaninchen als Nutztiere. Die Zucht der Rassen wie sie heute bekannt sind, begann etwa ab 1800 in Frankreich. In Deutschland nahm die Kaninchenzucht nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 größeren Aufschwung. Deutsche Soldaten hatten in Frankreich die moderne Form der Kaninchenhaltung kennengelernt, insbesondere die Haltung in den typischen Kaninchenställen, die eine Kontrolle und Steuerung der Fortpflanzung erlaubte. In Deutschland hielt man Kaninchen zu dieser Zeit meist noch freilaufend in den Großviehställen. Auch die einsetzende Industrialisierung begünstigte die Kaninchenhaltung, da das Kaninchen häufig die einzige Tierart war, die in beengten Platzverhältnissen zur Selbstversorgung gehalten werden konnte. Folgerichtig entwickelten sich besonders Industriegebiete zu Hochburgen der Rassekaninchenzucht (Sachsen, Ruhrgebiet).
Grundbedürfnisse
- Sozialkontakt mit Artgenossen (Kaninchen benötigen mind. einen Partner gleicher Art)
- Bewegung, Nagen, Graben, Versteckmöglichkeiten/Unterschlupfe
- Überblick
- Abwechslung, Ruhepausen
- Abwechslungsreiche Nahrung (Heu zur ständigen Verfügung, Kräuter, Gemüse und Obst)
Ernährung
Kaninchen sind reine Pflanzenfresser und brauchen eine entsprechende Ernährung. Der Verdauungstrakt der Tiere ist auf eine gleichmäßige Nahrungszufuhr angewiesen. Unterbrechungen in der Nahrungszufuhr über einen längeren Zeitraum sind als Notfall zu betrachten und können sich lebensbedrohlich auswirken. Der Verdauungsapparat ist auf die Verwertung von Gräsern ausgerichtet; kohlenhydratreiche Nahrung, wie z. B. Getreide, in zu großen Mengen kann langfristig Schäden verursachen. Grundsätzlich sollte die Futterzusammensetzung daher dem in freier Natur vorhandenen Nahrungsangebot ähneln und mindestens 16 % Rohfaser enthalten. Futterumstellungen sollten in kleinen Schritten vollzogen werden.
Die Ernährung mit kommerziellen Trockenfuttermitteln für den Heimtierbereich entspricht in der Regel nicht den physiologischen Bedürfnissen von Kaninchen, da die angebotenen Produkte als wesentliche Inhaltsstoffe verschiedene Getreidearten, Melasse oder Honig enthalten und zu energiereich sind. Handelsübliche Mischfuttermittel werden nur in geringem Umfang (maximal ein Teelöffel pro Tag) vertragen. Deren leichte Verdaulichkeit hat verschiedene negative Effekte: neben der Tatsache, dass die Tiere infolge des zu hohen Energieangebotes verfetten, kommt es durch den geringen Gehalt an Rohfasern zu einer „Unterforderung“ des Darmes, die zu bakteriellen Fehlbesiedlungen (Dysbakterie) und damit verbundenen Durchfallerkrankungen führen kann. Der zu geringe Zahnabrieb begünstigt die Entstehung von schwerwiegenden Maulhöhlenerkrankungen. Die Verfettung bei übermäßiger Kraftfuttergabe führt zu weiteren Problemen wie Kreislaufschwäche oder wunden Läufen. Zwergkaninchen kann man ausreichend mit Frischfutter und Heu ernähren. Für größere Tiere ist die zusätzliche Gabe eines pelletierten Alleinfuttermittels und/oder eines Strukturfutters (viel Eiweiß und Rohfaser, wenig Stärke) eher zu empfehlen, als die der „bunten Müslis“ aus dem Zooladen.
Für die Haltung in kommerziellen Beständen oder privaten Zuchten werden pelletierte Alleinfuttermittel angeboten, die auf die Ernährungsphysiologie des Kaninchens abgestimmt sind. Es existieren verschiedene Futtersorten, die auf bestimmte Nutzungsformen des Kaninchens abgestellt sind (Diätfutter, Absetzfutter, Erhaltungsfutter, Mastfutter, Futter für tragende und säugende Häsinnen).
In den Haltungen der Rassekaninchenzüchter und Selbstversorger bildet die Verwertung geeigneter Küchen- und Gartenabfälle, sowie die Nutzung selbst angebauter Futterpflanzen (z. B. Mais, Rüben, Topinambur, Markstammkohl, Klee, Luzerne) eine wichtige Grundlage der Kaninchenernährung.
Grundlegender Nahrungsbestandteil von Kaninchen sind Heu und Wasser. Heu aus jungen Pflanzen enthält viel Eiweiß und Nährstoffe, Heu aus älteren Pflanzen dagegen viel Rohfaser. Das Heu sollte einen wesentlichen Anteil von Wiesenkräutern haben. Um Verschmutzungen der Nahrung zu vermeiden, bietet sich die Verwendung entsprechender Vorratsbehältnisse (Raufe, Trinkflasche) an. Die Wasseraufnahme hängt vom Grünfutteranteil ab.
Neben Heu und Wasser ist Frischfutter für Kaninchen der zweite wesentliche Nahrungsbestandteil. Es sollte stets frisch sein. Übliche Nahrungsbestandteile sind Fenchel, Möhren, Gurke, Apfel, Feldsalat, Knollensellerie, rote Bete, Petersilie, Löwenzahn, Schafgarbe, Johannisbeerblätter, Kohlrabiblätter und andere frische Kräuter. Frisches Gras-Wildkräutergemisch kann nach der Gewöhnung in großen Mengen angeboten werden. Der Obstanteil sollte den Gemüseanteil aufgrund seines hohen Zuckergehaltes nicht übersteigen. Kohlrabiblätter, Luzerneprodukte, Petersilie und Broccoli sollten nur in Maßen verfüttert werden, da der hohe Kalziumgehalt der Blätter zumeist zur Ausfällung von Kalziumoxalatkristallen in der Harnblase führt. Diese können zur Bildung von Blasensteinen führen, welche nur operativ entfernt werden können. Sämtliche Kohlarten wie Weißkohl und Rotkohl können Blähungen bis hin zur oftmals tödlich verlaufenden Trommelsucht verursachen und sollten daher anfangs nur sparsam verfüttert werden.
Unterbringung
Die Haltung von Kaninchen sollte sich genau wie die Fütterung an den natürlichen Verhaltensmustern der Tiere orientieren. Kaninchen leben in freier Wildbahn in größeren Gruppen, zeigen eine ausgeprägte soziale Hierarchie und Revierverhalten; als Rückzugsraum dienen selbst gegrabene Höhlen. Die Haltung eines einzelnen Kaninchens ohne entsprechende Beschäftigung ist daher streng genommen tierschutzwidrig. Für die häufig praktizierte Form der gemeinsamen Haltung eines Kaninchens und eines Meerschweinchens gilt diese Aussage ebenfalls (→ Kaninchen und andere Tiere). Bei einer reinen Käfighaltung ohne Auslauf kann das Bewegungsbedürfnis der Tiere nicht befriedigt werden. Im Allgemeinen rechnet man pro Kaninchen 2 m2 Platz und 4 Stunden Auslauf an.
Die Lust am Knabbern ist für Kaninchen arttypisch. Deshalb sind Hauskaninchen für den unbeaufsichtigten Freilauf in der Wohnung ungeeignet, insbesondere wenn elektrische Kabel für die Tiere erreichbar sind. Falls es nicht möglich ist, die Kabel für das Kaninchen unerreichbar zu verlegen, muss es beim Auslauf immer beaufsichtigt werden. Ist die Bewegungsfreiheit überwiegend eingeschränkt, wie beispielsweise bei Käfig- und Stallhaltung, müssen die Krallen der Kaninchen regelmäßig geschnitten werden.
Außenhaltung
Hobbyzüchter praktizieren zumeist die Außenhaltung in hölzernen Stallanlagen, die mehrere Einzelbuchten über- und nebeneinander aufweisen. Die Kaninchen sitzen entweder auf Stroh-Einstreu oder es werden Ställe mit Kotschubladen verwendet, wobei die Tiere auf einem Gitter-Rost gehalten werden, durch den die Ausscheidungen in eine flache Kunststoffwanne fallen, die zum Entmisten herausgezogen und entleert wird.
Für die Haltung von Kaninchen werden folgende Boxengrößen angeben:
- Große Rassen: 100 cm breit 80 cm tief, 70 cm hoch
- Mittlere Rassen 90 cm breit, 80 cm tief, 60 cm hoch
- Kleine Rassen 80 cm breit, 80 cm tief, 50 cm hoch
Soziale Bedürfnisse
Eine artgerechte Haltung von Kaninchen bedingt die gemeinsame Unterbringung von mindestens zwei dieser Tiere. Aufgrund ihres ausgeprägten Revierverhaltens kann es bei der Integration eines neuen Tieres zu Rangkämpfen kommen, welche durch verschiedene Maßnahmen wie Zusammenführung auf neutralem Territorium oder komplette Umgestaltung des bisherigen Lebensraumes gemildert werden können. Die Integration eines neuen Tieres in eine Gruppe kann bis zu einem Monat, im Extremfall bis zu einem halben Jahr dauern, manchmal aber auch misslingen. Selbst bei einer erfolgreichen Vergesellschaftung kann es später (wenn z. B. eines der Kaninchen anfangs jung war und nach einigen Monaten ausgewachsen ist) zu Aggressionen untereinander kommen, so dass die Trennung der einzige Ausweg bleibt.
Weitere häufig zu beobachtende Verhaltensweisen sind sexuell motivierte Aggressionen, welche sich vor allem unter männlichen, unkastrierten Kaninchen entladen und mit schwerwiegenden Verletzungen einhergehen können. Dieses Verhalten lässt sich manchmal per Kastration beheben, da das allgemeine Sozialverhalten nichts mit dem hormonell gesteuerten Sexualverhalten zu tun hat. Aggressives Verhalten bei Häsinnen ist hingegen charakterbedingt oder rührt aus negativen Erfahrungen her. Eine Sozialisierung kann mittels sorgfältiger Partnerwahl dennoch erfolgreich sein.
Grundsätzlich sind Rangkämpfe normal und sollten nur bei ernsthaften Beeinträchtigungen eines der Tiere unterbunden werden. Am unproblematischsten erweist sich oft die Haltung einer Häsin in Kombination mit einem kastrierten Rammler, die etwa gleich alt oder ein Geschwisterpaar sind.
Kaninchen und andere Tiere
Meerschweinchen und Kaninchen sind keine geeigneten Partner. Sie unterscheiden sich sowohl im Tagesrhythmus als auch in der Körpersprache. Die freundliche Annäherung eines Kaninchens mit gesenktem Kopf und angelegten Ohren empfindet ein Meerschweinchen als Aggression, weshalb eine gemeinsame Haltung generell nicht empfohlen wird.[1] Eine Haltung im selben Zimmer und auch Auslauf unter Aufsicht funktioniert jedoch meist problemlos.
Hund und Katze sollten genauso nur unter Aufsicht in die Nähe von Kaninchen gelassen werden, da Kaninchen in das Beutespektrum dieser Raubtiere gehören.
Kommunikation
Kaninchen verständigen sich untereinander durch Duftstoffe, Laute und visuell durch Körpersprache. Im Unterschied zum Menschen verfügen Kaninchen nicht über drei, sondern nur über zwei unterschiedliche Typen von Lichtsinneszellen für die Farberkennung. Sie sind also „rotgrünblind“, genauer, sie nehmen rot und grün nicht als unterschiedliche Farben wahr. Außerdem sind sie, wie viele Fluchttiere, weitsichtig.
Duftstoffe
Kaninchen erkennen sich in der Regel am Geruch. Zur Reviermarkierung werden sowohl Urin- als auch Kotmarkierungen gesetzt. Dominante Rammler, manchmal auch sehr dominante Weibchen, sprühen ihren Urin regelrecht in der Gegend herum, indem sie urinieren und gleichzeitig das Hinterteil herumwerfen. Einzelne „Duftkugeln“ werden abgesetzt, sowohl zur Reviermarkierung, als auch um z. B. einem Weibchen zu zeigen, dass man da ist. Beide Formen der Geruchsmarkierungen sind für den Menschen wahrnehmbar. Eine weitere Form stellt das „Kinndrüsenreiben“ dar. An Duftdrüsen, die sich am Kinn der Tiere befinden, wird ein für den Menschen nicht wahrnehmbarer Stoff ausgeschieden. Reibt das Kaninchen sein Kinn an verschiedenen Gegenständen, so erklärt es sie damit zu seinem „Besitz“ bzw. Revier.
Lautsprache
Es gibt verschiedene Laute, die die Kaninchen produzieren können, die meisten sind ausgesprochen leise.
Zwei Gefahrenlaute sind einmal das Stampfen oder Klopfen, was das Kaninchen bei Erregung, also Angst, Aufregung, aber auch zur Warnung der Gruppenmitglieder oder als Abschreckung hören lässt. Der wohl schlimmste Laut, den ein Kaninchen von sich geben kann, ist ein hoher, heller Schrei. Ihn stößt das Tier nur in Todesangst aus.
Als Drohgebärde knurrt ein Kaninchen. Es darf nicht verwechselt werden mit einem wohligen Zähneklappern, das höchste Zufriedenheit ausdrückt. Knirscht ein Kaninchen jedoch mit den Zähnen, so hat es große Schmerzen.
Körpersprache
Die Körpersprache der Kaninchen ist ausgesprochen vielfältig; der gesamte Körper wird zur Kommunikation eingesetzt.
In der Regel beschnuppern sich Kaninchen, wenn sie sich treffen. Der Geruch verrät, wer das Gegenüber ist und vor allem, ob er zur Gruppe gehört. Es folgt ein freundliches Stubsen mit der Nase als Begrüßung. In der Regel sind beide Ohren hierbei aufgerichtet und nach vorne gestellt. Zärtliches Lecken bedeutet ebenfalls Zuneigung, auch wenn es oftmals als „Salzappetit“ fehlinterpretiert wird. Ranghöhe innerhalb der Gruppe wird durch das steile Aufstellen des Schwanzes gezeigt. Das dominante Tier oder auch eines, was die Ranghöhe seines Gruppengenossen anzweifelt, stellt den Schwanz steil nach oben und zeigt die weiße Unterseite des Schwanzes.
Fortpflanzung
Kaninchen kleiner Rassen werden mit drei bis fünf Monaten, mittelgroße mit vier bis acht und große Rassen mit sieben bis zwölf Monaten geschlechtsreif. Die Literaturangaben dazu schwanken recht stark. Die Geschlechtsreife ist nicht gleichzusetzen mit dem Beginn der Zuchtreife, die bei kleinen Rassen mit etwa sieben und mittelgroßen mit acht Monaten erreicht wird, große Rassen gelten mit neun Monaten als zuchtreif.
Die Häsin wirft nach 31 Tagen Tragzeit in der Regel zwischen vier und zwölf Junge, Zwergkaninchen haben häufig kleinere Würfe. Treten 17 Tage nach dem Decken nicht die typischen Merkmale einer tragende Häsin auf, so kann man sie zu diesem Zeitpunkt bereits neu decken. Zwei Mechanismen sichern eine optimale Reproduktionsleistung. Zum einen sorgt die kopulationsinduzierte Ovulation dafür, dass bei einem Deckakt gleichzeitig ein Eisprung erfolgt, was die Paarung sehr effektiv macht. Eine weitere Einrichtung ist der Uterus duplex, mit welchem die Tiere quasi über zwei voneinander unabhängige Fortpflanzungsorgane verfügen. Das heißt, es ist möglich, eine Häsin schon etwa eine Woche vor der Geburt eines Wurfes erneut zu decken.
Zur Vererbung der Kleinwüchsigkeit bei Zwergkaninchen siehe auch Genetik des Hauskaninchens.
Krankheiten
Infektionskrankheiten
- Kokzidiose, starker Kokzidienbefall verursacht Blähungen und schwächt die Tiere durch Schädigung des Verdauungskanals so sehr, dass sie unbehandelt schnell sterben.
- Chinaseuche (Rabbit hemorrhagic disease, RHD), Viruserkrankung. Sehr ansteckend. Bei Ausbruch kann die ganze Gruppe innerhalb weniger Tage ausgestorben sein. Die Erkrankung endet fast ausnahmslos tödlich. Eine Impfung ist möglich.
- Myxomatose, eine durch Pockenerreger ausgelöste Viruserkrankung. Etwa 40 bis 60 Prozent der infizierten Tiere sterben. Eine Impfung ist möglich.
- Encephalitozoonose. Sie ist mittlerweile die häufigste Infektionskrankheit bei Kaninchen. Typisch sind schwerwiegende neurologische Störungen, wie eine Kopfschiefhaltung und Gleichgewichtsstörungen, sowie Nierenfunktionsstörungen. Eine Impfung gegen die Erkrankung gibt es nicht.
- Kaninchensyphilis (Spirochätose): durch Deckakt übertragene Krankheit, gekennzeichnet durch Bläschen und Krusten an den äußeren Geschlechtsorgane oder am Kopf.
- Ansteckender Kaninchenschnupfen: bakterielle Infektionskrankheit der Atemwege, die tödlich enden und vor allem in größeren Beständen erhebliche Verluste verursachen kann.
Erkrankungen des Verdauungstraktes
- Mit Verkürzung des Oberkiefers einhergehendes Hechtgebiss, welches ein übermäßiges Zahnwachstum nach sich zieht.
- Trommelsucht, eine Magenblähung bei Kaninchen
Zahnfehlstellungen
Die Abnutzung der Zähne erfolgt durch die normalen Kaubewegungen bei der Futteraufnahme, sofern keine Fehlstellung der Zähne (Hechtgebiss) vorliegt. Wenn eine solche Fehlstellung vorliegt, müssen die Zähne des Tieres in regelmäßigen Abständen gekürzt oder abgeschliffen werden um eine beschwerdefreie Nahrungsaufnahme zu gewährleisten. Man erkennt Zahnfehlstellungen durch vermehrten Speichelfluss, Unlust beim Fressen, langsame Nahrungsaufnahme bis hin zur Verweigerung. Außerdem können im späteren Verlauf, Bindehautentzündungen sowie tränende Augen und Abszesse am Kiefer dazukommen, wenn die Fehlstellung unbehandelt bleibt. Zur Zucht dürfen solche Tiere nicht eingesetzt werden, um eine Vererbung zu vermeiden.
Zahnfehlstellungen (bereits Aufbiss - Aufeinanderstehen der Nagezähne) führt bei der Bewertung von Rassekaninchen auf Ausstellungen zum Ausschluss (Prädikat „nicht befriedigend“).
Lebenserwartung
Hauskaninchen werden im Schnitt 7 bis 11 Jahre alt, unter idealen Umständen auch älter.
Zucht
Zucht in Deutschland
In Deutschland gibt es zurzeit ca. 185.000 Kaninchenzüchter, die in rund 6.800 Vereinen organisiert sind. An der Spitze steht der Präsident des ZDRK (Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter). Darunter folgen die 20 Landesverbände, die sich aus etwa 500 Kreisverbänden zusammensetzen. Niedersachsen ist in zwei Landesverbände unterteilt: Landesverband Hannover, Landesverband Weser-Ems. Ähnlich ist es in Hessen: Hessen-Nassau und Kurhessen. In den Landesverbänden gibt es wiederum Kreisverbände und darunter folgen die Ortsvereine. Daneben gibt es den „kleinen Bruder": BDK (Bund Deutscher Kaninchenzüchter e. V. von 1892), welcher sich hauptsächlich auf den Raum Niedersachsen konzentriert.
Kennzeichnung der Tiere
Kaninchen werden zur Kennzeichnung tätowiert: Ihnen werden mit einer Zange Zahlen und Buchstaben ins Ohr gedrückt, danach werden die Ohren mit Tinte eingerieben. Die Tinte bleibt dann in den eingeprägten Nummern haften und wächst ins Ohr ein. Diese Nummer könnte zum Beispiel so aussehen:
- linkes Ohr: 4.6.50
- rechtes Ohr: F 523
Der Buchstabe steht für den jeweiligen Landesverband. Die Zahl steht für den Ortsverein. Die erste Zahl gibt den Geburtsmonat an, die zweite das Geburtsjahr und die letzte Zahl gibt die laufende Nummer der Rasse an.
Für die oben genannte Nummer heißt das: Landesverband Hannover, Ortsverein Gnarrenburg. Das Tier ist im April 2006 geboren und ist das fünfzigste Tier einer Rasse, das tätowiert wurde.
Ausstellungen
Der jährliche Höhepunkt für einen Züchter sind neben vielen vitalen Jungtieren in den Nestern die meist im Herbst stattfindenden Kaninchenausstellungen, wo man in den Wettbewerb mit anderen tritt. Diese beginnen meistens mit den Lokalschauen der Vereine, darauf folgen die Kreis- Bezirks- und Landesschauen sowie die alle zwei Jahre stattfindende Bundesschau im jährlichen Wechsel mit der Bundesrammlerschau (hier dürfen nur männliche Tiere präsentiert werden). Mit ca. 25.000 Kaninchen ist die in Deutschland stattfindende Bundesschau, die größte Kaninchenschau der Welt. Hier wird der Titel Deutscher Meister vergeben.
Rassen
In Deutschland zugelassene Rassen
Der in Deutschland wie auch weltweit wohl größte Kaninchenzuchtverband ist der Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter e. V. (folgend ZDRK genannt) mit ungefähr 185.000 organisierten Mitgliedern. (Siehe auch: Kaninchenzucht in Deutschland) Ein kleinerer Verband mit etwa 60 Mitgliedern und eigenem Rassestandard ist der BDK.
Der ZDRK hat in Deutschland 88 Rassen in 370 Farbenschlägen anerkannt, die in 7 Abteilungen geordnet sind.
- Abteilung I
- Große Normalhaar-Rassen [Gewicht über 5,5 kg]: Deutsche Riesen, grau bzw. andersfarbig – Deutsche Riesen, weiß – Deutsche Riesenschecken – Deutsche Widder (Widder = Kaninchen mit Hängeohren)
- Abteilung II
- Mittelgroße Normalhaar-Rassen [Gewicht bis 5,5 kg]: Meißner Widder – Helle Großsilber – Großchinchilla – Mecklenburger Schecken – Englische Widder – Deutsche Großsilber – Burgunder – Blaue Wiener – Blaugraue Wiener – Schwarze Wiener – Weiße Wiener – Graue Wiener – Weiße Hotot – Rote Neuseeländer – Weiße Neuseeländer – Große Marderkaninchen – Kalifornier – Japaner – Rheinische Schecken – Thüringer – Weißgrannen – Hasenkaninchen (Körperbau ähnelt dem Hasen) – Alaska – Havanna
- Abteilung III
- Kleine Normalhaar-Rassen [Gewicht bis 3,75 kg]: Kleinschecken – Separator – Deutsche Kleinwidder – Kleinchinchilla – Deilenaar – Marburger Feh – Sachsengold – Rhönkaninchen – Luxkaninchen – Perlfeh – Kleinsilber – Englische Schecken – Holländer – Lohkaninchen – Marderkaninchen – Siamesen – Schwarzgrannen – Russen – Kastanienbraune Lothringer (Brun marron de Lorrain)
- Abteilung IV
- Normalhaar-Zwergrassen [Gewicht bis 2 kg]: (Widderzwerge) – Zwergschecken – Hermelin – Farbenzwerge
- Abteilung V
- Haarstruktur-Rassen [seidig glänzendes Fell und Gewicht bis 4 kg]: Satin-Elfenbein – Satin-Schwarz – Satin-Blau – Satin-Havanna – Satin-Rot – Satin-Feh – Satin-Kalifornier – Satin-Hasenfarbig – Satin-Thüringer – Satin-Chinchilla – Satin-Siamesen – Satin-Castor – Satin-Lux
- Abteilung VI
- Kurzhaarrassen (Rex-Kaninchen) [Haarlänge weniger als 20 mm]: Chin-Rexe – Blau-Rexe – Weiß-Rexe – Dreifarben-Schecken-Rexe – Dalmatiner-Rexe – Gelb-Rexe – Castor-Rexe – Schwarz-Rexe – Havanna-Rexe – Blaugraue Rexe – Feh-Rexe – Lux-Rexe – Loh-Rexe – Marder-Rexe – Russen-Rexe – Rhön-Rexe – Zwerg-Rexe (Rexzwerge)
- Abteilung VII
- Langhaarrassen [Haarlänge mehr als 40 mm]: Angora, weiß (werden regelmäßig geschoren) – Angora, farbig (werden regelmäßig geschoren) – Fuchskaninchen, farbig – Fuchskaninchen, weiß – Jamora – Zwergfuchskaninchen, farbig (Fuchszwerge, farbig) – Zwergfuchskaninchen, weiß (Fuchszwerge, weiß)
Hauptartikel: Genetik des Hauskaninchens
Die Rassestandards anderer Länder führen weitere Rassen, die dort gezüchtet werden. Für Europaschauen gilt der Europastandard.
Rassen des Europäischen Verbandes
Zur 25. Europaschau des Europäischen Verbandes für Geflügel-, Tauben-, Kaninchen- und Caviazucht (Entente Europeenne D´Aviculture et de Cuniculture) 2006 in Leipzig waren folgende Rassen zugelassen:
- Große Rassen
- Riesen – Riesen, weiß – Weißer Bouscat – Riesenschecke – Mährisches Blaues Kaninchen – Widder – Blaue von St. Niklaas – Blauer von Hamm
- Mittlere Rassen
- Weiße von Dendermonde – Champagne -Silber (Schweiz) – Champagne-Silber (Frankreich) – Belgischer Silber – Groß-Silber (hell) – Groß-Silber (andere Farben) – Groß-Chinchilla – Mecklenburger Schecken – Meißner Widder – Weiße Neuseeländer – Zempliner Kaninchen – Englische Widder – Weiße Landkaninchen (Orestad) – Blaue Wiener – Schwarze Wiener – Graue Wiener – Grauer Burbonnais – Original rötlicher Burgunder – Burgunder – Hotot – Groß Russen – Tschechisches Albino-Kaninchen – Kalifornier – Wiener, weiß – Groß-Marder - Rote Neuseeländer – van Beveren – Normänner – Weißer Vendee – Japaner – Dreifarbenschecken – Hasen – Weiße Hasen – Loh Hasen – Ziegenkaninchen – Thüringer – Weißgrannen – Mittelgroße Chuinchilla – Tschechische Schecke – Mährisches Weißes braunäugiges Kaninchen – Blesser von Liptov – Alaska – Tronder – Schwedisches Fellkaninchen – Havanna – Sallander – Sussex
- Kleine Rassen
- Sable des Vosges – Kleine Widder – Gouwenaar – Beige (Separator) – Deilenaar – Marburger Feh – Marder – Blauer Holicer – Siberian – Sachsengold – Golden Glavcot – Orange – Schwarzgrannen – Siamesen – Rhönkaninchen – Perlfeh – Englische Schecken – Lux – Kleine Silber – Holländer – Kleine Chinchilla – Squirrel – Loh – Steinkaninchen – Thrianta – Hulslander – Russen – Pergraue von Halle – Kastanienbraune Lothringer
- Zwergrassen
- Zwergwidder – Zwergwidder Rex – Zwerg-Schecken – Zwerghasen – Hermelin – Lutterbacher Hermelin – Farbenzwerge
- Haarstrukturrassen
- Rex – Opossum – Angora – Satin – Fuchs – Jamora – Rexzwerge – Fuchszwerge
Darüber hinaus bemüht sich insbesondere der BDK (Bund Deutscher Kaninchenzüchter e. V. von 1892) um das vom Aussterben bedrohte Belgische Bartkaninchen, welches von diesem Verband bereits anerkannt wird.
Wirtschaftliche Bedeutung
Kaninchen waren in der Vergangenheit ein wichtigerer Wirtschaftsfaktor als heute. Zusätzlich zur Nutzung des Fleisches spielten die Felle auch in Deutschland eine bedeutende Rolle. Neben der natürlichen Verarbeitung nutzte man Kaninchenfelle gefärbt und/oder geschoren zur Imitation edlerer Pelze. In recht bedeutender Menge kommt heute Kaninkonfektion aus China auch auf den hiesigen Markt, insbesondere Kleinteile wie Schals (siehe auch Pelzarten). Hierbei handelt es sich zum Teil um rückexportierte Rexkaninfelle aus Europa, insbesondere aus Spanien. Kaninchenhaar wurde in der Hutproduktion eingesetzt. Auch die Produktion und Weiterverarbeitung von Angora-Wolle spielte eine Rolle. Insbesondere in Kriegs- und Notzeiten stieg die Bedeutung der Kaninchenhaltung stark an und wurde dann in verschiedenen Ländern auch staatlich gefördert. Heute werden Kaninchen, insbesondere die Zwergkaninchen, häufig auch als Heimtiere gehalten.
Literatur
- Ruth Morgenegg: Artgerechte Haltung, ein Grundrecht auch für (Zwerg-)Kaninchen. Kaufmann Verlag, 3. Aufl., 2003, ISBN 978-3-9522661-1-3
- F.K. Dorn, G. März: Rassekaninchenzucht. Neumann-Verlag, Leipzig-Radebeul, 5. Auflage, 1981
- W. Schlohlaut: Das große Buch vom Kaninchen. DLG-Verlag, Frankfurt, 2. Auflage, 1998, ISBN 3-7690-0554-6
- Anne McBride: Kaninchen verstehen. Ein Handbuch für die artgerechte Haltung, pala-verlag, 2. Aufl., 2003, ISBN 978-3-89566-188-4
- W. Rudolph, T. Kalinowski: Das Hauskaninchen. Die neue Brehm-Bücherei, A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt, 1982, ISSN 0138-1423
Einzelnachweise
- ↑ Meerschweinchen und Kaninchen besser nicht zusammen halten. In: Kleintierpraxis 53 (2008), S. 652
Weblinks
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