Kannel

Kannel
Konzertkantele mit 36 Saiten

Die Kantele ([ˈkɑntɛlɛ], Finnisch) oder Kannel ([ˈkɑnːɛl], Finnisch und Estnisch) ist ein traditionelles Zupfinstrument in Finnland, Estland und Karelien.

Inhaltsverzeichnis

Bauarten

Die Kantele besteht in der klassischen Form aus einem flügelförmigen Resonanzkörper aus Holz, der aus einem ausgebrannten und mit dem Beil ausgehöhlten Birkenstamm besteht. Auf diesem sind fünf pentatonisch gestimmte Rosshaarsaiten angebracht. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wandte man diese Methode an. Es gab sie in verschiedenen Größen und meist gestimmt in D-Dur oder d-Moll. Die ursprünglichen fünf Saiten wurden wurden im Lauf der Zeit auf bis zu dreiundzwanzig Saiten erweitert.

Moderne Kantelen haben bis zu 36 Drahtsaiten, die während des Spiels mit Hilfe eines Hebelsystems um einen Halbton höher oder tiefer gestimmt werden können. Das Instrument wird – ähnlich wie die Zither – auf dem Schoß oder auf einem kleinen Tisch liegend mit den Fingern gespielt. Manchmal wird auch ein Plektrum genutzt. Ein gepolstertes Brett, das über den Saiten angebracht ist, kann durch Herunterdrücken alle Saiten abdämpfen.

Auch eine elektrische Kantele ist in Finnland entwickelt worden.

Auf dem Korpus der hier abgebildeten Kantele sind die C- und G-Saiten mit schwarzen bzw. roten Markierungen gekennzeichnet, außerdem sind die Berührungspunkte zum Erzeugen von Flageoletttönen markiert.

Spielmöglichkeiten

Die Kantele kann man auf zwei Arten spielen: die meisten Spieler haben die langen Saiten direkt vor sich liegen (Haapavesi-Stil), während Spieler mit stark traditionellen Wurzeln die kurzen Saiten zu sich gewendet haben (Perhonjoki-Stil oder auch Perhonjokilaakso-Stil). Die Stilarten sind nach dem Ort Haapavesi und dem Fluss Perhonjoki benannt, zwei Zentren der Volks- und Kantelemusik.

Mythologie

Im finnischen Nationalepos Kalevala fertigt der alte Zaubersänger Väinämöinen die erste Kantele aus dem Kiefer eines gigantischen Hechts. Als er sie spielt, kommen alle Tiere des Waldes herbei und lauschen; die Menschen lassen ihre Arbeit ruhen und sind vom Klang ergriffen. Die zweite Kantele fertigt er später aus einer Birke.

Die Kantele ist namensgebend für die Gedichtsammlung Kanteletar ("Kantele-Spielerin"), die wie Kalevala ebenfalls von Elias Lönnrot zusammengestellt wurde.


An der Karelischen Universität in Petrosawodsk gibt es einen Lehrgang im Kantelebau und -spiel, der von zwei Kantelemeistern geleitet wird. An der Sibelius-Akademie in Helsinki kann man traditionelles und modernes Kantelespiel studieren.

Bezeichnung in anderen Sprachen

Traditionelle litauische Kankles

Die finnische Bezeichnung des Instruments kantele wird ebenso wie Estnisch Kannel als Lehnwort aus einer baltischen Sprache angesehen. In der altpreußischen Sprache wird dieses Instrument in verschiedenen Dialekten als "kantele", "kant", "kantlis" und "kantle" erwähnt. "kantonis" oder "kantus" ist der Spielmann, "kantwilis" ist der Musikliebhaber. Auf Lettisch heißen die entsprechenden Instrumente Kokle , auf Litauisch Kanklės. Litauisch "kantelis" ist dagegen das Lied (Daina). Ähnlich ist die Gusli in Nordwest-Russland.

Literatur

  • Balys, Jonas: Grundzüge der Kleinlitauischen Volksdichtung, in Tolkemita-Texte „Lieder aus Schalauen“ Nr.53, Dieburg 1997
  • Lepa, Gerhard: Gedanken über die Prußen und ihre Lieder, in Tolkemita-Texte „25 Lieder der Sudauer“ Nr. 56, Dieburg 1999
  • Rhesa, Ludwig: Dainos oder Litthauische Volkslieder, Königsberg 1825
  • Žilevičius, Juozas: Grundzüge der kleinlitauischen Volksmusik, in Tolkemita-Texte „25 Lieder der Sudauer“ Nr. 56, Dieburg 1999

Hörbeispiele

Siehe auch


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