Kapielski

Kapielski

Thomas Kapielski (* 16. September 1951 in West-Berlin) ist ein deutscher Autor, bildender Künstler und Musiker.

Thomas Kapielski im März 2006 bei seiner Vernissage in Zürich

Inhaltsverzeichnis

Leben

Thomas Kapielski wurde in Berlin-Charlottenburg geboren und lebte mit Schwester und Eltern dort in seinen ersten Jahren. Nach dem Umzug nach Berlin-Neukölln besuchte er die Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Britz. Nach dem Abitur studierte er Geografie, Philologie und Philosophie an der Freien Universität. Zum Ende der 1970er Jahre begann Kapielski mit seiner umfassenden künstlerischen Betätigung. Er schrieb Konzeptuelles, begann mit Objekten, Fotografien, Collagen und Gemälden, die Alltägliches aufgriffen, mit Texten verbanden und das Absurde, Außergewöhnliche des gewöhnlichen Lebens hervorhoben.

Ab Anfang der 1980er Jahre wurde Kapielski dann auch als Musiker tätig, wobei er – unter anderem gemeinsam mit Frieder Butzmann – meist minimalistische, avantgardistische Stücke aufnahm und aufführte, die Alltagsgeräusche, Krach und Worte mixten. Sie wurden in dieser Zeit der Szene der Berliner Genialen Dilletanten zugeordnet.

Zu eben dieser Zeit begann Kapielski häufiger zu fotografieren und etablierte in den folgenden Jahren eine außergewöhnliche Art von Diashows. Die Zuverlässigkeit von Hafthaken, die kleinsten Reisebüros der Welt, Autos mit wunden Augen und andere Erfahrungen aus der äußeren Welt wurden zu Dia-Abend-Themen.

Eine erste Veröffentlichung, Der bestwerliner Tunkfurm erschien 1984. In den nächsten Jahren nahmen Kapielskis literarische Aktivitäten (kombiniert mit Diaschauen), oft gemeinsam mit Helmut Höge und Sabine Vogel, zu. Das Geografie-Studium wurde währenddessen zu Ende gebracht, ein Musik- und Theologiestudium begonnen.

Kapielskis sprachliche Begabung wurde bereits zu dieser Zeit von einigen Literaturkritikern gelegentlich mit der eines Lichtenberg oder Arno Schmidt verglichen. Im Maas Verlag erschien Aqua Botulus, im Karin Kramer Verlag Der Einzige und sein Offenbarungseid: Verlust der Mittel. Gegen allzu großen Erfolg wehrte er sich jedoch durch Unberechenbarkeit. Eine Tätigkeit als Kolumnist für die taz endete mit einem Eklat - ausgelöst durch ein sehr frühes Beispiel von Politischer Korrektheit, nachdem Kapielski in einer Musikkritik eine Diskothek als „gaskammervoll“ bezeichnet hatte.

Kapielski veröffentlichte ab den 1990er Jahren Texte u.a. in der Zeit, der FAZ, der Frankfurter Rundschau. Weitere Bücher erschienen beim Berliner Merve Verlag, dem Kapielski lange schon freundschaftlich verbunden war, zuerst Davor kommt noch und Danach war schon, die es auch in die SWF-Bestenliste schafften und daraufhin von Zweitausendeins wiederveröffentlicht wurden. Das Valentin-Musäum in München sorgte zudem für eine Werkschau und einen Katalog von Kapielskis bildnerischem Werk. 1999 wurde Thomas Kapielski zum Ingeborg-Bachmann-Preis nach Klagenfurt eingeladen, gewann aber keinen Preis.

Es folgten die Tagebuch-Romane Sozialmanierismus und Weltgunst bei Merve und Zweitausendeins. Beide Bände sind eine ungewöhnliche Mischung aus Aphorismen, Alltagsgeschichten, Philosophie, Kunsttheorie und Abseitigem.

1999 erhielt Kapielski den Sprengel-Preis für Bildende Kunst der Niedersächsischen Sparkassenstiftung. Von 1998 bis 2004 war er als Gast-Professor für Performance an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig tätig.

Sein soziologischer Einsatz ist in der Verteidigung des Stammtisches als Ort der freien Rede und der Kneipe per se ((Weltkulturerbe „Goldener Hahn“ am Heinrichplatz chez Inge mit Bernd Kramer) nachzuvollziehen. Musikalisch ist Kapielski beim Original Oberkreuzberger Nasenflötenorchester aktiv. Künstlerisch hat er sich in den Jahren 2005 und 2006 wieder mehr dem Bildnerischen zugewandt: als besondere Form der Kunstbetriebskritik macht er sich in mehreren Einzelausstellungen (Berlin, Zürich) mit Ölgemälden (Ölschinken) auf intelligente Art über die Mechanismen der Wertschöpfung durch Kunst lustig. Seine Kunsttheorie dazu ist in seinem 2006 bei Merve erschienenen Buch Anblasen zu lesen.

Werke

Bildende Kunst

  • Nach Einbruch der Nüchternheit. Werkkatalog 1979 bis 1996, Wiens Verlag, Berlin, 1996

Musik

  • Rosa rauscht, 1982
  • Guten Morgen, Mammi! (mit Frieder Butzmann), 1986
  • WAR PUR WAR (mit Frieder Butzmann), 1987

Literatur

  • Der bestwerliner Tunkfurm, 1984, ISBN 978-3923594023
  • Einfaltspinsel = Ausfallspinsel, 1987
  • Aqua Botulus, 1992, Maas, Berlin ISBN 978-3929010206
  • Leid 'light', 1993
  • Der Einzige und sein Offenbarungseid. Verlust der Mittel, 1994, Karin Kramer Verlag, Berlin ISBN 978-3879562114
  • Davor kommt noch. Gottesbeweise IX-XIII, 1998, Merve, Berlin ISBN 978-3883961439
  • Danach war schon. Gottesbeweise I-VIII, 1999, Merve, Berlin ISBN 978-3883961477
  • Sozialmanierismus, 2001, Merve, Berlin ISBN 978-3883961705
  • Weltgunst, 2004, Merve, Berlin ISBN 978-3883962023
  • Anblasen, 2006, Merve, Berlin ISBN 978-3883962184
  • Mischwald, 2009, Suhrkamp, Frankfurt/Main ISBN 978-3518125977
  • Ortskunde. Eine kleine Geosophie, 2009, Engeler, Basel ISBN 978-3938767627

Mixed media

Weblinks



Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Thomas Kapielski — Thomas Alfred Franz Kapielski (* 16. September 1951 in Berlin Charlottenburg) ist ein deutscher Autor, bildender Künstler und Musiker. Thomas Kapielski im März 2006 bei seiner Vernissage in Zürich …   Deutsch Wikipedia

  • Ben-Witter-Preis — Ben Witter (* 24. Januar 1920 in Hamburg; † 12. Dezember 1993 in Hamburg) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Inhaltsverzeichnis 1 Werk 2 Bücher 3 Ben Witter Preis 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Degens — Marc Degens (* 18. August 1971 in Essen) ist ein deutscher Schriftsteller. Leben und Arbeit Marc Degens wuchs im Ruhrgebiet auf und studierte Germanistik und Soziologie an der Ruhr Universität Bochum. Von 1999 bis 2007 lebte er als freier… …   Deutsch Wikipedia

  • Detje — Robin Detje (* 1964 in Lübeck) ist ein deutscher Autor und Übersetzer. Er lebt in Berlin. Nach Schauspielausbildung und Theaterarbeit war Detje zunächst freier Mitarbeiter für Die Zeit, später Redakteur und Ressortchef für Literatur bei der Zeit… …   Deutsch Wikipedia

  • Günter Lüling — (* 25. Oktober 1928 in Warna, Bulgarien) ist ein deutscher Theologe, Staatswissenschaftler sowie promovierter Arabist und Islamwissenschaftler. Lüling war Direktor des deutschen Goethe Instituts in Aleppo (Syrien) und gilt aufgrund seiner Studien …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Kan–Kaq — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Literarisches Zentrum Göttingen — Der Universalgelehrte Thomas Kapielski bei einer Lesung im Literarischen Zentrum Das Literarische Zentrum Göttingen e.V. ist eine überregionale Einrichtung, die sich als „Begehbares Feuilleton“ versteht und Literatur in Nähe zu Film, Musik,… …   Deutsch Wikipedia

  • Merve — Der Merve Verlag ist ein bekannter deutscher Kleinverlag mit Sitz in Berlin Schöneberg mit einem Programmschwerpunkt auf Philosophie, Kunstgeschichte und Politik. Inhaltsverzeichnis 1 Verlagsgeschichte 2 Programm 3 Auszeichnung 4 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Merve-Verlag — Der Merve Verlag ist ein bekannter deutscher Kleinverlag mit Sitz in Berlin Schöneberg mit einem Programmschwerpunkt auf Philosophie, Kunstgeschichte und Politik. Inhaltsverzeichnis 1 Verlagsgeschichte 2 Programm 3 Auszeichnung 4 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Michael Glasmeier — (* 1951 in Bochum) ist Professor für Kunstwissenschaft an der Hochschule für Künste Bremen, Essayist, Publizist und Ausstellungskurator. Schwerpunkte seiner Arbeit sind die vielfältigen Beziehungen der bildenden Kunst zu Musik, Sprache, Film,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”