Karl-Dietrich Erdmann

Karl-Dietrich Erdmann

Karl Dietrich Erdmann (* 29. April 1910 in Köln; † 23. Juni 1990 in Kiel) war ein einflussreicher deutscher Historiker in der Nachkriegszeit.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Erdmann wurde 1933 an Marburg bei Wilhelm Mommsen promoviert. Er ging anschließend in den Schuldienst, den er jedoch 1938 verlassen musste, da seine Ehefrau keinen Ariernachweis erbrachte.[1] Ein von ihm 1938 geschriebenes und nach seinem Tod wegen deutlicher nationalsozialistischer Tendenzen heftig umstrittenes Schulbuch erschien nicht. Bei Kriegsausbruch wurde er Soldat und war gegen Ende des Krieges in der Offiziersausbildung tätig. 1945 wurde Erdmann wissenschaftlicher Assistent in Köln und habilitierte sich dort 1947 bei Peter Rassow. 1951 wurde er in Köln außerplanmäßiger Professor und hatte seit 1953 bis zu seiner Emeritierung 1978 einen Lehrstuhl für Neuere Geschichte an der Universität Kiel.

Erdmann geriet in einen heftigen, teilweise sehr persönlich geführten Streit mit Fritz Fischer, dessen Thesen (Griff nach der Weltmacht) zur deutschen Kriegsschuld am Ersten Weltkrieg er gemeinsam mit Gerhard Ritter, Egmont Zechlin und anderen scharf angriff. Die als Fischer-Kontroverse in die Historiographie eingegangene Debatte erregte großes öffentliches Interesse, sie trug einen eminent politischen Charakter und eskalierte zusehends, als Erdmann von einigen Wissenschaftlern vorgeworfen wurde, einige der Dokumente, die er als Belege für seine Ansichten vorgebracht hatte (insbesondere die 1972 von ihm edierten Tagebücher von Kurt Riezler), seien von ihm oder den Anhängern seiner Position absichtlich ver- oder gefälscht worden. Historiker erkennen aber meistens die Echtheit und außerdem die große historische Bedeutung der Riezler-Tagebücher. Als Mitglied der CDU nahm Erdmann auch zur Tagespolitik - etwa zur Ostpolitik der sozialliberalen Regierung - Stellung.

Ungeachtet dieser Probleme gelten einige von Erdmanns Arbeiten bis heute weitgehend unbestritten als Standardwerke zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, wobei die Jahre zwischen 1914 und 1949 den Schwerpunkt seiner Forschungen bildeten. Die von ihm begründete und bis zu seinem Tod betreute Zeitschrift Geschichte in Wissenschaft und Unterricht gehört bis heute zu den renommiertesten deutschen Fachorganen. Erdmann war von 1962 bis 1967 Vorsitzender des Verbandes deutscher Historiker und von 1966 bis 1970 Vorsitzender des Deutschen Bildungsrates, von 1975 bis 1980 Präsident des Comité International des Sciences Historiques.

Er starb am 23. Juni 1990 in Kiel.

Literatur

  • Martin Kröger, Roland Thimme: Die Geschichtsbilder des Historikers Karl Dietrich Erdmann. Vom Dritten Reich zur Bundesrepublik. Oldenbourg, München 1996, ISBN 3-486-56154-5.
  • Winfried Schulze, Eberhard Jäckel, Agnes Blänsdorf: Karl Dietrich Erdmann und der Nationalsozialismus. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 48 (1997), 220–240.
  • Martin Kröger, Roland Thimme: Karl Dietrich Erdmann im "Dritten Reich". Eine Antwort auf Eberhard Jäckel und Agnes Blänsdorf. Ebda., S. 462–478.
  • Eberhard Jäckel, Agnes Blänsdorf: Noch einmal zu Karl Dietrich Erdmann. Ebda., S. 744−747.
  • Martin Kröger, Roland Thimme: "Karl Dietrich Erdmann. Utopien und Realitäten. Die Kontroverse". In: "Zeitschrift für Geschichtswissenschaft", 7, 1998, S. 603–621.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 138.

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