Karluken

Karluken

Die Karluken (alttürkisch Qarluq; arabisch/persisch ‏قارلوق‎) waren eine historische Stammesföderation türkischer Steppennomaden im frühmittelalterlichen Mittelasien.

Besonders nach ihrer Niederlage 893 n. Chr. gegen den Samaniden Ismail I. wurden viele Karluken versklavt, zum Islam bekehrt und standen in der Folge als Militär- und Hofsklaven (ghulām) in den Diensten der Samaniden. Aus den Reihen dieser Militärsklaven gingen unter anderem die späteren Ghaznawiden-Herrscher von Chorasan und Nordindien hervor.[1]

Geschichte

Die Karluk waren anfänglich von relativ untergeordneter Bedeutung. Ihre Führer trugen nie den Titel eines Khagans oder Khans. Selbst Mahmud al-Kaschghari erwähnt die Karluken nicht in der Aufzählung der 20 türkischen Stämme in der Einleitung seines diwān lughāt at-turk. Nach uigurischen Quellen bildeten diese um 760 eine Stammesföderation aus drei Clans. Das Werk Hudūd al-ʿĀlam erwähnt allerdings, dass die Karluken aus sieben Stämme beständen.

Nach dem Verfall des Göktürkenreichs und seiner Ablösung durch das Uiguren-Reich verlagerten die Karluk im 7. und 8. Jahrhundert ihre Wohnsitze sukzessive aus dem Changai-Gebirge und Altai an das Ostende des Balchaschsees und weiter in das Siebenstromland.

Etwa 766 lösten die Karluk die damals vorherrschenden Türgiş als Oberschicht der Nomaden in Turkestan ab, besetzten die Städte Suyāb (die ehemalige Hauptstadt der Türgiş) und Tarāz.[2] Damit beherrschten die Karluk die Gebiete zwischen Altai und Syr-Darja, verdrängten auch die Oghusen weiter westwärts an den Aralsee, standen aber weiterhin unter dem Druck und der Oberherrschaft der Uiguren.

791/92 galten die Karluk als Verbündete der Tibeter und versuchten mit ihnen gemeinsam die Herrschaft über Ost-Turkestan zu erlangen, wurden jedoch von den Uiguren besiegt. Aber auch gegen die Araber in Mittelasien gab es verschiedene Bündnisse und Kämpfe, z.B. unterstützten sie um 776 den Mukanna-Aufstand. Schließlich wurden die Gebiete der Karluk nach einer massiven Kampagne des Uiguren-Khaqans Qut Bulmish (reg. 808-21, er kam bis an den Syrdarja und kämpfte dort gegen die Araber) 820/1 dem Uiguren-Reich eingegliedert. Doch bereits 840 wurden sie wieder selbständig und konnten sich einige Gebiete Ost-Turkestans aneignen.

Nach späteren Quellen (Al-Marwazi) vereinigten sich unter ihrer Führung neun Stammesgruppen: drei Gruppen der Chigil, drei Gruppen der B.gh.sk.l, dazu die Bulaq, Kökerkin und Tukhsi. Diese Zusammensetzung war aber nicht stabil und unterlag im Laufe der Zeit wahrscheinlich einer Anzahl von Veränderungen, wofür auch das Vorhandensein einiger weiterer Stammesnamen spricht. Vielleicht zählten auch die Yaghma dazu, die im 10. Jh. analog zu den Karluken über verschiedene Gebiete Turkestans verstreut waren.[3]

Die Karluk hatten, wie bei Nomaden damals nicht unüblich, zwei gemeinsam regierende Fürsten über sich: den "Arslan Qara Khaqan" im Osten und den "Bugra Qara Qagan" im Westen. Der westliche Teilherrscher Oghulchak Kadir Khan führte beispielsweise Krieg gegen die Samaniden (893, 903-04). 893 wurde er von Ismail I. (reg. 892–907) geschlagen, der bis an den Talas vordrang und viele Gefangene machte.

Einzelnachweise

  1. C.E. Bosworth: Artikel Samanids; in: Encyclopaedia of Islam; Leiden: Brill. Digitale Edition: „One role which Ismā'īl inherited as ruler of Transoxania was the defence of its northern frontiers against pressure from the nomads of Inner Asia, and in 280/893 he led an expedition into the steppes against the Qarluq Turks, capturing Ṭalas and bringing back a great booty of slaves and beasts.“
  2. Vgl. M. Weiers, Qarluq in: Abrisse zur Geschichte innerasiatischer Völker, http://www.zentralasienforschung.de
  3. Vgl. Sinor: The Cambridge History of Early Inner Asia, S. 354-7.

Literatur

  • Marion Linska/ Andrea Handl/ Gabriele Rasuly-Paleczek: Einführung in die Ethnologie Zentralasiens, Wien 2003. (= Skriptum der Universität Wien) (Online Version; Stand: 2. Mai 2008)
  • The Cambridge History of Early Inner Asia. Edited by Denis Sinor, Cambridge (u. a.) 1990.

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