Karrhae

Karrhae
Harran
Wappen von Harran
Harran (Türkei)
DEC
Basisdaten
Provinz (il): Şanlıurfa
Koordinaten: 36° 52′ N, 39° 2′ O36.86444444444439.0327777777787Koordinaten: 36° 51′ 52″ N, 39° 1′ 58″ O
Fläche: 704 km²
Einwohner: 61.520 (2008)
Bevölkerungsdichte: 87 Einwohner je km²
Telefonvorwahl: (+90) 414
Postleitzahl: 63 xxx
Kfz-Kennzeichen: 63
Struktur und Verwaltung (Stand: 2009)
Bürgermeister: Ibrahim Özyavuz (MHP)
Webpräsenz (Stadtverwaltung):
Kaymakam: Hasan Yaman
Webpräsenz (Kaymakam):

Harran (arabischحران‎; akkad.: Harrānu; sum.: URUKASKAL; griech.: Karrhai; lat.: Carrhae; hebräisch ‏חרן‎) ist eine Stadt und ein Landkreis der türkischen Provinz Şanlıurfa. Die Stadt ist die Nachfolgesiedlung des gleichnamigen antiken Ortes, von dem vor allem nahe der Grenze zu Syrien viele Überreste erhalten geblieben sind. Besonders bekannt ist sie auch für ihre typischen, bienenstockförmigen Häuser. Harran liegt etwa 44 km südöstlich der Provinzhauptstadt Şanlıurfa. Die Bevölkerung der Stadt beträgt 7.370 und die des Landkreises 61.520 (Stand Ende Dezember 2008). Die Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Arabern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Alter Orient

In der Bibel (Gen 11,31 EU) erscheint Haran als der Ort, an dem sich die Familie des Terach niederließ, nachdem sie aus Ur ausgewandert war, und von dem aus der Erzvater Abraham weiter nach Kanaan zog (Gen 12,4 EU).

Der Ort war schon im 3. Jahrtausend v. Chr. besiedelt. Sein akkadischer Name Harrānu steht sowohl für „Reise“ als auch für „Karawane“. Möglicherweise handelt es sich um eine Volksetymologie eines älteren Namens. Harran fungierte denn auch spätestens seit der altbabylonischen Zeit als Reise- und Handelsstation zwischen Karkemisch am Euphrat und Ninive am Tigris.

Die Ortschaft wird wahrscheinlich erstmals in Texten aus Ebla als Ha-ra-anKI oder Har-ra-nuKI erwähnt und ist auch in den Mari-Briefen des Zimri-Lim greifbar, wo es Teil der Städteföderation Zalmaqqum war. Bereits in dieser Zeit wird der Tempel des Mondgottes Sin erwähnt. Dort befand sich der diesem Gott heilige Stein, der im Rahmen des Steinkultes verehrt wurde.

Seit Ende des 18. Jahrhunderts v. Chr. etablierten sich im nördlichen Mesopotamien die Hurriter aus dem nördlich angrenzenden Zagros und Taurusgebirge. Während des 15. und 14. Jahrhunderts gehörte Harran zum Mittani-Reich.

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts v. Chr. wurde Harran von den Hethitern unter Šuppiluliuma I. zerstört. Danach kam die Region jedoch unter die Kontrolle der Assyrer. Salmanassar III. erneuerte um 850 das Mondheiligtum, und die Stadt wurde zu einem wichtigen Zentrum des assyrischen Reiches. Unter Aššur-uballit II. war Harran die letzte Residenzstadt der Assyrer, bevor sie 610 v. Chr. von den verbündeten Medern und Babyloniern unter Nabopolassar besetzt wurde.

Die Mutter des letzten babylonischen Königs Nabonid (555–539 v. Chr.) war eine Priesterin des Mondkultes in Harran. Nabonid selbst ließ das Mondheiligtum Ehulhul 542 v. Chr. wieder neu errichten.

Antike

Die heutige Stadt Harran

Harran wurde im 6. Jahrhundert v. Chr. Teil des Achämenidenreichs. 331 v. Chr. wurde die Stadt von Alexander dem Großen eingenommen und kam danach unter die Herrschaft der Seleukiden. Am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. wurde Harran parthisch und, nach Edessa, zur zweitwichtigsten Stadt im Kleinkönigreich Osrhoene. Besondere Berühmtheit erlangte der Ort im Jahr 53 v. Chr., als der Triumvir Crassus in der Schlacht bei Carrhae zusammen mit fast 20.000 römischen Soldaten den Tod im Kampf mit den Parthern fand. Plutarch bietet einen eindrucksvollen Bericht über diese Schlacht, die eine der schwersten Niederlagen der römischen Geschichte darstellte.

Unter Septimius Severus wurde der Ort am Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. Teil des Imperium Romanum. Kaiser Caracalla fand 217 in seiner Nähe den Tod, als er dem Heiligtum einen Besuch abstatten wollte und auf dem Weg ermordet wurde. Im Jahre 260 n. Chr. fand in der Nähe von Carrhae die Schlacht zwischen dem Sassanidenkönig Schapur I. und dem römischen Kaiser Valerian statt, bei der letzterer geschlagen und gefangen genommen wurde. Der palmyrenische König Odaenathus eroberte die Stadt im Jahre 264. Als das Reich von Palmyra wenige Jahre später von Kaiser Aurelian zerschlagen wurde, fiel Carrhae wieder an das Römische Reich.

Anders als das benachbarte Edessa, das sehr früh zu einem Zentrum des Christentums wurde, blieb Carrhae in der Spätantike lange Zeit ein Hort der alten Religion. Tatsächlich verehrten dort die römischen Kaiser noch bis ins 4. Jahrhundert die Mondgöttin Selene, als letzter Julian Apostata. Als die christliche Pilgerin Aetheria 385 Harran besuchte, traf sie dort, bis auf einige wenige Geistliche und Mönche, nur Heiden an.

Noch im 6. Jahrhundert gibt Prokopios von Caesarea an, dass in der Stadt, die die Christen vielfach Hellenopolis („Stadt der Hellenen/Heiden“) nannten, noch immer fast nur Altgläubige lebten (noch im 9. Jahrhundert sind die Verehrer der Mondgötter in der Stadt nachweisbar). Nach einer umstrittenen Theorie war Carrhae zudem der Ort, an dem der bedeutende heidnische Neuplatoniker Simplikios nach 532 eine Philosophenschule einrichtete, die vielleicht noch im 7. Jahrhundert Bestand hatte.

Mittelalter

Die Überreste der Harran-Universität (Ulu Cami)

Nachdem der Kalif Omar 637 Jerusalem und Edessa erobert hatte, ergaben sich die Harraner zwei Jahre später. Der letzte Umayyaden-Kalif Marwan II. erhob Harran um 745 sogar zu seiner Residenz. In das 8. Jahrhundert fällt auch der Bau der ersten Moschee. Aus der neuplatonischen Akademie entwickelte sich möglicherweise die Madrasa, die als die älteste Universität der islamischen Welt gilt. Auch wenn ihr Ruf bald von anderen Schulen (besonders in Bagdad) überstrahlt wurde, galt sie lange als das Zentrum für Astronomie und Alchemie. So soll Harran, in der arabischen Tradition, die Heimat des Dschābir ibn Hayyān (Geber) gewesen sein, bei dem es sich aber möglicherweise nur um das Gruppen-Pseudonym für die Schriften einer hermetisch-alchemistischen Schule handelt.

Um 830 drängte der Abbassiden-Kalif Al-Ma'mun die nicht der islamischen Religion angehörigen Bewohner von Harran zur Konversion zum Islam, oder zu einer anderen, im Koran erwähnten Buchreligion. Daraufhin nahmen manche von ihnen den Namen Sabier an und konnten so ihren alten Gestirnkult weiter ausüben. Nach Rückeroberung von Edessa durch die Byzantiner legten die Fatimiden unter Kalif Az-Zahir 1032 in Harran eine Festung an, unter deren Mauern das altbabylonische Mondheiligtum Ehulhul verschwand.

Im Laufe des Ersten Kreuzzuges eroberten die Kreuzfahrer Harran, erlitten 1104 jedoch in der Schlacht von Harran die erste entscheidende Niederlage gegen die Seldschuken. Der Verlust der Schlacht läutete gleichzeitig das Ende der Kreuzfahrerstaaten ein (Fall der Grafschaft Edessa 1146). 1187 besserte Sultan Saladin die Moschee in Harran aus. 1260 zerstörten die Mongolen den letzten Tempel der Sabier in Harran.

Bekannte Persönlichkeiten

Literatur

  • Tamara Green: The City of the Moon God. The Religious Traditions of Harran. Leiden 1992, ISBN 9004095136.

Weblinks


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