Kastellaneien

Kastellaneien

Der Kastellan ist ein Aufsichtsbeamter eines größeren Anwesens, z. B. in einer Burg, einem Schloss oder einem Palais. Die Bezeichnung "Kastellan" (im 13. Jahrhundert kastelân) leitet sich vom mittellateinischen castellanus ab. Die Unterscheidung von verwandten Amtsbezeichnungen wie Burggraf, Burgvogt, Burg- oder Schlosshauptmann liegt weniger in den Aufgaben als im geografischen und zeitlichen Zusammenhang.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben

Ausgehend von der Befehlsgewalt über eine Burg (lateinisch: castellum) im frühen Mittelalter entwickelten sich die Funktionen und Würden dann in verschiedene Richtungen fort. Im deutschsprachigen Raum waren die Kastellane entweder Reichsbeamte (Burggrafen) oder fürstliche Dienstleute, die den Oberbefehl führten und in der Burg oder Stadt sowie in dem dazugehörigen Gebiet eine bestimmte Gerichtsbarkeit verwalteten. Ab der Renaissance wurde mit Kastellan auch der Beschließer (Aufseher) in einer Burg benannt.

Eine herausgehobene Bedeutung gegenüber anderen Kastellanen hatte im frühmittelalterlichen Frankenreich der Majordomus oder Hausmeier, der den Königssitz verwaltete, schließlich den König an Macht überflügelte und an dessen Stelle selbst König wurde.

Kastellaneien

Eine Kastellanei war ein Bezirk, der durch einen Kastellan verwaltet wurde. Kastellaneien bestanden im Mittelalter in den meisten europäischen Ländern, bis sie durch modernere Formen der Verwaltungsgliederung abgelöst wurden.

Die Kastellanei umfasste den Burgbezirk, das Land in der Nähe einer festen Burg (Kastell), das sich im Eigentum des Landesherrn befand. Der Kastellan übte dort im Namen des Landesherrn Herrschaft und Gerichtsbarkeit aus, ihm unterlag die Heeresverwaltung des Bezirkes.

Bedeutung in anderen Ländern

In Flandern und Frankreich gab es Gebiete, mit deren Besitz der Titel eines Kastellans (Châtelain) verbunden war. Sie übten die Zivil- und Militärgewalt aus, bis sie später eingeschränkt wurden.

Auch in Polen hatten Kastellane anfangs die Aufsicht über die Burgen (castella, grody) und übten diese sowohl in Rücksicht auf das Kriegswesen wie die Gerichtsbarkeit aus. Der Titel „Kastellan“ (polnisch: kasztelan) erhielt sich nach der Abschaffung der Kastellaneien und Einführung der Woiwodschaften als reiner Ehrentitel bei Adligen bis zum Jahre 1795.

In der Schweiz gab es vielfältige Bezeichnungen für das Amt des Landvogts, so Kastlan[1] im Berner Oberland, Tschachtlan (im Simmental, entlehnt aus dem mittelfranzösischen chatelein), Gubernator, balivo, commissario und mehr.[2]

Heutige Funktion

In heutigen Zeiten sind Kastellane staatliche Bedienstete, die die Verwaltungsangelegenheiten einer Burg vor Ort regeln. Meist sind sie auch mit der Haltung von Führungen und der wissenschaftlicher Recherche beauftragt.

Der Begriff „Kastellan“ wird heute auch im Sinne eines im Haus wohnenden Hausmeisters von öffentlichen Gebäuden gebraucht (siehe Weblinks).

Kastellan als Familienname

Wie viele andere Berufs- und Amtsbezeichnungen wurde auch Kastellan zum Familiennamen, der in verschiedenen Rechtschreibvarianten existiert. Wie andere aus hohen Ämtern abgeleitete Familiennamen (Beispiele: König, Bischof), ist der Name Kastellan nicht unbedingt von einem Amtsträger ererbt, sondern möglicherweise stattdessen von einem Leibeigenen eines Kastellans.

Sonstiges

Mit „kastellan“ (spanisch castellano) kann auch die spanische Schriftsprache, die auf der Regionalsprache der Region Kastilien basiert, gemeint sein.

Quellen

  1. Historisches Lexikon der Schweiz
  2. Historisches Lexikon der Schweiz

Weblinks


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