- Kathedrale von Beauvais
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Die Kathedrale von Saint Pierre in Beauvais (frz.: Cathédrale Saint-Pierre de Beauvais) ist einer der bedeutendsten gotischen Kirchenbauten Frankreichs und besitzt mit einer Höhe von 48,50 Metern (im südlichen Querhaus) das höchste Kirchengewölbe der Welt. In einer Seitenkapelle befindet sich eine astronomische Uhr aus dem Jahre 1866.
Das Kulturdenkmal wurde im Jahr 1840 als Monument historique klassifiziert.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Im 13. Jahrhundert wurde insbesondere in Frankreich der Architekturstil der Gotik zur höchsten Vollendung geführt. In rascher Folge entstanden immer grazilere sowie mehr und mehr aufwärts strebende Bauten wie die Kathedralen von Amiens, von Chartres und von Reims. Die Kirche von Amiens erreichte eine nie dagewesene Mittelschiffhöhe von 42,30 Metern.
Vorgeschichte
Die alte Kathedrale von Beauvais war ein einfacher Bau aus der Zeit um das Jahr 1000, von dem heute noch der Westteil, die sogenannte Notre-Dame de la Basse-Œuvre („Unsere Liebe Frau vom Niedrigen Werk“), existiert. Der Bischof von Beauvais, Milon de Nanteuil, plante seit 1225 einen Neubau. In den nächsten 20 Jahren wurden immer ausgefeiltere, architektonisches Neuland beschreitende Pläne erarbeitet. Beauvais sollte die höchste und größte Kirche der Christenheit werden, allerdings verhinderten die politischen Gegebenheiten zu dieser Zeit einen konsequenten Baubeginn. Zunächst lag die Federführung beim ehrgeizigen Bischof, der den Großteil der Baukosten übernahm. Er war zugleich Bischof und Graf und somit Herrscher über die Stadt, geriet jedoch in Konflikt mit den Bürgern. 1232 griff der König durch und entzog dem Bischof sein Einkommen. Der Bau kam vorerst zum Erliegen. 1247 wurde der Bau erst richtig aufgenommen, nachdem die Finanzierung zumindest für den ersten Bauabschnitt einigermaßen gesichert war.
Bauphasen
Zunächst wurde der Chor mit dem Chorumgang und seinen sieben Kapellen errichtet und mit einem hoch aufragenden Gewölbe abgeschlossen. Einzigartig war hierbei nicht nur die Höhe des Bauwerkes, sondern auch die fast vollkommene Auflösung der Wandflächen bei gleichzeitiger Erhöhung des Pfeilerabstandes. 1275 wurde der Bauabschnitt abgeschlossen, doch bereits 1284 kam es zur Katastrophe, als sich der Konstruktionsentwurf als zu wagemutig erwies und ein Teil des Gewölbes einstürzte.
Einsturz und Wiederbeginn
Der Bau war keinesfalls vollständig zusammengebrochen, aber der Wiederaufbau sollte Jahrzehnte, länger als der ursprüngliche erste Bau des Chores, dauern. Zudem entschieden sich die Baumeister, nicht dem ursprünglichen Konzept zu folgen, sondern die Statik zu verbessern und auf Kosten der Bautransparenz zwischen den bisherigen Pfeilern jeweils einen Zwischenpfeiler einzuziehen, so dass die einzelnen Gewölbeteile kleiner wurden. Immerhin erreichte der Chor eine endgültige Höhe von 46,77 Metern und ist darin bis heute nie übertroffen worden. 12 Pfeiler, 6 auf jeder Seite, halten das Hauptgewölbe, das sich zusätzlich gegen die beiden vorderen Vierungspfeiler abstützt. Sechs im Halbrund stehende Pfeiler tragen das Gewölbe der Apsis, die durch sieben Seiten eines gedachten Zwölfecks gebildet wird. In den Seitenschiffen des Chores befinden sich zu beiden Seiten weitere vier Pfeiler, die diesen Bereich in ein streckenweise fünfschiffiges Bauwerk verwandeln.
Erneuter Zusammenbruch
Inzwischen war der Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich ausgebrochen, so dass die Bauarbeiten ab 1347 vollständig zum Erliegen kamen. Erst am 20. April 1500 wurden die Arbeiten fortgesetzt und das Querschiff mit reich verzierten Querhausfassaden (bis 1548) errichtet, dessen südliche Hälfte mit einer Gewölbehöhe von 48,50m die des Chores sogar noch übertraf. Die Vierung trug einen Turm, der ebenfalls in eine neue Dimension vorstoßen sollte. 1569 wurde dieser Teil der Kathedrale vollendet und war mit einer Turmhöhe von 150 Metern für knapp vier Jahre das höchste christliche Bauwerk dieser Zeit. Doch auch hier war die Statik kritisch, und schon während der Errichtung wurde über zusätzliche Stützen für den Turm debattiert. Bis zum Abschluss der Finanzierung verstrichen weitere 4 Jahre, bis endlich am 17. April 1573 die Sicherungsarbeiten beginnen konnten, doch schon wenige Tage später, am 30. April 1573, dem Christi Himmelfahrtstag, kam es kurz nach Verlassen der Kirche durch die Prozession zur zweiten Katastrophe von Beauvais. Die Stützpfeiler des Vierungsturmes konnten dem Druck nicht mehr standhalten und zerbarsten, der Turm sackte in sich zusammen, wobei zusätzlich große Schäden an Chor und Querschiff entstanden. In den nächsten fünf Jahren wurden die Trümmer sowie die Schäden an Chor und Querhaus beseitigt. Das Vierungsgewölbe wurde wieder instandgesetzt und mit einem Dach geschlossen, die Kathedrale nach Westen mit einer provisorischen Wand abgeschlossen. Damit waren die Geldmittel für den Langhausbau aufgebraucht, die Kathedrale blieb unvollendet.
Ende des Gigantismus
Durch die Katastrophe und die zur Reparatur verwendeten Geldmittel war ein Weiterbau nicht mehr möglich. Zudem tobten in Frankreich die Hugenottenkriege, große Teile Europas waren durch den Religionsstreit um die Reformation in Aufruhr. Die Gotik, längst unmodern geworden, wurde von der Renaissance verdrängt, so dass die Vollendung der Kirche zu den Akten gelegt und die Errichtung des Langhauses nie in Angriff genommen wurde. An dessen Stelle steht noch immer das Schiff des karolingischen Vorgängerbaues.
So legt diese gewaltige Kathedrale, die eigentlich nur das Rudiment einer ganzen Kirche ist und ausschließlich aus Chor und Querschiff besteht, Zeugnis davon ab, wie weit mittelalterliche Baukunst gehen konnte, wo aber auch gleichzeitig ihre Grenzen waren.
Beschreibung
Die Kathedrale hat keinen Turm, ist 72,5 m lang, davon 47 m der Chor, das Querschiff ist 58,6 m lang. Das Gebäude ist 67,2 m hoch, die reiche Südfassade 64,4 m. Rund um den Chor sind – neben den üblichen Stützen – noch sehr schlanke freistehende Stützpfeiler, die seit dem Mittelalter durch eiserne Stangen miteinander verbunden sind. Der fünfschiffige Chor hat ein Triforium, extrem hohe Fenster und einen Kranz von sieben Kapellen. In einigen Kapellen gibt es mittelalterliche Farbfenster. An der Südwand des Chores ist eine mittelalterliche Uhr (14.–15. Jahrhundert) und daneben eine prächtige Astronomische Uhr aus dem Jahre 1866. Die Statik der Kathedrale ist durch die Abwesenheit des Langhauses bedroht und im Inneren gibt es heute mehrere Stützen aus Holz und Stahl. Eine gründliche Reparatur ist im Gang.
Orgel
Die Kathedrale verfügt über zwei Orgeln. Eine kleine Chororgel, die 1850 von dem Orgelbauer Ducroquet erbaut wurde, und 21 Register auf zwei Manualen und Pedal hat, und die große Orgel auf der Westempore. Die große Orgel besteht in Teilen aus einem Instrument, das im 16. Jahrhundert von dem Orgelbauer Des Oliviers erbaut worden war. Das Instrument wurde im Laufe der Zeit mehrfach erweitert und reorganisiert. Es hat heute 77 Register (ca. 5.000 Pfeifen) auf vier Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch.[1]
I Positif C–g3 Montre 8' Bourdon 8' Flûte 8' Gambe 8' Flûte 4' Prestant 4' Nasard 22/3' Doublette 2' Tierce 13/5' Larigot 11/3' Piccolo 1' Cornet V Fourniture III Cymbale II Trompette 8' Cromorne 8' Basson 8' Clairon 4' II Grand Orgue C–g3 Montre 16' Bourdon 16' Montre 8' Bourdon 8' Flûte 8' Gambe 8' Gros Nasard 51/3' Prestant 4' Flûte 4' Grosse Tierce 31/5' Nazard 22/3' Quarte 2' Doublette 2' Tierce 13/5' Grosse Fourniture III Fourniture V Cymbale IV 1ere Trompette 8' 2ieme Trompette 8' Clairon 4' Grand Cornet V III Récit/Echo expressif C–g3 Principal 8' Flûte harmonique 8' Bourdon 8' Salicional 8' Quintadène 8' Voix céleste 8' Principal 4' Flûte 4' Doublette 2' Plein-Jeu V Cymbale IV Bombarde 16' Cor anglais 16' Trompette 8' Hautbois 8' Voix humaine 8' Clairon 4' IV Bombarde C–g3 Grand Cornet V Bombarde 16' Trompette de Bombarde 8' Clairon de Bombarde 4' Pédale C–g1 Principal 32' Soubasse 32' Flûte 16' Bourdon 16' Principal 16' Contrebasse 8' Flûte 8' Principal 8' Flûte 4' Principal 4' Quinte 22/3' Flûte 2' Fourniture VI Bombarde 16' Trompette 8' Clairon 4' Dermogloste Bildergalerie
Literatur
- Philippe Bonnet-Laborderie, Florent Meunier: La Cathédrale de Beauvais. G.E.M.O.B. (Groupe d'étude des monuments et oeuvres d'art), Beauvais 2006, ISBN 2-00-197006-4
- Jean-François Delassus: Les Mystères des Cathédrales. Metro Goldwyn Mayer (DVD), 2001; (dt: Kathedralen – Wunder aus Stein. arte, 3. Juni 2001)
- Judith Förstel, Aline Magnien: La cathédrale Saint-Pierre de Beauvais, Oise. AGIR-Pic., Amiens 1997. 32 p. (Itinéraires du patrimoine) ISSN 1159-1722, ISBN 2-906340-23-5.
- Stephen Murray: Beauvais cathedral : architecture of transcendence. Princeton University Press, Princeton 1989.
Einzelnachweise
Weblinks
Commons: Kathedrale von Beauvais – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien49.43262.0814Koordinaten: 49° 25′ 57″ N, 2° 4′ 53″ OKategorien:- Beauvais
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