Kaufhaus am Brühl

Kaufhaus am Brühl
Kaufhaus Brühl, 1908

Die Blechbüchse ist die volkstümliche Bezeichnung eines bekannten Warenhausgebäudes am Richard-Wagner-Platz in Leipzig.


Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Geschichte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges

Im Jahr 1907 erwarb der Leipziger Architekt Emil Franz Hänsel ein Gebäude samt Grundstück am Brühl Nr. 1, das bis dahin Eigentum der Rittergutsfamilie Kees auf Zöbigker war, und ließ dieses umgehend abreißen. Mit Hänsel als Architekt und Bauherr wurde auf dem Gelände, auf dem sich ehemals unter anderem mit dem Haus Zum roten und weißen Löwen die Geburtsstätte Richard Wagners befand, innerhalb eines Jahres ein siebengeschossiger Kaufhausbau errichtet. Inhaber und Geschäftsführer waren die gebürtigen Schweizer Paul Messow und Victor Waldschmidt (Firma Messow & Waldschmidt mit Stammhaus in Dresden), die zuvor bereits in der Leipziger Katharinenstraße erfolgreich ein kleineres Ladengeschäft führten.

Am 3. Oktober 1908 wurde das Kaufhaus Brühl offiziell eröffnet. Die auf vier Etagen verteilte und etwa 8.000 Quadratmeter umfassende Verkaufsfläche mit mehr als 250 fest angestellten Mitarbeitern wartete mit zahlreichen Spezialabteilungen auf, zum Beispiel mit Bereichen für Babyartikel, Berufsbekleidung oder Lebensmittel. Damit zählte das Kaufhaus Brühl zu einer der größten damaligen Einrichtungen dieser Art im mitteldeutschen Raum.

Nachdem Paul Messow im Jahr 1909 verstarb, übernahmen die angesehenen Kaufleute Otto Mühlstein, Walter Riess und Salomon Sigismund Hirschfeld die Leitung des Kaufhauses. Im Jahr 1912 wurde das danebenliegende Grundstück erworben und durch Umbauten dem Kaufhaus angegliedert. Die so erweiterten Verkaufsräume wurden im Mai 1915 eröffnet, nachdem es erhebliche bauliche Verzögerungen durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges gegeben hatte. Ab 1927 erfolgte durch eine Eingliederung eines dritten Grundstückes erneut eine Vergrößerung der Verkaufsfläche, erstmals in einem Leipziger Warenhaus wurde eine Rolltreppe installiert. Der bisherige sogenannte Erfrischungsraum als Spezialabteilung nahm mit etwa 700 Sitzplätzen Restaurantcharakter an, hinzu kamen weitere Einrichtungen wie Friseursalons oder eine Postagentur. 1928 bedienten etwa 600 Angestellte die Kunden des Kaufhauses auf fast 20.000 Quadratmetern Verkaufsfläche.

1936 wurden in Folge der Arisierung der damalige alleinberechtigte Geschäftsführer Siegfried Jacob und andere leitende Angestellte entlassen. Ab dem 12. September 1936 war der Besitzwechsel endgültig vollzogen, das Unternehmen hieß nun Rudolf Knoop & Co. GmbH, benannt nach dem neuen Inhaber, dem Kaufmann Rudolf Knoop aus Köln-Braunsfeld. Während der schweren Luftangriffe auf Leipzig am 4. Dezember 1943 wurde das Kaufhaus durch Phosphorbomben stark beschädigt und musste geschlossen werden.

Geschichte ab 1946

„konsument“-Warenhaus, 1972
Karstadt-Warenhaus (Interim), 2006

Die Firma Rudolf Knoop & Co. GmbH wurde im Jahr 1946 entschädigungslos enteignet, der neue Besitzer, das Land Sachsen, übertrug anschließend das ehemalige Kaufhaus der neu gegründeten Konsumgenossenschaft Leipzig. In den folgenden Jahren wurden die Stahlbetonkonstruktion sowie das völlig zerstörte Dach des Gebäudes notdürftig wiederhergestellt, um die statische Sicherheit zu gewährleisten.

Ab 1966 erfolgte der Wiederaufbau des Hauses sowie die Anbringung einer geschwungenen fensterlosen Aluminium-Fassade. Für die Innengestaltung zeichneten sich die Leipziger Architekten Walther, Böhme, Dick, Graf, Kurth und Winzer aus, die plastisch strukturierte Aluminium-Fassade konzipierte der Metallgestalter Harry Müller. Der eigentliche Kaufhaustrakt erstreckte sich auf dem alten Grundriss, an der Rückseite des Gebäudes entstand ein achtgeschossiges Verwaltungs- und Lagergebäude. Abgeschlossen wurde das Ensemble durch einen ebenfalls neu errichteten Flachbau, in dem auf etwa 1.000 Quadratmeter ein Lebensmittelmarkt untergebracht wurde. Auf fünf Geschosse verteilt standen im eigentlichen Kaufhaus nun 11.500 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung, lediglich das Erdgeschoss sowie die obere Etage im Restaurant-Bereich waren mit Tageslicht versehen. Am südlichen Eingang wurde eine Gedenktafel angebracht, die auf das Geburtshaus Richard Wagners hinweist. 1968 wurde das Konsument am Brühl als zu der Zeit größtes Warenhaus der DDR offiziell eröffnet und wurde sehr schnell zu einem der architektonischen Wahrzeichen Leipzigs.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands ging das Warenhaus zunächst in den Besitz der Horten AG über, die das Geschäft bis zum Jahr 2001 weiter führte. Nach einer kurzen Zeit unter der Bezeichnung Kaufhof erwarb die Karstadt Warenhaus AG die Immobilie, die das Gebäude bis Oktober 2006 als Interim benutzte. Im Jahr 2007 fanden in dem sonst ungenutzten Warenhausgebäude zwei Ausstellungsprojekte statt: die Designers' Open[1] und die 14. Leipziger Jahresausstellung.[2]

Bis zum Jahr 2010 soll das Haus mit der denkmalgeschützten Aluminium-Fassade in den Neubau eines geplanten Einkaufszentrums am Brühl integriert werden.[3] Die Ausschreibung zum dem Bauprojekt ging an das Berliner Architekturbüro Grüntuch & Ernst.[4]


Einzelnachweise

  1. Designers' Open / Rückblick.http://www.designersopen.de/pic_2008/Rueckblick_DO.pdf (abgerufen am 18. Juli 2008)
  2. Pressestimmen...http://www.leipziger-jahresausstellung.de/sites/presse.html (abgerufen am 18. Juli 2008)
  3. Statt Arcaden „Höfe am Brühl“.http://www.lizzy-online.de/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=12196 (abgerufen am 18. Juli 2008)
  4. 1. Preis Wettbewerb Brühl-Arcarden.[1]auf Baunetz.de (abgerufen am 16.12.2008)

Literatur

  • Ein Gang durch das Kaufhaus Brühl. In: Der Leipziger. Illustrierte Wochenschrift. 3. Jg., Nr. 40, 1908, S. 1209–1212
  • Dieter Altmann: Warenhaus am Brühl. In: Umschau. Hrsg. vom Rat der Stadt Leipzig, Nr. 18, Leipzig 1968, S. 21
  • Andrea Lorz: Das Kaufhaus Brühl von der Gründung bis zu seiner Enteignung 1946. In: Leipziger Wirtschaft. 7. Jg, Nr. 12, Leipzig 1996, S. 30–31
  • Andrea Lorz: „Ein Haus ist emporgewachsen“. Aus der Geschichte der „Blechbüchse“. In: Leipziger Blätter. Nr. 40, Passage-Verlag, Leipzig 2002, S. 28–30
  • Wolfgang Hocquél: Leipzig. Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart. 2., stark erw. Auflage. Passage-Verlag, Leipzig 2004, S. 54. ISBN 3-932900-54-5

51.3435512.3737Koordinaten: 51° 20′ 37″ N, 12° 22′ 23″ O


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