Kautionssystem (Vereinigte Staaten)

Kautionssystem (Vereinigte Staaten)

Das Kautionssystem in den Vereinigten Staaten hat sich durch die dortige rechtliche und prozessrechtliche Situation entwickelt, die sich zum Teil erheblich von anderen Ländern (beispielsweise Deutschland) unterscheidet.

In den USA kann ein Angeklagter gegen Zahlung einer Kaution bis zur Hauptverhandlung auf freiem Fuß bleiben und muss nicht in Haft. Durch die Stellung der Kaution soll das Erscheinen des Angeklagten zur Hauptverhandlung sichergestellt werden.

Inhaltsverzeichnis

Der Sinn der Kaution

Bei der Festnahme eines Tatverdächtigen stellt sich die Frage, wo er die Zeit bis zur Hauptverhandlung verbringt. In vielen europäischen Ländern bleibt der Verdächtige auf freiem Fuß, wenn nicht von einer Fluchtgefahr (oder anderen Gefahren) auszugehen ist. Dazu reicht meist ein fester Wohnsitz im Land aus. Ansonsten käme der Verdächtige in die vergleichsweise milde Untersuchungshaft.

In den USA hingegen gibt es diese Form der Untersuchungshaft nicht, so dass der Angeklagte sofort in ein normales Gefängnis kommt, was verhältnismäßig hart ist. Andererseits ist es in den USA einfacher unterzutauchen als in Europa. Daher bietet das US-amerikanische Rechtssystem – sofern es sich nicht um bestimmte schwere Anklagen handelt – die Möglichkeit an, gegen Zahlung einer Kaution in Freiheit auf die Verhandlung zu warten. Dies ist gängige Praxis in den USA.

Die Kaution dient als Sicherheit dafür, dass der Angeklagte ordnungsgemäß zur Eröffnung seiner Hauptverhandlung vor Gericht erscheint - ansonsten fällt die Kaution nach einer bestimmten Frist an den Staat. Bei Abschluss des ordentlichen Gerichtsverfahrens, wenn der Angeklagte zu allen Verhandlungsterminen erschienen ist, wird die hinterlegte Kaution zurückerstattet. Dabei ist es unerheblich, ob der Angeklagte freigesprochen oder für schuldig befunden wurde.

Kautionsbüros

Kautionsbüro in Indianapolis, USA

Die Hauptmasse der Kleinkriminellen kann die Kaution nicht selber aufbringen. So ist der amerikanische Beruf des Kautionsagenten (eng.: bail bondsman, bail bonds agent) entstanden. Er stellt gegen eine Gebühr (ca. 10 % der Kautionssumme) die Kaution vor Gericht. Dabei stehen die Begriffe bail für Kaution und bond für Bürgschaft, das heißt, der Kautionsagent bürgt für die Kaution (z. B. in Form einer Bankgarantie).

Technisch läuft die Kautionsstellung folgendermaßen ab:

  • Der Richter legt die Höhe der Kaution fest.
  • Im Gefängnis hat der Angeklagte das Recht, begrenzt zu telefonieren. Dies umfasst unter anderem Anrufe zu:
    • einem Angehörigen, der alles organisiert oder
    • einem Anwalt oder
    • einem Kautions-Agenten an (die Werbeaufkleber der örtlichen Kautions-Agenten finden sich direkt neben dem Telefon im Gefängnis bzw. in den örtlichen Gelben Seiten).

Eventuell verlangt der Agent die Stellung von zusätzlichen Sicherheiten (Kfz-Brief, Immobilien, Schuldschein eines Verwandten usw.). Er wird sich die Nummer eines nahen Verwandten oder Freundes geben lassen, der im Voraus die Gebühr für seine Dienste bezahlen muss. Erst dann wird er vor Gericht die Kaution in Form einer Bankbürgschaft stellen.

Eine normale Bank würde des Risikos wegen keine Kautionen leihen. Daher haben Kautionsbüros vom Gesetz besondere Rechte erhalten, um dieses Risiko zu verringern. Der Kautionsagent hat das Recht, den Aufenthaltsort seines Kunden zu bestimmen. Er darf ihn verhaften - wenn es erforderlich ist, auch mit Waffengewalt. Daher benötigt der Kautionsagent zum Ausüben seiner Tätigkeit eine Lizenz und unterliegt berufsrechtlichen Bestimmungen. Je nach Risikoeinschätzung wird der Kautionsagent verlangen, dass der Angeklagte beispielsweise täglich im Büro des Agenten erscheint oder zusätzlich noch anruft, um den Agenten davon zu überzeugen, dass er nicht geflüchtet ist.

Dennoch lehnen auch viele Kautionsagenten die Stellung einer Kaution für bestimmte Verdächtige (zum Beispiel reisende Banden von Ladendieben) ab.

Für bedürftige Personen wurde stellenweise ein System der Kautionsstellung durch die öffentliche Hand (englisch public bail) erprobt, aber wieder verworfen.

Je nach Firmengröße unterscheidet man den

  • selbstständigen Kautions-Agenten mit eigenem Büro,
  • den Subunternehmer, der die Kautionen im Namen eines General-Kautionsagenten stellt und
  • den Kleinunternehmer, der ohne Kredite, nur mit seinen eigenen Barmitteln die Kautionen stellt.

Untertauchen vor der Hauptverhandlung

Falls der vorgeladene Angeklagte trotz hinterlegter Kaution nicht zur Hauptverhandlung erscheint (was noch eine zusätzliche Straftat darstellt), nennt man das skipping bail oder jumping bail. Das Gericht stellt dann einen Haftbefehl aus und legt den Termin fest, zu dem die Kaution an den Staat fällt. Bis zu diesem Verfallstag muss der Kautionsagent die zugesicherte Kaution an das Gericht zahlen. Er kann dann auch die zusätzlichen Sicherheiten, die er vom Angeklagten verlangt hat, veräußern. (Einen eventuellen Mehrerlös daraus darf er allerdings nicht behalten.) Naturgemäß werden diese Sicherheiten von Verwandten und Freunden gestellt, die aus Eigeninteresse sehr behilflich dabei sein dürften, den Flüchtigen zu finden.

Da die vom Kautionsagenten hinterlegte Kaution beim Nichterscheinen des Angeklagten nach einer festgelegten Frist verfällt, hat auch er ein starkes Interesse daran, „seinen“ Flüchtigen bald zu finden.

Kopfgeldjäger

Siehe Hauptartikel: Kopfgeldjäger

Der Kautionsagent versucht selbst, den Flüchtigen zu finden, oder engagiert einen so genannten Kopfgeldjäger (engl: bounty hunter). Ein Kopfgeldjäger ist ein Privatunternehmer oder Selbstständiger, er erhält seine Aufträge und sein Honorar vom Kautionsagenten. Damit ein Kopfgeldjäger effektiver arbeiten kann als eine sonstige Privatperson, hat er bestimmte Sonderrechte. So darf er sich beispielsweise als eine andere Person ausgeben, um durch Täuschung an Informationen über den Aufenthaltsort des Flüchtigen zu gelangen. Für Eigentumsschäden während der Verhaftung haftet der Kopfgeldjäger jedoch persönlich. Die Gesetze der verschiedenen US-Bundesstaaten unterscheiden sich hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten.


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