- Kirchsteigfeld
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Das ehemalige Dorf Drewitz gehört seit 1939 als Ortsteil zu der Brandenburger Landeshauptstadt Potsdam. Mit dem Jahr 1228 zählt Drewitz zu den ältesten im Teltow erwähnten Orten und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück.
Durch das gleichnamige Neubauviertel Drewitz und die benachbarten Neubauviertel Am Stern und Kirchsteigfeld hat der Potsdamer Osten einen rasanten Aufschwung genommen, wobei dem Viertel Kirchsteigfeld, das nach der deutschen Wiedervereinigung unter Beteiligung internationaler Architektenteams entstand, eine besondere städtebauliche Bedeutung zukam und immer noch zukommt. Da die Potsdamer Planungen die gemeinsame Förderung der drei Ortsteile vorsehen und ihr Zusammenwachsen zum eigenständigen Ortsteil als Ziel haben, nimmt dieser Artikel die Entwicklung vorweg und behandelt unter dem Namen des ältesten Teils Drewitz die Ortsteile gemeinsam.
Inhaltsverzeichnis
Lage und Naturraum
In der Reihenfolge Stern, Drewitz und Kirchsteigfeld erstrecken sich die Viertel von Nord nach Süd vom Potsdamer Ortsteil Babelsberg und der ehemaligen West-Berliner Exklave Steinstücken, Teil von Berlin-Wannsee, bis zur Gemeinde Nuthetal mit ihrem Ortsteil Bergholz-Rehbrücke. Den östlichen Rand bilden die ausgedehnten Wälder der Parforceheide und die Autobahn 115, die als Verlängerung der ehemaligen Rennstrecke AVUS Berlin mit dem Berliner Ring verbindet. Nach Westen findet das Stadtgebiet an der Trasse der „Kanonenbahn“ und nach ihrem Schnittpunkt am Lauf der Nuthe seinen Abschluss.
Bekannt ist der Name Drewitz vielen West-Berlinern aus der Zeit der Deutschen Teilung, da am ehemaligen Autobahndreieck Drewitz (heutige Bezeichnung: Dreieck Nuthetal) der Transitzubringer nach West-Berlin abzweigte. Obschon Drewitz der Metropolregion Berlin/Brandenburg angehört, weisen die Ortsteile mit der Parforceheide, weiteren Wäldern und den Nuthewiesen eine landschaftlich aufgelockerte, grüne Umgebung auf. Wenige Kilometer südlich schließt sich der Naturpark Nuthe-Nieplitz und westlich die Havelseen-Kette mit dem Templiner See an.
Geschichte
Klosterbesitz und slawische Gründung
Der „Codex diplomaticus Brandenburgensis“ verzeichnet 1228 die Eintragung „… villam quandam, Drewicz nomine, super aquam nute sitam …“. Nach dieser Eintragung schenkte Alverich von Darneburg „das Dorf jenseits der Nuthe mit dem Namen Drewitz“ dem einflussreichen Zisterzienser Kloster Lehnin in der Zauche. Der magdeburgische Ministeriale erhoffte von dieser Schenkung Seelenheil für seine verstorbene Frau. Am 28. Juni 1284 gab das Kloster einen Teil der Drewitzer Heide als Erblehen weiter an Heinrich von der Groeben und seine Brüder, deren Vorfahren einige Kilometer flussaufwärts 1170 das Dorf Gröben gegründet hatten.
Wiederum einige Jahre zuvor, 1157, hatte der Askanier Albrecht der Bär nach einem entscheidenden Sieg über den Slawen Jaxa von Köpenick die Mark Brandenburg gegründet. Westlich der Nuthe lebten die mit dem Askanier verbündeten Heveller, auf der anderen Seite im östlichen Teltow die verfeindeten Sprewanen, die in Cöpenick (Copnic) ihre Hauptburg hatten. Eine der vier slawischen Befestigungsanlagen, die schon für den Schriftsteller Theodor Fontane legendären Nutheburgen, lag in Drewitz auf dem Gelände der heutigen Burgfischerei – Fontane forschte auf seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg, vor allem im benachbarten Saarmund, vergeblich nach dieser Burg. Die Burg gehörte mit einiger Sicherheit zum Bereich der hevellischen Burg Potsdam, die gegenüber der Nuthe-Mündung in der Havel lag.
Der Name Drewitz geht auf die slawische Zeit zurück, die ungefähr vom 7. bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts währte. Das 1228 erwähnte Drewicz leitet sich in mehreren Zwischenstufen aus dervo (Baum, Holz), drevic, drevici (Waldbewohner) ab. Funde bei Drewitz belegen, dass hier bereits zur Mittelsteinzeit Jäger und Fischer siedelten.
Jagdschloss Stern
Den Wald der Drevici bildete die heutige Parforceheide, die indirekt für den Namen des Neubauviertels Stern verantwortlich ist. Die Parforcejagden, die seit dem 16. und 17. Jahrhundert an den europäischen Höfen mit Leidenschaft betrieben wurden, erforderten neue Jagdanlagen mit möglichst ebenen und freien Wegen in einem möglichst lichten Wald mit wenig Unterholz, da die Reiter den Hundemeuten folgen mussten, die das Wild bis zur Erschöpfung hetzen. 1729 fand der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. mit der – seit diesem Jahr so bezeichneten – Parforceheide ein ideales Gelände und ließ einen Raum von rund einhundert Quadratkilometern für die Parfocejagd herrichten. In rund sieben Kilometer Entfernung vom königlichen Stadtschloss entstand ein zentraler Platz, von dem sternförmig 16 schnurgerade doppelte Schneisen (Gestelle) in den Wald geschlagen wurden, der Stern.
An diesem Stern ließ der preußische Monarch 1730 im Wald ein Jagdschloss bauen, das allerdings nach königlichen Vorstellungen allenfalls ein kleineres Landhaus darstellte. Fontane beschrieb das Jagdschloss Stern als einen „… holländische[n] Bau, quadratisch in rothem Backstein aufgeführt, mit einem Giebel in Front, einem Jagdhorn über der Thür und einem eingeätzten Stern im Mittelfenster. Es besteht nur aus einem Eßsaal, einer Küche und einem Schlafzimmer, drei Räume, die ihren Charakter bis auf die Stunde beibehalten haben“.
In den 1980er-Jahren erhielt das Schloss eine grundlegende Sanierung. Auch im Jahr 2005 waren erneute Renovierungsarbeiten im Jagdschloss Stern notwendig. Neben dem Hauptgebäude blieb noch das alte Kastellanhaus erhalten, das wahrscheinlich bereits 1714 errichtet wurde.
Wirtschaft
Im Spätmittelalter und in den ersten Jahrhunderten der Neuzeit lebten die Dörfler überwiegend von Ackerbau und Viehzucht; auch dem Fischfang in der Nuthe und der Holzwirtschaft kam Bedeutung zu. Im 18. Jahrhundert werden für den westlich gelegenen Stadtteil Teltower Vorstadt diverse Manufakturen erwähnt, die – mit unbestimmter Lokalisierung – sicherlich am Havel- oder am Nuthe-Ufer gelegen haben, so ist einer der Mühlen auch seit 1678 die Potsdamer Glashütte (um 1760 nach Drewitz verlegt) zugeordnet. In dieser Glashütte Drewitz begann 1674 der spätere Hofbaumeister Martin Grünberg seine Laufbahn als Schreiber, der 1701 als erster Baumeister Aufnahme in die Preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin fand.
Mit der Entwicklung der Industrie im Großraum Berlin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts siedelten sich bald auch im Umland Zweigwerke an. Eine nennenswerte Industrie findet sich zwar in Drewitz selbst nicht, Arbeitsplätze entstanden allerdings in hoher Zahl direkt hinter der Grenze im benachbarten Babelsberg.
In der Nähe des ehemaligen Drewitzer Bahnhofs, aber auf dem Gelände von Babelsberg (seinerzeit Neuendorf), baute die Berliner Märkische Lokomotivfabrik Orenstein & Koppel 1899 ein Zweigwerk mit einer umfangreichen Kesselschmiedeanlage, in dem viele Drewitzer Beschäftigung fanden. In der deutschlandweit einmaligen Fabrik wurden zwischen 1899 und 1945 rund 13.000 Dampf- und zwischen 1930 und 1943 rund 1.500 Diesellokomotiven hergestellt. Unter dem Namen LKM Lowa Lokomotivbau Karl Marx, Babelsberg setzte das Werk 1947 – zu DDR-Zeiten als Volkseigener Betrieb – die Produktion fort. 1964 kam es zur Einstellung des Lokomotivbaues. Auf dem Industriegelände befindet sich heute ein Gewerbepark. Die des Öfteren so bezeichnete „Drewitzer Lokomotivenfabrik“ lag also nicht in Drewitz, sondern im benachbarten Babelsberg.
In erster Linie finden die Bewohner der drei Stadtviertel auch heute in den anderen Potsdamer Ortsteilen sowie in Berlin Beschäftigung. Inzwischen haben sich neben der Parforceheide in der Kolonie Bergstücken am Rande des Sternviertel große Behörden und Institutionen angesiedelt wie das Ministerium für Finanzen des Landes Brandenburg, das Finanzamt Potsdam oder die Investitionsbank des Landes Brandenburg. Einige kleinere und mittlere Gewerbebetriebe, vornehmlich in Alt-Drewitz, kommen hinzu. Mit dem umfangreichen Ausbau der Infrastruktur in den Neubauvierteln entstanden weitere Stellen in Geschäften, eine große Zahl alleine im modernen Einkaufszentrum Sterncenter, ferner in Schulen sowie weiteren kommunalen und kirchlichen Einrichtungen.
Neubauviertel und Stadtumbau
Das alte Angerdorf Drewitz liegt mit seinem Kern, einer 1725 erbauten Kirche und dem Friedhof, an der Straße Alt Drewitz und zieht sich an den Nuthewiesen entlang, mit einigen Straßenzügen reicht das Dorf in die Neubaugebiete hinein. Durch die östlich gelegenen Neubauviertel Stern, Drewitz und Kirchsteigfeld hat sich die Bevölkerungszahl dieser Potsdamer Region in der jüngeren Geschichte mehr als verdoppelt, in den neuen Vierteln leben rund 30.000 Einwohner.
Während der Neubauteil Am Stern zwischen 1970 und 1980 und das neue Drewitz Ende der 1980er-Jahre noch zur DDR-Zeit in der Plattenbauweise errichtet wurden, entstand 1994 nach der Wende das Einkaufszentrum Sterncenter (Eröffnung 24. Oktober 1996). Das südlich anschließende Kirchsteigfeld aus den Jahren 1993 bis 1998 gilt als urbanes Wohngebiet der architektonischen Postmoderne, an dem ein internationales Architektenensemble beteiligt war.
Kirchsteigfeld
Unter Leitung des Wiener Büros „Krier-Kohl“ fand in einem der größten Bauvorhaben Ostdeutschlands diese Siedlung für 7.500 Einwohner ihre Verwirklichung. Schon in der Planung und im Strukturkonzept wurde ein hoher Wert auf eine eigene Siedlungsidentität unter Einbeziehung landschaftsprägender Elemente wie dem Hirtengraben gelegt. Laut Wiener Zeitung vertrat hier Krier die Vorstellung einer geschichtsbewussten, an den klassischen Stadtmodellen Europas geschulten Blockrandbebauung. Das Ergebnis mit individuellen und dennoch harmonisch abgestimmten Einheiten mit einer manchmal etwas knalligen Färbelung gilt überwiegend als sehr gelungen, eine kritische Stimme spricht von einem Wettbewerb der Putzigkeit. Vor den Wohneinheiten verweisen Schilder auf das jeweils federführende Architekturbüro.
Am Lauf des Hirtengrabens, der aus der Parforceheide kommt und weiter in die Nuthe fließt, entstand ein breiter Parkstreifen mit einem neu angestauten kleinen See als geschütztem Biotop am westlichen Siedlungsausgang. Eine funktionierende Infrastruktur mit Gewerbe, Dienstleistungen, öffentlichen Einrichtungen und einer futuristisch anmutenden Kirche von Rob Kriehr an einem zentralen Platz führt zu einer hohen Wohnzufriedenheit. Die Wiener Zeitung schreibt und zitiert aus einer Präsentation des Stadtteils an der TU Wien:
„Auf die Frage nach der Wohnzufriedenheit in dem neuen, stark durchgrünten und sichtlich um «menschliches Maß» bemühten Projekt antwortete Krier mit koketter Herausforderung, sie sei für «Architekturkritiker ekelhaft positiv». Dann ging es zum Buffet.“
Stern und Neu-Drewitz
Von Anfang an waren die Kirchsteigfeld-Teams darum bemüht, die Defizite der Nachbarviertel Stern und (neues) Drewitz zu vermeiden. Insbesondere das Wohngebiet Stern mit Punkthochhausgruppen inmitten von fünfgeschossigen Wohnblocks soll mit intensiven Maßnahmen und Fördermitteln aufgewertet werden, dabei steht die mangelnde Struktur des Wohnumfeldes im Vordergrund der Maßnahmen. Eine Schwimmhalle, Kitas, Schulen, Jugendclubs und ein Kindertreff fanden bereits ihre Verwirklichung. Verschiedene Initiativen wie beispielsweise „Campus am Stern“ bemühen sich um einen weiteren Ausbau der soziokulturellen Einrichtungen, eine bessere Vernetzung der drei Neubaugebiete und eine Modernisierung/Instandsetzung der Freiflächen. „Campus am Stern“ besteht aus Studentengruppen der Fachhochschule Potsdam, Fachbereich Architektur und Städtebau, und gehörte als Projektteil zur – im März 2005 gescheiterten – Bewerbung Potsdams zur Kulturhauptstadt Europas 2010.
Die Gesamtplanungen für Potsdam gehen davon aus, dass der Bedarf bis 2015 um 35.000 neue Wohnungen steigen wird, wobei voraussichtlich überwiegend Ein- und Zweifamilienhäuser gefragt sein werden. Um diesen Bedarf zu befriedigen, nehmen die drei Neubauviertel einen zentralen Platz in den Planungen ein und sollen als eigenständiger Stadtteil innerhalb Potsdams entwickelt werden. Da sie in ihrem gegenwärtigen Zustand nicht mehr bedarfsgerecht sind, prognostizieren die Planer einen kontinuierlich steigenden Leerstand in den Plattenbaugebieten Drewitz und Teilen des Sterns. Mit verschiedenen Sanierungsmaßnahmen wie Rückbau, Umbau bis hin zum Abriss einzelner Gebäude soll diesen Problemen begegnet werden und ein Stadtumbau stattfinden.
Im Herbst 2004 bildete sich im Bürgertreff Sternzeichen ein Beirat zur weiteren Entwicklung des Potsdamer Ostens mit Arbeitsgruppen, die das Zusammenwachsen der Stadtteile fördern sollen. Die Schirmherrschaft übernahm der ehemalige Potsdamer Oberbürgermeister und derzeitige Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck, der als Direktkandidat im Wahlkreis 22 des Kirchsteigfeldes in den Brandenburger Landtag gewählt wurde. Finanzielle Unterstützung erfährt das Projekt neben kommunalen Leistungen durch das Brandenburger Infrastrukturministerium.
Literatur
- Gerhard Schlimpert: Brandenburgisches Namensbuch, Teil 3, Die Ortsnamen des Teltow , Hermann Böhlaus Nachf., Weimar, 1972, Zitat aus dem „Codex diplomaticus Brandenburgensis“ Seite 68, weitere Informationen dazu laut Warnatsch; Namensableitung Drewitz ebendort.
- Stephan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin 1180–1542, Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, Band 12.1, Lukas Verlag Berlin 2000 (Zugleich: Berlin, Freie Universität, Dissertation, 1999). ISBN 3-931836-45-2 Schenkung Drewitz S. 98, Weitergabe der Heide S. 342f
- Stephan Warnatsch: Regestenverzeichnis … Band 12.2 … ISBN 3-931836-46-0 Nr. 59 (Schenkung), Nr. 144 (Beurkundung von Heinrich von der Groeben); ferner dort zum Thema: Nr. 61 (Zehnterhebung),
- Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Teil 3. Havelland. (1. Auflage 1873.) Zitate nach der Ausgabe Nymphenburger Verlagshandlung, München 1971, Frankfurt/M., Berlin. ISBN 3-485-00293-3 Zitat im Anhang Gütergotz, S. 442f / Zu Saarmund und Fontanes Suche nach der vierten Nutheburg siehe Teil 4, Spreeland.
- Rob Kriehr, Christoph Kohl: Potsdam Kirchsteigfeld. Eine Stadt entsteht, awf Verlag Bensheim 1997, ISBN 3-933093-00-7
Weblinks
- Archivaria, Chronologie I.2, Zitat zu Glasmühle
- Stadtkontor, Neubaugebiete in Zahlen
- Robert Schediwy, Ein Lebenszeichen der Postmoderne, in: Wiener Zeitung vom 03.07.1998
- Initiative Campus am Stern
- Bewerbung Potsdams zur Kulturhauptstadt 2010
- Orenstein & Koppel, Geschichte Lokomotivbau
- Am Stern – Artikel in PotsdamWiki
52.366666713.1166667Koordinaten: 52° 22′ N, 13° 7′ O
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