Kleinkunstbühne

Kleinkunstbühne
Dieter Hildebrandt, ein Altmeister des deutschen Kabaretts (2007)

Das Wort Kabarett stammt vom französischen cabaret (Schänke) ab und wurde später zu „Kabarett“ eingedeutscht. Die auftretenden Personen nennt man Kabarettisten. Es gibt zwei Formen des Kabaretts:

Im so genannten „Nummernkabarett“ wird durch Conférencen eine lose Folge von Sketchen, Liedern, Parodien und Schmähreden verbunden. Diese Form wurde in Österreich unter anderem von Josef Hader und Alfred Dorfer zu einer zwanglosen poetischen Erzählung weiterentwickelt. Jewgeni Grischkowez hat in Russland zu einer ähnlichen Art der Darstellung gefunden, die sich allerdings vom Theater ableitet.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Das Wort „Cabaret“ bezeichnet im Französischen allgemein eine Schänke beziehungsweise Kneipe, in der nicht unbedingt auch Kleinkunst-, Tanz- bzw. Theateraufführungen stattfinden. Letztere aber machten das Cabaret als besondere Kunst- und Unterhaltungsform international bekannt.

Kontroverser ist die Behauptung, „Cabaret“ sei von drehbaren Speise- oder Salatplatten, die in kleinen Fächern oder Schüsselchen mit Saucen oder anderem Inhalt gefüllt wurden, abgeleitet. Diese Salatplatten stünden sinnbildlich für das sehr abwechslungsreiche und vielfältige Programm eines Cabarets.

Geschichte

Anfang der 1880er Jahre wurde in Paris das erste Kabarett eröffnet und zwar das cabaret artistique von Rodolphe Salis. Am 18. November 1881 erhielt es den Namen Le Chat Noir und es sollte „politische Ereignisse persiflieren, die Menschheit belehren, ihr ihre Dummheit vorhalten, dem Mucker die schlechte Laune abgewöhnen ...“ Es wurde so schnell auch zu einer Kneipe, in der sich die „Artisten“ (damit waren im Paris des 19. Jahrhunderts sämtliche Künstler gemeint) gegenseitig ihre Nummern vorführten und testeten, bevor sie dem Publikum vorgestellt wurden.

Deutschland

Erst zwanzig Jahre später, am 18. Januar 1901, gründete Ernst von Wolzogen mit dem „Überbrettl“ das erste deutsche Kabarett, das später nur noch „Buntes Theater“ genannt wurde. Etwa zur selben Zeit bildete sich in München die Gruppe Elf Scharfrichter, die das Kabarett nach einer Europatournee und anschließender Auflösung der Gruppe 1906 auch nach Wien brachten.

Einer der ersten Kabarettstars in Deutschland war Otto Reutter, dessen Couplets inzwischen mehr als 100 Jahre überdauert haben. Die strenge Theaterzensur im Kaiserreich sorgte jedoch dafür, dass im Kabarett des beginnenden 20. Jahrhunderts jegliche Form der öffentlichen Kritik verboten war. Mit dem Ende des ersten Weltkrieges wurde die Zensur auf Theater und Kabarettprogramme aufgehoben, und die Kabarettisten konnten ab 1919 auch auf die aktuellen politischen Entwicklungen und die soziale Situation der Menschen eingehen. In dieser Zeit blühte das deutsche Kabarett erstmals auf und brachte neben Otto Reutter, der bis 1931 sein Alterswerk schuf, so unterschiedliche Künstler wie Claire Waldoff, Werner Finck (1929–1935 beim Kabarett Die Katakombe), Hans Deppe, Isa Vermehren, Rudolf Platte oder Karl Valentin (auch Direktor des Münchener Kabaretts „Wien-München“) hervor. Für das Kabarett schrieben damals angesehene Literaten wie Kurt Tucholsky, Erich Kästner oder auch Klaus Mann für das Kabarett seiner Schwester Erika Mann, „Die Pfeffermühle“, Couplets und Texte.

Ab der Machtübernahme der NSDAP wurde diese geistvolle Zeitkritik allerdings immer mehr bekämpft – mit schwerwiegenden Folgen für das Kabarett in Deutschland: Finck zum Beispiel wurde 1935 kurzzeitig verhaftet und in einem KZ interniert, Tucholsky beging Ende des gleichen Jahres Selbstmord, fast alle deutschsprachigen Kabarettisten begaben sich nach und nach ins Exil in die Schweiz, nach Frankreich, Skandinavien oder auch in die USA. Die Folge war, dass es in Deutschland selbst nur noch das staatlich kontrollierte Kabarett gab, welches mehr und mehr zu einer Bühne für volksdeutsche Witzeerzähler verkam oder das Publikum zum Durchhalten aufforderte.

Ab 1945 sorgten die Besatzungsmächte dafür, den Deutschen die Gräuel der Nationalsozialistischen Herrschaft näher zu bringen. Zur „Umerziehung“ gehörte auch, das kulturelle Leben wieder anzukurbeln. So halfen die Kulturoffiziere der Militärregierungen dabei, Theater und Kabarett wieder in Gang, neue und bisher verbotene Stücke auf die Bühne zu bringen. Fast vergessen ist, dass es unmittelbar nach 1945 auch in der Sowjetischen Besatzungszone eine relativ freie Kabarettszene gegeben hat, so z. B. in Leipzig das von Ferdinand May 1945 in Leipzig gegründete „Literarische Kabarett“ (ab 1947 „Die Rampe“). Erst mit Gründung der DDR wurden die freien Kabaretts mehr und mehr durch das propagandistische Kabarett ersetzt. Im Westen dagegen blühte die Kultur auf. Schnell prangerten die „Tol(l)eranten“ in Mainz (mit Hanns Dieter Hüsch), das „Kom(m)ödchen“ in Düsseldorf (mit Kay und Lore Lorentz), die „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“ (mit Dieter Hildebrandt, Klaus Havenstein, Achim Strietzel, Ursula Herking, Hans Jürgen Diedrich und Sammy Drechsel) und „Die Stachelschweine“ in Berlin (mit Rolf Ulrich, Inge Wolffberg, Günter Pfitzmann, Jo Herbst, Wolfgang Gruner, Achim Strietzel) Themen wie die Bundesregierung, den Kalten Krieg und später die Auswüchse des Wirtschaftswunders an. Die Programme dieser Kabarettisten der 1950er Jahre wurden durch die Entdeckung der Satire als kabarettistisches Stilmittel erstmals große Publikumserfolge, die sich auch im jungen Deutschen Fernsehen fortsetzten. 1953 wurde in Berlin-Ost „Die Distel“ als erstes staatliches Kabarett der DDR eröffnet – zensiert und ohne staatskritische Themen. Weitere ostdeutsche Kabaretts wie die "Kneifzange" und die „Leipziger Pfeffermühle“ folgten, hatten aber beim Wortwitz stets auf die besonderen Gäste im Publikum zu achten, die man, so Peter Ensikat, sofort daran erkannte, „…dass sie erst dann zu lachen anfingen, wenn der dienstvorgesetzte Nebenmann dies ebenfalls tat.“

In den 1960er Jahren waren es in Westdeutschland vor allem Kabarettisten wie Wolfgang Neuss („Das jüngste Gerücht“, „Neuss Deutschland“ (eine Zeitung), „Die Villon Show“, „Asyl im Domizil“ ), Heinz Erhardt („Noch'n Gedicht“) oder der immer noch hoch geachtete Werner Finck (Kabarett „Nebelhorn“ in Zürich), die neben den großen Kabarett-Ensembles aus Düsseldorf, München und Berlin dem Zeitgeist ihren Wortwitz entgegensetzten. Ende der 1960er Jahre spaltete die Studentenbewegung Teile des Kabaretts in Deutschland. Künstler wie Hanns Dieter Hüsch wurden ausgepfiffen, weil die Studenten in ihnen Teile des Establishments sahen.

Volkmar Staub (links) und Florian Schroeder (rechts) während einer Kabarettaufführung

In den 1970er Jahren entwickelten sich neue Formen des Kabaretts wie Dieter Hildebrandts kabarettistische TV-Sendung „Notizen aus der Provinz“ und ab 1977 das Szenekabarett „Die 3 Tornados“. Noch in den ausgehenden 1980er Jahren war politisches Kabarett in der Bundesrepublik angesehener Teil der Gesellschaftskritik, blühte sogar nach der Vereinigung von Bundesrepublik und DDR nochmals kurz auf. Neue Künstler wie der Frankfurter Matthias Beltz („Vorläufiges Frankfurter Fronttheater“) oder Mathias Richling setzten Zeichen. In den 1990er Jahren wurde das Kabarett aber gleich von mehreren Seiten verdrängt. Der Comedy-Boom, das Privatfernsehen und die damit verbundene Prioritätensetzung der öffentlich-rechtlichen Anstalten und ein geringer werdendes Interesse des Publikums sorgten für einen Rückgang von Kabarettprogrammen. In der ARD verblieb einzig die Sendung „Scheibenwischer“ (mit Bruno Jonas und Mathias Richling) im Programm. Das ZDF zeigt seit Januar 2007 die Sendung „Neues aus der Anstalt“ mit Urban Priol und Georg Schramm. Die dritten Programme senden regelmäßig Kabarett („Quer“ und „Ottis Schlachthof“ im BR, „Mitternachtsspitzen“ im WDR, „Extra 3“ im NDR oder „Richling – Zwerch trifft Fell“ im SWR).

Die von der Bundesrepublik Deutschland geförderte Stiftung „Deutsches Kabarettarchiv“ hat ihren Standort in Mainz im historischen „Proviant-Magazin“. Zur Neueröffnung wurde zugleich der Weg „Sterne der Satire“ zwischen dem Mainzer Forum-Theater „unterhaus“ und dem „Deutschen Kabarettarchiv“ eröffnet: Bronzetafeln mit einem Edelstahlstern, der die Gravur des Namenszuges einer aus der Kabarettgeschichte herausragenden Persönlichkeit enthält. Zu den ersten gehörten Werner Finck, Lore Lorentz, Erich Kästner, Kurt Tucholsky und Klabund.

Österreich

Hauptartikel: Geschichte des Kabaretts in Österreich

Die Geschichte des Kabaretts in Österreich reicht zurück bis in die letzten Jahrzehnte der Habsburgermonarchie, als Komiker und „Possenreißer“ mit ihren Erzählungen das Publikum zum lachen brachten. Das erste Kabarett wurde am 1. November 1901 in Wien von Felix Salten eröffnet und hieß „Jung-Wiener Theater zum lieben Augustin“ und war im Theater an der Wien eingerichtet. Es gab allerdings nur sieben Vorstellungen. Erst ab 1906 entstand eine nachhaltige Kabarettszene. In jenem Jahr wurde – abermals im Theater an der Wien – das Cabaret Hölle eröffnet, sowie in der Ballgasse das Cabaret Nachtlicht, das 1907 schloss und als Cabaret Fledermaus neu eröffnet wurde. Dort begann auch Fritz Grünbaums Karriere als philosophierender Conferencier. 1912 eröffnete das noch heute bestehende Kabarett Simpl, das viele Stars dieser Kunst hervorbrachte.

Bis 1938 gedieh diese untrennbar mit der zahlreichen jüdischen Bevölkerung Wiens verbundene Kunstform in hervorragender Weise auf dem Humus des vorwiegend bürgerlich-liberalen Publikums. Dass das österreichische Kabarett nach dem Zweiten Weltkrieg, der die organisierte Vertreibung und Ermordung des Judentums, Armut und schwere Kriegsschäden hervorbrachte, wiederauferstehen konnte, lag an der Rückkehr der vertriebenen Kabarettgrößen. Karl Farkas kehrte 1946 zurück, Hermann Leopoldi 1947, Gerhard Bronner 1948, Armin Berg 1949 und Georg Kreisler 1955. Berg und Farkas verhalfen dem Traditions-Kabarett Simpl ab 1949 zu erneutem Erfolg, Bronner und Kreisler gründeten 1955 unter anderem mit Helmut Qualtinger das „Namenlose Ensemble“ und Leopoldi tourte durch den gesamten deutschsprachigen Raum. Weitere Kabarettgrößen vor dem Zweiten Weltkrieg waren Heinrich Eisenbach, Alexander Roda Roda, Fritz Grünbaum und Egon Friedell, die bis auf Eisenbach entweder in der Emigration oder in der Zeit des Nationalsozialismus ums Leben kamen.

Eine neue Generation des Kabaretts entstand in den 1970er-Jahren aus dem Studentenprotest und der alternativen Szene heraus, darunter Lukas Resetarits und Erwin Steinhauer. Ihnen folgte ab Ende der 1980er eine Welle neuer Kabarettisten und Kabarettgruppen, die dem Kabarett bis zum heutigen Tage in Österreich einen Stellenwert als Massenmedium zukommen lassen. Zu den bekanntesten Vertretern des österreichischen Kabaretts der Gegenwart zählen Roland Düringer, der als Hauptdarsteller der erfolgreichsten Kabarettfilme agierte und mit seinen Shows auch schon die Wiener Stadthalle füllen konnte, sowie Alfred Dorfer, der seit der Jahrtausendwende vor allem politisches Kabarett betreibt und seit 2002 die TV-Satireshow Dorfers Donnerstalk leitet. Ebenfalls wie Dorfer und Düringer zählen seit Ende der 1980er-Jahre Andreas Vitasek, Josef Hader, Reinhard Nowak und Andrea Händler zu den Fixgrößen des österreichischen Kabaretts, die mit Dorfer vor allem in den populären Kabarettfilmen der 1990er stets Hauptrollen besetzten. Deren gemeinsamer Ursprung ist die Kabarettgruppe Schlabarett. Weitere seit vielen Jahren populäre Kabarettisten und Kabarettgruppen sind Die Hektiker, Gunkl, Stermann & Grissemann, Florian Scheuba, Thomas Maurer, Michael Niavarani, oder seit Ende der 90er-Jahre Alf Poier und seit der Jahrtausendwende Maschek. Neben österreichweiten Auftritten und Tourneen, Radio- und Fernsehübertragungen sowie eigenen Sendungen sind sie auch für einige der größten Erfolge des österreichischen Films der letzten Jahrzehnte verantwortlich. Das Kabarett ist heute mehr als je zuvor wesentlicher Bestandteil der österreichischen Kulturlandschaft.

Bekannte Kabarettbühnen, Kabarettisten und Ensembles

Kabarettbühnen

Deutschsprachige Kabarettisten

In alphabetischer Reihenfolge seien hier nur einige der einflussreichsten und berühmtesten Persönlichkeiten erwähnt:
Konrad Beikircher, Matthias Beltz, Martin Betz, Karl Dall, Matthias Deutschmann, Alfred Dorfer, Ottfried Fischer, Lisa Fitz, Andreas Giebel, Christoph Grissemann, Günter Grünwald, Josef Hader, Dieter Hallervorden, Dieter Hildebrandt, Hanns Dieter Hüsch, Bruno Jonas, Reiner Kröhnert, Michael Niavarani, Dieter Nuhr, Rainer Pause, Erwin Pelzig, Sissi Perlinger, Volker Pispers, Gerhard Polt, Urban Priol, Andreas Rebers, Hagen Rether, Mathias Richling, Helmut Schleich, Helge Schneider, Georg Schramm, Serdar Somuncu, Dirk Stermann, Ludger Stratmann, Karl Valentin, Bodo Wartke.

Kabarett-Festspiele

Kabarettpreise

Siehe auch

Literatur

  • Ambesser, Gwendolyn von: Schaubudenzauber - Geschichte und Geschichten eines legendären Kabaretts, Verlag Edition AV, Lich/Hessen 2006, ISBN 3-936049-68-8
  • Budzinski, Klaus: Pfeffer ins Getriebe – So ist und wurde das Kabarett, Universitas Vlg., München 1982, ISBN 3-8004-1008-7
  • Budzinski, Klaus/Hippen, Reinhard: Metzler Kabarett Lexikon, Vlg. J.B. Metzler, Stuttgart-Weimar 1996, ISBN 3-476-01448-7
  • Deißner-Jenssen, Frauke(Hrsg.): Die zehnte Muse – Kabarettisten erzählen, Henschel Verlag, Berlin (DDR) 1982
  • Finck, Werner: Spaßvogel - Vogelfrei, Berlin 1991, ISBN 3-548-22923-9
  • Glodek, Tobias/Haberecht, Christian/Ungern-Sternberg, Christoph: Politisches Kabarett und Satire. Mit Beiträgen von Volker Kühn, Henning Venske, Peter Ensikat, Eckart v. Hirschhausen u.a., Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin 2007. ISBN 3-86573-262-3
  • Greul, Heinz: Bretter, die die Zeit bedeuten – Die Kulturgeschichte des Kabaretts, Kiepenheuer & Witsch, Köln-Berlin 1967
  • Hippen, Reinhard: Es liegt in der Luft. Kabarett im Dritten Reich, Zürich 1988.
  • Kühn, Volker: Deutschlands Erwachen. Kabarett unterm Hakenkreuz 1933-1945 (= Kleinkunststücke. Eine Kabarett-Bibliothek in fünf Bänden, Hrsg. Volker Kühn, Band3), Berlin 1989, S. 20.
  • Otto, Rainer/Rösler, Walter: Kabarettgeschichte, Henschelverlag, Berlin (DDR) 1977
  • Doris Rosenstein: Fernseh(schwäbisches) Kabarett [: Mathias Richling]. In: Suevica 7 (1993). Stuttgart 1994 [1995], S. 153-192 ISBN 3-88099-311-4
  • Schumann, Werner: Unsterbliches Kabarett, Richard Beeck Vlg., Hannover 1948
  • Vogel, Benedikt: Fiktionskulisse – Poetik und Geschichte des Kabaretts, Mentis Vlg., Paderborn 1993, ISBN 3-89785-105-9
  • Zivier, Georg/Kotschenreuter, Hellmut/Ludwig, Volker: Kabarett mit K – Siebzig Jahre große Kleinkunst, Berlin Verlag Arno Spitz, Berlin 1989, ISBN 3-87061-242-8

Weblinks


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