- Klettlabkraut
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Kletten-Labkraut Systematik Klasse: Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige (Rosopsida)Unterklasse: Asternähnliche (Asteridae) Ordnung: Enzianartige (Gentianales) Familie: Rötegewächse (Rubiaceae) Gattung: Labkräuter (Galium) Art: Kletten-Labkraut Wissenschaftlicher Name Galium aparine L. Das Kletten-Labkraut (Galium aparine) ist eine in ganz Europa sehr häufige Pflanzenart aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae). Sie ist ein wirtschaftlich bedeutendes Ackerunkraut, wächst aber auch in Hecken, Säumen und in Wäldern. Die Art ist ein Spreizklimmer, die mit ihren Borstenhaaren an anderen Pflanzen emporklimmt.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Vegetative Merkmale
Das Kletten-Labkraut ist eine einjährige, zum Teil winterannuelle krautige Pflanze, die niederliegend oder – häufiger – klimmend aufsteigend wächst. Die Stängel sind 50 bis 150, in Extremfällen 15 bis 300 Zentimeter lang und wenig verzweigt. An den Knoten sind sie behaart. Die vierkantigen Stängel besitzen an den Kanten rückwärts gerichtete Stachelborsten.
Die Blätter stehen zu sechst bis neunt in Quirlen. Sie sind einadrig und von lanzettlicher bis elliptischer Blattform. Die Länge beträgt 12 bis 60, die Breite drei bis acht Millimeter. An der Oberseite tragen die Blätter spitzenwärts gerichtete Borsten, am Rand rückwärts gerichtete Stacheln. Die Blattspitze trägt eine Stachelspitze.
Die Borsten an Stängel und Blättern erlauben der Pflanze das klimmende Aufsteigen entlang von Stützen, sie ist ein Spreizklimmer. Beim Berühren erzeugen sie einen klebenden Eindruck, der der Pflanze auch ihren Namen gegeben hat.
Das Wurzelsystem ist − charakteristisch für Annuelle − nur schwach ausgebildet. Die Wurzeln reichen bis 35 Zentimeter tief.[1] Die Wurzelbiomasse macht nur rund zehn Prozent der Gesamtbiomasse aus. Mykorrhiza fehlt häufig.
Die Chromosomengrundzahl ist wie auch für die Gattung x = 11. Die Art umfasst tetraploide, hexaploide und oktoploide Cytotypen: 2n = 42, 44, 66, 88. Fischer bezeichnet die Art als hexaploid.[2] Beobachtungen von 64 Chromosomen werden als Ergebnis der Fusion von zwei Chromosomen gedeutet.
Blütenstände und Blüten
Die Teilblütenstände stehen in den Achseln von laubblattähnlichen Tragblättern, überragen diese und bestehen aus zwei bis fünf Blüten, die eine Trugdolde bilden. Der Kelch ist zu einer Ringwulst reduziert. Der verwachsenblättrigen Krone fehlt eine deutliche Kronröhre. Die Krone ist 1,5 bis zwei Millimeter breit weißlich und besitzt vier spitze Lappen. Es gibt vier Staubblätter. Der Fruchtknoten besteht aus zwei verwachsenen Fruchtblättern. Die zwei Griffel sind am Grund verwachsen und tragen kopfige Narben.
Früchte
Die Trockenfrüchte sind drei bis fünf Millimeter lang, dabei immer größer als die Krone. Die oliv- oder purpurfarbenen Früchte sind dicht mit borstigen Haken besetzt. Die zwei Teilfrüchte sind Spaltfrüchte, enthalten je einen Samen und sind kugelig. Die Früchte sind sieben bis neun Milligramm schwer, die Samen rund 3,7 Milligramm.
Ökologie
Wachstum
Das Kletten-Labkraut vermehrt sich ausschließlich über Samen. Die Keimung erfolgt epigäisch. Das Hypokotyl ist zwei bis drei Zentimeter lang und glatt. Die zwei Keimblätter sind länglich-oval und neun bis 15 Millimeter lang und unterscheiden sich damit deutlich von den übrigen Blättern. Es gibt zwei Ökotypen, die sich deutlich in ihrem Wachstumsverhalten unterscheiden: einen Hecken-Ökotyp und einen Acker-Ökotyp.
Samen des Acker-Ökotyps keimen im Herbst und bilden Sämlinge mit kurzen, unter einem Zentimeter langen Internodien. An den untersten beiden Knoten bilden sie rundliche Blätter und erreichen eine Höhe von 10 bis 20 Zentimeter. In diesem ersten vegetativen Wachstumsstadium überwintern sie. Sie sind bis zu −17 °C frostresistent. Beim Hecken-Ökotyp benötigen die Samen eine Vernalisation und keimen erst im Frühjahr. Bei ihnen ist das erste Stadium stark verkürzt und reduziert. Im zweiten vegetativen Stadium werden lange Internodien (bis 10 Zentimeter) und die normalen lanzettlichen Blätter gebildet. Wenn die Stängel von ihren Stützen entfernt werden, etwa durch Wind, richten sich die niederliegenden Stängel binnen weniger Stunden an den Knoten wieder auf.
Die Dauer zwischen Keimung und Blüte wird durch die Temperatur, die Tageslänge, die Nährstoff-Verfügbarkeit und den Ökotyp bestimmt, Feuchtigkeit und Lichtverhältnisse spielen keine Rolle.
Im ersten reproduktiven Stadium werden Blüten an Seitenzweigen gebildet, während das vegetative Wachstum des Haupttriebs noch weitergeht. Im letzten Stadium bildet auch die Haupttriebspitze einen Blütenstand, beendet damit das Wachstum. Blüten werden von Mai bis in den September gebildet. Die Fruchtreife beginnt im Juni und dauert bis in den Oktober. Nach der Fruchtreife stirbt die Pflanze ab.
Blütenökologie
Das Kletten-Labkraut pflanzt sich ausschließlich sexuell fort und ist damit ein Amphimikt. Die zwittrigen Blüten sind protandrisch, das heißt, die Staubblätter reifen vor den weiblichen Organen. Die Staubblätter werden bei der Blütenöffnung nicht zurückgebogen. Wenn die Narben reifen und die Narbenfläche zugänglich wird, berühren die Narben die Antheren. Da die Antheren zu diesem Zeitpunkt zwar schon trocken sind und den Pollen ausgestreut haben, aber immer noch etlichen Pollen beherbergen, erfolgt eine sichere Selbstbestäubung.
Selten werden die Blüten von kleinen Insekten besucht. Als Blütenbesucher wurden die Schwebfliege Syritta pipiens L., kleine Wespen, Schlupfwespen und Echte Fliegen beobachtet.
Ausbreitung
Eine Pflanze bildet rund 300 bis 400 Teilfrüchte. Diese sind die Ausbreitungseinheiten (Diasporen) und haften durch ihre Widerhaken sehr gut im Fell von Tieren, aber auch an Kleidung und an Schlamm. Daher sind Tiere und der Mensch die wichtigsten Ausbreiter. Es können an Tieren auch ganze fruchtende Sprossabschnitte hängenbleiben und ausgebreitet werden.[3] Daneben wurde auch Ausbreitung im Wasser (Hydrochorie) und durch Endozoochorie durch Vieh und Vögel beobachtet. Auch Windausbreitung (Anemochorie) als Bodenroller (Chamaechorie)[3] kommt vor.
Herbivoren und Krankheiten
Das Kletten-Labkraut ist Futterpflanze für mindestens 40 Insektenarten, von denen folgende sich ausschließlich von dieser Art ernähren, also monophag sind: Sminthurus viridis (Springschwänze); Tatzenkäfer (Timarcha tenebricosa) (Blattkäfer); Dasineura aparines, Dasineura galiicola, Liriomyza morio, Paraphytomyza anteposita, Paraphytomyza orphana (Zweiflügler).
Neben dem Mehltau Peronospora aparines wird das Kletten-Labkraut auch von den Pilzen Erysiphe galii (Leotiomycetes), Leptosphaeria galiorum und Leptosphaeria scitula (Pleosporales), Puccinia difformis und Puccinia punctata (Uredinales) und Phomopsis elliptica (Hyphomycetes) befallen.
Vorkommen
Areal
Das Kletten-Labkraut ist in fast ganz Europa verbreitet und häufig. In Norwegen kommt es bis 70° nördlicher Breite vor, ansonsten fehlt es nördlich des Polarkreises. Im Westen reicht es bis zu den Azoren, im Osten reicht es über den Ural nach West- und Südsibirien. Es kommt auch im Nordkaukasus, in den küstennahen Gebieten Kleinasiens und des Mittelmeergebietes sowie in Nordwestafrika (Atlasgebirge) vor. Das Areal ist somit eurasisch-subozeanisch. In Nordamerika wurde es eingeschleppt und kommt im Osten der USA zwischen 30 und 48° Nord, sowie an der Westküste von Kalifornien bis Alaska vor.
Standorte
Das Kletten-Labkraut wächst besonders an Stellen mit guter Stickstoff- und Phosphat-Verfügbarkeit. Es ist ein Lehmzeiger und ein ausgesprochener Stickstoffzeiger. Am häufigsten ist es auf Böden mit einem pH-Wert zwischen 5,5 und 8,0. Es wächst in Auwäldern, Äckern, Weingärten, Ruderalstellen, in Hecken und auf Flussschottern. Es kommt besonders an gestörten Standorten vor, da dort ein hohes Stickstoffangebot besteht. Es steigt bis in die montane Höhenstufe (bis 1200 m).
Es ist eine Halblichtpflanze, die bei vier bis 100 Prozent des vollen Sonnenlichts wachsen kann, und ein Mäßigwärmezeiger. Bezüglich der Feuchtigkeit ist es indifferent. In Wiesen und Weiden ist es empfindlich gegen Mahd und Weide und unverträglich gegen Tritt[4].
Pflanzensoziologisch ist es in Mitteleuropa eine Klassencharakterart der Ruderalgesellschaften (Artemisietea vulgaris) beziehungsweise der nitrophilen Säume (Galio-Urticetea). Weiters kommt es vor in: Intensiv-Hackfrucht- und Gartenunkraut-Gesellschaften (Polygono-Chenopodietalia), in bodenfeuchten Segetal-Unkrautgesellschaften (Secalietea) und in Silberweidengehölzen (Salicion albae). Daneben kommt es auch in feuchteren Robinien-Wäldern[5], in ruderalen Glatthaferwiesen (Artemisia vulgaris-Arrhenatherum-Gesellschaft)[4] und Mädesüß-Hochstaudenfluren (Filipendulion)[4] vor.
Systematik
Das Kletten-Labkraut steht in der Gattung Galium in der Sektion Aparine.[6] Zusammen mit dem nahe verwandten, aber diploiden Kleinfrüchtigen Kletten-Labkraut (Galium spurium) bildet es die Artengruppe Galium aparine agg. Es sind keine Hybriden mit anderen Arten bekannt.
Innerhalb der Art werden die zwei im Abschnitt Wachstum beschriebenen Ökotypen unterschieden. Ferner gibt es zwei Formen: Galium aparine f. intermedium Bonnet mit glatten Früchten sowie Galium aparine f. aparine, das die bereits beschriebenen stacheligen Früchte hat.
Das Art-Epitheton aparine wurde schon von Theophrast und Plinius dem Älteren als Bezeichnung für das Kletten-Labkraut verwendet, wobei die Etymologie des Wortes unklar ist.[7] Die Art wurde von Linné 1753 in seiner Species Plantarum erstbeschrieben.[8]
Bedeutung
Das Kletten-Labkraut wird als Volksarzneipflanze, als Wildgemüse und in der Homöopathie verwendet.[2] Plinius der Ältere erwähnt es als Mittel gegen Schlangen- und Spinnenbisse, gegen Ohrenschmerzen sowie zur Blutstillung.[9] Leonhart Fuchs nennt die gleichen Wirkungen, zusätzlich jene gegen den Kropf.[10] In der modernen Kräuterkunde wird das ganze Kraut frisch oder getrocknet als Diuretikum, als Entzündungshemmer (Antiphlogistikum), gegen Hautkrankheiten und bei Schlaflosigkeit verwendet.[11] Die Blätter können in Gemüsesuppen verwendet werden, aus getrockneten Blättern kann ein Tee gebraut werden, und geröstete Früchte ergeben einen Kaffee-Ersatz.[11]
Die größte Bedeutung hat es als Ackerunkraut. Vor allem im Winterweizen und Winterraps zählt es zu den bedeutendsten Unkräutern und kann den Ertrag um 30 bis 60 Prozent mindern.[6] Im Gegensatz zu vielen anderen Ackerunkräutern ist das Kletten-Labkraut in Mitteleuropa seit jeher heimisch, wechselte aber von seinen natürlichen Wald-Standorten in die Äcker (Apophyt). Seit der jüngeren Steinzeit ist die Art ein Kulturbegleiter. Die Schadwirkung beruht auf der Konkurrenz um Bodenstickstoff und Licht, da das Labkraut die Getreidebestände überwuchert. Die hohe wirtschaftliche Bedeutung führt zur Definition der Schadensschwelle von nur 0,1 Pflanzen pro Quadratmeter. Gegen chemische Bekämpfung ist es relativ widerstandsfähig, selbst stark geschädigte Pflanzen regenerieren sich und bilden Samen.[12] Zur Bekämpfung werden spezielle Wirkstoffe gegen das Kletten-Labkraut eingesetzt, wie Fluroxypyr, Mecoprop-P, Florasulam oder Amidosulfuron; auch Kombipräparate sind zielführend, während Kontaktherbizide und Breitbandherbizide nur begrenzt wirksam sind.[13]
Quellen und weiterführende Informationen
Literatur
Der Artikel beruht hauptsächlich auf diesen beiden Veröffentlichungen:
- K. Taylor: Galium aparine L., Journal of Ecology, Band 87, 1999, S. 713–730, ISSN 1365-2745, doi:10.1046/j.1365-2745.1999.00381.x.
- Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv (CD-Rom), Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2001/2002, ISBN 3-494-01327-6
Einzelnachweise
- ↑ Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 7. Auflage, Ulmer, Stuttgart 1994, ISBN 3-8252-1828-7
- ↑ a b M.A. Fischer, W. Adler, K. Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. Zweite Auflage, Land Oberösterreich, Biologiezentrum der OÖ Landesmuseen, Linz 2005, ISBN 3-85474-140-5
- ↑ a b Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 2005, S. 214. ISBN 3-494-01397-7.
- ↑ a b c Hartmut Dierschke, Gottfried Briemle: Kulturgrasland. Ulmer Verlag, Stuttgart 2002. ISBN 3-8001-3816-6
- ↑ Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. 4. Auflage, Ulmer, Stuttgart 1986, S. 702. ISBN 3-8001-3430-6.
- ↑ a b K. Taylor: Galium aparine L., 1999.
- ↑ Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3. Auflage, Birkhäuser, Basel 1996, S.68 (Nachdruck ISBN 3-937872-16-7)
- ↑ Internation Plant Name Index
- ↑ C. Plinius Secundus: Naturalis historia. Buch XXVII, §32.
- ↑ Leonhart Fuchs: New Kreüterbuch, Caput XIIII, 1543 (Nachdruck ISBN 3-8228-1298-6)
- ↑ a b Plants for a Future
- ↑ Unkrautsteckbrief der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft
- ↑ Wirkungspotential verschiedener Getreideherbizide gegenüber Klettenlabkraut, Untersuchung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft
Weblinks
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