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Khoisan-Sprachen (hellbraun dargestellt) neben den anderen Sprachfamilien der Welt
Verbreitungsgebiet der Khoisan-Sprachen (gelb)

Die Khoisan-Sprachen werden im südlichen Afrika (Südafrika, Namibia, Angola und Botsuana) gesprochen. Khoisansprechende Völker sind die San, Khoi Khoi, Damara und Nama. In Tansania finden sich zudem die Hadza und die Sandawe. Insgesamt wird die Sprecherzahl auf etwa 150.000 geschätzt.

Die Khoisan-Sprachen stellen keine Sprachfamilie dar, sondern sind nur ein Sammelbegriff für Sprachen, deren Phoneminventar Schnalzlaute enthält. Eine allen Khoisan-Sprachen gemeinsame Ursprache lässt sich nicht rekonstruieren.

Charakteristisch für die Khoisan-Sprachen sind die Schnalzlaute und umfangreiche Phoneminventare (den Rekord mit 164 Phonemen hält ǃXóõ). Ebenfalls typisch ist das Vorhandensein von Nominalklassensystemen.

Inhaltsverzeichnis

Sprachfamilien der Khoisan-Sprachen

Innerhalb der Khoisan-Sprachen lassen sich folgende Sprachfamilien mit den Methoden der vergleichenden Sprachwissenschaft rekonstruieren.

Hadza

Sandawe

Kwadi-Khoe

Auch unter der älteren Bezeichnung Zentral-Khoisan-Sprachen bekannt.

  • Kwadi
  • Khoe
    • Khoekhoe
      • Nama (250.000 Sprecher, Dialektkontinuum, beinhaltet Damara, ǂAakhoe und Haiǁom)
      • Eini (ausgestorben)
      • Süd-Khoekhoe
        • Korana (6 Sprecher, aussterbend)
        • Xiri (90 Sprecher, Dialektkontinuum, aussterbend)
    • Tshu-Khwe (oder Kalahari) verloren teilweise ihre Schnalzlaute
      • Ost-Tshu-Khwe (Ost-Kalahari)
        • Shua (6.000 Sprecher, Dialektkontinuum, beinhaltet Deti, Tsʼixa, ǀXaise und Ganádi)
        • Tsoa (9.300 Sprecher, Dialektkontinuum, beinhaltet Cirecire und Kua)
      • West-Tshu-Khwe (West-Kalahari)
        • Kxoe (11.000 Sprecher, Dialektkontinuum, beinhaltet ǁAni und Buga)
        • Naro (14.000 Sprecher, Dialektkontinuum)
        • Gǀui-Gǁana (4.500 Sprecher, Dialektkontinuum, beinhaltet Gǀui, Gǁana und ǂHaba)

Tuu

Auch unter der älteren Bezeichnung Süd-Khoisan-Sprachen bekannt. Von den zwei Hauptzweigen dieser Familie wird heute nur noch je eine Sprache gesprochen.

  • ǃUi
    • Nǀuu (8 Sprecher in Südafrika, aussterbend)
    • ǀXam
    • Vaal-Orange: ǂUngkue, ǁŨǁʼe
    • Outliers: ǁXegwi, ǃGãǃne
  • Taa
    • Ost: ǃXóõ (4.200 Sprecher, vorwiegend in Botsuana)
    • West: Nǀamani, Nǀuǁen
    • Lower Nosop: ǀʼAuni, ǀHaasi

Ju-ǂHõã

Auch unter der älteren Bezeichnung Nord-Khoisan-Sprachen bekannt.

  • Ju

Die Ju-Sprache ist ein Dialektkontinuum mit etwa 45.000 Sprechern. Zu ihren bekannteren Dialekten zählen ǃXũũ (ǃKung), Juǀʼhoan oder ǂKxʼauǁʼein.

Sprachbund statt genetischer Einheit

Die Autoren des Abschnitts über Khoisan in Heine/Nurse (2000), T. Güldemann und R. Voßen, halten die auf Greenberg und mehrere Vorgänger zurückgehende Vorstellung einer genetischen Einheit der gemeinhin als Khoisan-Sprachen zusammengefassten Gruppe nicht aufrecht, sondern gehen stattdessen von mindestens drei genetisch unabhängigen Einheiten aus:

  • Nordkhoisan oder Ju
  • Zentralkhoisan oder Khoe
  • Südkhoisan oder !Ui-Taa

Als isoliert gelten:

  • ǂHõã
  • Sandawe
  • Kwadi
  • und Hadza

Bei Greenberg (1959) sind die Khoisan-Sprachen eines von fünf sprachlichen Arealen in Afrika. Sie bilden demnach einen Sprachbund typologisch verwandter Sprachen, was man auch als Konvergenzgebiet bezeichnet.

Nord- und Südkhoisan sowie ǂHõã weisen dabei untereinander besonders viele typologische Gemeinsamkeiten auf, ohne dass dies genetisch bedingt sein muss, z. B. die Grundwortfolge Subjekt-Verb-Objekt (SVO) sowie wenig Flexionsmorphologie im Gegensatz zu den Zentral-Khoisan-Sprachen, die die Wortfolge Subjekt-Objekt-Verb (SOV) sowie eine reichhaltige Flexion aufweisen.

Eine genetische Verwandtschaft zwischen Khoe und Kwadi sowie wahrscheinlich auch Sandawe wird allerdings von Güldemann/Elderkin angenommen. Anhaltspunkte dafür sind z. B. die singularischen Personalpronomen dieser Sprachen (Proto-Khoe-Kwadi ist eine gemeinsame, rekonstruierte Vorstufe von Khoe und Kwadi):[1]

Pronomen Sandawe Proto-Khoe-Kwadi
1. Person singular tsi *ti (Kwadi: tʃi)
2. Person singular ha- *sa
3. Person (Basis) he- *xa- (Kwadi: ha-)
3. Person maskulin singular (Suffix) -w(e), -m *-V[vorn] (vorderer Vokal) (Khoe: -bV, -mV)
3. Person feminin singular (Suffix) -su *-V[vorn] (vorderer Vokal) (Khoe: -sV)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Tom Güldemann u. Edward D. Elderkin: On external genealogical relationships of the Khoe family.

Literatur

  • Tom Güldemann u. Rainer Voßen: Khoisan. In: Bernd Heine u. Derek Nurse (Hrsg.): African Languages: an introduction. Cambridge University Press, 2000, S. 99–122.
  • Otto Köhler: Die Khoe-sprachigen Buschmänner der Kalahari. In: Forschungen zur allgemeinen und regionalen Geschichte (Festschrift Kurt Kayser). Steiner, Wiesbaden 1971.
  • Isaac Schapera: The Khoisan Peoples of South Africa – Bushmen and Hottentots. Routledge, London 1960.
  • Yvonne Treis: Names of Khoisan languages and their variants. In: Matthias Schladt (Hrsg.): Language, identity, and conceptualization among the Khoisan. Köppe, Köln 1998.
  • Rainer Voßen: Die Khoe-Sprachen: ein Beitrag zur Erforschung der Sprachgeschichte Afrikas. Köppe, Köln 1997.
  • E. O. J. Westphal: The click languages of Southern and Eastern Africa. In: T. A. Sebeok (Hrsg.): Current Trends in Linguistics. Bd. 7: Linguistics in Sub-Saharan Africa. Mouton, Berlin 1971.
  • J. C. Winter: Die Khoisan-Familie. In: Bernd Heine, Thilo C. Schadeberg u. Ekkehard Wolff (Hrsg.): Die Sprachen Afrikas. Buske, Hamburg 1981, S. 329–374.
  • Joseph H. Greenberg: Africa as a linguistic area. In: William R. Bascom and Melville J. Herskovits (Hrsg.): Continuity and change in African cultures. University of Chicago Press 1959, S. 15–27.

Weblinks


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