Kloster Wülzburg

Kloster Wülzburg
Ansicht um 1648, von Matthäus Merian

Die Wülzburg auf der mit 650 Meter höchsten Bergkuppe der südlichen Frankenalb war ursprünglich ein Benediktinerkloster, das 1588 in eine Festung umgewandelt wurde. Heute ist Wülzburg ein Ortsteil von Weißenburg in Bayern.

Inhaltsverzeichnis

Kloster

Sagen

In Alfred Kriegelsteins Buch Sagen Legenden Geschichten aus Mittelfranken aus dem Jahre 1983 (ISBN 3-7689-0203-X) findet sich auf Seite 233 f. folgende Sage zur Gründung des Klosters auf der Wülzburg:

Pippin der Kurze und die Wülzburg

Das römische Weltreich war längst zusammengebrochen, die römischen Bauern, die Häuser, die Kastelle waren verfallen oder ganz verschwunden.

Die Franken bewohnten das Land, über das nun ihre Fürsten herrschten.

Einer der mächtigsten war König Pippin der Kurze. Der kam einst auf der Jagd in die bewaldeten Höhen am Römerkastell bei Weißenburg. Das Jagdfieber hatte ihn gepackt. Er war hinter einem flüchtigen Wild her, trennte sich von seinem Gefolge und fand nicht wieder zurück.

Pippin irrte in der Wildnis herum. Die Nacht brach herein. Er suchte einen Lagerplatz und ließ sich schließlich am Fuße einer alten Eiche nieder.

Aber er fand keinen Schlaf. Er dachte an die Zeiten zurück, in denen hier in diesen Wäldern Germanen und Römer gekämpft hatten und erblickte plötzlich eine weiße Gestalt: ein junges, hübsches germanisches Mädchen. Wie ein Nebelbild schwebte es dahin.

Der König folgte ihm wie ein Traumwandler.

Und die Gestalt führte ihn auf eine Höhe. Von hier aus konnte er das ganze umliegende Land im Schein des Vollmondes überblicken.

Da traf er auf sein Gefolge, zu dem ihm die weiße Gestalt den Weg gewiesen hatte. Aus Freude und Dankbarkeit für diese Rettung befahl er, auf dieser Höhe eine Kirche zu errichten.

Der Kirche folgte ein Kloster und aus dem Kloster wurde später eine Festung, die heute noch zu sehen ist: die Wülzburg bei Weißenburg.


Das ursprüngliche Kloster Wülzburg wurde mehrmals von Karl dem Großen besucht, zumindest behauptet das die Sage um den Karlsgraben.

Geschichte

Über die Kirche und das Kloster vor dem 11. Jahrhundert, wie es in obiger Sage genannt wird, lässt sich nichts finden. Als Benediktinerkloster mit dem Patrozinium Peter und Paul soll es in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts als salische Stiftung gegründet worden sein.

In der Vita des Heiligen Otto, Bischof von Bamberg findet sich das Kloster Wülzburg: Um 1060/62 wurde Otto aus schwäbischem Adel geboren und erhielt seine Erziehung wohl im Benediktinerkloster auf der Wülzburg im mittelfränkischen Weißenburg.

Vom Eichstätter Bischof Konrad (1153-1171) wissen wir, dass er vorher Abt des Klosters Wülzburg war.

Äbte des Klosters

  • um 1090 Heinrich
  • vor 1146 Johannes
  • 1146 - 1152 Eberhard
  • 1152 - 1153 Konrad von Morsbach
  • 1153 - 1160 Berthold
  • 1160 - 1163 Effridus
  • 1163 - 1180 Isembertus
  • 1180 - 1187 Konrad
  • 1187 - 1194 Heinrich
  • 1194 - 1209 Rigenhardus
  • 1209 - 1219 Konrad
  • 1219 - 1238 Peregrinus
  • 1238 - 1247 Burhard
  • 1247 - 1256 Otto von Schwabsberg
  • 1256 - 1269 Ulrich von Muhr
  • 1274 - 1301 Berthold von Münster
  • 1302 - 1318 Werner
  • 1323 - 1333 Konrad Lenzenauer
  • 1335 - 1348 Ulrich von Hausen
  • 1349 - 1357 Heinrich der Feiste
  • 1357 - 1378 Konrad von Morsbach
  •  ???? - 1381 Ulrich
  • 1381 - 1391 Wilhelm (der) Putz
  • 1391 - 1395 Heinrich der Sachs
  • 1395 - 1419 Ulrich (Widenmann)
  • 1419 - 1449 Wilhelm (seine Grabplatte findet sich heute noch in der Schloßkapelle)
  • 1449 - 1475 Johannes Castner
  • 1475 - 1495 Wilhelm Warnhofer
  • 1495 - 1510 Michel Helmbauer
  • 1510 - 1524 Veit von Gebsattel

1523 Umwandlung des Klosters in ein Kollegiatstift

  • 1524 - 1528 Gumbrecht von Brandenburg
  • 1529 - 1531 Christoph Beck
  • 1531 - 1536 Friedrich von Brandenburg

1536 Säkularisation

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts gelangte das Kloster in die Hände der Burggrafen von Nürnberg (seit 1415 Markgrafen von Brandenburg). Dies hatte im 15. und 16. Jahrhundert verheerende Folgen, als es immer wieder in kriegerische Auseinandersetzungen hineingezogen wurde.

1451: Im zweiten großen Städtekrieg raubten Weißenburger Bürger das Kloster Wülzburg aus und steckten es in Brand.

Anfang des 16. Jahrhunderts wurde das Kloster aufgelöst, es diente von nun an als Bauernhof.

1523 - 1536 gab es noch ein Kollegiatstift. Die Aufhebung erfolgte dann 1537.

1588 wurden die Klostergebäude eingeebnet.

Panorama der Festung Wülzburg

Festung

Die Eingangsseite mit dem Graben
Das Prunktor
Graben und Wallbefestigung

Neben der Zitadelle Jülich (1549ff) und der Zitadelle Spandau (1560ff) ist die Wülzburg eine der drei engverwandten Festungen, die im deutschsprachigen Raum erhalten geblieben sind. Sie verdeutlichen in einmaliger Folge den zeittypischen Wehrbau der Renaissance.

An Stelle der Benediktinerabtei St. Petrus und Paulus zu Wülzburg wurde im Jahre 1588 die Festung Wülzburg begonnen. Bauherr war Markgraf Georg Friedrich d. Ä. von Brandenburg-Ansbach und -Kulmbach (1539–1603). Den Bau leitete zunächst der Hofbaumeister Blasius Berwart d. Ä. († 1589), darauf fertigte der kurbrandenburgische Baumeister Rochus Graf zu Lynar neue Pläne, deren Verwirklichung bis um 1605 in den Händen der Baumeister Caspar Schwabe, Blasius Berwart d. J. und Albrecht von Haberland lag.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Festung 1631 kampflos an die kaiserlichen Truppen unter Tilly übergeben und gelangte erst 1649 an Brandenburg-Ansbach zurück. Trotz langer schwedischer Blockaden blieb die Festung unerobert. Vom 17.–19. Jahrhundert diente die Festung auch als Staatsgefängnis (Siehe hierzu auch den Bericht über die Große Fränkische Diebes- und Räuberbande). 1806 fiel das Markgraftum Ansbach und mit ihm die Wülzburg an das Königreich Bayern. Das Bayerische Kriegsministerium ließ nun umfangreiche Renovierungen durchführen, damit die Festung für die Armee wieder nutzbar war. 1867 wurde die Festungseigenschaft der Wülzburg aufgehoben und das Bauwerk 1882 mit Ausnahme des südlichen Schlossflügels an die Stadt Weißenburg verkauft, in deren Besitz die Festung bis heute ist.

Im Ersten Weltkrieg wurde die Wülzburg als Kriegsgefangenenlager genutzt. Im Jahr 1918 war hier der spätere französische Präsident Charles de Gaulle bis zum Kriegsende im November 1918 (allerdings unterbrochen durch einen Fluchtversuch) inhaftiert. Eine Erinnerungstafel an ihn befindet sich im Inneren des Torgangs. Am 20. Juni 1929 wurde auf der Wülzburg das erste Schullandheim in Bayern eröffnet.

Während des Zweiten Weltkrieges war die Wülzburg ein Internierungslager, darum befindet sich neben der Wülzburg ganz versteckt, der so genannte Russische Friedhof, in dem neben den Gräbern von russischen Handelsmatrosen auch das Grab des Prager Komponisten Erwin Schulhoff zu finden ist.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Wülzburg ein Massen-Flüchtlingslager, von 1952 bis 1968 im staatlichen Südflügel ein Kreisaltersheim.

1968 erhielt die Wülzburg als vorzüglich erhaltene Renaissancefestung den Rang eines National bedeutenden Baudenkmals. Heute beheimatet der Schlossbau u. a. eine Schule mit Internat für soziale Berufe, die inzwischen von den Rummelsberger Anstalten geleitet wird.

Baubeschreibung

Gedeckter Weg, Graben und Festungswälle
Der Torflügel des Schlossbaues

Die Festung Wülzburg ist eine nahezu regelmäßige pentagonale Bastionäranlage. Die fünf Bastionen tragen vom Eingang im Süden gegen den Uhrzeigersinn die Namen: Jungfrau, Krebs, Roßmühle, Kaltes Eck und Hauptwache. Die gesamte Anlage ist aus dem anstehenden Kalkstein gemauert, der bis zu 10 m tiefe Trockengraben ist teilweise aus dem Fels gemeißelt, teilweise durch das Aufschütten des Hanges entstanden. Von der im 17.–19. Jahrhundert reichen Innenhofbebauung ist nur noch das zweiflügelige Schloss im Süden und Westen erhalten, sowie ein Wirtschaftsbau des 17.-20. Jahrhunderts südlich der Hofmitte.

Bemerkenswert sind die großen Kasematten in den Bastionen, die teilweise über 6 m Höhe erreichen. Höhepunkt ist die Kuppelhalle der ehemaligen Roßmühle mit einem Durchmesser von mehr als 14 m.

Als Wasserversorgung diente ursprünglich der Tiefe Brunnen im Westflügel. Mit über 140 m (Freilegungen dauern derzeit noch an) ist er einer der tiefsten Festungsbrunnen Deutschlands. Zwischen 1823 und 1831 wurden sechs Regenwasserzisternen (nach Plänen des bayerischen Ingenieurhauptmanns Franz von Hörmann) errichtet; fünf davon in den Wallmauern, die größte Zisterne zentral im Innenhof. Diese, genannt Ludwigszisterne (nach König Ludwig I. von Bayern), war die größte ihrer Art im gesamten Königreich und ist bis heute ein Spitzenprodukt der Ingenieursbaukunst.

Der Gedeckte Weg um die Festung mit seinen Waffenplätzen aus dem 18. Jahrhundert ist bei der Wülzburg sehr gut erhalten, ein Ausnahmefall unter den deutschen Festungen, bei denen diese äußersten Wehrbauten oft als erstes eingeebnet wurden. Auf der Wülzburg besteht der Gedeckte Weg aus einer teilweise übermannshohen Trockensteinmauer, die früher noch mit Palisaden verstärkt war. In den letzten Jahren hat die Stadt Weißenburg begonnen, diesen Gedeckten Weg zu sanieren und die Einstürze zu beheben. Zudem wurde ein Teil der Bäume auf dem Glacis gefällt, so dass die Bergfestung wieder von fern zu sehen ist - und auch auf dem Rundgang ist so der Bau besser erleb- und nachvollziehbar.

Zukunftsaussichten

Bis ungefähr zum Jahr 2000 wurden Kosten für die Unterhaltungs- und Restaurierungsarbeiten an der fast vollständig im Besitz der Stadt Weißenburg befindlichen Festungsanlage vom Freistaat Bayern, vom Bezirk Mittelfranken und aus dem laufenden Haushalt der Stadt Weißenburg aufgebracht. Jährlich wurden mehrere Millionen Mark bzw. Euro in die Bestandssicherung investiert. Nachdem der Freistaat und der Bezirk ihre Zuschüsse gekürzt bzw. eingestellt haben, sieht sich die Stadt Weißenburg nicht mehr in der Lage, die Bausubstanz in der bisherigen Form zu erhalten. Die Stadt Weißenburg kann nur noch rund 350.000 Euro pro Jahr aufbringen. Beim Neujahrsempfang der Stadt 2006 zitierte Oberbürgermeister Reinhard Schwirzer die Meinung eines Ingenieurbüros, dass man zukünftig auf Grund des fehlenden Geldes daran denken müsse, gezielt Teile der Festung nicht mehr zu erhalten und einstürzen zu lassen. Dies verursachte erhebliches Aufsehen und es gelang, eine umfangreiche Sanierungskampagne für mehrere Millionen Euro in den kommenden Jahren zu initiieren.

Literatur

  • Wilhelm Korte: Altes und Neues über Wülzburg. Ansbach 1869.
  • Hartwig Neumann: Die Festung Wülzburg - Streifzüge durch Vergangenheit und Gegenwart der ehemals ansbachischen Festungsanlage. Weißenburg 1980, ISBN 3-921-35407-2
  • Thomas Biller: Die Wülzburg - Architekturgeschichte einer Renaissancefestung. München 1996, ISBN 3-422-06154-1
  • Daniel Burger: Weißenburg in Bayern - Festung Wülzburg (Burgen, Schlösser und Wehrbauten in Mitteleuropa Bd. 10). Regensburg 2002, ISBN 3-7954-1475-X
  • Daniel Burger: Die Landesfestungen der Hohenzollern in Franken und Brandenburg im Zeitalter der Renaissance (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte Bd. 128). München 2000, S. 130 - 182, ISBN 3-925162-20-8
  • Wülzburg. In: Gotthard Kießling: Stadt Weißenburg i. Bay. (Denkmäler in Bayern, Band V.70/02), S. 269-281. München, 2001. ISBN 3-87490-582-9
  • Gerhard Leidel: Geschichte der Benediktinerabtei Wülzburg (Mittelfränkische Studien Bd. 4). Ansbach 1983
  • Gerhard Leidel: Die Pfarreien des Klosters Wülzburg (Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns Bd. 61). Neustadt a. d. Aisch 1986, ISBN 3-7686-4113-9
  • Otto Rieder: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt und Reichspflege Weißenburg am Nordgau, Bd. 1. Weißenburg 2002, S. 729 - 768. [Anmerkung: Druck eines Manuskripts von etwa 1900-1920, aber bezüglich Weißenburg absolut gründliche und grundlegende Quellenarbeit des ehemaligen bayerischen Reichsarchivrats!]
  • Florian Koch "Sicherung der Veste Wülzburg" in Denkmalpflegeinformationen Nr. 141, November 2008, ISSN 1863-7590

Weblinks

49.02555555555611.0052777777787Koordinaten: 49° 1′ 32″ N, 11° 0′ 19″ O


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