Klärschlammverbrennung

Klärschlammverbrennung

Klärschlamm fällt bei der Abwasserreinigung an und ist eine Mischung aus Wasser und Feststoffen. Bei den Feststoffen handelt es sich um Schwebstoffe, die sich in der Kläranlage aus dem Wasser absetzen und zu Boden sinken (sedimentieren).

Inhaltsverzeichnis

Arten

Man unterscheidet Rohschlamm und behandelten Klärschlamm. Rohschlamm fällt auf Kläranlagen als Primärschlamm in der mechanischen Reinigungsstufe oder als Überschussschlamm in der biologischen Stufe an. Überschussschlamm besteht überwiegend aus Mikroorganismen, wie etwa Protisten und Bakterien. Durch aerobe oder anaerobe Stabilisierung des Rohschlamms erhält man weniger geruchsintensiven Klärschlamm (behandelter Klärschlamm). Die anaerobe Behandlung erfolgt in größeren Kläranlagen in Faultürmen (Faulschlamm). Klärschlamm ist im Ausgangszustand dünnflüssig und dunkel gefärbt. Durch Schwerkrafteindickung werden Feststoffgehalte von etwa zwei bis fünf Prozent erreicht.

Der Klärschlamm ist reich an Nährstoffen, da die Bakterien in der biologischen Stufe die Abwasserinhaltsstoffe zum Aufbau der Biomasse verwenden. Von besonderer Bedeutung sind insbesondere für die Landwirtschaft Stickstoff, Phophor und andere Nährsalze. Klärschlamm enthält neben den Nährsalzen eine Vielzahl weitere Stoffe, welche für Natur und Mensch gefährlich sein können.

Im Klärschlamm sind eine Reihe von anorganischen Stoffen enthalten. Problematisch sind dabei Schwermetalle, welche in hohen Konzentrationen im Klärschlamm auftreten können. Ursache können z. B. Rücklösungen aus Rohrleitungen sein. Die Grenzwerte sind in der Klärschlammverordnung zu finden.

Siehe dazu Gesundheitsgefährdung durch Schwermetalle

Organische (Schad-)stoffe stellen ein nicht zu vernachlässigendes Problem dar. Im Klärschlamm kann eine Vielzahl an organischen Verbindungen mit verschiedenen Eigenschaften und Wirkungen, die durch anthropogene Prozesse in das Abwasser gelangen, vorhanden sein. Diese Stoffe können beispielsweise kanzerogen, mutagen, giftig etc. sein Die Klärschlammverordnung besitzt Grenzwerte für die Summenparameter AOX, PCB und PCDD. Sind solche Stoffe im Abwasser vorhanden, tritt eine besondere Gefahr auf, da sie sich bereits in geringen Konzentrationen nach der landwirtschaftlichen Aufbringung anreichern und in die Nahrungskette gelangen können.

Siehe dazu Gesundheitsgefährung durch PCBs

Die Einleitung von Hormonen und Medikamentenrückständen beispielsweise aus Krankenhäusern, Pflegeheimen etc. stellt auch ein Problem dar, da sie sich im Boden anreichern und anschließend in die Nahrungskette gelangen können. Durch die Vielzahl der Stoffe gestaltet sich der Nachweis und der Abbau als schwierig.

Schlammbehandlung

Klärschlamm wird behandelt für den weiteren Entsorgungsweg, dabei können folgende Verfahrenstufen genutzt werden: Eindicken, Konditionieren, Hygienisieren, Entwässern und Trocknen. Welche Verfahren dabei angewendet werden und in welcher Reihenfolge dies erfolgt, kann unterschiedlich sein.

Entwässerung

Mechanische Entwässerung

Häufig entwässern mechanische Entwässerungseinrichtungen (Zentrifugen, Kammerfilterpressen, Siebbandpressen, Schneckenpressen) den meist behandelten (stabilisierten) Klärschlamm vor der Nachbehandlung, Verwertung oder Entsorgung. Um Wasser auspressen zu können, ist es erforderlich den Schlamm zu konditionieren, das kann geschehen, indem Flüssigschlamm entweder polymere Flockungsmittel, Eisen oder Kalkmilch zugegeben wird. Eine Kalkzugabe beträgt etwa 20 bis 35 % CaO im Feststoffanteil und macht einen wesentlichen Teil des Nutzens bei der Verwertung als Dünger aus. Jedoch wird dabei die ursprüngliche Trockenmasse der Entsorgungsmenge künstlich erhöht, was zu entsprechenden Mehrkosten führt. Durch die mechanische Entwässerung steigt der Feststoffgehalt von zum Beispiel 3,0 % auf 28 % und ermöglicht die Reduzierung des Volumens bzw. der Masse des zu entsorgenden Klärschlamms auf ein Zehntel der ursprünglichen Menge des Nassschlamms. Der Anteil an organischen Stoffen (je nach Schlammbehandlung etwa 50 bis 60 % Trockenmasse), kann mit biologischer Entwässerung reduziert werden.

Biologische Entwässerung

Unter der biologischen Entwässerung versteht man das Aufbringen von Klärschlamm auf Vererdungsbeete. In diesen vorwiegend mit Schilf bepflanzten Beeten kommt es zunächst zu einer schnellen Entwässerung des Klärschlamms auf etwa 10 % Feststoffgehalt. Das durch den Bodenfilter sickernde Wasser des Klärschlamms wird mit Drainagesystemen aufgefangen und zur Kläranlage zurückgeführt. In den Vererdungsbeeten der Klärschlammvererdungsanlage verbleiben die organischen und mineralischen Feststoffanteile. Durch biologische Umsetzungsprozesse über einen längeren Zeitraum werden die organischen Anteile abgebaut und mineralisiert, wodurch die Masse wesentlich verringert wird. Aus dem Reststoff Klärschlamm entsteht dadurch hochwertige Klärschlammerde, die nach Räumung und Nachlagerung Trockenmassegehalte bis zu 60 % erreicht. Durch den Abbau von 50 bis 60 % der im Klärschlamm enthaltenen organischen Stoffe (Massenreduktion) kann Klärschlammvererdung effektiv geringere Restmengen erreichen als andere Verfahren der Klärschlammbehandlung, zum Beispiel solare Trocknung.

Klärschlamm mit Trockenrissen

Verwertung und Entsorgung

Landwirtschaftliche Verwertung

Die Verwertung von Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen als Dünger in der Landwirtschaft unterliegt in Deutschland der Klärschlammverordnung (AbfKlärV).

Die Verwendung als Dünger ist nur auf Ackerflächen zulässig - nicht auf Dauergrünland oder Obst- und Gemüseanbauflächen. Klärschlämme, die hinsichtlich der Schadstoffgehalte die Vorschriften der Klärschlammverordnung erfüllen und hinsichtlich der Nährstoffgehalte den Vorgaben der Düngemittelverordnung entsprechen, gelten in Deutschland als zugelassenes Düngemittel. Düngerechtlich exakt deklarierte Klärschlämme oberer Güte, welche pflanzenbauliche Vorteile von der direkten Nährstoffwirkung, der Humuszufuhr und dem Kalkeffekt besitzen, werden Klärdünger genannt. Nach Angaben der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) wurden 2003 in Deutschland 56 % der behandelten Klärschlämme aus kommunalen Kläranlagen als Dünger in der Landwirtschaft und im Landschaftsbau eingesetzt.[1] Anmerkung: Die angeführte Bodenbelastung hatte Bergbau als Ursache..[2] Ob Exminister Trittin diese Quelle fahrlässig oder vorsätzlich verfälschte, ist schwer festzustellen</ref> Regional sind die Verwertungsraten sehr unterschiedlich, das Bundesland mit der höchsten Verwertungsrate ist Niedersachsen (2005 > 75 %).

Anmerkung: Sowohl für die Verwertung des Klärschlammes als auch für das Inverkehrbringen gelten strenge Vorschriften. Ganze Abteilungen in den Verwaltungen haben nur die Aufgabe, dies zu überwachen. Es gelten keine "Verordnungen", die die Vermarktung von organisch gedüngtem Getreide behindern. Bei den angesprochenen Restriktionen handelt es sich um freiwillige vertragliche Vereinbarungen, welche Erzeugungsrichtlinien aus Marketing-Erwägungen Zuspruch finden. Ein Verbot als Futtermittel kommt beim Überschreiten bestimmter Grenzwerte in Betracht. Diese sind bei der Klärschlammdüngung aber nicht zu befürchten. Gäbe es "belastetes Klärschlammgetreide", so müsste dies labortechnisch anhand objektiver Kriterien nachweisbar sein. Tatsächlich sieht sich kein seriöses Labor in der Lage, an der Marktware festzustellen, ob diese mit Klärschlamm gedüngt wurde.

Die zurzeit noch zulässigen Schadstoffgehalte für landwirtschaftlich ausgebrachten Klärschlamm sind seit einiger Zeit in Diskussion. Eine Novellierung der deutschen Klärschlammverordnung ist vorgesehen. Eine Verschärfung der Schadstoff-Grenzwerte und die Aufnahme zusätzlicher Kriterien ist zu erwarten.

In der Schweiz ist die Ausbringung von Klärschlamm seit dem 1. Oktober 2006 vollkommen verboten, auf Futter- und Gemüseflächen ist die Ausbringung bereits seit dem 1. Januar 2003 untersagt. Der getrocknete Klärschlamm wird in Kehricht- und Schlammverbrennungsanlagen sowie in Zementwerken thermisch verwertet. Wegen knapper Kapazitäten werden momentan auch geringe Mengen deponiert und exportiert, vorwiegend in Braunkohlekraftwerke in Deutschland.[3] Der Grund für das Verbot in der Schweiz ist einerseits der Quecksilbergehalt des Klärschlamms und andererseits der Gehalt an endokrin wirkenden Stoffen.

In Tirol und Salzburg ist die Ausbringung von Klärschlamm verboten, während sie im übrigen Österreich eingeschränkt möglich ist.[4]

Deponierung

Aufgrund des hohen Gehaltes an organischen Stoffen (etwa 50 %), die bei der Verwertung als Dünger die Humusbilanz des Ackers positiv beeinflusst, ist die Beseitigung des Klärschlamms durch Ablagerung auf Deponien in Deutschland seit dem 1. Juni 2005 nicht mehr möglich. Gemäß deutscher Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV) dürfen seit diesem Datum nur noch Abfälle mit höchstens 5 % organischer Trockenmasse deponiert werden.

Thermische Behandlung

Nicht durch Ausbringung verwertete Klärschlämme werden in thermischen Verfahren (Verbrennung oder Vergasung) eingesetzt. Ob eine Verbrennung von Klärschlamm als Verwertung eingestuft werden kann, hängt von der Art des Verfahrens ab. Bei der reinen Verbrennung ist der Heizwert entscheidend. Ein ausreichend hoher Heizwert ist durch eine vorherige Trocknung zu erzielen. Folgende thermischen Verfahren dienen der Klärschlammentsorgung:

  • Mitverbrennung in mit Feststoffen befeuerten Kraftwerken (Kohlekraftwerk, Braunkohlekraftwerk)
  • Nutzung von Klärschlamm im Zementwerk
  • Mitverbrennung im Müllheizkraftwerk
  • so genannte Monoverbrennung (ausschließlicher Einsatz Klärschlamm)
  • Vergasung im Monoverfahren oder mit Biomasse (Erzeugung von Brenngas für ein BHKW)
  • In der Schweiz wird eine Versuchsanlage zur Herstellung von Lefinoel betrieben.

Bei der thermischen Behandlung gehen die im Klärschlamm enthaltenen Pflanzennährstoffe dem natürlichem Stoffkreislauf großteils verloren. Bei Monoverfahren, bei denen ausschließlich Klärschlamm eingesetzt wird, ist der Phosphoranteil in der Asche so hoch, so dass eine Rückgewinnung des Phosphors in absehbarer Zeit durch die Ressourcenknappheit wirtschaftlich werden könnte. Durch die Vermischung mit anderen Brennstoffen ist eine Phosphorrückgewinnung problematisch.

Klärschlammvererdung

Ein weiterer Verwertungsweg für Klärschlamm kann mit der Klärschlammvererdung erreicht werden. Nach der Entwässerung in Schilfbeeten werden die Gehalte an organischer Trockenmasse im Klärschlamm durch mikrobiellen Abbau weitgehend verringert, womit auch Änderungen der Materialeigenschaften, des Porenvolumens und weitere Folgen verbunden sind. Dadurch entsteht hygienisierte und humusähnliche Klärschlammerde, die sich zur Herstellung technischer Böden für die Verwendung als Pflanzsubstrat im GaLa-Bau und für Wasserhaushaltsschichten bei Deponierekultivierungen eignet, wobei Wertstoffe wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt, und nicht wie bei Verbrennung zerstört werden. Andererseits bleiben die Aspekte des Boden- und Grundwasserschutzes bei diesen Nutzungsarten weiterhin zu beachten. Klärschlammerde kann jedoch wie andere entwässerte Schlämme auch verbrannt werden.

Gefahren für den Menschen

Nach § 3 BioStoffV (Biostoffverordnung) fällt Klärschlamm in die minder schwere Risikogruppe 2 (von 4 Gruppen). Klärschlamm kann Mikroorganismen enthalten, die beim Menschen Infektionskrankheiten hervorrufen. Eine Verbreitung solcher Infektionskrankheiten in der Bevölkerung durch Klärschlamm ist aber unwahrscheinlich. Die Aufnahme von Klärschlamm zum Beispiel durch Verschlucken, über die vorgeschädigte Haut (z. B. offene Wunden, Ekzeme) oder durch Einatmen (Aerosole) ist zu vermeiden.

Demgegenüber ist Klärschlamm aus Biogasanlagen zur Energiegewinnung mit sehr viel höheren Risiken behaftet, weil sich bei der hier angewandten rein anaeroben Vergärung oft gefährliche Keime ansiedeln. Klärschlamm aus Abwasserkläranlagen entsteht durch aerobe Vergärung. Insbesondere, wenn Schlachtereiabfälle vergoren werden, besteht die Gefahr starker Vermehrung relativ temperaturresistenter Clostridium botulinum- und anderer Keime. Das Ausbringen derart kontaminierten Klärschlamms auf den Weiden war angeblich die Ursache von Rindersterben in Niedersachsen. Inzwischen hat sich allerdings herausgestellt, dass mindestens in einigen Fällen botulinum-Toxin produzierender Genmais für die Vergiftung verantwortlich gemacht werden muss. Mit anderen Worten, es gab dort keine Infektion durch Botulismusbakterien.

In der Schweiz wurde Anfang 2003 allgemein eine Ausbringung von Klärschlamm auf Weiden und auf Gemüseanbaufflächen verboten. In Deutschland darf Klärschlamm seit 1992 nicht auf Dauergrünland und Gemüseanbauflächen ausgebracht werden.(§4 AbfKlärV).

Schutzmaßnahmen bei der Handhabung

  • Zum Schutz vor Verschlucken müssen hygienische Grundregeln beachtet werden, wie etwa Händewaschen vor dem Essen, Trinken und Rauchen und vor dem Gang zur Toilette.
  • Falls direkter Hautkontakt nicht zu vermeiden ist, ist geeignete persönliche Schutzausrüstung zu tragen. Schutzhandschuhe müssen gegen Mikroorganismen undurchlässig sein und sind entsprechend mit dem Symbol „Undurchlässig für Mikroorganismen“ gekennzeichnet. Dieses Kennzeichen muss auf dem Schutzhandschuh aufgedruckt sein.
  • Bei sehr verschmutzungsgefährdenden Arbeiten kann der Körper mit einem spritzwasserundurchlässigen Einwegoverall geschützt werden.
  • Bei Arbeiten, bei denen das eventuelle Entstehen von Aerosole durch technische Vorkehrungen nicht vermeidbar ist, sind zum Schutz vor Einatmen Atemschutzmasken der höchsten Filterstufe P3 zu tragen. Diese gibt es als Einmalmasken für Mund und Nase oder auch als partikelfiltrierende Halbmaske mit Filterwechselmöglichkeit.

Literatur

  • Gudrun Both, Harald Friedrich, Horst Fehrenbach, Hürgen Giegrich, Florian Knappe: Neue Strategien der Klärschlammentsorgung in NRW. Ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nach KrW-/AbfG und im Einklang mit dem Bodenschutz. In: KA-Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall. 48(10), 2001, S. 1430-1442
  • Harro Bode: Klärschlammbehandlung und -entsorgung. Wie klar sind die Rahmenbedingungen für die Betreiber? In: KA-Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall. 48(12), 2001, S. 1758-1765
  • Andrea Bertsche, Susanne Klages, Christian Schaum, Ute Schultheiß, Helmut Döhler, Peter Cornel: Statistische Auswertung von Nähr- und Schadstoffgehalten sowie bodenverbessernden Inhaltsstoffen in niedersächsischen Klärschlämmen. In: KKA-Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall. 52(5), 2005, ISSN 1616-430X, S. 586-594
  • Reimar Leschber, Ulrich Loll: ATV-Handbuch. Band 4 Klärschlamm. 4. Auflage. Ernst & Sohn, Berlin 1996, ISBN 3-433-00909-0
  • Wolfgang Bischof: Abwassertechnik. 10. neubearbeitet und erweiterte Auflage. Teubner, Stuttgart 1993, ISBN 3-519-05247-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall 2005
  2. Seite 25
  3. A. Laube, A. Vonplon: Klärschlammentsorgung in der Schweiz – Mengen- und Kapazitätserhebung.. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern 2004 (Umwelt-Materialien Nr. 181)
  4. Ergänzung zum Tiroler Feldschutzgesetz

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