Koch & Bergfeld

Koch & Bergfeld
Hauptportal mit der Auffahrt zur Silberwarenmanufaktur Koch & Bergfeld. Das schlossartige Gebäude wurde von dem Architekten Fritz Dunkel entworfen.
Die Manufaktur Koch & Bergfeld residiert in der Bremer Neustadt. Das Gebäude wurde im Jahr 1882 fertiggestellt - hier wird noch heute produziert.

Die Firma Koch & Bergfeld ist eine 1829 in Bremen gegründete Silberwarenmanufaktur und ist damit eine der ältesten noch aktiven Silberwarenmanufakturen in Deutschland. Bekannteste Produkte von Koch & Bergfeld sind das Silber(besteck) der Deutschen Botschaften sowie der Pokal der UEFA Champions League und das Modell der Goldenen Kamera für die Zeitschrift Hörzu.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründungsphase (1829 - 1874)

Gottfried Koch eröffnete im Jahr 1829, nach seiner Lehre und einigen Gesellenjahren in Hannover sowie auf der damals üblichen Wanderschaft, in der Knochenhauerstraße 12 eine Gold- und Silberschmiedewerkstatt. Kurze Zeit später nahm er Ludwig Bergfeld, der mit ihm als Steinschneider auf Wanderzeit gewesen war, als Gesellen in seinem Geschäft auf. Dieser wurde dann Teilhaber und der Firmenname Koch & Bergfeld wurde urkundlich. Die Geschäfte der Firma entwickelten sich so gut, dass die Firma in das Haus „An der Börse 1“ übersiedelte. Nach wenigen Jahren wurde auch dieses Domizil zu klein. Darum kaufte man 1863 das Haus „Obernstraße 49“ (jetzt Nr. 32) und verlegte Werkstatt, Verkauf sowie die Wohnungen beider Inhaberfamilien und einige Kammern für Gesellen und Lehrlinge in die neu erworbene Immobilie. Dieses Haus blieb der Firma bis zum Zweiten Weltkrieg als Ladengeschäft erhalten.

Die Gründer übergaben ihr Geschäft 1865 ihren Söhnen Ludwig und Georg Koch sowie Gottfried und Georg Bergfeld. Die neuen Inhaber expandierten weiter. Die Produktion wurde an den Standort „Auf den Häfen 51“ verlegt. Dort wurden nun auch die ersten Maschinen in Betrieb genommen - einige handbetriebene Fallhämmer und eine von Menschenhänden und -beinen durch Rundlauf betriebene Spindelpresse. Aus dem Handwerksbetrieb wurde so eine Fabrik. Besonders die Kreativität des Georg Bergfeld schaffte die Voraussetzungen für eine beschränkte Serienfertigung, die als „Bremer Genre“ einen großen Kundenkreis fand. Vor allem die bisher handwerklich betriebene Besteckfertigung profitierte von der Umstellung auf Maschinenarbeit.

Expansion (1874 - 1930er)

Die durch diese grundsätzliche Änderung rasch steigende Fertigung suchte nun Absatz auch außerhalb Bremens. Der bestehende Zollausschluss Bremens behinderte die Entwicklung einer größeren Industrie erheblich, weil die erzeugten Güter bei einem Absatz in den übrigen deutschen Bundesstaaten mit hohem Zoll belastet wurden. Da eine Fabrikproduktion auf hohe Stückzahlen ausgelegt war, entstanden die ersten großen Industriebetriebe nicht in Bremen selbst, sondern außerhalb der Stadttore an der Peripherie. Die Geschäftsleitung kaufte deswegen 1874 im Neuenlande am „Kirchweg“ das Grundstück, auf dem die Fabrik heute noch steht. Im Jahre 1875 schließlich konnte der Umzug in die neu erstellten Gebäude am Kirchweg erfolgen. Die Fassade, das Ensemble der repräsentativen Gebäude auf der Nordseite am Kirchweg sowie ein Teil der Gebäudeinneren der Gründerzeitgebäude steht heute unter Denkmalschutz.

Schon kurz nach Beginn entwickelte sich der Fabrikbetrieb vorzüglich. Man entwarf Formen zur Fertigung maschineller Produktion, zusätzlich pflegte man auch weiterhin die kunsthandwerkliche Herstellung von Einzelstücken. Um genügend Nachwuchs an Zeichnern und Modelleuren zu rekrutieren, wurde von Gottfried Bergfeld eine werkseigene Zeichenschule gegründet. Ein prominenter Absolvent der Ausbildung bei Koch & Bergfeld war zum Beispiel Wilhelm Wagenfeld. Die Belegschaft stieg bis zum Jahre 1900 auf 800 Mitarbeiter. Die Firma gründete 1885 für die inzwischen große Belegschaft eine Pensions- und Betriebskrankenkasse.

Anfang 1900 zählte der Norddeutsche Lloyd (Norddeutscher Lloyd) zu den größten Kunden von Koch & Bergfeld. Silbergerätschaften und Besteckmodelle wurden exklusiv für den Lloyd entworfen und gefertigt. Spezielle Entwurfszeichnungen sind in Einzelbänden enthalten und erlauben es, nicht nur nach Entwürfen sondern auch anhand ausführlicher Aufzählungen aller Gegenstände, die Ausstattung der verschiedenen Klassen auf den Passagierschiffen der Reederei zu rekonstruieren.

1930er bis heute

Ab 1928 saß Ludwig Koch als Vertreter der vierten Generation in der Leitung des Unternehmens - die Linie Bergfeld schied 1934 aus. Man verstärkte die individuelle Einzelfertigung in der Korpuswerkstatt und beschränkte sich auf eine kleinere Produktpalette im Besteckbereich. Intensiv wurde dem Zeitgeschmack Rechnung getragen, hoher Wert gelegt auf Formenreinheit und beste Handwerkerschaft, wo nötig Produktionsmethoden verbessert und verfeinert.

Der zweite Weltkrieg brachte dann Fertigungsverbote, Rohstoff- und Arbeitskräftemangel, es mussten LKW-Stoßstangen und Scheinwerfergehäuse gefertigt werden für Wehrmachtsfahrzeuge. Trotz der Nähe zum Bremer Flughafen (Flughafen Bremen) wurde glücklicherweise das Gebäude auf dem Gelände von Bombenschäden weitgehend verschont. Der wirtschaftliche Zusammenbruch war 1945 dann aber, wie überall in Deutschland, ein totaler.

Wegen des Geldmangels unmittelbar nach dem Krieg traten weitere Absatzprobleme auf. 1948 kam es zur Währungsreform und zum Unfalltod von Ludwig Koch. Zusammen mit drei, dann zwei Prokuristen beschritt seine Witwe Ingeborg den mühsamen Weg des Wiederaufstiegs, bis dann 1965 einer der Söhne, Dr.rer.oec. Gottfried Koch als geschäftsführender Gesellschafter in die Firma eintrat.

Von der später so bezeichneten Wirtschaftswunderzeit profitierte dann auch langsam das inzwischen 125 Jahre alt gewordene Unternehmen. Ein großer Nachholbedarf der Bevölkerung brachte Vollbeschäftigung im Bremer Werk. Bis zu 250 Mitarbeiter zählte damals die Belegschaft. Es wurde zu der Zeit die Menügröße bei den Essbestecken eingeführt, als Zwischenmaß zwischen Tafel- und Dessertgröße. Koch & Bergfeld versah seine Echtsilberbestecke als erster Hersteller in Deutschland mit einer patentierten Hartglanzversilberung. Der Firmenname und seine Meisterzeichen „Fußschale“ für die Bestecke und „Bremer Schlüssel“ für die Echtsilber-Korpusware konnten sich wieder bei der Kundschaft etablieren.

1967 erhielt die Firma nach einem Wettbewerb von der UEFA den Auftrag zur Herstellung des heutigen Pokals der Champions League: Er wurde von Horst Heeren, dem langjährigen Leiter des Entwurfbüros von Koch & Bergfeld, geschaffen. Seither wird der Pokal nachproduziert, sobald eine Mannschaft den Titel zum fünften Mal oder zum dritten Mal in Folge erringen konnte und damit den Pokal behalten durfte. Ansonsten werden hier auch kleinere Repliken für die Mannschaften produziert, die zwar den Titel erlangten, den Pokal aber nicht behalten durften.

1989 wurde das Unternehmen durch den Gründerenkel Gottfried Koch an Villeroy & Boch verkauft. Villeroy & Boch investierte erheblich in das Werk, führte auch eine umfangreiche Altlastensanierung durch - wurde aber mit dem Investment in Bremen nicht glücklich. Letztendlich passte die Verkaufsschiene von Villeroy & Boch - mittelpreisig - und die von Koch & Bergfeld - hochpreisig - nicht zusammen. Ein gemeinsamer Vertrieb scheiterte. Schon 1994 verkaufte Villeroy & Boch die Korpuswerkstatt (alles außer Besteck und heute auch Modeaccessoires) an den größten Kunden der Werkstatt, den Kieler Juwelier Klaus Hansen. Dieser betrieb die Korpuswerkstatt bis Ende 2004, vor allem um auch seine eigenen Entwürfe für Silberbecher und weiteres Tafelsilber produzieren zu können. Altersbedingt wechselte die Korpuswerkstatt zum 1. Januar 2005 wieder den Besitzer: Florian Blume, Spross der berühmten Hildesheimer Silberdynastie Blume, bisheriger Werkstattleiter von Klaus Hansen, erwarb die Korpuswerkstatt von seinem Arbeitgeber und benannte sie in Koch & Bergfeld Silbermanufaktur Florian Blume GmbH & Co. KG um.

Erst 1997 fiel im Saarland bei Villeroy & Boch die Entscheidung, sich auch vom Betrieb der Besteckwerkstatt zu trennen. Man verkaufte in einem Assetdeal an seinen Werksleiter Hartmut Soostmeyer die Besteckfertigung - ein klassisches Management-Buy-out. Soostmeyer starb im Jahr 2004 - seine Familie beschloss den Weiterverkauf. Seit 2006 gehört das Unternehmen den Kaufleuten Klaus Neubauer und Wigmar Bressel. Heute heißt es Koch & Bergfeld Besteckmanufaktur GmbH.

Die Bearbeitung der Presswerkzeuge erfolgt wie vor 100 Jahren von Hand.

In einem dritten Schritt verkaufte Villeroy & Boch im Jahr 2007 nach jahrelangen Verhandlungen seine Gesellschaftsanteile an der historischen Koch & Bergfeld GmbH mit der spektakulären Gründerzeit-Fabrik im Kirchweg 200, dem Stammsitz der Silberschmiede. Zu den heutigen Gesellschaftern gehören wieder Klaus Neubauer und Wigmar Bressel.

Bei den in den Jahren 2005 und 2007 durchgeführten Rankings der besten deutschen Luxusmarken durch die Brand Rating Agentur München kam Koch & Bergfeld jeweils unter die TOP-30. Berücksichtigt wurden bei diesem Index die Ausstrahlungswert der Marke, der am Markt erzielbare Preis für die Produkte und deren Wertstabilität im Vergleich zum Niveau der jeweiligen Mitbewerber.

In der Firmengeschichte lieferten Künstler wie Wilhelm Wagenfeld (der hier vor seinem Studium am Bauhaus 1914–1919 eine Lehre absolvierte), Heinrich von der Cammer, Rudolf Alexander Schröder, Hugo Leven (später Direktor der Staatlichen Zeichenakademie Hanau), Gustav Elsaß, Albin Müller, Bernhard Hoetger, Henry van de Velde aber auch Paloma Picasso Entwürfe für die Firma Koch & Bergfeld.

Produktpalette

„Spaten“ ist zeitloses Besteckdesign. Koch & Bergfeld fertigt dieses Modell unverändert seit Anfang der Produktion.
Prägestöcke für Messergriffe des Besteckmodells "Spaten"

Die Koch & Bergfeld Besteckwerkstatt produziert sowohl versilbertes als auch massives Silberbesteck (925er Sterlingsilber) nach klassischen, teilweise historischen Entwürfen wie „Spaten“, „Altfaden“, „Kreuzband“ oder „Bremer Lilie“. Die Silberwarenmanufaktur ist dabei weltweit der einzige Hersteller, der eine komplette Stilgeschichte des Bestecks fertigt. Daneben werden auch Produkte - wie seit 1994 die verkleinerte Nachbildung des historischen „Großen Dresdner Stollenmessers“ von 1730, mit dessen Originalnachbildung traditionell während des Dresdner Stollenfestes der Riesenstollen angeschnitten wird - gefertigt.

Die Koch & Bergfeld Corpus hingegen ist mit ihren nationalen und internationalen Sport- und Medienpreisen mittlerweile weltweit ein Begriff. Der Champions-League-Pokal, der Liga-Pokal, Repliken der DFB Meisterschale und des DFB Pokals sind nur einige der bekanntesten Sportpreise, die in der Bremer Traditionswerkstatt hergestellt werden. Die Goldene Kamera wird hier ebenso gefertigt wie der Karlspreis und etliche weitere renommierte Auszeichnungen. Die Koch & Bergfeld Corpus ist seit 1. August 2007 dem öffentlichen Publikum in einer "Gläserne Manufaktur" in einem alten Speicher in der Bremer Überseestadt geöffnet. Jeder Interessierte kann dort die Entstehung von Gold- und Silberprodukten beobachten und miterleben, wie diese heute noch mit Werkzeugen aus der Gründerzeit in reiner Handarbeit entstehen.

Von Bedeutung dürften die von der Koch & Bergfeld Corpus angefertigten Silbermodelle sein. Schiffe, Fahr- und Flugzeuge sowie Gebäude aller Art werden von dieser Traditionswerkstatt maßstabgetreu nachgebildet.

In den Entwurfsbüchern der Silberwarenmanufaktur haben sich seit etwa 1840 14.000 verschiedene Besteckteile und Entwürfe für mehr als 300.000 unterschiedlichen Korpuswaren wie Pokale, Becher, Teller, Vasen, Krügen oder Leuchter u. a. in 250 "Folianten" angesammelt, ferner verfügt die Firma über 3000 Prägestöcke. Diese Entwürfe ermöglichen auch die Nachproduktion oder Ausbesserung älterer Stücke.

Besteckwerkstatt, Korpusfertigung und die historische Gesellschaft Koch & Bergfeld sind heute drei unabhängige und eigenständige Unternehmen.

Literatur

  • Carl W. Schümann (Hrsg.), Silber aus Bremen. 150 Jahre Tafelbesteck von Koch & Bergfeld zu Bremen, Wienand Verlag Köln 1990, ISBN 3879090963
  • Wilhelm Hornbostel, Klaus Hansen, Bernhard Heitmann, Karin Kiemer, Klaus Benhof, Horst Heeren, Handwerk und Maschinenkraft. Die Silbermanufaktur Koch & Bergfeld in Bremen, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, 1999, ISBN 3923859422
  • Reinhard W. Sänger: Das deutsche Silberbesteck. Biedermeier, Historismus, Jugendstil (1805-1918). Verlag Arnold, Stuttgart 1991, ISBN 3-925369-10-4
  • Lutz Ruminski, 925 Silberbestecke von Koch & Bergfeld, 1. Auflage 09/2008, ISBN 978-3-9805772-9-8

Weblinks


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