- Kompostierbarkeit
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Biologische Abbaubarkeit bezeichnet das Vermögen organischer Chemikalien zum biologischen Abbau, also ihrer Zersetzung durch Lebewesen (insbesondere Saprobionten) bzw. deren Enzyme. Im Idealfall verläuft dieser chemische Metabolismus vollständig bis zur Mineralisierung, so dass die organische Verbindung bis hin zu anorganischen Stoffen wie Kohlendioxid, Sauerstoff und Ammoniak zerlegt wird.
Inhaltsverzeichnis
Unterschiedliches Verständnis
Biologische Abbaubarkeit bedeutet praktisch sehr unterschiedliches, je nachdem, ob Bezug auf die gesetzlichen Vorschriften oder auf weiter gehende Vorstellungen genommen wird. Industriell hergestellte Chemikalien gelten als biologisch abbaubar, wenn sie durch biologischen Abbau aus der Umwelt entfernt und dem mineralischen Stoffkreislauf zugeführt werden. Dabei stellt sich die Frage, wie die biologische Abbaubarkeit geprüft wird und wieweit in dem Test der Abbau betrachtet wird.
Beim biologischen Abbau eines Stoffes als Zwischenstufen entstehende Metaboliten können zudem problematischer sein als der Ursprungsstoff. Aus Alkylphenolethoxylaten entstehen beispielsweise in den ersten Abbauschritten Nonylphenole, die Fische schädigende Hormonwirkungen haben.
Der zuweilen verwendete, unscharfe Ausdruck Elimination hat mit einem biologischen Abbau nichts zu tun. Eine Elimination von Stoffen beispielsweise in einer Kläranlage bedeutet, dass diese Stoffe zwar durch Sedimentation oder Filtration aus dem Abwasser entfernt werden; die Stoffe sind aber nun im Klärschlamm eingebunden und damit weiter in der Umwelt.
Testverfahren
Allgemein anerkannt sind die OECD-Testverfahren, die auch im Rahmen der Chemikalienzulassung verwendet werden. Für bestimmte Tenside existieren weiterhin gesetzlich vorgeschriebene Testverfahren, die weniger aussagekräftig sind. Für die Klassifizierung als Biokunststoff wird auch die Kompostierbarkeit untersucht.
Leichte biologische Abbaubarkeit (OECD 301)
Die Tests der OECD-Testserie 301 (A - F) weisen einen raschen und vollständigen biologischen Abbau nach.
Leichte biologische Abbaubarkeit einen schnellen und einigermaßen vollständigen Abbau einer Prüfsubstanz in einem aquatischen Milieu unter aeroben Bedingungen. Unterschiedliche Testmethoden stehen für gut oder schlecht lösliche sowie für flüchtige Substanzen zur Verfügung.
- Kohlendioxid - Entwicklungstest (OECD 301 B): Das durch den biologischen Abbau der Prüfsubstanz entstehende Kohlendioxid wird regelmäßig über 28 Tage analysiert und ist Indikator für den biologischen Abbau. Dieser sog. Sturm-Test wird für die Untersuchung schlecht wasserlöslicher Chemikalien verwendet.
- Geschlossener Flaschentest OECD 301 D): Die biologische Abbaubarkeit der Prüfsubstanz wird bestimmt, indem in regelmäßigen Intervallen über einen Zeitraum von 28 Tagen der Verbrauch von gelöstem Sauerstoff ermittelt wird. Dieser Test wird für flüchtige Chemikalien verwendet.
- Modifizierter OECD-Screening-Test (OECD 301 E): Die biologische Abbaubarkeit der Prüfsubstanz wird über die Messung des Dissolved Organic Carbon (= gelöster organischer Kohlenstoff) über einen Zeitraum von 28 Tagen ermittelt. Dieser Test wird bei ausreichend wasserlöslichen Chemikalien angewendet.
Inhärente Abbaubarkeit (OECD 302)
Die Tests der OECD-Testserie 302 (A - C) weisen eine zwar eingeschränkte, grundsätzlich aber doch mögliche biologischen Abbaubarkeit der untersuchten Chemikalie nach. Substanzen, die solche Tests bestehen, gelten als grundsätzlich oder inhärent biologisch abbaubar.
- Der Zahn-Wellens-EMPA-Test (OECD 302 B) untersucht die aerobe biologische Abbaubarkeit der Prüfsubstanz und gibt das Ergebnis über die Abnahme des chemischen Sauerstoffbedarfs oder des Dissolved Organic Carbon an. Es handelt sich um den meistverwendeten Test für die Untersuchung der inhärenten Abbaubarkeit. Er liefert zusätzlich Informationen über das Adsorptionsverhalten des untersuchten Stoffs.
Tensidverordnungs-Test
Häufig finden sich auf Wasch- und Reinigungsmitteln Herstellerangaben, wonach die dort verwendeten Tenside als biologisch abbaubar bezeichnet werden, weil sie „alle gesetzlichen Anforderungen bezüglich der biologischen Abbaubarkeit vollständig erfüllen“. Die Prüfungen nach den EU-Richtlinien 82/242/EEC bzw. 82/243/EEC (bzw. nach der Tensidverordnung zum deutschen Wasch- und Reinigungsmittelgesetz) sehen jedoch nur vor, dass anionische und nicht-ionische Tenside hinsichtlich ihrer Waschwirkung zu 80 Prozent abgebaut sein müssen; kationische Tenside sind in den gesetzlichen Prüfverfahren nicht berücksichtigt. Die Testverfahren untersuchen nur den primären Abbau. Ein eventuell weitergehender Abbau der Prüfsubstanz, wie er in den OECD-Tests beschrieben wird, wird hier nicht betrachtet. Für kationische und auch für die amphoteren Tenside fehlen ähnlich wie für zahlreiche weitere Reinigungsmittel gesetzlich vorgeschriebene Prüfvorschriften.
Biokompostierbarkeits-Test
Biokunststoffe werden der Prüfung der Kompostierbarkeit von Kunststoffen unterzogen. Diese ist in Deutschland seit 1998 unter der DIN-Norm V 54900 beschrieben; die amerikanische ASTM 6400 fordert eine Abbaubarkeit von Kunststoffen von 60% innerhalb von 180 Tagen, um Produkte als „kompostierbar“ zu kennzeichnen. Eine Anerkennung als biologisch abbaubarer Werkstoff erfolgt nur, wenn die Stoffe innerhalb von 6-10 Wochen in einer Großkompostierung nach DIN-Norm EN 13432 abgebaut werden. Die Stoffe werden dann auch „vollständig kompostierbar“ betrachtet.
Umgang mit persistenten Eigenschaften
Substanzen werden als abbauresistent bezeichnet, wenn sie keinem biologischen Abbau unterliegen. Werden sie auch durch sonstige chemische oder physikalische Abbauprozesse nicht zersetzt, so werden sie als persistent bezeichnet. Wegen der Persistenzproblematik ist neben dem chemischen und photochemischen Abbau sowie der Adsorption die biologische Abbaubarkeit von in die Umwelt eingetragenen Substanzen von großer Bedeutung. Die biologische Abbaubarkeit wird daher bereits bei der Zulassung von Chemikalien mit den genannten OECD-Tests geprüft. Kümmerer zufolge soll für eine nachhaltige Chemie eine möglichst vollständige Abbaubarkeit (Mineralisierung) nach der Anwendung der Chemikalien als ein Teil der Funktionalität betrachtet werden.
Literatur
- Franz Daschner (2006): Praktische Krankenhaushygiene und Umweltschutz Heidelberg, Springer; ISBN 354061219X
- Thomas Kluge (2002): Chemikalienbewertung – Vom Risiko zum Vorsorgekonzept. In: Günter Altner u. a. (Hrsg.): Jahrbuch Ökologie 2003. München, C. H. Beck, 141-148; ISBN 3-406-47624-4
- Klaus Kümmerer, Engelbert Schramm (2008): Arzneimittelentwicklung: Die Reduzierung von Gewässerbelastungen durch gezieltes Moleküldesign. In: Umweltwissenschaften & Schadstoff-Forschung 20(4), 249-263
Weblinks
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