Kontraktionszwang

Kontraktionszwang
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Unter Kontrahierungszwang (auch Abschlusszwang) versteht man die rechtliche Verpflichtung mit einem anderen ein Rechtsverhältnis zu begründen, das heißt in der Regel einen Vertrag zu schließen.

Der Kontrahierungszwang steht im Widerspruch zum Grundsatz der Privatautonomie und ist daher nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zulässig, z. B. bei einem bereits geschlossenen Vorvertrag. Weiterhin gibt es Fälle, in denen die angebotene Leistung wichtig ist, der Interessent sie aber von privaten Anbietern nicht erhält, z. B. ein Girokonto. In diesem Fall kann ein Abschlusszwang für öffentlich-rechtliche Anbieter dieser Leistung bestehen. Gesetzlich ist der Kontrahierungszwang an einigen Stellen vorgeschrieben:

  • Verkehrsbetriebe (Nahverkehr, Bahn, Bus, Taxi) müssen grundsätzlich jedermann nach den Bedingungen des amtlich veröffentlichten Tarifs befördern (für die Eisenbahnen: § 10 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG)).
  • Apotheken müssen ärztliche Verordnungen unverzüglich beliefern. Eine Belieferung darf nur verweigert werden, wenn auf Grund der Verordnung Gefahr für die Gesundheit des Patienten besteht.
  • Die Deutsche Post AG erbringt für jedermann so genannte Universaldienstleistungen im Bereich der Postdienste. Seit dem Ablauf der Exklusivlizenz am 31. Dezember 2007 können diese Dienstleistungen auch von anderen Postdienstleistern erbracht werden. Eine ähnliche Regelung gilt für Universaldienstleistungen im Bereich der Telekommunikation. Aufgrund ihres Quasi-Monopols unterliegt hier ausschließlich die Deutsche Telekom AG dem Kontrahierungszwang.
  • Sparkassen sind in einigen Bundesländern verpflichtet, ein sog. Jedermann-Konto anzubieten bzw. von jedem Kunden Spareinlagen anzunehmen (Führung eines Sparkontos)
  • Ein Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung kann ebenfalls nach dem Kartellrecht (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) verpflichtet sein, Verträge zu schließen (z. B. ist die GEMA – ihres Zeichens ein privater Verein kraft staatlicher Verleihung mit einer Quasi-Monopolstellung – verpflichtet, Musiknutzern entsprechende Lizenzverträge anzubieten).
  • In der Kfz-Haftpflichtversicherung kann der Versicherer nicht grundlos Anträge (etwa von Ausländern) auf Versicherungsschutz ablehnen.
  • Gesetzliche Krankenkassen (GKV) müssen jeden Beitrittswilligen aufnehmen, um die Ablehnung des Beitritts kranker Personen zu vermeiden.
  • Private Krankenversicherungen müssen Kinder von Versicherten bei Geburt ohne Ausschlüsse und Zuschläge in einen Tarif aufnehmen, der dem des versicherten Elternteils entspricht.

Grundsätzlich kann der Kontrahierungszwang bei staatlichen Unternehmen, die ein Monopol ausfüllen, auch aus einer Gesamtanalogie zu den Gesetzesvorschriften bestehen (z. B. § 36 Energiewirtschaftsgesetz, § 5 Abs. 2 Pflichtversicherungsgesetz u. a.)

Aber auch bei einer marktbeherrschenden Stellung eines privaten Anbieters bzw. eines Monopols eines solchen wird diskutiert, ob der Monopolist unter bestimmten Umständen zum Abschluss von Verträgen mit Interessenten verpflichtet sein kann.

Wird bei einem Kontrahierungszwang der Abschluss vom Anbieter verweigert, so kann dies eine sittenwidrige Schädigung darstellen, die nach § 826 BGB zu Schadensersatz verpflichtet. Hierfür muss jedoch eine monopolartige Machtstellung vorliegen, sodass das lebenswichtige Gut oder das Interesse nicht anderweitig (ohne besondere Aufwendungen) zu beschaffen oder zu wahren ist. Ferner darf keine Willkür in Verletzung von Art. 3 GG vorliegen. Als Rechtsfolge wird nach der Naturalrestitution die Annahme des Vertragsangebotes fingiert.

Literatur

  • Jan Busche: Privatautonomie und Kontrahierungszwang, ISBN 3-16-147216-0
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