Gesundheitspolitik

Gesundheitspolitik

Unter Gesundheitspolitik versteht man einerseits den Politikbereich, der sich mit der Planung, Organisation, Steuerung und Finanzierung des Gesundheitssystems beschäftigt und für dessen Funktionalität verantwortlich ist. Dazu gehören unter vielem anderen Verhandlungen mit den Verbänden der Krankenkassen, der Krankenhausträger, der Ärzte und Apotheker und der Pharmaindustrie und die Regelung in entsprechenden Gesetzen und Verordnungen. Zuständig ist in Deutschland auf Bundesebene hauptsächlich das Bundesministerium für Gesundheit. Die Bundesländer haben eigene, allerdings im Umfang weitaus geringere Zuständigkeiten (z. B. Organisation des öffentlichen Gesundheitsdienstes).

Zur Gesundheitspolitik gehört andererseits auch die Beeinflussung anderer gesundheitsrelevanter Politik- und Lebensbereiche wie Bildung, Arbeit, Wohnen, Ernährung, Verkehr, Umwelt, Familie, Freizeit. Diese "indirekte Gesundheitspolitik" kann sich auf die Volksgesundheit stärker auswirken als das eigentliche Gesundheitssystem.

Inhaltsverzeichnis

Ziele der Gesundheitspolitik

Die Ziele der Gesundheitspolitik sollten sein,

  • dass Krankheiten und Unfälle durch Vorbeugung (Prävention) möglichst vermieden werden,
  • dass jeder Bürger im Krankheitsfall unabhängig von seinem Einkommen und Vermögen die notwendige Gesundheitsversorgung erhält,
  • dass diese Versorgung unter Achtung der menschlichen Würde und des Selbstbestimmungsrechts des Kranken in bestmöglicher Qualität erfolgt,
  • dass das Gesundheitssystem so effizient und kostengünstig wie möglich arbeitet,
  • dass die Bevölkerung mit der Gesundheitsversorgung zufrieden ist und
  • dass das Personal im Gesundheitssektor gute Arbeitsbedingungen hat.

Diese Ziele betreffen nicht nur den Staat. Ein großer Teil davon fallen nicht in seine Kompetenzen, sondern in die von privatwirtschaftlichen Strukturen (zum Beispiel privaten Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten, Zahnärzten, Apotheken, Krankenversicherern usw.).

Trends in der Gesundheitspolitik Deutschlands

Da die Kosten des Gesundheitssystems nach Möglichkeit trotz des demographischen Wandels begrenzt werden sollten, gab es in diesem Bereich zahlreiche Reformen und Reformversuche (siehe: Gesundheitsreform in Deutschland). Der Trend geht dahin, die Kosten nicht mehr wie bislang solidarisch auf alle (z.B. gesetzlich Versicherte und paritätisch die Arbeitgeber) zu verteilen, sondern dem Einzelnen nach individuellen Risiken unterschiedliche Kosten aufzubürden (sog. "Eigenverantwortung"). Durch die Entlastung insb. des Arbeitgeberanteils an der gesetzlichen Krankenversicherung sollen die Lohnnebenkosten gesenkt werden.

Seit 1976 gibt es in Deutschland indirekte Transferleistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung zu anderen sozialen Sicherungssystemen (Renten- und Arbeitslosenversicherung). Die hierdurch entstanden Beitragserhöhungen wurden unter dem Begriff der Kostenexplosion als politisches Mittel zu Leistungskürzungen benutzt und führten unter dem Schlagwort der "Reform" zu zahlreichen Veränderungen in der Struktur dieses Sozialsystems. Durch die Komplexität dieser Strukturveränderungen kam es in der Folge zu einem immer stärkeren Einfluss der Verwaltungen und damit zu einer wachsenden Formalisierung der Arbeitsabläufe.

Seit 2002 sind in Deutschland Modelle in der Diskussion, die die bisherige Dualität von gesetzlicher Krankenversicherung mit Kontraktionszwang und Familienmitversicherung sowie der Privaten Krankenversicherung, die ab einer bestimmten Einkommenshöhe (Beitragsbemessungsgrenze) Risiken nach individueller Bewertung (Alter, Vorerkrankungen, Geschlecht etc.) pro Person festlegt, ablösen. Hauptsächlich in der Debatte ist dabei ein Modell der Gesundheitsprämie und einer Bürgerversicherung in unterschiedlichen Ausgestaltungen.

Siehe auch

Gesundheitswesen Schweiz, Gesundheitsziel, Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik, Gesundheitssystem, Gesundheitsreform, Zweiklassenmedizin

Literatur

zur Geschichte der Gesundheitspolitik:

  • Wolfgang Woelk et al. (Hrsg.): Geschichte der Gesundheitspolitik in Deutschland. Von der Weimarer Republik bis in die Frühgeschichte der 'doppelten Staatsgründung'. Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-10610-5

Weblinks


Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gesundheitspolitik — Ge|sụnd|heits|po|li|tik 〈f.; ; unz.〉 Gesamtheit aller politischen Maßnahmen, die die Regelung des öffentlichen Gesundheitswesen betreffen * * * Ge|sụnd|heits|po|li|tik, die: Gesamtheit der Bestrebungen auf dem Gebiet der öffentlichen… …   Universal-Lexikon

  • Gesundheitspolitik — Ge|sụnd|heits|po|li|tik …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik — Die Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik, kurz SGGP, ist ein unabhängiger Verein, der 1976 gegründet wurde. Die SGGP ist Mitglied der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Patientinnen und Patienteninteressen SAPI.… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Hagen (Mediziner) — Wilhelm Hagen (* 26. Oktober 1893 in Augsburg; † 29. März 1982 in Bonn) war ein deutscher Hygieniker, Amtsarzt im deutsch besetzten Polen, Hochschullehrer und Präsident des Bundesgesundheitsamtes. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 NS Zeit …   Deutsch Wikipedia

  • Gesundheitswesen Schweiz — Inhaltsverzeichnis 1 Versicherungen 1.1 Krankheit 1.2 Unfälle 1.3 Zahnarzt 2 Kosten 2.1 Tarife 2.2 …   Deutsch Wikipedia

  • Health Technology Assessment — (HTA) bzw. Medizintechnik Folgenabschätzung bezeichnet einen Prozess zur systematischen Bewertung medizinischer Technologien, Prozeduren und Hilfsmittel, aber auch Organisationsstrukturen, in denen medizinische Leistungen erbracht werden.… …   Deutsch Wikipedia

  • Medizintechnik-Folgenabschätzung — Health Technology Assessment (HTA) bzw. Medizintechnik Folgenabschätzung bezeichnet einen Prozess zur systematischen Bewertung medizinischer Technologien, Prozeduren und Hilfsmittel, aber auch Organisationsstrukturen, in denen medizinische… …   Deutsch Wikipedia

  • Gesundheitsreform 2006 — Als Gesundheitsreform werden in Deutschland gesetzliche Eingriffe in die Rahmenbedingungen der Krankenversicherung bezeichnet. Diese Reformen dienten in den letzten Jahrzehnten meist der Stabilisierung des Beitragssatzes und waren in der Regel… …   Deutsch Wikipedia

  • Gesundheitswissenschaft — Gesundheitswissenschaften (englisch: Public Health) ist seit Anfang der 1990er Jahre in Deutschland als wissenschaftliches Fach bekannt. Beide Begriffe werden synonym verwendet, wobei eine Tendenz zum Begriff Public Health auszumachen ist. Sie… …   Deutsch Wikipedia

  • Gesundheitswissenschaftler — Gesundheitswissenschaften (englisch: Public Health) ist seit Anfang der 1990er Jahre in Deutschland als wissenschaftliches Fach bekannt. Beide Begriffe werden synonym verwendet, wobei eine Tendenz zum Begriff Public Health auszumachen ist. Sie… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”