- Kraftwerkskennzeichnungssystem
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Das Kraftwerk-Kennzeichensystem (KKS) ist ein System zur einheitlichen und systematischen Kennzeichnung von Kraftwerksanlagen. Es dient seit den frühen 1980er Jahren Kraftwerksanlagenbauern und Kraftwerksbetreibern der eindeutigen Bezeichnung und Identifizierung aller Bauteile eines Kraftwerkes. Das Kraftwerk-Kennzeichensystem wird vom VGB-Arbeitskreis Anlagenkennzeichnung und Dokumentation betreut und laufend weiterentwickelt. Reglementiert werden die KKS-Kennzeichen in der Richtlinie VGB B105 und B106.
Aufbau
Die Kennzeichnung nach dem KKS besteht aus einer 15- bis 17-stelligen Buchstaben- und Ziffern-Kombination. Dabei werden die Buchstaben in der Regel zur Klassifizierung der Systeme und Aggregate verwendet. Die Ziffern dienen in der Regel der Zählung.
Das KKS unterscheidet 3 Kennzeichnungsarten:
- Verfahrenstechnische Kennzeichnung, zur Verschlüsselung von Anlagen und Geräten im Kraftwerksprozeß
- Einbauort-Kennzeichnung, zur Verschlüsselung von Einbauorten und Einbauplätzen in elektrotechnischen Systemen
- Raum-Kennzeichnung, zur Verschlüsselung der topographischen Lage von Anlagen und Geräten in Bauwerken
Die Kennzeichnung nach KKS folgt einer festen Struktur, die sich an Gliederungsstufen orientiert. Dabei steigt von links nach rechts der Detailierungsgrad des Kennzeichens. Der Aufbau der Gliederungsstufen ist alpha-numerisch. Im folgenden wird A für Buchstaben und N für Ziffern verwendet. Zwischen den Gliederungsstufen wird jeweils eine Leerstelle gesetzt. Bei der Einbauort-Kennzeichnung wird zwischen der Gliederungsstufe 1 und 2 das Gliederungszeichen "." (Punkt) gesetzt.
Gliederungsstufe 0 Gliederungsstufe 1 Gliederungsstufe 2 Gliederungsstufe 3 Gesamtanlage Funktion Aggregat Betriebsmittel A oder N (N)AAANN AANNN(A) AANN Stellen die nur bei Bedarf verwendet werden sind in Klammern gesetzt.
Gliederungsstufe 0 - Gesamtanlage
Die erste Gliederungsstufe bezeichnet die Gesamtanlage und hat zählenden Charakter. Sie besteht aus einer Ziffer oder einem Buchstaben.
Gliederungsstufe 1 - Funktionales Gesamtsystem
Die zweite Gliederungsstufe bezeichnet ein funktionales Gesamtsystem in der Gesamtanlage. Sie besteht aus 3 Buchstaben und 2 Ziffern mit einer optionalen führenden Ziffer. Den Buchstaben sind nach einem vorgegebenen Schlüssel Systeme in Kraftwerksanlagen zugeordnet. Dabei bezeichnet der erste Buchstabe (von links) die Hauptsysteme (sogenannte Hauptgruppen); die nachfolgenden Buchstaben bezeichnen dann die weitere Untergliederung in Untergruppen. Die nachfolgenden beiden Ziffern haben zählenden Charakter und werden als FN-Zählung bezeichnet.
Gliederungsstufe 2 - Aggregat
Die dritte Gliederungsstufe bezeichnet ein Aggregat in der Untergruppe. Sie besteht aus 2 Buchstaben und 3 Ziffern. Den Buchstaben sind nach einem vorgegebenen Schlüssel Aggregate (zum Beispiel eine Messung) in Kraftwerksanlagen zugeordnet. Dabei bezeichnet der erste Buchstabe eine Gruppe von Aggregaten; der nachfolgende Buchstabe bezeichnet dann die weitere Untergliederung in Untergruppen. Die nachfolgenden Ziffern haben zählenden Charakter.
Gliederungsstufe 3 - Betriebsmittel / Signalkennzeichen
Die vierte Gliederungsstufe bezeichnet ein Betriebsmittel oder Signalkennzeichen im Aggregat. Sie besteht aus 2 Buchstaben und 2 Ziffern. Den Buchstaben sind nach einem vorgegebenen Schlüssel Betriebsmittel (zum Beispiel ein Antrieb) zugeordnet. Dabei bezeichnet der erste Buchstabe eine Gruppe von Aggregaten; der nachfolgende Buchstabe bezeichnet dann die weitere Untergliederung in Untergruppen. Die nachfolgenden Ziffern haben zählenden Charakter. Bei Signalkennzeichen gibt es eine definierte Zuweisung, z.B. ist XB01 die "Auf"-Rückmeldung eines Antriebes. XB51 ist die "ZU"-Rückmeldung eines Antriebes.
Beispiel
In einem Fließbild befindet sich die Bezeichnung: 1 2LAC03 CT002 QT12
Gliederungsstufe 0:
Der Block 1 eines Kraftwerksstandortes erhält in dieser Stufe die Kennzeichnung 1.
Gliederungsstufe 1:
Für die 3. Speisewasserpumpe im 2. Wasser-Dampfkreislauf gilt die Kennzeichnung 2LAC03. Darin bedeutet:
- Hauptgruppe 2L: 2. Dampf-, Wasser-, Gaskreislauf
- Untergruppe (2L)A: Speisewassersystem
- Untergruppe (2LA)C: Speisewasserpumpenanlage
- Zähler (2LAC)03: dritte Speisewasserpumpenanlage
Gliederungsstufe 2:
Für die 2. Temperaturmessung gilt die Kennzeichnung CT002. Darin bedeutet:
- Hauptgruppe C: Direkte Messung
- Untergruppe (C)T: Temperaturmessung
- Zähler (CT)002: zweite Temperaturmessung
Gliederungsstufe 3:
Für die 12. Tauchhülse als Messwertgeberschutz gilt die Kennzeichnung QT12. Darin bedeutet:
- Hauptgruppe Q: Leittechnische Betriebsmittel
- Untergruppe (Q)T: Schutzrohre und Tauchhülsen als Messwertgeberschutz
- Zähler (QT)12: zwölftes Schutzrohr oder Tauchhülse
Mit dem obigen Beispiel wird die 12. Tauchhülse an der 2. Temperaturmessung an der 3. Speisepumpe im Block 1 eines Kraftwerksstandortes bezeichnet.
Funktionsschlüssel (Hauptgruppen)
Kenn-
buch-
stabeHauptgruppe A Netz- und Verteilungsanlage B Energieableitung und Eigenbedarfsversorgung C Anlage der Leittechnik E konventionelle Brennstoffversorgung und -rückstandsentsorgung F Handhabung nukleartechnischer Teile G Wasserversorgung und -entsorgung H konventionelle Wärmeerzeugung J nukleare Wärmeerzeugung K nukleartechnische Hilfsanlage L Dampf-, Wasser-, Gaskreislauf M Hauptmaschinensatz N Prozessenergie-, Medienbereitstellung für kraftwerksfremde Verbraucher P Kühlwasseranlage Q Hilfsanlage R Gaserzeugung und -behandlung S Nebenanlage U Bauwerk W Anlage für Regenerativ-Energien X Großmaschine (nicht Hauptmaschinensatz) Z Betriebs- und Geschäftsausstattung Buchstaben die nicht aufgeführt sind sind entweder nicht belegt oder gesperrt.
Funktionsschlüssel (Hauptgruppen und Untergruppen)
Beispiele für Hauptgruppen und Untergruppen der Funktionsschlüssel:
B Energieableitung und Eigenbedarfsversorgung BA Energieableitung BAA Generatorableitung BAB Fundamentzellen BAC Generatorschalter, auch Polwendeschalter, incl. Kühlanlage BAT Maschinentransformatoren, incl. Kühlanlage BA... BB Mittelspannungsverteilungen und Transformatoren, Normalnetz BBA - BBS MS Verteilung Normalnetz BBT MS-Eigenbedarfstransformatoren BB... E konventionelle Brennstoffversorgung und -rückstandsentsorgung EA Entladung und Lagerung fester Brennstoffe EAA Schiffsentladeanlage EAB Waggon- und LKW-Entladung EAC Transportanlage EAD Absetzeranlage EA... ET Entaschungs- und Entschlackungsanlage ETA Förderanlage für Naßasche ETB Speicher- bzw. Absetzbecken für Naßasche ETC Bagger für Naßasche ETD Förderanlage für Granulat ETE Speicheranlage für Granulat ETG Förderanlage für Trockenasche ETH Speicheranlage für Trockenasche ET... H konventionelle Wärmeerzeugung HA Drucksystem HAA ND-Teilstromvorwärmer-System (rauchgasbeheizt) HAB HD-Teilstromvorwärmer-System (rauchgasbeheizt) HAC Eco-System HAD Verdampfer-System HA... HF Bunker-, Zuteiler-, Mahlanlage HFA Bunker vor Mahlanlage HFB Zuteilung HFC Mahlanlage (incl. Sichter) HFD Rauchgas-Rücksaugung HFE Mühlenluftsystem, Tragluftsystem HF... HH Hauptfeuerung (auch mit elektrischer Energie) HHA Hauptbrenner HHB Nachbrennrost HHC Rostfeuerung HHD Sonstige Brenneinrichtung (z. B. Brüdenbrenner, Flugstaubbrenner) HHE Kohlenstaubzwischenspeicherung, -förderung, -verteilung HHF Ölzwischenspeicherung, -förderung, -verteilung HHG Gasreduzierung, -verteilung HH... HL Verbrennungsluftsystem (Primär-, Sekundärluft) HLA Kanalsystem HLB Gebläseanlage, Frischluftgebläseanlage HLC Fremdvorwärmung (nicht durch Rauchgas) HLD Vorwärmung durch Rauchgas HL... HN Rauchgasabführung (ohne Rauchgasbehandlung) HNA Kanalsystem HNC Saugzuggebläseanlage HNE Schornsteinanlage HNF Rauchgaszirkulation HN... L Dampf-, Wasser-, Gaskreislauf LA Speisewassersystem LAA Speicherung, Entgasung (incl. Speisewasserbehälter) LAB Speisewasser-Leitungssystem (ohne Speisewasser-Pumpenanlage, Speisewasservorwärmung) LAC Speisewasser-Pumpenanlage LAD Speisewasservorwärmung LAE HD-Einspritzwassersystem LA... LB Dampfsystem LBA FD-Leitungssystem LBB Heißes ZÜ-Leitungssystem LBC KaltesZÜ-Leitungssystem LBD Entnahme-Leitungssystem LB... LC Kondensatsystem LCA Hauptkondensat-Leitungssystem LCB Hauptkondensat-Pumpenanlage LCC Hauptkondensat-Vorwärmung LC... M Hauptmaschinensätze MA Dampfturbinenanlage MAA HD-Turbine MAB MD-Turbine MAC ND-Turbine MAD Lagerung MAG Kondensationsanlage MA... MB Gasturbinenanlage U Bauwerke UH Bauwerke für konventionelle Wärmeerzeugung UHA Dampferzeugerumschließung, Dampferzeugerhaus (Kesselhaus) UHF Bunkerschwerbau UH... UM Bauwerke für Hauptmaschinensätze UMA Maschinenhaus für Dampfturbosatz UMB Maschinenhaus für Gasturbosatz UMC Maschinenhaus für Gas- und Dampfturbosatz UM... Aggregateschlüssel (Hauptgruppen)
Kenn-
buch-
stabeHauptgruppe A Aggregate B Apparate C Direkte Meßkreise D Regelkreise E Meßwert-, Signalverarbeitungen F Indirekte Meßkreise G Elektrotechnische Einrichtungen H Baugruppen der Haupt- und Großmaschinen Aggregateschlüssel (Hauptgruppen und Untergruppen)
Beispiele für Hauptgruppen und Untergruppen der Aggregateschlüssel
A Aggregate AA Armaturen einschl. Antrieb, auch handbetätigte AB Abschließungen, Schleusen AC Wärmeübertrager, Heizflächen AE Dreh-, Fahr-, Hub- und Schwenkwerke AF Stetigförderer, Zuteiler AG Generatoraggregate AH Heiz-, Kühl- und Klimaaggregate AJ Zerkleinerungseinrichtungen, nur prozeßbezogen AK Preß-, Paketiereinrichtungen, nur prozeßbezogen AM Misch-, Rührwerke AN Verdichter-, Gebläseaggregate AP Pumpenaggregate AS Verstell-, Spanneinrichtungen für nichtelektische Größen AT Reinigungs-, Trocknungs-, Filter-, Trenneinrichtungen, außer *BT* A... B Apparate BB Speichereinrichtungen (Behälter) BE Schächte (nur für Montage, Instandhaltung) BF Fundamente BN Strahler, Injektoren, Ejektoren BP Durchfluß-, Durchsatzbegrenzer, Drosselblenden (nicht Meßblenden) BQ Halterungen, Tragvorrichtungen, Gerüste, Rohrdurchführungen BR Rohrleitungen, Kanäle, Rinnen BS Schalldämpfer B... C Direkte Meßkreise CB Strahlungsgrößen (Wärmestrahlung, Flammenüberwachung, soweit nicht *CR* oder *CQ*) CD Dichte CE Elektrische Größen (z. B. Strom, Spannung, el. Leistung, el. Frequenz) CF Durchfluß, Durchsatz CG Abstand, Länge, Stellung, Drehrichtung CH Handeingabe, Handeingriff, manuell betätigte Geber (z. B. Brandmelder) CJ Leistung (mechanisch, Wärme) CK Zeit CL Füllstand, Niveau (auch von Trennschicht) CM Feuchte CP Druck CQ Qualitätsgrößen (Analysen, Stoffeigenschaften) außer *DD*, *DM*, *DV* CR Strahlungsgrößen CS Geschwindigkeit, Drehzahl, Frequenz (mechanisch), Beschleunigung CT Temperatur C... D Regelkreise D... Betriebsmittelschlüssel (Hauptgruppen)
Kenn-
buch-
stabeHauptgruppe A Aktor/Ventil K Maschinentechnische Betriebsmittel M Maschinentechnische Betriebsmittel P Pumpe Q Leittechnische Betriebsmittel (nicht elektrotechnisch) - Elektrotechnische Betriebsmittel W Wärmetauscher X Ursprungssignale Y Signalverwendungen Durchführung der Kennzeichnung
Um Aggregate in einer Gesamtanlage eindeutig zu Kennzeichnen ist eine verfahrenstechnische Kennzeichnung auf Basis eines RI-Fließbildes erforderlich. Dabei wird zunächst die Gesamtanlage entsprechend dem Funktionsschlüssel für Hauptgruppen in einzelne Hauptsysteme unterteilt und dann eine weitere Unterteilung in Einzelsysteme nach dem Funktionsschlüssel für Untergruppen durchgeführt.
Danach erfolgt die zählende Unterteilung der einzelnen Systeme in Teilsysteme bzw. Systemabschnitte (FN-Zählung).
Grundsätze für die FN-Zählung sind:
- Die Zählrichtung entspricht in der Regel der Fließrichtung der Stoffströme.
- Die Zählung kann sowohl fortlaufend als auch gruppierend erfolgen.
- Ab einem bestimmten Vollständigkeitsgrad der Planung dürfen einmal festgelegte Zählungen nicht mehr geändert werden (zu hoher Änderungsaufwand).
- Die Zählung soll sich an verfahrenstechnisch funktionalen Zusammenhängen orientieren.
Bedeutung
Wesentliche Merkmale des KKS sind:
- einheitliche und eindeutige Kennzeichnung für Planung, Genehmigung, Errichtung, Betrieb und Instandhaltung von Kraftwerken
- die gemeinsame Anwendung für die Gewerke Maschinen- und Bautechnik sowie Elektro- und Leittechnik
- firmenübergreifende Anwendung für Planer, Hersteller und Betreiber.
Damit ist das KKS eine wesentliche Voraussetzung für das Projektmanagement während der Planungs- und Bauphase sowie für Anlagendokumentation, Betriebsführung, Instandhaltung und Materialwirtschaft während der Betriebsphase.
Normung und weitere Entwicklung
Die wesentlichen Festlegungen des KKS kommen auch in Chemieanlagen zum Einsatz. Sie sind in der nationalen Norm DIN 6779 - Kennzeichensystematik für technische Produkte und technische Produktdokumentationen - beschrieben.
2007 wurde vom VGB eine Weiterentwicklung des KKS unter dem Namen RDS-PP - Reference Designation System for Power Plants - veröffentlicht. Es basiert auf den internationalen Normen IEC / DIN EN 61346 bzw. ISO 16952 und IEC/PAS 62400. Für die Dokumentenkennzeichen wird die EN 61355 verwendet.
Quellen
- VGB-Richtlinie B105 und B106
Weblinks
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