- Kriminalitätsbekämpfung
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In der Bundesrepublik Deutschland ist die Kriminalpolizei (ugs. „Kripo“) jener Teil der Polizei (und damit der Innenverwaltung), der sich – im Gegensatz zur Schutzpolizei – ausschließlich mit der Verfolgung von Straftaten und ihrer Verhütung beschäftigt.
Die Organisationsformen der Kriminalpolizeien sind in der Bundesrepublik Deutschland unterschiedlich, da die Polizeiangelegenheiten grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer fallen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Anfänge
Die ersten Anfänge der Kriminalpolizei sind in Berlin zu finden. Im Jahre 1799 wurden in Berlin sechs Polizeibeamte dem Berliner Kriminalgericht zugeordnet und durften alle zur Aufklärung von Verbrechen und Vergehen erforderlichen Ermittlungen und Vernehmungen durchführen. Zur Wahrnehmung der Aufgaben war ihnen in Ausnahmefällen gestattet, auch ohne Uniform tätig zu werden. Faktisch waren sie die ersten Kriminalbeamten in Deutschland.
Deklaratorisch wurde die Ermittlungskompetenz der Polizei in Kriminalitätsfällen durch das Berliner Polizeireglement vom 1. April 1811 festgelegt. Die Polizeibehörde durfte in eigener Verantwortung Straftaten aufklären und die Fälle ohne sofortige Hinzuziehung der Gerichte bearbeiten. Im Jahre 1820 wurde in Berlin die Berufsbezeichnung Kriminalkommissar eingeführt, die organisatorische Trennung zwischen Schutz- und Kriminalpolizei erfolgte jedoch erst 1872. Dies war die Geburtsstunde einer selbstständigen kriminalpolizeilichen Organisation in Preußen, was später in anderen Teilen Deutschlands übernommen wurde.
Neben Berlin wurde in Bremen (1853) und Hamburg (1875) die Polizei reformiert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verfügten alle großen deutschen Städte über eine Kriminalpolizei. Nachdem sich in der Polizei diese Spezialisierung durchgesetzt hatte, war eine Aufteilung in Kriminalitätsfelder nicht weit: 1855 wurde in Berlin anlässlich des Mordfalls Dickerhoff die erste Mordkommission aufgerufen. Im Jahre 1886 wurde in Berlin der Erkennungsdienst gegründet.
Die Jahrhundertwende
Schon früh erkannte man den Bedarf für überregionale Zusammenarbeit. Folglich wurde 1897 anlässlich einer Polizeikonferenz in Berlin die Schaffung einer Zentralstelle gefordert, um eine bessere Zusammenarbeit der Länder und freien Städte zu gewährleisten. Es dauerte jedoch noch einige Jahre, bis für alle Teile Deutschlands eine Zentralstelle in Form des Preußischen Landeskriminalpolizeiamtes tätig war, aus dem das Reichskriminalpolizeiamt hervorging.
In Wien wurde am 7. September 1923 die Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission (IKPK), der Vorläufer der heutigen Interpol, gegründet. Ihr Ziel war der verbesserte Nachrichtenaustausch die Modernisierung der Verbrechensbekämpfung. Zu diesem Zweck wurden eine zentrale Fingerabdruckkarteien eingeführt und der internationale Haftbefehl geschaffen.
1933 - 1945
Während der Herrschaft der Nationalsozialisten war auch die deutsche Polizei gleichgeschaltet. Dafür wurde 1939 das Reichssicherheitshauptamt unter der Führung von Reinhard Heydrich gegründet und Kriminalpolizei, Gestapo sowie Sicherheitsdienst Reichsführer-SS zusammengeführt. Da die Polizei nun zentralisiert war, erleichterte dies den Nachrichtenaustausch, die Vereinheitlichung der Arbeitsmethoden oder die Verfolgung reisender Straftäter. Die Polizei wurde allerdings, wie alle Bereiche des öffentlichen Lebens, von den Nazis massiv missbraucht.
In der Konferenz von Jalta im Februar 1945 legte man fest, dass die deutsche Polizei entnazifiziert, demokratisiert und dezentralisiert werden sollte. Die Dezentralisation erfolgte schließlich zum Teil schon zwangsläufig durch die vier Besatzungszonen. Nach dem Zusammenbruch war eine überörtliche Zusammenarbeit aus technischen Gründen kaum möglich, was den kriminalpolizeilichen Aktionsradius der Verbrechensbekämpfung stark einschränkte. Die einzelnen Militärregierungen der Alliierten bauten in ihren Besatzungszonen die Polizei entsprechend ihren Vorstellungen auf.
Nachkriegszeit
Deutsche Demokratische Republik
Bundesrepublik Deutschland
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs beschlossen die Siegermächte auf den Konferenzen von Jalta und Potsdam das Polizeiwesen in Deutschland zu entnazifieren, entmilitarisieren, demokratisieren und dezentralisieren. Die Dezentralisierung hatte die Zuständigkeit der Länder zur Folge und bedeutete für die Bekämpfung der Kriminalität, dass die reisenden und überörtlichen Täter nicht mehr wirkungsvoll bekämpft werden konnten. Deshalb haben die Siegermächte erlaubt, dass der Parlamentarische Rat in den Artikeln 73 und 87 GG für die Kriminalpolizei eine Sonderregelung einführte: "Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern darf sich nicht auf das gesamte Polizeiwesen erstrecken,sondern ist nur auf die Kriminalpolizei bezogen[1]. Darüber hinaus hat der Parlamentarische Rat auch die Tätigkeit der Kriminalpolizei beschrieben, nämlich: "Verhüten, Aufdecken und Verfolgen wichtiger Straftaten [2].
Mit Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 wurde in Artikel 73 festgelegt, dass der Bund „die ausschließliche Gesetzgebung über […] die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Kriminalpolizei…“ hat. Dazu wurde im März 1951 das Gesetz über die Errichtung eines Bundeskriminalamtes geschaffen. Parallel dazu wurden in den Ländern auch Landeskriminalämter eingerichtet, die innerhalb der Bundesländer eine Koordinierung und Informationssteuerung gewährleisten sollen.
Die voranschreitende Spezialisierung in der Kriminalpolizei machte es erforderlich, die Bandbreite der Einsatzfelder weiter zu untergliedern. Die Gliederung der Kriminalpolizei ist, wie die gesamte Polizei, Ländersache. Somit kann in jedem Bundesland die Kriminalpolizei anders strukturiert und organisiert sein. Da der Kriminalpolizei jedoch überall die Bekämpfung der schweren Kriminalität obliegt, gibt es bestimmte Deliktsbereiche, die überall von der Kriminalpolizei bearbeitet werden. Hierzu gehören folgende Deliktsfelder:
- Kapitaldelikte (Tötungsdelikte, Brandermittlungen, Raub und Erpressung)
- Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
- Vermisstensachbearbeitung
- Bandendelikte (Betäubungsmittel, Glücksspiel, organisierte Kriminalität, Falschgelddelikte)
- Delikte von und zum Nachteil Kinder und Jugendlicher
- Wirtschaftsdelikte (Wirtschaftskriminalität, Betrug, Computerkriminalität, Korruption)
- Eigentumsdelikte (Diebstahl/Einbruch) (dieses Deliktsfeld ist stellenweise auf die Schutzpolizei übertragen worden, z. B. in Baden-Württemberg)
- Staatsschutzdelikte
- Servicedienststellen wie Kriminaldauerdienst, Fahndung, Mobiles Einsatzkommando, Erkennungsdienst / Spurensicherung, Computer-Forensik, Zeugenschutz, Vermögensabschöpfung und VP-Führung
Aktuelle Entwicklung
Anfang der neunziger Jahre gab es innerhalb der Polizeien der Länder den Trend, die Spezialisierung aufzuheben. Dies äußerte sich sowohl in der Ausbildung des Polizeinachwuchses als auch in der Organisationsform. In vielen Polizeien der Länder wurden der Kriminalpolizei als eigener Zweig innerhalb der Polizei die entsprechenden Laufbahngruppen aufgehoben und eine Fachausbildung abgeschafft. Im Jahre 2004 gab es hier einen Sinneswandel: In den Innenverwaltungen der Bundesländer wurde die Tendenz zu einer weitgehenden Generalisierung gestoppt, da die fachliche Spezialisierung einzelner Dienststellen und ihrer Kriminalpolizeibeamten für notwendig gehalten wurde.
Sonstiges
Die Angehörigen der Kriminalpolizei (Polizeivollzugsbeamte) weisen sich mit der Kriminaldienstmarke und mit dem Dienstausweis aus.
Literatur
- Friedrich Wilhelm: „Die Polizei im NS-Staat: die Geschichte ihrer Organisation im Überblick“. ISBN 3-506-77513-8
- Imanuel Baumann: „Dem Verbrechen auf der Spur“. ISBN 3-8353-0008-3
- Patrick Wagner: „Volksgemeinschaft ohne Verbrecher“. ISBN 3-89244-912-0
- Polizei Berlin: „Geschichte der Kriminalpolizei in Berlin ab 1945“.
Siehe auch
Fußnoten
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