Kurd Lasswitz

Kurd Lasswitz

Kurd Laßwitz, eigentlich Carl Theodor Victor Kurd Laßwitz, (* 20. April 1848 in Breslau; † 17. Oktober 1910 in Gotha) war ein deutscher Schriftsteller. Er publizierte auch unter dem Pseudonym L. Velatus und gilt als Begründer der deutschsprachigen Science Fiction.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kurd Laßwitz wurde in Breslau als Sohn von Karl Wilhelm Laßwitz geboren, einem Fabrikanten und Eisengroßhändler, der zeitweise Abgeordneter des Preußischen Abgeordnetenhauses war. In seinem Geburtsort sowie in Berlin besuchte er die Universität, studierte Mathematik und Physik, promovierte 1873 „magna cum laude“ mit einer Arbeit »über Tropfen, welche an festen Körpern hängen und der Schwerkraft unterworfen sind« und legte im Folgejahr das Staatsexamen für den höheren Schuldienst in den Fächern Mathematik, Physik, Philosophie und Geographie ab.

1876 nahm er eine Stelle als Gymnasiallehrer am Ernestinum in Gotha an, wo er unter anderem Hans Dominik unterrichtete. 1884 erfolgte die laufbahn-übliche Ernennung zum Gymnasial-Professor und 1909 zum Hofrat. Letzteres verdankt er besonders seinem Wirken in der bildungs-bürgerlichen „Mittwochsgesellschaft zu Gotha“, die mit populären Vorträgen aus dem Bereich von Naturwissenschaft, Literatur und Philosophie zur Volksbildung beitrug. Die Mittwochsgesellschaft war 1884 gegründet worden, wesentlich initiiert von Laßwitz selbst.

Kurd Laßwitz starb in Gotha im Alter von 62 Jahren. Begraben wurde er in Breslau auf dem Ehrenfriedhof.

Künstlerisches Schaffen

Laßwitz gilt als einer der Väter der modernen Science Fiction. Er schrieb außerdem Bücher über Physik, Erkenntnistheorie sowie Immanuel Kant und bearbeitete auch eine kritische Ausgabe von Gustav Theodor Fechner (Begründer der Psychophysik). Anders als Jules Verne und stärker als Herbert George Wells verwendete Kurd Laßwitz die SF vor allem für belehrende und kritisierende Zwecke. Seine Zukunftsentwürfe sind mutiger als die Werke seiner beiden Kollegen und Zeitgenossen, weil sie weiter in die Zukunft reichen. Daher stößt er auch (nach eigener Aussage) immer wieder an die Grenzen „des mit heutigen Begriffen Erklärbaren“. Sein Roman Auf zwei Planeten (1897) mit seinen über 1.000 Seiten gehört zu den wichtigsten deutschen Science-Fiction-Romanen, der auch in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde und mehrmals neu aufgelegt wurde. Auf zwei Planeten war eine wichtige Inspiration für den Raumfahrtpionier Eugen Sänger und inspirierte den Himmelsmechaniker Karl Stumpff in seiner Jugend, sich der Astronomie zuzuwenden. Das Werk hatte Anfang des 20. Jahrhunderts, trotz zunächst beschränkter Verbreitung, einigen (noch ungenügend erforschten) Einfluss auf andere Autoren – etwa die des Expressionismus. Sichergestellt ist ein Einfluss auf Georg Heym. Auch Arno Schmidt schätzte den Roman. Eine größere Verbreitung fanden Laßwitz’ Werke erst in den 20er Jahren.

Seine gesellschaftskritischen Texte gerieten größtenteils in Vergessenheit, nachdem sie von den Nationalsozialisten verboten worden waren, deren Anschauungen mit Laßwitz’ humanistischen und pazifistischen unverträglich waren.

Der Kurd-Laßwitz-Preis, ein Preis für deutschsprachige Science Fiction, wurde 1980 nach dem Vorbild des amerikanischen Nebula Award ins Leben gerufen.

Der von Hans-Emil Schuster 1977 an der Europäischen Südsternwarte entdeckte Kleine Planet 46514 wurde nach Kurd Laßwitz benannt.

2007 wurde das mit 3.000 Euro dotierte „Kurd-Laßwitz-Stipendium der Residenzstadt Gotha“ gestiftet und erstmals für 2008 vergeben. Bewerben können sich jährlich Schriftsteller deutscher Sprache, die bereits mindestens ein Werk der Kinder- und Jugendliteratur veröffentlicht haben und bereit sind, während der sechsmonatigen Dauer (für die die Stadt die möblierte „Kurd-Laßwitz-Wohnung“ bereitstellt) ein neues Werk zu schaffen, das als Stipendiumsausgabe von der Stadt veröffentlicht werden kann.

Werke

  • Bis zum Nullpunkt des Seins, 1871
  • Bilder aus der Zukunft, 1874 (zwei Erzählungen aus dem 24. und 39. Jahrhundert)
  • Atomistik und Kriticismus, 1874
  • Natur und Mensch, 1878
  • Die Lehre Kants von der Idealitaet des Raumes und der Zeit, 1883
  • Seifenblasen, 1890 (moderne Märchen)
  • Geschichte der Atomistik vom Mittelalter bis Newton, 1890 (in zwei Bänden)
  • Gustav Theodor Fechner, 1896
  • Auf zwei Planeten, 1897 – Volltext: gasl.org, digbib.org
  • Wirklichkeiten, 1900 (Beiträge zum Weltverständnis)
  • Nie und immer, 1902 (Bd. 1: Homchen: Ein Tiermärchen aus der oberen Kreide; Bd. 2: Traumkristalle: Neue Märchen)
  • Religion und Naturwissenschaft, 1904 (Vortrag)
  • Aspira, 1905 (Roman einer Wolke)
  • Was ist Kultur?, 1906
  • Sternentau. Die Pflanze vom Neptunsmond, 1909
  • Die Universalbibliothek. (Erzählung)
  • Prost! Der Faust-Tragödie (-n)ter Teil im Projekt Gutenberg lesbar [1] (auch als Print in der Reihe Vergessene Autoren der Moderne, Heft 28, lieferbar. Ohne ISBN.)

Eine auf 20 Bände angelegte Werkausgabe erscheint als Kollektion Laßwitz seit 2008 im Lüneburger Verlag Dieter von Reeken.

Literatur

  • Bartholomäus Figatowski: Zwischen utopischer Idee und Wirklichkeit. Kurd Laßwitz und Stanislaw Lem als Vertreter einer mitteleuropäischen Science fiction. Wetzlar: Förderkreis Phantastik in Wetzlar 2004. (= Schriftenreihe und Materialien der Phantastischen Bibliothek Wetzlar; 78)
  • William B. Fischer: The empire strikes out. Kurd Lasswitz, Hans Dominik, and the development of German science fiction. Bowling Green, Ohio: Bowling Green State Univ. Popular Press 1984. ISBN 0-87972-257-6
  • Hans Lindau: Kurd Laßwitz und seine modernen Märchen. Breslau: Schottlaender 1903
  • Rudi Schweikert: "Ko Bate!". Kurd Laßwitz’ Roman "Auf zwei Planeten" im Werk Arno Schmidts; nebst einigen Anmerkungen zur Schmidtschen Zitierkunst und zu seinem Realitätsverständnis. München: Edition Text + Kritik 1977
  • Rudi Schweikert: Germanistisches Elend. Wider die Pseudo-Wissenschaftlichkeit. Mit den "Opfern" Arno Schmidt, Kurd Lasswitz und Karl May. Frankfurt am Main: Bangert u. Metzler 1985. ISBN 3-924147-17-5
  • Heike Szukaj: Empfundenes und Erkanntes. Kurd Lasswitz als Wissenschaftspopularisator 1848–1910. Münster: Univ. Diss. 1996
  • Dietmar Wenzel: Kurd Lasswitz – Lehrer, Philosoph, Zukunftsträumer. Die ethische Kraft des Technischen. Meitingen: Corian-Verlag Wimmer 1987 (= Edition futurum; Bd. 10)
  • Francoise Willmann: Kurd Lasswitz’ Popularisierungswerk. Wissenschaft im Märchen. In: Christine Maillard u. Michael Titzmann (Hgg.): Literatur und Wissen(schaften) 1890 – 1935. Stuttgart, Weimar: Metzler 2002, S. 97 - 109

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