Kuöhl

Kuöhl

Richard Kuöhl (* 31. Mai 1880 in Meißen; † 19. Mai 1961 in Rohlfshagen bei Bad Oldesloe) war ein deutscher Bildhauer, der auch als „Architekturplastiker“ bezeichnet wurde.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Nach einer handwerklichen Ausbildung als Kunsttöpfer in seiner Geburtsstadt Meißen und einem Studium an der Dresdner Kunstgewerbeschule war Kuöhl 1906 zunächst nach Berlin gezogen. Über die Jahresangabe des Umzugs nach Berlin gibt es in der Literatur widersprüchliche Angaben. 1912 folgte er seinem Dresdner Architekturprofessor Fritz Schumacher nach Hamburg. Schumacher hatte dort eine Wiederbelebung des Backsteinbaus durchgesetzt. Er maß der Architekturplastik eine besondere Bedeutung zu. Kuöhl führte einen Großteil des Bauschmucks an Schumachers Staatsbauten aus.

Dabei griff er die unterschiedlichsten jeweils aktuellen Kunstströmungen auf und setzte sie abgeschwächt, man könnte auch sagen, um ästhetischen Konsens bemüht, um. Das Spektrum seiner Skulpturen reicht von niedlich-naiv gestalteten Märchenfiguren aus den Anfängen seiner Hamburger Zeit über expressionistische Anklänge (z.B. beim Chilehaus) bis zur Neuen Sachlichkeit. Wobei er hier auch Anregungen aus der Renaissance aufgenommen hat.

Der Hummelbrunnen
Heiliger Georg in Rostock

Kuöhl arbeitete in der 1920er und 1930er Jahren mit fast industriellem Ausstoß von Skulpturen in Stein, Keramik und Reliefs in Terrakotta. Er war wohl der meistbeschäftigte Bildhauer der Stadt. Er entwickelte eine wetterfeste Baukeramik, die so genannte Klinkerkeramik. Seine Arbeiten schmücken nicht nur viele Hamburger Bauten, sondern sind auch in anderen Städten Norddeutschlands wie beispielsweise in Lübeck heute noch zu finden. Sein Gänselieselbrunnen ist ein Wahrzeichen von Bad Oldesloe und der Hummelbrunnen in der Hamburger Neustadt erinnert an den legendären Wasserträger Hummel.

Auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg zeugen noch zahlreiche naturalistische und expressionistische Grabdenkmäler sowie gefällige Märchenfiguren von seinem Schaffen.

In Kuöhls Wirken stellen sich rückblickend einige Widersprüche dar. Parallel zur Beschäftigung mit exressionistischem oder romantischem Architekturschmuck entwarf Kuöhl Kriegerdenkmäler in monumentalem Stil, die bereits seine spätere Bildsprache anklingen lassen. Zudem war er von 1919 bis 1933 Mitglied der Künstlervereinigung Hamburgische Sezession, die unter anderem für avantgardistische Kunst eintrat. Die Jahresausstellung der Hamburgischen Sezession war Anfang 1933 die erste, bei der die Nazis die polizeiliche Schließung erzwangen.

Schließlich erfüllte er ohne Zögern nach der Machtübergabe an die Nazis die Wünsche der neuen staatlichen Auftraggeber. „Er formte heroisch-monumentale Denkmäler und Bauplastiken, die den politischen Zielen der Nazis dienten, wie beispielsweise das Denkmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen des 76er Infanterie-Regiments am Dammtorbahnhof in Hamburg“ (Weimar, S. 118).

Wegen seiner Anpassungsfähigkeit, vornehmlich an die braune Diktatur, wurden ihm nach dem Ende der Diktatur schwere Vorwürfe gemacht. Trotzdem gelang Kuöhl ein Neuanfang in der Bundesrepublik. In seinen letzten Schaffensjahren arbeitete er vor allem an Kriegsdenkmälern, die christliche Motive zeigten und sich stilistisch an den Mainstream der 1950er Jahre hielten.

Werkauswahl

  • Coburg
    Denkmal der deutschen Landsmannschaften (1926)
  • Hamburg:
    • Keramiken an der Krugkoppelbrücke und die benachbarten Brücken Fernsichtbrücke und Bellevuebrücke,
    • Keramiken am Chilehaus, das Pressehaus und den Altstädter Hof im Kontorviertel,
    • Keramiken an der Finanzbehörde am Gänsemarkt,
    • Keramiken an der Davidwache in St. Pauli,
    • Keramiken an der Stadthallenbrücke im Stadtpark,
    • Keramiken am neuen Krematorium auf dem Hauptfriedhof Ohlsdorf,
    • das Kriegerdenkmal Ehrenmal des hamburgischen Infanterie-Regiments 76 aus dem Jahr 1936 neben dem Hamburger Dammtor-Bahnhof mit der Aufschrift „Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen“.
Die britische Militärregierung hatte 1945 die Sprengung des von den Nazis in Auftrag gegebenen Denkmals angeordnet. Ein Jahr später verfügte der Denkmalrat die Entfernung der Inschrift und des Reliefs mit den marschierenden Soldaten. Das Denkmal hat auch diese Nachkriegsverfügungen überstanden.
Seit Mitte der 1980er Jahre flankiert ein unvollendet gebliebenes Gegendenkmal des österreichischen Bildhauers Alfred Hrdlicka das Zeitzeugnis aus der Zeit des Nationalsozialismus.
  • Hoisdorf/ Schleswig-Holstein
    Eine Sammlung kleinerer Werke Kuöhls befindet sich in Besitz des Stormarnschen Dorfmuseums. Der Künstler betrieb in Hoisdorf eine Werkstatt.
  • Lübeck
    Regimentsdenkmal 1914-18 des Infanterie-Regiment Lübeck (3. Hanseatisches) No. 162, auf dem Ehrenfriedhof an der Travemünder Allee (1924)
  • Rendsburg
    Regimentsdenkmal 1914-18 des Infanterie-Regiments No. 85, am Paradeplatz vor der Marienkirche

Bild:Kuoehl-werke.jpg

Literatur

  • Friederike Weimar: Richard Kuöhl, in: Die Hamburgische Sezession. 1919-1933. Geschichte und Künstlerlexikon. Fischerhude 2003. S. 118-119. ISBN 3-88132258-2
  • Werner Skrentny: Unter den Dächern des ‚Quartier Satin‘, in: Zu Fuß durch Hamburg, Hamburg 2001. S. 50. ISBN 3-434-52590-4

Weblinks


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