- Künstlergruppe Spur
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SPUR, auch S. P. U. R., war eine avantgardistische Gruppe bildender Künstler, die 1958 in München gegründet wurde. Sie leistete einen wichtigen künstlerischen und mit ihrem Manifest auch theoretischen Beitrag zur deutschen Avantgarde des 20. Jahrhunderts. Ihr gelang der Anschluss an die europäische Moderne nach dem Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die SPUR-Künstler lernten sich an der Akademie der Bildenden Künste in München kennen. 1957 formierten sie sich zur Gruppe, die bis 1965 bestand. Mitglieder der Gruppe SPUR waren zusammen mit der Gruppe COBRA, Vertretern der Gruppe um Debord und anderen Künstlern, Literaten und Theoretikern die Situationistische Internationale. Die Künstler beschäftigten sich sowohl mit Malerei als auch mit gesellschaftspolitischen Fragen, was für sie kein Widerspruch, sondern programmatischer Bestandteil war.
Die Gruppe SPUR gab insgesamt sieben Hefte unter dem Namen SPUR heraus. Das berühmteste Heft mit einer Auflagenhöhe von 1500 Stück und zahlreichen Abbildungen ist das Heft Nr. 6 „Spur im Exil“.
Am Ende der dritten Konferenz der Situationistischen Internationalen verteilte die Gruppe am 21. April 1959 in München ihr Manifest, das Flugblatt Ein kultureller Putsch während Ihr schlaft!. Unterzeichner waren H. Prem, H. P. Zimmer, H. Sturm, G. Stadler, L. Fischer, A. Jorn, D. Rempt, E. Eisch und G. Britt. In dem Flugblatt setzt sich die Gruppe mit markigen Worten vom Kunstbetrieb ab und fordert: „Wer Kultur schaffen will, muß Kultur zerstören.“. Die Künstler sprechen der Kunst jeden Bezug zur Wahrheit ab und nennen die abstrakte Malerei einen „hundertfach abgelutschte[n] Kaugummi“. Sie fordern „den Kitsch, den Dreck, den Urschlamm, die Wüste“, „den Irrtum, einen ehrlichen Nihilismus“ und prophezeien die Malerei der Zukunft als „polydimensional“. Als jeweils „dritte Welle“ setzten sich in die Tradition des Tachismus, des Dada, des Futurismus und des Surrealismus. Das Manifest schließt mit beschwörungsartigen Formeln: „WIR SIND DIE DRITTE WELLE. Wir sind ein Meer von Wellen (SITUATIONISMUS). WIR SIND DIE MALER DER ZUKUNFT!“
Gegen die Gruppe fand u. a. einer der spektakulärsten Gotteslästerungsprozesse der BRD statt. Heimrad Prem, Helmut Sturm, H. P. Zimmer und Dieter Kunzelmann wurden in der ersten Instanz wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften zu Haftstrafen von fünf Monaten bzw. fünf Monaten und zwei Wochen verurteilt, die aber in zweiter Instanz zur Bewährung ausgesetzt wurden. Eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht wurde allerdings 1975 endgültig abgelehnt.
Mitglieder
Zur Gruppe SPUR gehörten folgende Künstler:
- Erwin Eisch (*1927) Gründungsmitglied
- Lothar Fischer (1933–2004)
- Heimrad Prem (1934–1978)
- H. P. Zimmer (1936–1992)
- Helmut Sturm (1932–2008)
Gegen 1960 stieß Dieter Kunzelmann (* 1939) zu der Gruppe und wurde ihr Theoretiker und Mitherausgeber der Zeitschrift SPUR. Er war hier Autor mehrerer Artikel und war Verfasser und Unterzeichnender diverser Flugblätter und Manifeste, wie z. B. des Januar-Manifests.
Die Malerei der Gruppe ist geprägt von abstraktem Expressionismus, dem Tachismus und der Richtung Informel, sowie von den Theorien der Situationisten um Asger Jorn und Guy-Ernest Debord. Die Münchener Gruppe galt als offizielle deutsche Sektion der Situationistischen Internationale, bis zu ihrem Ausschluss am 10. Januar 1962.
Sammlungen
Das Museum S. P. U. R. in Cham will Wirken und Arbeiten der Gruppe sowie ihren regionalen Bezug zur Oberpfalz (ein Teil der SPUR-Künstler stammt aus dieser Region) und zu Cham dokumentieren. Eine weitere umfangreiche Spezialsammlung mit etwa 30 Werken ist in den Räumen der Peter-und-Gudrun-Selinka-Stiftung in Ravensburg ausgestellt. Das Museum Lothar Fischer in Neumarkt in der Oberpfalz befasst sich in wechselnden Ausstellungen ebenfalls mit Arbeiten der Gruppe.
Literatur
- Ein kultureller Putsch: Manifeste, Pamphlete und Provokationen der Gruppe SPUR. Edition Nautilus, Hamburg 1991
- Böckelmann, Frank; Nagel, Herbert: Subversive Aktion – Der Sinn der Organisation ist ihr Scheitern. Edition Nautilus, Frankfurt 1976, ISBN 3-8015-0142-6
- Henning, Markus; Raasch, Rolf: Neo-Anarchismus in Deutschland. Entstehung, Verlauf, Konfliktlinien. OPPO-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-926880-13-9
- Zimmer, Nina: SPUR und andere Künstlergruppen. Gemeinschaftsarbeit in der Kunst um 1960 zwischen Moskau und New York. Berlin 2002 (zugl. Diss., Universität Göttingen 2001), ISBN 3-496-01253-6
- Kunzelmann, Dieter: Leisten Sie keinen Widerstand. Transit Verlag, Berlin-Kreuzberg 1998, ISBN 3-88747-132-6
- Danzker, Jo-Anne Birnie; Dornacher, Pia (Hrsg.): Gruppe SPUR (Ausstellungskatalog), Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7757-1799-1
Weblinks
- Literatur von und über SPUR im Katalog der DNB
- Museum Villa Stuck: SPUR
- SPUR
- Der SPUR-Prozess
- The Spurist – Bilder, Fotografien und Texte der Gruppe SPUR
- Museum S. P. U. R. in Cham
- Dreher, Thomas: Zwischen Kunst und Lebensform: Von den Lettristen zu den Situationisten (Gruppe Spur und Situationisten)
- Selinka-Stiftung in Ravensburg
- Situationist International: Gruppe SPUR
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