Laieninvestitur

Laieninvestitur

Der Investiturstreit war der Höhepunkt eines politischen Konfliktes im mittelalterlichen Europa zwischen geistlicher und weltlicher Macht um die Amtseinsetzung von Geistlichen (Investitur). Als Investiturstreit datiert man für gewöhnlich die Zeit ab 1076, dem Reichstag in Worms, bis zur Kompromisslösung im Jahre 1122 mit dem Wormser Konkordat.

Höhepunkt des Investiturstreits: Heinrich bittet Mathilde von Tuszien und Abt Hugo von Cluny um Vermittlung, worauf der Gang nach Canossa, eine Burg der Mathilde, die Exkommunikation Heinrichs IV. beenden sollte.

Inhaltsverzeichnis

Ursache

Seit der Einführung des Reichskirchensystems wirkten die deutschen Kaiser ab Otto I. dem Großen maßgeblich an der Amtseinsetzung von Geistlichen wie Bischöfen und Äbten mit. Dieses Recht begründeten sie mit dem Eigenkirchenrecht, welches es einem Grundherrn mit Gotteshäusern auf seinem Gebiet erlaubte, auf deren Verwaltung Einfluss zu nehmen. Die römisch-deutschen Kaiser nach Otto I. sahen sich als Eigentümer aller Kirchen und bestimmten bei vielen Wahlen von Erzbischöfen, Bischöfen und Äbten mit. Die Kritiker dieses Systems nannten diese Praktik Laieninvestitur, weil die Einsetzung in das geistliche Amt von Nicht-Geistlichen (Laien) vorgenommen wurde. Sie befürchteten, dass dadurch bei der Amtseinsetzung mehr Wert auf Loyalität zum Landesherrn als auf geistliche Bildung und charakterliche Eignung gelegt würde.

Da die Eigenkirchen und Eigenklöster von ihren Besitzern gekauft, getauscht und vererbt werden konnten, verloren sie immer mehr ihren religiösen Zweck, während sie gleichzeitig mehr an wirtschaftlicher Bedeutung gewannen. Mit dem Verkauf von Gotteshäusern gingen ebenfalls die Ämter, eventuelle Reliquien und Pfründen in den Besitz des Käufers über. Bis zum Beginn der Kirchenreformen des 11. Jahrhunderts und der Cluniazensischen Reform, ausgehend vom Kloster Cluny, wurde in diesem Vorgehen nichts Unrechtes gesehen.

Kaiser Heinrich III. machte sich in seiner Amtszeit (1039–1056) zum Unterstützer der Kirchenreformen und sah es als des Kaisers Aufgabe an, auch die Römisch-Katholische Kirche zu reformieren. 1046 amtierten drei miteinander konkurrierende Päpste (Benedikt IX., Gregor VI. und Silvester III.). Heinrich ließ alle drei auf Wunsch der Synode von Sutri absetzen und durch den reformgesinnten Clemens II. aus Deutschland ersetzen. Bis Clemens 1047 starb, arbeiteten beide an der Verbesserung aller christlichen Kirchen zusammen. Den meisten Reformern ging es aber im Wesentlichen darum, das Amt des Papstes dem Einfluss des römischen Stadtadels zu entziehen. Heinrichs Nachfolger wurde sein sechs Jahre alter Sohn Heinrich IV., in dessen Amtszeit die Auseinandersetzungen mit dem seit 1073 amtierenden Gregor VII. fiel.

Simonie als Grundübel

Die kirchliche Reformbewegung sah in der Simonie - dem Kauf oder Verkauf von kirchlichen Ämtern, Pfründen, Sakramenten, Reliquien oder ähnlichem - das Grundübel der Zeit, da sich einerseits die Praxis stark gegen biblische Interpretationen wandte und sich andererseits durch die Abschaffung der Simonie eine engere Bindung an Rom ergäbe. Von vielen Synoden wurde wiederholt gefordert, dass Kleriker auf keinen Fall von Laien Kirchenstellen annehmen sollten , weder für Geld noch geschenkt. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Abschaffung simonistischer Abhängigkeiten – von Laien als auch von Klerikern.

Die Standpunkte einzelner Personen zur Laieninvestitur

Der prinzipielle Unterschied zwischen den adeligen Eigenkirchenherren und dem König, das „sacerdotium“, wurde von Kirchenrechtlern seit der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts immer wieder in Zweifel gezogen. Der 1025 gestorbene Bischof Burchard von Worms stellte das Kirchenrecht über das weltliche Recht, bezeichnete die Kaiser ebenso wie die Könige als Laien und verurteilte die Erhebung ins Bischofsamt mit der Unterstützung von Laien. Ebenso lehnte Wazzo von Lüttich es ab, dass Bischöfe dem König in Fragen des Amtes Rechenschaft schuldig seien, und sah die Treueverpflichtung nur noch in weltlichen Angelegenheiten als gegeben an.

Allerdings war man sich auch innerhalb der Reformpartei nicht einig, wie weit der Einfluss des Königs an der Bischofseinsetzung gehen dürfe. Die Vertreter einer extremeren Position, wie beispielsweise Humbert von Silva Candida, lehnten die Investitur durch weltliche Herrscher ab. In der Abhandlung „Adversus Simoniacos“ betrachtete er auch Könige als Laien. Zusammen mit der Vorstellung, dass kein Mensch etwas von einem anderen umsonst bekommen könne – diese Idee wurde von Humbert im zweiten Buch von „Adversus Simoniacos“ entwickelt – folgt, dass die Verleihung von Kirchengut durch den König zumindest simonistische Tendenzen hat.

Neben der Nähe zur Simonie kritisierte Humbert den Einfluss, den die Könige auf die Vergabe von Bischofsstühlen hatten, auch grundsätzlich. Er berief sich dabei auf Papst Leo den Großen. Dieser hatte 458/59 in einem Responsum an Rusticus von Narbonne formuliert, dass keine vernünftige Überlegung es zulasse, dass zu den Bischöfen auch Personen gerechnet würden, „die weder von den Geistlichen gewählt noch von der Bevölkerung erbeten, noch von den Bischöfen ihrer Kirchenprovinz mit der Billigung des Metropoliten geweiht worden seien“.

Einen gemäßigteren Standpunkt nahm Petrus Damiani ein. Er kritisierte die Mitwirkung der weltlichen Kräfte an der Investitur nicht grundsätzlich. Ihm war nur wichtig, dass die Wahl und Ernennung der Bischöfe nach kanonischem Recht ablief. Damiani konnte beide Punkte dadurch vereinigen, dass er die Übergabe von Ring und Stab nicht als Weihe betrachtete.

Verlauf

Der Auslöser des Streits

Als Heinrich IV. im Jahr 1071 das Erzbistum Mailand mit einem von Papst Alexander II. exkommunizierten Erzbischof besetzen wollte, spitzte sich die Situation zu. Mailand war damals Heimat der radikalen Pataria unter dem Ritter Erlembald. Dieser setzte kurzerhand einen eigenen Erzbischof ein. Es begannen Verhandlungen zwischen Papst Gregor VII. und dem König, bei denen einige Reichsbischöfe die Laieninvestitur durch den König unterstützten. Die Verhandlungen schlugen aber fehl. Als Erlembald 1075 ermordet wurde, setzte Heinrich IV. in mehreren Städten in Italien weitere Erzbischöfe ein, worauf Gregor die Ratgeber des Königs bannte.

In einem Brief vom Dezember 1075 ermahnte Gregor VII. den König mit recht harschen Worten wegen seines Umgangs mit den gebannten Räten und drohte ihm ebenfalls mit der Bannung, sollte Heinrich nicht einlenken. Durch diese Drohung sah sich Heinrich IV. in seiner Königswürde angegriffen und reagierte auf dem Reichstag in Worms mit einem "Absageschreiben" an Gregor, welches auch von einem Großteil des deutschen Episkopats mitgetragen wurde, da sich die Bischöfe durch die unbedingten Gehorsamsforderungen Gregors in ihrer Autorität verletzt sahen.

Der im selben Jahr von Gregor VII. verfasste so genannte Dictatus papae hatte keine direkte Auswirkung auf den Konflikt mit Heinrich IV. Es fand zu dieser Zeit keine Verbreitung und wurde, laut Rudolf Schieffer, eher in gedanklicher Vorbereitung auf eine Auseinandersetzung mit dem französischen König, Philipp I., formuliert. Lediglich in der Rückbetrachtung verrät es einiges über das Amtsverständnis des Papstes, zu der Zeit, als er in den direkten Konflikt mit Heinrich trat.

Reichstag in Worms

Heinrich IV., 11. Jahrhundert

Im Januar 1076 versammelte sich Heinrich mit der Mehrzahl der Bischöfe zum Reichstag in Worms. Dort wurde ein Brief an Gregor VII. verfasst, in dem Heinrich dem Papst befahl, sein Amt niederzulegen:

Heinrich, nicht durch Anmaßung, sondern durch Gottes gerechte Anordnung König, an Hildebrand, nicht mehr Papst, sondern falscher Mönch. [...] Du scheutest dich nicht nur nicht, die Lenker der heiligen Kirche, nämlich Erzbischöfe, Bischöfe und Priester, die doch Gesalbte des Herrn sind, anzutasten, nein, wie Knechte, die nicht wissen, was ihr Herr tut, zertratest du sie unter deinen Füßen und gewannst dir dabei die Zustimmung aus dem Munde des Pöbels. [...] Aber du hast unsere Demut für Furcht gehalten und dich daher nicht gescheut, dich sogar gegen die uns von Gott verliehene königliche Gewalt zu erheben; du hast zu drohen gewagt, du würdest sie uns nehmen, als ob in deiner und nicht in Gottes Hand Königs- und Kaiserherrschaft lägen. [...] So steige du denn, der du durch diesen Fluch und das Urteil aller unserer Bischöfe und unser eigenes verdammt bist, herab, verlasse den apostolischen Stuhl, den du dir angemaßt hast. [...] Ich, Heinrich, durch die Gnade Gottes König, sage dir zusammen mit allen meinen Bischöfen: Steige herab, steige herab! (Q1)

Zur Legitimation dieser Amtsenthebung wurde angeführt, dass der Patricius das Recht habe, den Papst zu ernennen oder zumindest seine Wahl zu bestätigen. Dies war durch Heinrich IV. nicht geschehen. Als weiteren Grund wurde angegeben, dass sich Gregor gegen die Reichsrechte in Rom und Italien aufs Schwerste vergriffen habe.

Synode 1076 in Rom

Papst Gregor VII.

Die Antwort von Gregor kam umgehend. Auf der Fastensynode von Rom predigte er:

„[...] Und es ist mir durch deine Gnade von Gott die Macht gegeben zu binden und zu lösen im Himmel und auf Erden. Hierauf fest vertrauend untersage ich, [...] dem Sohne des Kaisers Heinrich, der sich gegen deine Kirche in unerhörtem Stolze erhoben hat, die Herrschaft über das ganze Reich der Deutschen und über Italien, und ich löse alle Christen von den Banden des Eides, den sie ihm geschworen haben oder noch schwören werden, und ich verbiete, dass ihm jemand wie seinem König dient. [...] Denn mit Gebannten hat er verkehrt, meine Ermahnungen, die ich ihm, wofür du (heiliger Petrus) mein Zeuge bist, um seines Seelenheiles willen gesandt habe, hat er in den Wind geschlagen, und er hat sich von deiner Kirche getrennt, weil er sie zu spalten versucht hat, schlage ich ihm an deiner Statt mit dem Bande des Anathems.“ (Q2)

Die Absetzung Heinrichs begründete Gregor damit, dass Heinrich sich gegen die kirchlichen Hoheitsrechte aufgelehnt habe und somit kein König mehr sein könne. Wem von Gott die Hoheit entzogen worden sei, verdiene auch nicht mehr, diese faktisch innezuhaben. Damit wurden alle Untertanen vom Treueid, den sie Heinrich geleistet hatten, entbunden. Wegen des Umgangs mit Exkommunizierten, den Heinrich trotz Mahnungen nicht aufgeben wollte, wurde er zudem exkommuniziert. Dieser Bann betraf nicht den König, sondern den Christen Heinrich, da es einem Christen untersagt ist, mit Gebannten Umgang zu pflegen und sich der päpstlichen Autorität zu widersetzen.

Der Gang nach Canossa

Hauptartikel: Gang nach Canossa

Heinrich IV nahm im Jahr 1077 den langen Weg von Speyer nach Canossa auf sich, um Papst Gregor VII zu bitten, ihn von dem Bann zu befreien, den er ihm aufgelegt hatte. Heute noch spricht man von dem "Gang nach Canossa" bei einem erniedrigenden Bittgang.

Nach dem Kirchenbann durch Gregor fielen viele der deutschen Fürsten, die Heinrich zuvor unterstützt hatten, von ihm ab und zwangen ihn zu einer Lösung des Problems. Um den Papst noch vor dessen geplantem Treffen mit den abtrünnigen Fürsten abzufangen, brach Heinrich im Dezember 1076 nach Italien auf. Gregor VII. wollte einer Begegnung mit Heinrich ausweichen und zog sich auf die Burg Canossa der Markgräfin Mathilde zurück. Heinrich erfuhr dies und wollte mit Hilfe der Markgräfin über ein Treffen verhandeln. Die Verhandlungen scheiterten jedoch. Am Festtag der Bekehrung des Heiligen Paulus zog Heinrich IV. im Büßergewand vor die Burg Canossa. Am 28. Januar 1077, also drei Tage später, löste der Papst Heinrich vom Kirchenbann.

Die kriegerische Phase des Investiturstreits

Rudolf von Rheinfelden, der von Gregor unterstützte Gegenkönig, verlor in der Schlacht bei Hohenmölsen gegen Heinrich IV. im Jahr 1080 die rechte Hand. Er starb wenige Tage später an seinen Verletzungen. Dass Rudolf die Schwurhand abgeschlagen wurde, interpretierten die Anhänger Heinrichs propagandistisch als Gottesurteil und konnten so die Fürstenopposition diskreditieren und weiter schwächen. Heinrich IV. zog nun gegen Rom und nahm die Stadt im Jahr 1084 ein. Heinrich ließ sich dort von Clemens III., einem von ihm selbst eingesetzten Gegenpapst, zum Kaiser krönen. Papst Gregor VII., der auf die Engelsburg geflüchtet war, erhielt Unterstützung von den in Süditalien herrschenden Normannen. Heinrich IV. musste sich nun zurückziehen, doch wurde Rom als verwüstete Stadt zurückgelassen. Der Unmut richtete sich nun gegen Gregor, der ins Exil nach Salerno flüchtete. Dort starb er am 25. Mai 1085.

Der Investiturstreit nach Papst Gregor VII.

Unter Urban II., der wie Gregor VII. als Reformpapst gilt, wuchs die Macht des Papsttums wieder an. Die Kreuzzugspredigt im Jahr 1095 in Clermont, die zum Ersten Kreuzzug führte, zeigt dies deutlich. Urbans Nachfolger Paschalis II. exkommunizierte Heinrich IV. ein weiteres Mal. Mit einer Wallfahrt nach Jerusalem wollte sich Heinrich IV. vom Bann lösen. Sein Sohn Heinrich V., der vom Papst unterstützt wurde, nahm seinen Vater jedoch im Jahr 1105 gefangen. Es gelang Heinrich IV. aber, aus Ingelheim nach Köln zu entkommen und schließlich in Lüttich Zuflucht zu finden. Herzog Heinrich I. von Niederlothringen, Graf Gottfried von Namur und Bischof Otbert von Lüttich hielten treu zu ihm. Auch mit Philipp I. von Frankreich knüpfte er Beziehungen an. Der starke Anhang, den der Kaiser in Niederlothringen fand, zwang Heinrich V. dorthin zu ziehen, um auf Lüttich vorzustoßen. Der Angriff auf die Stadt mißlang aber. Am Gründonnerstag 1106 wurden seine Truppen an der Maasbrücke bei Visé geschlagen. Ein neuer Waffengang schien unvermeidbar – da starb Heinrich IV. plötzlich am 7. August 1106 in Lüttich.

In England (1105/07 im Konkordat von Westminster) und Frankreich (1107) kam es zu einer Einigung in Fragen der Investitur. Nur im Heiligen Römischen Reich schwelte der Konflikt weiter. Im Jahr 1111 nahm König Heinrich V. Papst Paschalis II. gefangen. Der Papst wurde gezwungen, dem König das Investiturrecht zu übertragen und Heinrich zum Kaiser zu krönen. Der Papst schloss daraufhin am 11. April 1111 den Vertrag von Ponte Mammolo. Demnach habe die Wahl der Bischöfe und Äbte in Zukunft frei, aber mit Genehmigung des Königs zu erfolgen. Daran anschließend sollte dann die Investitur durch den König mit Ring und Stab erfolgen. Der Papst erklärte sich bereit, Heinrich zum Kaiser zu krönen, was am 13. April auch geschah. Im Gegenzug verpflichtete sich der König, die Gefangenen freizulassen, und zur Treue und Gehorsam gegenüber dem Papst, allerdings nur, soweit dies im Einklang mit den Rechten des Reiches sei. Der Vertrag wurde sofort heftig kritisiert und von den Befürwortern der Kirchenreform abgelehnt.

Auf der Synode in Fritzlar im Jahre 1118 wurde, unter dem Vorsitz des päpstlichen Kardinallegaten Kuno von Praeneste, der vom inzwischen verstorbenen Papst Paschalis II. über Heinrich V. verhängte Bann durch einen erneuten Bann des neuen Papstes Gelasius II. bestätigt.

Das Wormser Konkordat und die Folgen

Hauptartikel: Wormser Konkordat

Der Begriff "Konkordat" meint einen Vertrag, der zwischen dem Reich und der katholischen Kirche geschlossen wird. Beim Wormser Konkordat im Jahr 1122 kam man zu einer Kompromisslösung: Kaiser Heinrich V. und der Papst Calixt II beschlossen einen Vertrag, der den jahrelangen Investiturstreit beendete. Die Einigung sah folgendermaßen aus: Der Papst gestattete dem König in Deutschland (dies gilt nur für Deutschland), dass er bei der Wahl der Bischöfe anwesend sein dürfe und der gewählte Bischof dann seine Treue dem König schwören müsse (Lehnseid ausüben). Dafür verzichtete der König wiederum auf das Recht der Investitur und erklärt sich damit einverstanden, dass der Papst die hohen Geistlichen einberuft.

Im Jahr 1119 trafen sich Papst Calixt II. und Kaiser Heinrich V., um eine Einigung herbeizuführen. Diese wurde schließlich 1122 mit dem Wormser Konkordat erzielt, welches seinen Ursprung unter anderem bei Ivo von Chartres hat. Kaiser Heinrich V. akzeptierte den Anspruch der Kirche auf das Recht der Investitur und verzichtete auf die Investitur mit Ring und Stab. Des Weiteren gewährte er jeder Kirche die Wahlfreiheit der Investitur. Im Gegenzug räumte Papst Calixt II. ein, dass die Wahl der deutschen Bischöfe und Äbte in Gegenwart kaiserlicher Abgeordneter verhandelt, der Gewählte aber mit den Regalien, die mit seinem geistlichen Amt verbunden waren, vom Kaiser durch das Zepter belehnt werden solle („Zepterlehen“). Kaiser Lothar III. räumte zudem der Kirche das Recht ein, zuerst Ring und Stab zu verleihen, wodurch der Einfluss des Kaisers auf die Einsetzung von Bischöfen praktisch verloren ging. Dem Wormser Konkordat vergleichbare Vereinbarungen wurden bereits 1107 mit England (Konkordat von Westminster) und Frankreich, später dann 1208 mit Aragon, 1213 mit England und 1268 mit Frankreich geschlossen und nochmals später mit Schweden und Norwegen.

Der Investiturstreit war damit beigelegt, doch hatte das Kaisertum dadurch starke Einbußen erlitten. Die sakrale Aura des Kaisers war erschüttert und die bis dahin bestehende Einheit von Kaisertum und Papsttum aufgehoben, wie auch das Reichskirchensystem faktisch zertrümmert, wenn auch nicht beseitigt wurde. Die Bischöfe bauten ihre Territorien aus, was teils in Konkurrenz zu den weltlichen Fürsten geschah, womit der Territorialisierung des Reiches Vorschub geleistet wurde – sehr zu Lasten des Königtums. All dies sollte zur Neuorientierung der Idee des Kaisertums unter den Staufern führen, die bemüht waren, die Idee des Kaisertums auf eine neue Grundlage zu stellen, wobei die Problematik des Verhältnisses des Imperiums zum Papsttum (und des sich verstärkenden Antagonismus zwischen den beiden Universalgewalten) jedoch bis ins Spätmittelalter Bestand hatte.

Siehe auch

Quellenverzeichnis

  • Q1, Q2, Q3, Q4: privat aus dem Lateinischen übersetzt von Hans-Georg Fath.

Literatur

Quellen

  • Franz-Josef Schmale: Quellen zum Investiturstreit. 2 Bde., Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1978 ff., ISBN 3-534-05577-2.

Sekundärliteratur

  • Uta-Renate Blumenthal: Der Investiturstreit. Stuttgart 1982, ISBN 3-17-005899-1.
  • Werner Goez: Kirchenreform und Investiturstreit 910–1122. Stuttgart 2000, ISBN 3-17-013851-0.
  • Wilfried Hartmann: Der Investiturstreit. München 2007, ISBN 978-3-486-57841-6.
  • Karl Jordan: Investiturstreit und frühe Stauferzeit. Gebhardt Handbuch der Deutschen Geschichte. Bd. 4, dtv. München 1999, ISBN 3-423-59040-8.
  • Johannes Laudage: Der Investiturstreit. Köln 1990, ISBN 3-412-22488-X.
  • Gerd Tellenbach: Libertas – Kirche und Weltordnung im Zeitalter des Investiturstreites. Kohlhammer, Stuttgart 1936. (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 7) Zugl.: Heidelberg, Univ., Habil.-Schr.

Weblinks


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