Landeshauptfrau

Landeshauptfrau

Der Landeshauptmann ist entweder Vorsitzender eines Landtages oder einer Landesregierung oder oberster Beamter eines Landes. Heute werden insbesondere die Vorsitzenden der Landesregierungen in Österreich und in Südtirol als Landeshauptmann oder Landeshauptfrau (Plural: Landeshauptfrauen, Landeshauptmänner oder Landeshauptleute) bezeichnet. In Deutschland wird diese Bezeichnung heute nicht mehr verwendet. Das Gegenstück zum „Landeshauptmann“ ist hier der „Ministerpräsident“.

Inhaltsverzeichnis

Ursprünge

In der frühen Neuzeit war der Landeshauptmann ein Vertreter des Kaisers oder eines Landesfürsten. Die Befugnisse der Landeshauptleute wiesen von Land zu Land gewisse Unterschiede auf. Im Allgemeinen waren sie mit Aufgaben in der Finanzverwaltung befasst. Deshalb waren sie nicht nur dem Landesherren, sondern auch den Landständen gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet. Später wurden neben den Landeshauptleuten Statthalter oder Gouverneure als rein kaiserliche Beamte berufen. Das politische Amt der Landeshauptmannschaft gab es im gesamten deutschen Sprachraum, zum Beispiel in Böhmen und Mähren, in Schlesien, in der Grafschaft Glatz und in der Ober- und Niederlausitz, in Preußen usw.

Österreich

In Österreich ist der Landeshauptmann der Vorsitzende der Landesregierung. Sein Amt ist mit dem eines Ministerpräsidenten in Deutschland vergleichbar. Der Begriff Landeshauptmann existiert in Österreich in seiner heutigen Bedeutung erst seit der Gründung der Ersten Republik 1918. Die österreichische Bundesverfassung räumt dem Landeshauptmann eine besondere Stellung ein. Demnach ist er der wichtigste Vertreter des Staates (auch des Bundes) auf Landesebene. Der Landeshauptmann wird vom Landtag gewählt und vom Bundespräsidenten angelobt. In seiner Eigenschaft als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung ist er der Bundesregierung verantwortlich. In der Ausübung der mittelbaren Bundesverwaltung wird er in der Regel aber durch das mit dem jeweiligen Ressort betraute Mitglied der Landesregierung (Landesrat) vertreten. In Wien ist der Bürgermeister gleichzeitig Landeshauptmann.

Zu den Aufgaben des Landeshauptmannes gehören:

  • Vertretung des Landes nach außen, gegenüber der Bundesregierung, gegenüber den anderen Ländern und gegenüber Privaten
  • Vorsitz der Landesregierung, Einberufung und Leitung der Sitzungen der Landesregierung
  • Angelobung der Mitglieder der Landesregierung (Landesräte)
  • Kundmachung der Gesetzesbeschlüsse im Landesgesetzblatt
  • Ausübung der Bundesverwaltung auf Landesebene als gegenüber dem jeweiligen Bundesminister weisungsgebundenes Organ (mittelbare Bundesverwaltung), dazu gehören u. a. Gewerbe-, Wasser- und Forstrecht.
  • in Krisenfällen Koordinator sämtlicher Behörden im Landesgebiet, einschließlich der Sicherheits- und Militärbehörden
  • Vertretung des Landes in internationalen Belangen (z. B. Ausschuss der Regionen im Rahmen der EU bzw. ARGE Alpe-Adria)

In Österreich nicht gesetzlich verankert, aber realpolitisch einflussreich ist die Landeshauptleutekonferenz, in der der Landeshauptmann sein Bundesland vertritt. Weiters vertritt er in der Integrationskonferenz der Länder gemeinsam mit dem Landtagspräsidenten sein Bundesland.

Sein Stellvertreter ist der Landeshauptmannstellvertreter. In Vorarlberg wird dieser als Landesstatthalter bezeichnet.

Landeshauptmann oder Landeshauptfrau?

Ob weibliche Landeshauptleute als Landeshauptmann oder Landeshauptfrau zu bezeichnen sind, ist immer noch Gegenstand öffentlicher Debatten. Diese Frage stellte sich erstmals mit dem Amtsantritt von Waltraud Klasnic (ÖVP) in der Steiermark am 23. Jänner 1996, die sich als Frau Klasnic oder Frau Landeshauptmann ansprechen ließ. Gabi Burgstaller (SPÖ), seit 7. März 2004 Amtsinhaberin in Salzburg, bevorzugt hingegen den Titel Landeshauptfrau.

Die österreichische Verfassung sieht zu dieser Frage seit 1. Juli 1988 vor, dass Amtsbezeichnungen in geschlechtsspezifischer Form verwendet werden können (Artikel 7 Absatz 3 B-VG). Die Verwendung der Bezeichnung Landeshauptfrau ist also jedenfalls durch die Verfassung gedeckt.

Entsprechend den österreichischen Gepflogenheiten wird manchmal die Ehegattin eines Amtsinhabers mit Frau Landeshauptmann angeredet. Diese titelbezogene Anrede für die Gattin eines Amtsinhabers oder Akademikers war im Übrigen bis Mitte des 20. Jahrhunderts im gesamten deutschen Sprachraum üblich. Die umgekehrte Form – Herr Landeshauptfrau – war und ist dagegen nicht üblich. Auch die Stellvertreter der Salzburger Landeshauptfrau bevorzugen bislang die Bezeichnung Landeshauptmannstellvertreter.

Preußen

In Preußen war der Landeshauptmann (erst später Landesdirektor) der vom Provinziallandtag gewählte höchste Beamte eines Provinzialverbandes. Er leitete die provinziale Selbstverwaltung, während der vom König ernannte Oberpräsident die Prärogative der Zentralregierung wahrnahm.

Nach der preußischen Provinzialordnung war der Landesdirektor in jeder Provinz auf mindestens sechs und höchstens zwölf Jahre zu wählen. Es standen ihm als Hilfsorgane der Landesrat und technische Beamte, insbesondere für das Bauwesen, zur Seite.

Deutsch-Neuguinea

Während der Verwaltung der späteren Kolonie Deutsch-Neuguinea durch die Neuguinea-Kompagnie von 1885 bis 1899 übte ein Landeshauptmann in dem so genannten Schutzgebiet Hoheitsrechte aus.

Am 16. Mai 1885 erteilte das Deutsche Reich der Neuguinea-Kompagnie einen „Kaiserlichen Schutzbrief“, durch den ihr die Landeshoheit über das „Schutzgebiet Deutsch-Neuguinea“ übertragen wurde. Die Neuguinea-Kompagnie verwaltete die deutsche Kolonie mit kurzen Unterbrechungen zum Jahre 1899.

Zum ersten Landeshauptmann wurde Georg von Schleinitz, ein hoher Marineoffizier bestellt. Nach Schleinitz wurde die Landesverwaltung der Neuguinea-Kompagnie fast nur noch durch kommissarisch bestellte Landeshauptmänner wahrgenommen. Am 1. November 1889 gab die Kompanie die Verwaltung vorübergehend in die Hand von Reichsbeamten ab. Am 1. September 1892 wurde noch einmal kurzfristig mit Georg Schmiele ein ordentlicher Landeshauptmann berufen.

Den Aufgaben in der Kolonie war die Neuguinea-Kompagnie auf die Dauer jedoch nicht gewachsen. Wirtschaftlich und politisch gescheitert, trat die Neuguinea-Kompagnie unter Löschung des Schutzbriefes die landeshoheitlichen Rechte und damit die Verwaltung der Kolonie am 1. April 1899 endgültig an das Deutsche Reich ab.

Südtirol und Trentino

In Südtirol und im Trentino wird im Deutschen die Bezeichnung Landeshauptmann für die Vorsitzenden der Landesregierung genannten Provinzregierungen (Presidente della Giunta provinciale) verwendet.

Der Landeshauptmann von Südtirol vertritt das Land nach außen und nimmt an der Staat-Regionen- und der Autonome-Provinzen-Konferenz in Rom teil. Außerdem kann er an den Sitzungen der italienischen Regierung (Ministerrat) teilnehmen, soweit Fragen des Landes Südtirol betroffen sind. Ihm werden zwei Stellvertreter zur Seite gestellt, von denen jeweils einer der deutschen und einer der italienischen Sprachgruppe angehören muss. Der Landeshauptmann wird vom Landtag gewählt. Die Wahlgesetzgebung fällt in die Zuständigkeit des Landes. Siehe auch Landesregierung (Südtirol).

Die deutschsprachigen Begrifflichkeiten Landeshauptmann und Land Südtirol wurden in Anlehnung an Österreich eingeführt; aus italienischer Sicht handelt es sich bei Südtirol und Trentino um die Provinzen Bozen und Trient, die jedoch mit umfangreicher Autonomie ausgestattet sind. Für die anderen italienischen Provinzen wird der Begriff „Landeshauptmann“ nicht verwendet; meist wird in deutschen Texten die Amtsbezeichnung mit „Präsident der Provinz“ übersetzt. Ebenso wird die deutsche Bezeichnung „Land“ allein für die beiden autonomen, mit Sonderrechten ausgestatteten Provinzen Südtirol und Trentino angewandt und nicht für die übrigen Provinzen.

Schweiz

In der Republik Wallis (heute Kanton Wallis) wurde das Staatsoberhaupt von 1288 bis 1798 als Landeshauptmann bezeichnet, ebenfalls gebräuchlich war zumindest zeitweise die Bezeichnung Zendenbannerherr.

Bekannte Landeshauptmänner entstammten vor allem den Familien In-Albon und aus dem Geschlecht der Schiner. 1388 wurde der erste Landeshauptmann Simon Murmann ab Wyler auf dem Landestag von den sieben Zehnden von Wallis sowie durch den Bischof und das Domkapitel von Sitten gewählt. Der Landeshauptmann agierte zudem vor allem als weltlicher Vertreter des Bischofs. Die Amtszeit betrug zunächst ein Jahr, wurde im 15. Jahrhundert auf zwei Jahre ausgedehnt, und variierte ab dem 16. Jahrhundert. Als Vertreter dienten dem Landeshauptmann anfänglich Familiaren, ab der Mitte des 16. Jahrhunderts der Vize-Landeshauptmann. Die Zuständigkeit des Landeshauptmannes umfasste ab 1631 die Einberufung des Landrates, die diplomatische Vertretung, bis 1571 den Vorsitz des Gerichts auf der großen Brücke von Sitten. Das Amt des Landeshauptmannes wurde 1798 durch das Ancien Regime abgeschafft, Landeshauptmann war zu diesem Zeitpunkt Jost Sigristen.

Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts trägt der Präsident des Walliser Großen Rates den Titel Landeshauptmann.

Im Kanton Appenzell Innerrhoden wird die Bezeichnung Landeshauptmann vom Minister für Land- und Forstwirtschaft (Vorsteher des Land- und Forstwirtschaftsdepartements der Standeskommission) getragen.

Finnland

In Finnland wird vom Staatspräsidenten ein Landeshauptmann bestellt, der die Regierungsgewalt über eine Provinz innehat. In der teilautonomen Provinz Åland wird vom Volk ein Landtag gewählt, der als Exekutivorgan den Landschaftsrat bestellt, dessen Vorsitzender dem finnischen Landeshauptmann ähnlich ist.

Schweden

Den schwedischen Verwaltungsbezirken (Län) steht ein sogenannter Landshövding vor, das im Prinzip auch als Landeshauptmann übersetzt werden kann. Ein Landshövding wird von der Staatsregierung in Stockholm ernannt und hat eine Art Vermittler- und Koordinationsfunktion – er vertritt die Interessen des Gesamtstaates auf Bezirksebene, bzw. umgekehrt die Interessen des Bezirkes gegenüber der Regierung.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Landeshauptfrau — Landeshauptmann Le Landeshauptmann est le gouverneur d un Land autrichien ou de la province autonome de Bolzano, en Italie. Lien interne Liste de dirigeants : États fédérés d Autriche Ce document provient de « Landeshauptmann ». Catégorie :… …   Wikipédia en Français

  • Landeshauptfrau — Lạn|des|haupt|frau 〈f. 22; österr.〉 weibl. Landeshauptmann * * * Lạn|des|haupt|frau, die; , en: (in Österreich) Regierungschefin eines Bundeslandes. * * * Lạn|des|haupt|frau, die; , en: (in Österreich) Regierungschefin eines Bundeslandes:… …   Universal-Lexikon

  • Landeshauptfrau — Lạn|des|haupt|frau (österreichisch für Regierungschefin eines Bundeslandes) …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Gabi Burgstaller — Gabriele Burgstaller Gabriele „Gabi“ Burgstaller (* 23. Mai 1963 in Penetzdorf/Niederthalheim, Oberösterreich) ist eine österreichische Politikerin. Sie gehört der SPÖ an und bekleidet derzeit das Amt der Landeshauptfrau des Bundeslandes Salzburg …   Deutsch Wikipedia

  • Landeshauptmann — Der Landeshauptmann ist entweder Vorsitzender eines Landtages oder einer Landesregierung oder oberster Beamter eines Landes. Heute werden insbesondere die Vorsitzenden der Landesregierungen in Österreich und in Südtirol als Landeshauptmann oder… …   Deutsch Wikipedia

  • Landeshauptmann — A Landeshauptmann (German for state captain , literally country headman ; plural Landeshauptleute or Landeshauptmänner as in Styria till 1861; Landeshauptfrau is the female form) is an official title in German for certain political offices… …   Wikipedia

  • Gabriele Burgstaller — Gabriele „Gabi“ Burgstaller (* 23. Mai 1963 in Penetzdorf/Niederthalheim, Oberösterreich) ist eine österreichische Politikerin. Sie gehört der SPÖ an und bekleidet derzeit das Amt der Landeshauptfrau des Bundeslandes Salzburg …   Deutsch Wikipedia

  • Landtagswahl in Salzburg 2009 — Die Landtagswahl in Salzburg 2009 fand am 1. März 2009 gemeinsam mit den Gemeindevertretungs und Bürgermeisterwahlen statt. Inhaltsverzeichnis 1 Voraussetzungen 1.1 Ausgangslage 1.2 Wahlrecht 1.3 Wahlgang …   Deutsch Wikipedia

  • Bezirke im Land Salzburg — Landesflagge Landeswappen Basisdaten Landeshauptstadt …   Deutsch Wikipedia

  • Bundesland Salzburg — Landesflagge Landeswappen Basisdaten Landeshauptstadt …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”