Lebensweisenpolitik

Lebensweisenpolitik

Lebensformenpolitik ist ein politisches Schlagwort aus der Schwulen- und Lesbenbewegung. Sie meint ein Streben nach Gleichstellung von verschiedenen Lebensformen. Einen zentralen Stellenwert hat dieser Ansatz in Teilen der Bi-Bewegung.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsgeschichte

Der Begriff wurde in den 1990er-Jahren als Alternativkonzept zur Einführung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft für homosexuelleEhen“ vom Bundesverband Homosexualität (BVH) eingeführt. Lebensformenpolitik wurde als Gegenkonzept zur traditionellen Familienpolitik vorgeschlagen.

Theoretischer Ansatz

Typisch für die Positionen der Lebensformenpolitik ist der Gedanke, dass in einer Gesellschaft, die sich als pluralistisch und gleichberechtigt definiert, eine systematische staatliche Bevorzugung von bestimmten Formen des Zusammenlebens von Individuen nicht mehr zeitgemäß sei, da dies notwendigerweise andere Formen des Zusammenlebens diskriminiere. Daher sei eine Gleichstellung von verschiedenen Lebensformen anzustreben.

Die Lebensformenpolitik soll sowohl traditionelle Lebensweisen wie die Kleinfamilie als auch die neu entstandenen Lebensweisen älterer, homosexueller oder polyamorer (in nichtmonogamen Beziehungen lebender) Menschen umfassen und die Familienpolitik zukünftig ablösen. Eine weitere Grundidee ist der Gedanke, daß alle menschlichen Lebensgemeinschaften schutzwürdig sind und besondere Förderung verdienen, wenn sie zum Aufwachsen von Kindern oder zur Pflege alter Menschen als Mitgliedern der Gesellschaft beitragen.

Die Idee der Gleichberechtigung von nichtmonogamen und nicht durch materielle Verbindlichkeiten auf Lebenszeit angelegten Lebensformen wurde ähnlich beispielsweise im Rahmen der Schlampagne, einer von lesbisch lebenden Frauen ins Leben gerufenen politischen Plattform, formuliert. Der Name stammt von der Aneignung des in der Neuzeit negativ besetzten Begriffs Schlampe als Geusenwort.

Umsetzung

Dieser Ansatz ist innerhalb der Schwulen- und Lesbenbewegung selbst umstritten (der LSVD etwa lehnt solche Positionen ab) und konnte sich bisher politisch nicht durchsetzen. Kritiker bemängelten auch einen Mangel an konkreten gesetzgeberischen Konzepten. In neuerer Zeit schlug der Bundesvorstand der Grünen Jugend am 25. Februar 2006 die rechtliche Gleichstellung aller Lebensgemeinschaften und die Ablösung der Ehe durch einen zivilen Solidaritätspakt nach dem französischem Vorbild des Pacte Civil de Solidarite (PACS) an, bei der zwei oder mehr Individuen Rechte und Pflichten individuell vereinbaren können[1].

Ähnliche Rechtsformen gibt es in den Niederlanden und in Belgien und auch die österreichischen Grünen haben ein ähnliche Modell, Zivilpakt (Zip), in die Diskussion eingebracht. Einen weiteren Entwurf, der insbesondere die Gleichstellung von homosexuellen Menschen zum Ziel hat, hat das Rechtskomitee Lambda in die österreichische Diskussion eingebracht. In den Niederlanden gibt es eine Initiative zur Legalisierung polyamorer Eheformen[2].

In Deutschland schlug die Politikerin Christina Schenk (PDS) die generelle Abschaffung von Unterhaltsverpflichtungen zwischen erwachsenen Personen vor. Julia Seeliger, ehemalige Schatzmeisterin der Grünen Jugend und seit Dezember 2006 Mitglied des Parteirats von Bündnis 90/Die Grünen, vertritt wie die Grüne Jugend eine Gleichstellung aller Formen von Lebensgemeinschaften[3][4].

In den USA werden nichtmonogame Lebensformen seit dem Frühjahr 2006 in Folge der Ausstrahlung der Fernsehserie Big Love breiter diskutiert. Diese stellt eine polygame Familie von Mormonen in ihrem Alltagsleben dar. Als politische Plattform hat sich in Kalifornien die Initiative Beyond Marriage gegründet.

Siehe auch

Fremdsprachige Verweise

  • Big Love (englisch)

Weblinks

Quellen

  1. http://www.gruene-jugend.de/show/107269.html
  2. ZDF "heute" vom 17. April 2009
  3. http://www.julia-seeliger.de/das-ende-der-liebe-und-das-ende-der-welt/
  4. Julia Seeliger, Wie wir wirklich leben und lieben, Welt am Sonntag 17. Dezember 2006

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