Leonhardifest

Leonhardifest
Leonhardifahrt in Tölz (2006)

Die Leonhardifahrt oder der Leonhardiritt ist eine Prozession zu Pferde, die zum Brauchtum in Altbayern und Österreich zählt. Sie findet zu Ehren des heiligen Leonhard von Limoges (6. Jh.) an seinem Gedenktag, dem 6. November, oder einem benachbarten Wochenende statt. Einige Dörfer in Bayern feiern Leonhardi auch im Sommer.

Als Schutzpatron der landwirtschaftlichen Tiere, heute vor allem der Pferde, werden zu Leonhardi Wallfahrten mit Tiersegnung unternommen. Motiv für die Segnung (oft fälschlich auch Weihe genannt) der Tiere, insbesondere der Pferde, ist ihre Rolle, die sie als Last- und Arbeitstiere für die ländliche Bevölkerung spielten.

Als weltliches Rahmenprogramm findet meist das Leonhardifest mit Bierzeltbetrieb, Jahrmarkt und Tanzveranstaltungen statt. Auf bayerisch gibt es keine Unterscheidung zwischen Leonhardifest und Leonhardifahrt. Beides wird mit „Lehardi“ (mancherorts auch „Lehards“ oder „Leachats“) bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Orte

Peter von Hess: Sankt-Leonhardsfest in Fischhausen am Schliersee, 1825

Am bekanntesten ist die Leonhardifahrt von Bad Tölz, die immer am 6. November stattfindet, außer wenn dieser auf einen Sonntag fällt (dann am Samstag davor). Sie ist mit etwa 80 Vierergespannen, zahlreichen Reitern und jährlich rund 25.000 Besuchern wohl die größte Leonhardifahrt, geht auf das 17. Jahrhundert zurück und findet seit 1855 jährlich statt (von wenigen Ausfällen, wie etwa zu Kriegszeiten, abgesehen). Gelobt wird auch die Authentizität der Tölzer Leonhardifahrt. So dürfen beispielsweise die Wagen keine Gummireifen verwenden, wie mancherorts, sondern nur mit Eisen beschlagene Räder.

Der bislang urkundlich älteste Ritt, der erstmals 1442 erwähnt wird, findet in Kreuth am Tegernsee statt.

Weitere Leonhardifahrten bzw. -ritte:

In den letzten Jahren wurden einige Leonhardiritte wiederbelebt (zum Beispiel in Leogang Sbg. und in Meilenhofen). Andernorts wird die Tradition nur zu Jubiläen wieder aufgenommen (zum Beispiel in Diepoldsberg bei Obing). Umgekehrt gibt es auch relativ junge Leonhardiritte, zum Beispiel seit 1993 auf den Brandlberg (Stadt Bogen) im Bayerischen Wald.

Leonhardsfest in Siegertsbrunn, 2006

In Österreich gibt es einen Leonhardiritt in

  • Thiersee (T): Dieser geht zurück auf ein Gelöbnis im Jahre 1704 während des bayrischen Rummels und wird seit dem jedes Jahr am vorletzten Sonntag im Oktober durchgeführt. Bis zu 40 Gespanne und 130 Pferde nehmen an diesem traditionellen Ritt teil. Aus vielen Teilen Tirols, Salzburgs und Bayerns kommen die Pferdehalter, um ihren Schutzpatron zu feiern. Den Hauptanteil der Pferde sind die Noriker, die heute wieder eine Wiedergeburt als Freizeit- und Arbeitspferd erleben.
  • Kundl (T), wiederbelebt 1963 zur Finanzierung der Restaurierung der Leonhardskirche. Vom Ortszentrum aus setzt sich am Sonntag nach dem 6. November eine Reiterprozession (ca. 80 bis 100 Reiter in Tracht) in Richtung Leonhardskirche in Gang. Es sind auch Bauern und Vereine der Umgebung dabei. Hinter der Reitergruppe fährt eine Kutsche mit dem Priester, der die Heilige Messe bei der Wallfahrt feiert.
  • Leogang (Sbg) und Sankt Leonhard bei Freistadt
  • Desselbrunn (Oberösterreich), erstmals 1945 und seither jährlich am Sonntag nach dem 6. November.

Die Bauern und Pferdebesitzer der jeweiligen Umgebung fahren dabei in Gespannen, sogenannten Truhenwagen, zum Wallfahrtsziel. Zum Beispiel:

  • in Bad Tölz zur Leonhardikapelle auf den Kalvarienberg nördlich in Bad Tölz.
  • in Benediktbeuern zum Innenhof der Abtei.
  • in Grafing zur um 1400 entstanden Wallfahrtskirche St. Leonhard.
  • in Rottenbuch zur Fohlenmarktwiese am Leonhardibrunnen mit Heiliger Messe und Pferdesegnung

Varia

Beim Wallfahrtszug mit Pferdesegnung sind zahlreiche heimische Trachten zu sehen. Die Wagen und Pferde werden festlich geschmückt. Mancherorts werden Figuren bzw. Reliquien des hl. Leonhard mitgeführt.

In Bad Tölz bildet den Abschluss der Wallfahrt das Leonhardidreschen (Goaßlschnalzen) in der berühmten Tölzer Marktstraße.

Manchmal wird versucht, den Unterschied zwischen Leonhardiritt und Leonhardifahrt daran festzumachen, dass bei dem Ritt ausschließlich Männer auf den Pferden reiten (so dass Frauen ausgeschlossen waren und bei manchen Ritten auch noch sind), während bei der Fahrt vor allem auch die Bäuerinnen, Mägde und Kinder gefahren werden.

Ähnliche Feste

Literatur

  • Zauner, Franz Paul: Siegertsbrunn, seine Leonhardi-Wallfahrtskirche und die Leonhardifahrt, ca. 1910; 1995
  • Schierghofer, Georg: Altbayerns Umritte und Leonhardifahrten, 1913
  • Hindringer, Rudolf: Weiheross und Rossweihe eine religionsgeschichtlich-volkskundliche Darstellung der Umritte, Pferdesegnungen und Leonhardifahrten im germanischen Kulturkreis, 1932
  • Der Leonhardiritt in Tölz, ca. 1936
  • Oswald, Marin: Chronik der Leonhardifahrt in Grafing, 1708-1966, 1967
  • Kapfhammer, Günther: Leonhardifahrt in Murnau, 1973
  • Stangl, Gabriele: Leonhardifahrt in Bad Tölz, 1977
  • Kapfhammer, Günther: St. Leonhard zu Ehren vom Patron der Pferde, von Wundern und Verehrung, von Leonhardifahrten und Kettenkirchen, 1977
  • Fischer, German: Leonhardsverehrung und Leonhardiritt seit 1803, Inchenhofen, 1992
  • Iser, Wunibald: Der Meilenhofener Leonhardiritt ein Bericht über die Wiederbelebung eines Brauchtums, in: Schönere Heimat, 1992
  • 375 Jahre Leonhardiritt in Guntersberg. Festschrift zum Jubiläumsritt am 9. November 1997, 1997
  • Schnitzer, Christoph: Die Tölzer Leonhardifahrt, 2005

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