Liberty Bell 7

Liberty Bell 7
Missionsemblem
Missionsemblem Mercury-Redstone 4
Missionsdaten
Mission: Mercury-Redstone 4 (MR-4)
NSSDC ID: MERCR4
Raumschiff: Liberty Bell 7
Trägerrakete: Redstone Mercury, Seriennummer MR-8
Besatzung: 1
Start: 21. Juli 1961, 12:20:36 UTC
Startplatz: LC-5, Cape Canaveral, Florida
Landung: 21. Juli 1961, 12:36:13 UTC
Landeplatz: Atlantik
Flugdauer: 15m 37s
Erdumkreisungen: suborbitaler Flug
Bergungsschiff: USS Randolph
Apogäum: 190,39 km
Zurückgelegte Strecke: 486,15 km
Maximale Geschwindigkeit: 8.317 km/h
Maximale Beschleunigung: 11,1 g
Mannschaftsfoto
Virgil Grissom
Virgil Grissom
Navigation
Vorherige
Mission:
Mercury-Redstone 3
Nachfolgende
Mission:
Mercury-Atlas 4

Die Mercury-Redstone 4 (MR-4) Mission am 21. Juli 1961 war der zweite US-amerikanische Weltraumflug im Rahmen des Mercury-Programms. Das Erreichen der Erdumlaufbahn war allerdings noch nicht geplant, vielmehr wurde ein suborbitaler Flug durchgeführt. Die Landekapsel versank nach der Wasserung, und der Astronaut Virgil Grissom konnte sich nur schwimmend retten.

Inhaltsverzeichnis

Besatzung

Im Januar 1961 wählte die NASA Virgil „Gus“ Grissom als Astronauten für die zweite suborbitale Mercury-Mission aus. Als Ersatzpilot wurde John Glenn eingeteilt. Erst am 15. Juli, wenige Tage vor dem Start, wurde dies der Öffentlichkeit bekannt gegeben.

Alle anderen Mercury-Astronauten waren dennoch an der Flugüberwachung beteiligt. Die Rolle des Verbindungssprechers (CapCom) übernahm Alan Shepard.

Vorbereitung

Das Mercury-Raumschiff (Seriennummer 11) wurde am 7. März 1961 in Cape Canaveral angeliefert, die Redstone-Rakete (Seriennummer 8) am 12. Juni.

Das Raumschiff wurde von Grissom „Liberty Bell 7“ benannt, nach der Form, die an die Freiheitsglocke in Philadelphia erinnerte. Während Shepard für den vorhergegangenen Flug die Nummer 7 wählte, weil sein Raumschiff die siebte dieser Serie war, entschied sich Grissom, nicht die 11 zu verwenden, sondern die 7 beizubehalten, als Zeichen für die sieben Astronauten des Mercury-Programms. NASA-Mitarbeiter malten sogar den charakteristischen Riss der Freiheitsglocke auf das Raumschiff.

Bei Liberty Bell 7 wurden gegenüber Freedom 7 zwei größere Konstruktionsänderungen vorgenommen. Ein neues, trapezförmiges Fenster erlaubte dem Astronauten eine bessere Sicht nach außen. Außerdem wurde die Ausstiegsluke mit einem Explosionssatz versehen, der die Luke nach der Landung nach außen absprengen sollte, um den Ausstieg zu erleichtern. Dieser neue Mechanismus sollte bei der Landung noch eine große Rolle spielen.

Am 25. Mai hielt Präsident John F. Kennedy seine historische Ansprache vor dem Kongress, in der er eine bemannte Landung auf dem Mond noch vor Ende des Jahrzehnts ankündigte.

Flugverlauf

Mercury-4-Start

Der Start war zuerst für den 18. Juli vorgesehen, wurde aber wegen schlechten Wetters auf den 19. Juli verlegt. Zehn Minuten vor dem Ende des Countdowns wurde aber auch dieser Start abgesagt und um zwei Tage verschoben.

Schließlich hob die Redstone-Rakete mit Liberty Bell 7 an der Spitze am 21. Juli ab. Nach zwei Minuten und 22 Sekunden schaltete das Triebwerk ab, und das Raumschiff löste sich von der Redstone-Rakete. Die Geschwindigkeit betrug zu diesem Zeitpunkt 2 km/s. Für etwa fünf Minuten befand sich Grissom in der Schwerelosigkeit.

Grissom konnte das Raumschiff um mehrere Achsen drehen. Nach Erreichen der Gipfelhöhe von 190 km zündete er die Bremsraketen. Während des Niedergangs beobachtete Grissom Risse im Fallschirm, die sich jedoch nicht vergrößerten. Schließlich wasserte Liberty Bell 7 nach einem Flug von 15 Minuten und 37 Sekunden 487 km entfernt vom Startpunkt.

Beinahekatastrophe nach der Wasserung

Bis zur Wasserung verlief der Flug ohne größere Probleme. Hubschrauber waren bereits zum Landeplatz geflogen, um den Astronauten an Bord zu nehmen sobald er die Landekapsel verlassen würde. Grissom war noch in der Kapsel, als der Sprengsatz der Luke ausgelöst wurde und der Lukendeckel fort flog. Im Nu schlug Wasser in das Innere der Kapsel.

Grissom hatte bereits den Helm und die Sauerstoffleitungen abgenommen und konnte sich durch die offene Luke ins Meer retten. Wäre er noch angeschnallt gewesen, wäre er unweigerlich ertrunken.

Den beiden Piloten des Hubschraubers, der am dichtesten bei Liberty Bell 7 war, gelang es noch, die Landekapsel an den Haken zu nehmen. Sie wollten sich gerade Grissom zuwenden, um ihn an Bord zu holen, als eine Warnlampe im Cockpit auf eine Überlastung der Motoren hinwies. Daraufhin wurde ein zweiter Hubschrauber zu Grissom beordert.

Grissom hatte zuerst keine Mühe sich über Wasser zu halten, weil ihm die Luft im Raumanzug genügend Auftrieb gab. Diese Luft entwich aber nach und nach durch die Nackenwulst, außerdem strömte Wasser durch die Anschlüsse der Sauerstoffleitungen, so dass es für ihn immer schwieriger war zu schwimmen. Zudem wurde Grissom durch die Wellen behindert, die der Rotorwind des zweiten Hubschraubers verursachte.

Er konnte einen Rettungsgurt ergreifen, der ihm zugeworfen wurde und konnte an Bord geholt werden, wobei er allerdings noch zweimal untergetaucht wurde. Insgesamt hatte Grissom etwa vier Minuten im Wasser verbracht.

In der Zwischenzeit hatten die Piloten des ersten Hubschraubers alle Versuche aufgegeben, die Kapsel zu retten. Vollgelaufen wog sie mehr als die Maschine heben konnte, und es bestand die Gefahr, dass die Motoren überlastet würden. Schließlich versank Liberty Bell 7 im Atlantik auf eine Tiefe von 5000 Metern.

Nachuntersuchungen

Bis heute ist nicht geklärt, warum der Lukendeckel abgesprengt wurde. Es gab zwei Auslösemechanismen: im Inneren der Landekapsel konnte der Pilot den Sprengsatz auslösen, und auch von außen konnten Rettungsmannschaften im Notfall einen T-förmigen Griff (t-handle) ziehen.

Die geborgene Liberty Bell 1999

Grissom widersprach heftig den Vorwürfen, dass er die Luke absichtlich oder unabsichtlich abgesprengt haben könnte. Bei späteren Mercury-Flügen trugen die Astronauten leichte Handverletzungen davon, als sie den Sprengsatz betätigten. Grissom hatte keine derartige Verletzung, ein Indiz dafür, dass er mit der Hand nicht am Auslösemechanismus war, als die Ladung zündete. Die Vorwürfe konnten bis zu seinem Tod, vier Jahre später beim Brand im Raumschiff Apollo 1, nicht vollständig ausgeräumt werden.

Eine Kommission unter Beteiligung des Astronauten Walter Schirra untersuchte den Vorgang und führte weitere Tests durch, doch konnte keine vorzeitige Explosion herbeigeführt werden. Ein Versuch, die Kapsel zu bergen misslang 1994, konnte aber 1999 erfolgreich durchgeführt werden. Die Kapsel ist heute im Kansas Cosmosphere ausgestellt.

Als aktuelle Theorie für den Hergang des Unglücks gilt folgende, jedoch wie alle anderen unbewiesene Variante:

Grissom beobachtete während des Sinkflugs am Fallschirm ein Loch in einem der Fallschirme, das in etwa der Größe der äußeren Abdeckung des Auslösers für die Sprengbolzen der Tür entsprach. Es wird angenommen, dass sich eine Leine des Fallschirms oder der Leuchtboje in dem Hebel verfangen haben und ihn nach der Landung auslösten.

Bedeutung für das Mercury-Programm

Auch wenn Liberty Bell zum Schluss verloren ging, hatte das Mercury-Raumschiff doch seine Flugfähigkeit unter Beweis gestellt. Weitere suborbitale Testflüge wurden gestrichen, der nächste Mercury-Flug sollte mit einer Atlas-Rakete in die Erdumlaufbahn führen, allerdings mit einem Affen als Besatzung.

Grissom hat den Verlust der Landekapsel nie überwunden. Auch wenn der Verdacht gegen ihn nie zweifellos ausgeräumt werden konnte, blieb er doch ein angesehenes Mitglied der Astronautengruppe und bekam später das Kommando über den ersten Zwei-Mann-Flug der Amerikaner (Gemini 3). Dieses Raumschiff nannte er Molly Brown, nach dem Broadway-Musical The Unsinkable Molly Brown, und hielt die Luke nach der Wasserung so lange wie möglich geschlossen.

Tragischerweise kostete Grissom eine andere Luke das Leben. Bei einem Test in einem Apollo-Raumschiff brach ein Feuer aus, und die Rettungsmannschaften konnten die Tür nicht rechtzeitig öffnen. Grissom starb zusammen mit Ed White und Roger Chaffee im Apollo-1-Raumschiff.

Siehe auch

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