Liquiditätspräferenz

Liquiditätspräferenz

Als Geldnachfrage (auch Liquiditätsnachfrage, Kassenhaltung) bezeichnet man den Bedarf der Wirtschaftssubjekte an Geld. Gemäß den Geldfunktionen wird Geld als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel sowie als Recheneinheit und Vergleichsmaßstab gebraucht und zu diesen Zwecken von den Wirtschaftssubjekten auch nachgefragt.

Inhaltsverzeichnis

Theorien der Geldnachfrage

Es gibt verschiedene Konzeptionen, die das Ziel haben, die Geldnachfrage der Wirtschaftssubjekte zu erklären. Grundsätzlich kann man dabei zwischen (neo-) klassischen und keynesianischen Ansätzen unterscheiden.

  1. Klassischer Ansatz: Ursache der Geldnachfrage sind v.a. Transaktionsmotive (etwa Güterkauf). Geld hat hier keinen Vermögensaspekt, weshalb die Vermögensübertragung in die Zukunft ausschließlich mittels Wertpapieren erfolgt. Die Nachfrage nach Realkasse ergibt sich aus der Quantitätsgleichung und wird durch das Einkommen determiniert. (In diesem Zusammenhang wird zwischen einen transaktionstheoretischen und einem Kassenhaltungansatz unterschieden, die im Wesentlich äquivalent sind.) Das Geldangebot sollte daher nur in dem Maße verändert werden, wie es aufgrund der Veränderung des Einkommens angebracht ist.
  2. Keynesianischer Ansatz: Geld besitzt aufgrund des Verfügungsrechts über alle anderen Güter und Vermögensaktiva eine herausragende Eigenschaft, die es zu einem nicht zu vernachlässigenden Element der Vermögensentscheidung werden lässt, die zu treffen ist zwischen Wertpapieren/Investitionen auf der einen und Geld auf der anderen Seite. Neben die Transaktionskasse tritt als weiteres Motiv der Geldhaltung die Spekulationskasse. Die grundsätzliche Berücksichtigung von Erwartungen über Zinsänderungen stellt dabei den im Vergleich zum klassischen Konzept neuen Aspekt der Spekulation dar.
  3. Postkeynesianischer Ansatz (James Tobin): Auf Grundlage der keynesianischen Konzeption entwickelten die Postkeynesianer einen portfoliotheoretischen Ansatz zur Erklärung der Geldnachfrage. Dabei unterstellen sie eine Substitutionsbeziehung zwischen Geld und Wertpapieren (bei Keynes eine komplementäre Beziehung) als Finanzaktiva, welche wiederum in einer Komplementärbeziehung mit Sachaktiva (Sachkapital) stehen. Ferner werden stochastische Erwartungen bei tendenziell risikoaversen Akteuren berücksichtigt.
  4. Monetaristischer Ansatz: Die Monetaristen (v.a. Friedman) entwickelten aufbauend auf der klassischen Doktrin die sog. Neoquantitätstheorie (Quantitätsgleichung mit einigen spezifischen Annahmen). In diesem (liberalen) Vermögensansatz besteht das Vermögen der privaten Wirtschaftsakteure aus Geld, Bonds, Aktien, sowie Sach- und Humankapital, wobei alle Aktiva in enger Substitutionsbeziehung zueinander stehen und Risiken weitgehend unberücksichtigt bleiben.

Bestandteile der Geldnachfrage

Transaktionskasse

Die Klassiker sehen in Geld vor allem ein Tauschmittel, welches den Tauschhandel zwischen spezialisierten Wirtschaftssubjekten erlaubt. Man spricht auch von der Transaktionskasse (LT = LT(Y)).

Die Nachfrage nach Geld als Zahlungsmittel ist gemäß der Quantitätsgleichung umso höher, je höher das Einkommen und das Preisniveau sind und je geringer die Umlaufgeschwindigkeit ist.

Spekulationskasse

Ergänzend zur (neo-) klassischen Betrachtungsweise ergänzte John Maynard Keynes in seinem Keynesianischen Totalmodell die Geldhaltung zu Transaktionszwecken um die Geldhaltung zu Wertaufbewahrungszwecken. Diese bezeichnete er als Spekulationskasse (LS = LS(i); i: Zins).

Individuen teilen ihr Vermögen auf in Geld und andere Reinvermögensbestandteile (etwa Sachkapital o.a.). Ihr Ziel ist es, das erwartete Vermögen zu maximieren (Diversifikationsaspekte zur Risikominimierung wurden ursprünglich nicht explizit betrachtet). Erwarten die Wirtschaftssubjekte beispielsweise fallende Wertpapierkurse (da in diesem Zusammenhang unter Wertpapieren i.d.R. Anleihen verstanden werden, korrespondieren fallende Kurse mit steigenden Renditen), dann bietet die Geldhaltung die Möglichkeit, erwartete Kursverluste zu vermeiden (Spekulationskasse). Allerdings bedingt das Halten von Geld Opportunitätskosten in Form entgangener Zinserträge. Die Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv ist deshalb negativ korreliert mit dem herrschenden Zinsniveau.

Vorsichtskasse

Neben der Spekulationskasse führte Keynes auch die Vorsichtskasse(Lv) ein. Sie enthält Geld, das von den Wirtschaftssubjekten (genauer: den Nichtbanken) gehalten wird, um unvorhergesehene Transaktionen durchführen zu können. Sie ist notwendig, weil die Wirtschaftssubjekte unsicher über ihre zukünftige Situation sind und diese nicht genau vorhersehen können.

Je höher das Einkommen, desto größer ist der reale Umfang der Vorsichtskasse. Das liegt daran, dass mit zunehmendem Einkommen auch mehr (vorhersehbare) Transaktionen getätigt werden (siehe Transaktionskasse), die wiederum Unsicherheiten über notwendige Ersatzkäufe oder Reparaturen mit sich bringen. Die Vorsichtskasse wird in Modellen häufig nicht eigenständig berücksichtigt, sondern zur Vereinfachung unter der Transaktionskasse subsumiert.

Literatur

  • Otmar Issing: Einführung in die Geldtheorie. Verlag Vahlen, 2003
  • Borchert, Manfred (2001): Geld und Kredit - Einführung in die Geldtheorie und Geldpolitik, 7. Auflage, München - Wien, R. Oldenbourg Verlag.

Weblinks


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