Lucena-Stellung

Lucena-Stellung

Ein Turmendspiel ist ein Endspiel in einer Schachpartie, in dem beide Parteien über keine anderen Steine als den König, Türme und/oder Bauern verfügen. Turmendspiele zählen zu den häufigsten Endspielen überhaupt. Die wichtigsten Grundregeln sind:

  • Türme gehören hinter die Bauern, sowohl hinter eigene als auch hinter gegnerische
  • Der König muss das Umwandlungsfeld des eigenen oder gegnerischen Bauern kontrollieren


Inhaltsverzeichnis

Turm gegen Bauer

Ist der König der Turmseite vor dem Bauern, dann gewinnt die Turmseite ohne Probleme. Kann der König der Turmseite jedoch nicht rechtzeitig eingreifen und wird der Bauer von seinem König unterstützt, dann endet die Partie remis. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann ein Bauer gegen den Turm gewinnen (vgl. Potter-Manöver und Saavedra-Studie).

Turm gegen verbundene Bauern

Befinden sich verbundene Bauern (bei beiderseits entfernten Königen) bereits auf der dritt- oder zweitletzten Reihe, dann gewinnen sie in der Regel gegen den Turm (vgl. Variante beginnend mit 32.Sd3 in der Partie Tylkowski - Wojciechowski, Poznań 1931). Es gibt allerdings manchmal für die Turmseite die Möglichkeit, mit andauernden Mattdrohungen die Umwandlung eines Bauern zu verhindern, wie im folgenden Beispiel.

Josef Moravec
28 Rijen, 1924
a b c d e f g h
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Weiß zieht und hält remis




Weiß hält hier wie folgt remis:
1.Kd5! g3 2.Kc6! g2 3.Tb1+! Ka7 4.Ta1+ Kb8 5.Tb1+ Kc8 6.Ta1! Kd8
Auf eine Umwandlung wäre 7.Ta8 matt gefolgt!
7.Kd6 Ke8 8.Ke6 Kf8 9.Kf6 Kg8
Nun verliert 10.Kg6? g1D+, aber es remisiert
10.Ta8+! Kh7 11.Ta7+ Kh6 12.Ta8! Kh5 13.Kf5 Kh4 14.Kf4 Kh5! remis
Natürlich nicht 14. ... Kh3?? 15.Th8 matt!


Eine (allerdings seltene) Methode im Kampf des Turmes gegen weit vorgerückte Freibauern ist das Prokeš-Manöver.

Turm und Bauer gegen Turm

Befindet sich der König der schwächeren Seite vor dem Bauern, dann ist der wahrscheinliche Partieausgang remis. Das einfachste Verteidigungsverfahren wurde bereits von Philidor gezeigt. Anderenfalls gibt es weitaus geringere Aussichten auf Rettung.

Lucena-Stellung

Lucena-Stellung
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Diagramm 1: Weiß am Zuge gewinnt.

Sogenannte „Lucena-Stellungen“ (zur umstrittenen Zuschreibung siehe Lucena) ergeben sich in solchen Turmendspielen, wenn der Bauer die vorletzte Reihe erreicht hat und der König der stärkeren Seite das Umwandlungsfeld besetzt.

Siehe Diagramm 1: Weiß gewinnt schematisch mit der Überführung seines Turmes nach c8, zum Beispiel:

1. Ta1 Kf7
2. Ta8 Tc1
3. Tc8 Td1
4. Kc7 Tc1+
5. Kb6 und gewinnt, da sich der König auf weitere Schachgebote dem Turm annähert und schließlich mit d7-d8D umwandelt.

Eine weitere Gewinnmöglichkeit in Diagramm 1 ist der Bau einer Brücke, der eigentlich die Abwehr eines störenden Schachgebots durch den Turm auf der richtigen Reihe darstellt:

1. Tf4 Kg6 (oder ein anderer Wartezug)
2. Ke7 Te2+
3. Kd6 Td2+
4. Ke6 Te2+
5. Kd5 Td2+
6. Td4 mit Gewinn.

Statt 1. Tf4 kommt der Weiße mit sofortigem 1. Ke7 nicht ans Ziel, es folgen ständige Schachs des schwarzen Turms:

1. ... Te2+
2. Kd6 Td2+ usw., entfernt sich dabei der weiße König zu weit von seinem Bauern, z. B. nach c4, folgt immer Td2 und Weiß kommt nicht weiter.

Ablenkung des Turmes

Eine instruktive Studie von Troizki zeigt eine Ablenkung des das Umwandlungsfeld des Bauers bewachenden Turms durch eine Gabel. Die Funktion des Turms, den Freibauern zu halten, kann auch durch eine Fesselung ausgeschaltet werden (vgl. die letzte Pointe im Lasker-Manöver).

Doppelangriff auf König und Turm

In der lehrreichen Studie von Selesnjow wird die umgewandelte Dame geopfert, um den König auf eine Angriffslinie zu lenken, auf der durch die Rochade ein Doppelangriff auf beide schwarze Figuren möglich wird.

Turm und Bauer(n) gegen Turm und Bauer(n)

Bei diesem Material lassen sich kaum allgemeine Regeln für die Beurteilung des Partieausgangs finden.

Ein wichtiges Manöver in diesem Endspiel ist der sogenannte Brückenbau: Der König des Bauern steht auf dem Umwandlungsfeld vor dem einzugsbereiten Bauern und ist von Turm und König des Gegners dort eingeklemmt. Im Manöver verlässt er sein Versteck und die Schachs des gegnerischen Turmes werden mit dem eigenen Turm überdeckt, was die Umwandlung sichert.

Ein anderes interessantes Gewinnverfahren, das so genannte Lasker-Manöver, wurde vom späteren deutschen Schachweltmeister gezeigt.

Türme ohne Bauern gegeneinander

Turm gegen Turm endet fast immer Remis, es sei denn, ein Turm geht durch einen Spieß verloren. Das kann sogar passieren, wenn der König seinen Turm deckt, aber nach einem Schachgebot diese Deckung nicht mehr ausreichend ist, weil beide Figuren des Gegners den Turm angegriffen haben. Der Schluss der Studie von Saavedra mit dem Doppelangriff auf König und Turm stellt eher eine Ausnahme dar.

Zwei Türme setzen sich gegen einen durch. Die Mansube aus dem 13. Jahrhundert zeigt eine interessante Kombination dazu.

Bei zwei Türmen gegen zwei gibt es neben den bereits genannten Kombinationsmotiven noch das Spiel auf Matt. Dies wurde vor allem von Henri Rinck erforscht.

Literatur

  • André Chéron: Lehr- und Handbuch der Endspiele. 2. Auflage, Band 1. Engelhardt, Berlin 1960
  • Wassili Smyslow, Grigori Löwenfisch: Theorie und Praxis der Turmendspiele. Schachverlag Rudi Schmaus, Heidelberg 1985.
  • Juri Awerbach: Turmendspiele. Sportverlag, Berlin 1986. ISBN 3-328-00091-7 (Band 1), ISBN 3-328-00092-5 (Band 2)
  • Viktor Kortschnoi: Praxis des Turmendspiels. 2. Auflage. Olms, Zürich 1999. ISBN 3-283-00287-8
  • John Nunn: Secrets of rook endings. 2. Auflage. Gambit Publications, London 1999. ISBN 1-901983-18-8

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