Ludwig Wilhelm Andreas Maria Thuille

Ludwig Wilhelm Andreas Maria Thuille

Ludwig Wilhelm Andreas Maria Thuille (* 30. November 1861 in Bozen; † 5. Februar 1907 in München) war ein österreichischer Komponist, Musikpädagoge und Musiktheoretiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geburtshaus Thuilles in Bozen

Thuille war der Sohn eines Bozner Kunst-, Buch- und Musikalienhändlers. Nachdem er mit fünf Jahren seine Mutter und als Elfjähriger den Vater verloren hatte, sorgte ein Onkel für die Ausbildung des musisch begabten Jungen im Gymnasium des Stifts Kremsmünster. Ab 1876 wohnte Thuille bei der Familie seiner Halbschwester in Innsbruck. Dort wurde seine musikalische Ausbildung von der Komponistenwitwe Pauline Nagiller gefördert, die Thuille 1877 ein umfassendes Kompositionsstudium bei Joseph Pembaur sen. vermittelte. 1879 zog Thuille nach München, um seine Studien an der Königlichen Musikschule bei Joseph Gabriel Rheinberger (Komposition), und Carl Bärmann (Klavierspiel) fortzusetzen. Sein Examen schloss er 1882 mit dem Vortrag eines selbst komponierten Klavierkonzerts erfolgreich ab.

Bereits 1883 wurde Thuille als Lehrer für Klavier und Harmonielehre an der Musikschule angestellt und 1888 zum Professor ernannt. Nach dem Tode Rheinbergers wurde Thuille 1903 dessen Nachfolger als Professor für Komposition. Zu seinen zahlreichen Schülern gehörten unter anderem Hermann Abendroth, Ernest Bloch, Walter Braunfels, Fritz Cortolezis, Walter Courvoisier, Rudolf Ficker, Clemens von und zu Franckenstein, Edgar Istel, Paul von Klenau, Franz Mikorey, Joseph Pembaur jun., August Reuß, Heinrich Kaspar Schmid, Rudi Stephan, Joseph Suder, Hermann Wolfgang von Waltershausen, Julius Weismann und Richard Wetz.

Thuilles Arbeit als Kompositionslehrer fand ihren Niederschlag in einer zusammen mit dem Musikschriftsteller Rudolf Louis verfassten Harmonielehre, die weite Verbreitung fand und als ein Standardwerk der musiktheoretischen Ausbildung gilt. Thuille erlebte ihre Veröffentlichung allerdings nicht mehr: Im Februar 1907 starb er im Alter von erst 45 Jahren an plötzlichem Herzversagen. Er hinterließ seine Ehefrau Emma geb. Dietl (1865-1946) sowie die Kinder Eduard Eugen (1888-1909) und Hedwig (1890-1964). Letztere heiratete später Thuilles Schüler Walter Courvoisier.

Thuille war seit 1877 mit dem Komponisten Richard Strauss befreundet. Ein für die künstlerische Entwicklung beider sehr aufschlussreicher Briefwechsel ist in Teilen erhalten geblieben.

Tonsprache

Der Schwerpunkt von Ludwig Thuilles Schaffen liegt auf Kammermusik und Bühnenwerken. Seine Kompositionen sind stilistisch der deutschen Spätromantik zugehörig. Thuille zeigte weniger Interesse daran, die Musik revolutionär zu erneuern, als traditionelle Elemente mit moderneren zu einem persönlichen Stil zu verbinden. So zeigt seine differenzierte Behandlung der harmonischen Mittel deutlich Einflüsse der Neudeutschen Schule, deren Musik ihm besonders durch den Komponisten Alexander Ritter, einem Freund Richard Wagners, nahe gebracht wurde. Im Gegensatz zur Kunstauffassung der Neudeutschen blieb Thuille in der formalen Gestaltung seiner Werke aber stärker den klassischen Traditionen verhaftet, die er zwar flexibel und abwechslungsreich handhabte, aber nicht zu sprengen trachtete. Auch der Programmmusik blieb er fern.

Rezeption

Gedenktafel an Thuilles Geburtshaus, 1922 gestiftet vom Musikverein der Stadt Bozen

Thuille war um 1900 eine der dominierenden Figuren des Münchner Musiklebens. Sein kompositorischer Stil übte auf viele seiner Schüler und Freunde einen nicht zu unterschätzenden Einfluss aus. In der Musikgeschichte spricht man darum auch von einer Münchner Schule. Neben Thuille als zentraler Gestalt werden auch Friedrich Klose, Richard Strauss, Max von Schillings und Hans Pfitzner zu ihren Hauptvertretern gerechnet.

Obwohl als Kompositionslehrer gefragt und mit seinen Opern relativ erfolgreich, verschwanden Thuilles Werke nach dem Ersten Weltkrieg allmählich von den Spielplänen. Über lange Zeit war der Komponist nur durch das Sextett op. 6 in den Konzertsälen vertreten. Seit den 1990er Jahren wird seinem Schaffen jedoch wieder verstärkte Aufmerksamkeit zuteil.

Werke (Auswahl)

Bühnenwerke

  • Theuerdank, Oper (Libretto: Alexander Ritter; UA München 1897)
  • Lobetanz, Oper (Libretto: Otto Julius Bierbaum; UA Karlsruhe 1898)
  • Gugeline op. 18, Oper (Libretto: O. J. Bierbaum; UA Bremen 1901)
  • Die Tanzhexe, Tanz-Melodram (Libretto: O. J. Bierbaum; 1900, UA Stuttgart 1909)
  • Der Heiligenschein, Oper (Libretto: Elas Laura von Wolzogen; 1905, unvollendet, UA München 1910 in von Walter Courvoisier instrumentierter Fassung)
  • Allegorisches Festspiel, Bühnenmusik (Text: Joseph von Schmaedel; UA München 1906)
  • Epilog, Bühnenmusik (Text: Richard Voß; UA Weimar 1907)

Vokalmusik

  • Fridolin, Kantate für Soli, Männerchor und Orchester (nach Friedrich Schiller, 1893)
  • 12 Männerchöre
  • zahlreiche Lieder für Singstimme und Klavier

Orchestermusik

  • Frühlingsouvertüre (1880)
  • Klavierkonzert D-Dur (1882)
  • Symphonie F-Dur (1886)
  • Romantische Ouvertüre op. 16 (1896)

Kammermusik

  • Streichquartett Nr. 1 A-Dur (1878)
  • Violinsonate Nr. 1 d-Moll op. 1 (1880)
  • Orgelsonate a-Moll op. 2 (1880)
  • Klavierquintett Nr. 1 g-Moll (1880)
  • Streichquartett Nr. 2 G-Dur (1881, unvollendet)
  • Trio für Klavier, Violine und Viola Es-Dur (1885)
  • Sextett für Klavier, Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott F-Dur op. 6 (1888)
  • Klavierquintett Nr. 2 Es-Dur op. 22 (1901)
  • Violoncellosonate d-Moll op. 22 (1902)
  • Violinsonate Nr. 2 e-Moll op. 30 (1904)

Literatur

  • Ludwig Thuille, hrsg. von Hans Schneider, Tutzing 1993 (= Komponisten in Bayern 16).
  • Richard Strauss – Ludwig Thuille. Ein Briefwechsel, hrsg. von Franz Trenner, Tutzing 1980 (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft 4).

Weblinks


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