Luise Nordmann

Luise Nordmann

Harfenjule war das Pseudonym von Luise Nordmann, geb. Schulz (* 6. September 1829 in Potsdam; † 12. Januar 1911 in Berlin), wurde aber dann auch zum allgemeinen Begriff für Straßensängerinnen.

Die Harfenjule gilt als Berliner Original. Im kaiserlichen Berlin wurde sie durch ihre Auftritte als Straßenmusikantin bekannt und durch Berichte in verschiedenen Zeitungen über die Stadt hinaus populär. Dabei wurde jedoch häufig die Notlage der Luise Nordmann verschwiegen und mehr auf populäre Folklore Wert gelegt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Von Geburt an blind, konnte Luise nach einer Operation durch den berühmten Augenarzt Albrecht von Graefe in der Kindheit zumindest mit einem Auge etwas sehen. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie durch Singen auf den Höfen der Berliner Wohngegenden, wobei ihre Stimmbegabung entdeckt wurde und sie Gesangsunterricht erhielt. Im Jahr 1865 heiratete Luise Scholz den Puppenspieler Emil Nordmann und trat mit ihm gemeinsam als Schausteller in einem Wandertheater auf. Nachdem ihr Mann und ihre Kinder 1871 gestorben waren, zog sie nach Schöneberg, das damals noch nicht zu Berlin gehörte. Dort lebte sie bis zu ihrem Tode zusammen mit ihrer Schwägerin in einer Kellerwohnung. Den Lebensunterhalt für sich und die Familie verdiente sie nun wieder mit Gesang und Harfenspiel in den Berliner Hinterhöfen.

Ihr Auftreten mit schwarzem abgewetztem Strohhut und Handharfe wurde mehrfach in Skulpturen und Bildern festgehalten, unter anderem auch von Heinrich Zille.

Gedenkstein der Harfenjule auf dem Luther-Kirchhof in Berlin-Lankwitz

Harfenjule wurde auf dem Parkfriedhof in Lichterfelde beigesetzt, der als Prominentenfriedhof galt. Das Grab wurde im Verlauf des Zweiten Weltkriegs zerstört. Eine Privatinitiative setzte ihr 1969 auf dem Luther-Kirchhof in Berlin-Lankwitz einen Gedenkstein.

Im Volksmund lebte Luise noch lange fort und man sagte von ihr:

„Ick bin die Harfenjule mit jroßem Pompadur,
in janz Berlin und Rixdorf spiel ick die Harfe nur!“

Wirkung in Kunst und Literatur

Klabund setzte der historischen Harfenjule ein literarisches Denkmal. 1927 veröffentlichte er den Gedichtband "Die Harfenjule. Neue Zeit- Streit- und Leidgedichte von Klabund". Seine Gedichte, Chansons und Bänkellieder greifen ins pralle Leben des Berliners der zwanziger Jahre. Kurt Tucholsky bescheinigte in der Weltbühne diesem Gedichtband hohe Qualität und eine Frische, die auch noch nach achtzig Jahren nicht ganz vergangen sein werde.

1982 erschien im Eulenspiegel Verlag ein Sammelband „Die Harfenjule“ mit Klabundgedichten. Leider sind in diesem Band die Lieder der originalen Harfenjule weggelassen worden. Gedichte aus anderen, älteren Veröffentlichungen oder dem Nachlass wurden hinzugefügt.

Lied der Harfenjule

(Klabund)

Emsig dreht sich meine Spule
Immer zur Musik bereit,
Denn ich bin die Harfenjule
Schon seit meiner Kinderzeit.

Niemand schlägt wie ich die Saiten,
Niemand hat wie ich Gewalt.
Selbst die wilden Tiere schreiten
Sanft wie Lämmer durch den Wald.

Und ich schlage meine Harfe,
Wo und wie es immer sei,
Zum Familienbedarfe,
Kindstauf oder Rauferei.

Reich mir einer eine Halbe
Oder einen Groschen nur.
Als des Sommers letzte Schwalbe
Schwebe ich durch die Natur.

Und so dreht sich meine Spule,
Tief vom Innersten bewegt,
Bis die alte Harfenjule
Einst im Himmel Harfe schlägt.

Literatur

  • Gerhard Flügge: Serie Berliner Originale (Teil 4) in der Rubrik „Berliner ABC“, „Berliner Zeitung“, 1971
  • Klabund: Gesammelte Werke, Wien, Phaidon Verlag 1930
  • Klabund: Die Harfenjule, Neue Zeit, Streit- und Leidgedichte von Klabund, Berlin, Verlag die Schmiede 1927
  • Klabund: Die Harfenjule, Gedichte, Berlin, Eulenspiegel Verlag 1982 (3. Auflage 1989)

Siehe auch


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