MOUT

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Häuserkämpfe in Stalingrad.

Der Häuserkampf ist ein militärischer Begriff und bezeichnet den Kampf um ein dicht bebautes Gebiet. Neben den Mitteln moderner Kampfführung und dem Einsatz von Distanzwaffen ist er geprägt vom Kampf auf nahe Entfernungen, Mann gegen Mann. Der Häuserkampf unterscheidet sich von dem Kampf im offenen Gelände, dem klassischen Schlachtfeld, vor allem durch das Hinzufügen der dritten Dimension, die extrem kurzen Gefechtsdistanzen und die Möglichkeit, sich unterirdisch (z. B. U-Bahn- oder Kanalnetz) zu bewegen. (Englisch auch: FIGHT IN BUILDT UP AREA – FIBUA) Der englische/amerikanische Begriff der MOUT: Military Operations in Urban Terrain, umschreibt alle militärischen Operationen im urbanen Gelände einschließlich des Häuserkampfes.

Inhaltsverzeichnis

Taktik im Häuserkampf

Allgemeines

Kennzeichnend für den Stadtkampf ist, dass der Gegner seine technische Überlegenheit nur schwer am entscheidenden Punkt konzentrieren kann und seine überlegenen Feuermittel nur begrenzt einsetzen kann und diese eine eingeschränkte Wirkung haben.

Geschichte

Straße in Lille 1914 nach Kämpfen

In den Häuserkämpfen des Zweiten Weltkrieges wurde erstmals intensiv an Taktiken gearbeitet, um ein Haus mit möglichst geringen Verlusten einnehmen zu können. Vor allem in den monatelangen Häuserkämpfen in der Schlacht von Stalingrad waren die Soldaten mit der Situation überfordert und mussten erst neue Taktiken entwickeln.

Neben rein infanteristischen Taktiken (Gliederung in Stoßtrupps) wurden beim Häuserkampf auch Taktiken zum über das Standard-Einsatzgebiet hinausgehenden Einsatz schwerer Waffen (Nutzung von Geschützen innerhalb Häusern, Einsatz von Panzerabwehrwaffen zur Ausschaltung von Stellungen etc.) entwickelt. Grundsätzlich ist ganz besonders die Kreativität der militärischen Führer und der Soldaten gefordert, die dann in die Weiterentwicklung der Taktik einfließt.

Defensivtaktik

Die Verteidiger versuchen, ihre Stellungen durch Sandsäcke und Maschendraht an den Fenstern, Sprengfallen an den Eingängen und durch Durchbrechen von Kellerwänden als Fluchtwege sowie durch sich überschneidende Feuerbereiche zu sichern. Dringt der Angreifer in einen Gebäudekomplex ein, reichen oft geringe Kräfte, um ihn im Gegenangriff wieder zurückzuwerfen, da im Häuserkampf schnell Kooperation und Verbindung verloren gehen.

Zerstörungen in bebauten Gebieten, wie Häuserruinen, kommen den Verteidigern zugute. Sie bieten Deckungsmöglichkeiten und behindern einen raschen und sicheren Vormarsch des Angreifers.

Offensivtaktik

Der Angreifer versucht, den Verteidiger durch intensives Feuer nieder zu halten, und greift vor allem mit Sprengkörpern und Nahkampfwaffen an, wobei er versucht möglichst nicht über offenes Gelände vorgehen zu müssen, d. h. sich von Haus zu Haus durch Mauerdurchbrüche vorzuarbeiten. Die Vorgehensweise ist langsam, aufwendig und riskant, weil die Situation in den Häusern im Allgemeinen unklar ist und einen hohen Verbrauch an Sprengmitteln und Munition erfordert. Soweit möglich wird versucht Häuser von oben nach unten zu durchkämmen, weil eines der Hauptkampfmittel im Häuserkampf, die Handgranate, so am besten einzusetzen ist. Grundsätzlich greift man in Stoßtruppgliederung an. Die Deckungsgruppe setzt das anzugreifende Haus unter Sperrfeuer, um die Verteidiger in die Deckung zu zwingen. Parallel wird versucht, mit schweren Waffen eine Bresche in das anzugreifende Haus zu schießen bzw. zu sprengen. Danach greift die Sturmgruppe unterteilt in einzelne Drei-Mann-Sturmtrupps an. Nach Überwinden der äußeren Hindernisse (Sprengung durch Spreng- und Blendtrupp) wird versucht, die vorbereitete Bresche im Haus bzw. eine Tür/Fenster zum Eindringen zu nutzen. Der erste Sturmtrupp (drei Soldaten) dringt mit Handgranaten und Maschinenpistolen in den ersten Raum ein. Dies bedeutet, dass vor dem Sturm des Raumes eine Handgranate geworfen wird und nach der Explosion aus der Deckung heraus blind ein Feuerstoß in den Raum abgegeben wird. Nachdem dieser Raum feindfrei ist, rückt der nächste Sturmtrupp nach. Der Kampf Raum zu Raum wird dann überschlagend weitergeführt. Das Prinzip ist immer gleich (Handgranate, Feuerstoß in den Raum, Eindringen, Melden der örtlichen und Feindlage, Raum feindfrei, nachrücken).

Beim Angriff auf eine Stadt oder ein größeres bebautes Gebiet wird dieses in der Regel zuerst umgangen und eingeschlossen. Danach rücken Kampfverbände entlang der Hauptverkehrsachsen in das Zentrum der Stadt vor und besetzen wichtige Einrichtungen. Die einzelnen Stadtteile werden dabei isoliert und später durchkämmt. Wichtige Objekte sind dabei hohe, beherrschende Gebäude (bieten Überblick), Verwaltungsgebäude (sichern die Kontrolle über die Bevölkerung), ökonomische Schlüsselobjekte (Wasser, Strom, Gas, etc.).

Waffen für den Häuserkampf

Primäre Handwaffen

Deutsche Soldaten durchsuchen ein Haus. Sie sind dabei mit dem Gewehr G36 (aufgrund der Enge Schulterstütze eingeklappt) und der Pistole P8 bewaffnet.

An eine Primärwaffe für den Häuserkampf bestehen verschiedene grundlegende Anforderungen:

  • Hohe Trefferwahrscheinlichkeit auf kurze Entfernung bei beweglichen Zielen.
  • Hohe Wirkung der Waffe im Ziel, um weitere Aktivitäten des Feindes, der sich in unmittelbarer Nähe befindet, zu verhindern.
  • Gute Handhabbarkeit: In engen Räumen muss die Waffe bei überraschend auftauchendem Feind schnell ins Ziel geführt werden können. Wird eine Hand für andere Aktivitäten benötigt (z. B. Türen öffnen), kann die Möglichkeit zur Einhandbedienung von Vorteil sein.

Diese Forderungen werden von verschiedenen Waffen unterschiedlich erfüllt.

Hauptsächlich kommen beim Häuserkampf Sturmgewehre (G36, M4 etc.) und Handgranaten zum Einsatz. Um die Handhabbarkeit in engen Räumen zu verbessern, kann bei dem von der Bundeswehr verwendeten Gewehr G36 bzw. dem amerikanischen M-4 die Schulterstütze eingeklappt oder eingeschoben werden.

Sekundäre Handwaffen

Als Sekundärwaffen werden Pistole, Maschinenpistole, Maschinengewehr, Granatwerfer, Granatpistole und tragbare Raketenwaffen (Panzerfaust 3, RPG-7, M72 LAW, FGM-148 Javelin) verwendet. Mögliche Wirkungen der Granaten und Raketen sind Splitter-, Spreng-, Brand-, Rauch-, Gas- oder Blendwirkung. Spezielle Gefechtsköpfe nach Art einer Aerosolbombe, wie bei der RPG-7 verwendet, erzeugen zunächst ein feinverteiltes Brennstoff-Luft-Gemisch. Dieses Gemisch kann leicht in Gebäude und Deckungen eindringen und sich dort verteilen. Anschließend wird das Gemisch entzündet und entfaltet eine große Wirkung durch Druck und Hitze.

Sprengmitteln und indirekten Granatenwaffen kommt eine hohe Bedeutung zu. Einerseits benötigen sie keine direkte Schusslinie, welche oft versperrt ist, andererseits muss sich der Schütze keinem direkten Feindbeschuss aussetzen. Gleichzeitig dienen Sprengmittel der „Modellierung“ des Gefechtsfeldes, z. B. durch Mauerdurchbrüche.

Früher wurden nach Möglichkeit oft Flammenwerfer eingesetzt, die aber heute nicht mehr gebräuchlich sind.

Hilfsmittel

Im Orts- und Häuserkampf kommen auch verschiedene Werkzeuge wie z. B. Äxte, Brechstangen, Leitern und auch Sprengladungen zum Einsatz, um sich Zugang zu Gebäuden zu verschaffen.

Schwere Waffen

Im Zweiten Weltkrieg verwendete die Wehrmacht im Orts- und Häuserkampf Sturmgeschütze, um die Infanterie zu unterstützen. In Einzelfällen wurde der schwere Sturmpanzer VI „Sturmtiger“ eingesetzt, um Gebäude zu zerstören.

Heutzutage hat die Infanterie meistens Schützenpanzer, Kampfpanzer, Artillerie- und Luftunterstützung zur Verfügung, um den Gegner im Kampf der verbundenen Waffen zu bezwingen.

Bedeutung im 21. Jahrhundert

Soldaten des US Marine Corps beim MOUT-Training (2002)

Bereits jetzt lebt ein beträchtlicher Teil der Weltbevölkerung in urbanen Gebieten, besonders auch in jenen Regionen, die als Krisenherde gelten. Die Entwicklung einer umfassenden Doktrin für militärische Operationen in bebautem Gelände versucht dieser Tatsache Rechnung zu tragen. Als Vorbild gelten dabei unter anderem die Erfahrungen der israelischen Streitkräfte in den Libanonfeldzügen und beim Einsatz in den besetzten Gebieten. Auch die Entwicklung militärischer Technik steht verstärkt unter dem Aspekt urbaner Einsatzszenarien. Dabei geht die Tendenz zur weiteren Nutzung verbesserter Sensoren, Echtzeitkommunikation mit der Einsatzleitung und dem vermehrten Einsatz von Drohnen. Beim Großgerät, wie Kampfpanzern und Radfahrzeugen soll deren Nutzbarkeit durch neue Munitionssorten und besseren Schutz gegen Hinterhalte erweitert werden.

Dabei tritt zunehmend das „klassische“ Erobern von Ansiedlungen in den Hintergrund und das dauerhafte Kontrollieren von Städten in den Vordergrund. Wichtigstes Beispiel sind die Auseinandersetzungen der US-Besatzungstruppen mit Aufständischen im Irak seit 2003: Dabei geht es nicht um das Erobern der Städte, sondern um die Durchsetzung eines Gewaltmonopols der mit den USA verbündeten irakischen Regierung. Die Beteiligung irregulärer Kämpfer und der gleichzeitige Alltag einer anwesenden Zivilbevölkerung stellen weitere Herausforderungen dieses „neuen“ Häuserkampf dar.

Militärische Schlachten, die hauptsächlich vom Häuserkampf geprägt waren

Paramilitärische Operationen des Orts- und Häuserkampfs

Siehe auch

Literatur

  • Stephan Maninger: Häuserkampf im ‚Globalen Dorf’ – Anmerkungen zur urbanen Kriegsführung westlicher Streitkräfte. Wissenschaft und Sicherheit, Texte des Arbeitskreises Sicherheitspolitik an Hochschulen, Nr. 5, Bonn, März 2005.
  • US Department of Defense: US Army Ranger Handbook. Fort Benning, GA 2000.

Weblinks


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