MSB-Spartakus

MSB-Spartakus
Wandzeitung der MSB-Spartakus-Gruppe der Universität Hohenheim (1973)
MSB-Aktion gegen den Radikalenerlass, Plakat 1975
rote blätter, monatlich erschienenes Studentenmagazin des MSB, Plakat 1975
MSB-Solidaritätsaktion für eine landwirtschaftliche Kooperative, Portugal 1975
Marken zur materiellen Unterstützung des MSB (1979)
MSB-Plakat zu den XI. Weltfestspielen 1978 in Cuba
MSB-Spendenmarke zur materiellen Unterstützung der Befreiungsbewegung in Südafrika (1977)

Der Marxistische Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) bestand von 1971 bis 1990 in der damaligen Bundesrepublik und war vor allem in den 1970er Jahren ein bundesweit einflussreicher Studentenverband mit zeitweise bis zu 6.500 Mitgliedern. Er stand der DKP nahe und wurde nach dem Zusammenbruch der DDR aufgelöst.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Seine Wurzeln hatte der MSB in der Studentenbewegung der 1960er Jahre. Damals hatte sich innerhalb des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) ein „marxistischer Kern“ gebildet, der sich von der „antiautoritären“ Strömung im SDS trennte und 1969 an den Universitäten Köln und Bonn die Assoziation Marxistischer Studenten bildete. Aus diesem zunächst eher lockeren Zusammenschluss entstand dann am 22. Mai 1971 der Marxistische Studentenbund Spartakus als bundesweite Organisation. Dieser stand der DKP nahe und errang – nicht zuletzt aufgrund seiner festen Aktionsgemeinschaft mit dem Sozialistischen Hochschulbund (SHB) – über Jahre hinweg einen dominierenden Einfluss in den örtlichen Studentenschaften und deren Dachverband VDS. Seit Ende der 1970er Jahre verloren MSB und SHB aber zunehmend Stimmenanteile an die SPD-nahen Juso-Hochschulgruppen und grün-alternative Basisgruppen.

Viele Mitglieder des MSB waren während ihres Studiums, z. B. bei der Bewerbung für akademische Hilfstätigkeiten, und nach Beendigung ihres Studiums (meist bei Bewerbungen für den öffentlichen Dienst) vom Radikalenerlass betroffen, weswegen Aktionen zur Beseitigung dieses Erlasses zu einem wichtigen Teil seiner Politik wurde.

Der MSB gab ein monatliches Studentenmagazin mit dem Namen "Rote Blätter" heraus, deren Chefredakteur in den 1970er Jahren Franz Sommerfeld war, der heutige Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers. Die letzte Ausgabe erschien im Oktober 1989.

Die letzte Bundesvorsitzende, Anja Maschinsky, gehörte - wie auch ihre drei Vorgänger Bernd Gäbler, Thomas Harms und Thomas Riecke sowie die Mehrheit des Verbandes - Ende der 1980er Jahre dem sog. Erneuererflügel in der DKP an, der in Opposition zur Mehrheit des Parteivorstands um Herbert Mies und Ellen Weber versuchte, die Grundsätze von Gorbatschows Perestrojka auf die DKP zu übertragen.

Politische Ziele und Leitlinien

Studentenschaft

Hauptaktionsfeld war die „Mitarbeit in allen Gremien der studentischen Selbstverwaltung“ (Fachschaften, AStA usw.) und im Dachverband VDS; Gute Organisation des öffentlichen Auftretens und politische Disziplin in der internen Gruppenarbeit wurden mit als wesentliche Erfolgsvoraussetzungen angesehen. Konsequente Fehleranalysen sollten vermeidbare Misserfolge verhindern und die Effektivität der politischen Arbeit an den Hochschulen steigern. Zusammenarbeit mit sozialdemokratischen bzw. sozialistischen Gruppen wie Jusos und SHB (genannt auch: „Aktionseinheit“) wurde einerseits zur Durchsetzung eigener Forderungen zielgerichtet angestrebt, andererseits sollte dadurch auch eine Vergrößerung des marxistischen Einflusses vor allem in sozialdemokratischen Studenten-Organisationen erreicht werden. Eine "Verankerung", d.h. beste Integration der einzelnen MSB-Mitglieder in der Studentenschaft galt als unabdingbare Voraussetzung jeglicher Politik. Den Kommilitonen waren neben konkreten Hilfen zur Bewältigung des Studiums auch Kultur- und Freizeitinitiativen anzubieten, was wiederum einer zielgerichteten Mitgliederwerbung dienen sollte. MSB-Mitglieder hatten die „Auseinandersetzung mit bürgerlichen Lehrmeinungen“ in die Veranstaltungen zu tragen und sich Kenntnisse über sozialistische Theorien bzw. Theoretiker anzueignen; hauptsächlich waren das die Schriften von Marx, Engels und Lenin. Politisch hatte der Verband eine Frontstellung gegenüber dem RCDS sowie gegenüber Gruppen, die sich an den Lehren von Mao Zedong orientierten wie z. B. der KBW. In den 1980er Jahren traten MSB und SHB oft gemeinsam als „gewerkschaftlich orientierte“ Studenten (sog. GO’ler) gegen die sog. autonomen oder undogmatischen Linken auf.

Universität

Realisiert werden sollte eine „Demokratisierung der Universitäten“, d. h. Sicherstellung möglichst großer Einflüsse seitens der Bediensteten (incl. deren gewerkschaftlichen Vertretungen) und Studenten bezüglich Lehre, Forschung und Verwaltung.

Soziale Lage der Studenten

Erste Priorität hatte die Vertretung der unmittelbaren sozialen Interessen der Studenten (d.h. individuelle und institutionelle Verbesserung der Studienbedingungen). Die MSB-Mitglieder verstanden sich als Avantgarde und hatten somit auch Vorbildfunktionen durch gute Studienerfolge zu übernehmen. Im Hinblick auf das spätere Berufsleben sollte den zukünftigen Akademikern vermittelt werden, dass sie unter privatwirtschaftlichen Bedingungen keinerlei Privilegien mehr zu erwarten hätten und deshalb ihr Platz an der Seite der Lohnabhängigen wäre. Es gehörte zu den Grundsätzen des MSB, dass sich Studenten in einer DGB-Gewerkschaft, meist in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), organisieren sollten („gewerkschaftliche Orientierung“). Aus diesem Blickwinkel war es wichtig, die Qualität des Studiums zu verbessern, um in der Arbeitswelt flexibel und disponibel zu sein, um seine „Ware“ Arbeitskraft optimal „verkaufen“ zu können.

Westdeutschland

Gesamtgesellschaftlich hieß die Perspektive „Sozialismus“. Der MSB verstand sich deshalb als eine Organisation, die „Teil des Ringens für Demokratie und Sozialismus“ war. Daraus resultierte die „enge Verbundenheit mit der DKP“, deren politische Analyse und längerfristige Strategie als Handlungsgrundlage übernommen wurde. Die DDR wurde als der andere deutsche Staat anerkannt, der die richtigen Lehren aus der deutschen Geschichte gezogen und den Sozialismus weitgehend verwirklicht habe. Ab 1980 unterstützte der MSB stark die Friedensbewegung in Westdeutschland.

International

Als unerschütterlich galt die „Freundschaft zur Sowjetunion“, sowie zu den Parteien und Verbänden des damaligen sozialistischen Systems („Ostblock“). So wurden häufig auch deren Unterstützungskampagnen für sog. „revolutionären Bewegungen“ in aller Welt übernommen. Die globale Orientierung des MSB wurde entsprechend einem ideologischen Ansatz, formuliert durch die KPdSU, geprägt. Es war die Theorie der „drei revolutionären Hauptströme“. Entsprechend dieser sollte eine Gesamtkraft, resultierend aus (1.) den aufstrebenden sozialistischen Staaten, (2.) den erstarkenden revolutionären Befreiungsbewegungen in der „dritten Welt“ und (3.) den sozialistischen Organisationen innerhalb der westlichen Industriestaaten (d.h. an dieser Stelle auch der MSB) die kapitalistische Weltordnung abschaffen. In diesem theoretischen Kontext definierte er seinen „Internationalismus“, wonach Zusammenarbeit mit ausländischen Studenten, wie auch Solidaritätsaktionen wichtige Teile der MSB-Politik waren.

Auflösung und Nachfolgeorganisationen

Nach dem Zusammenbruch der DDR wurde der MSB im Jahre 1990 aufgelöst; einzelne Hochschulgruppen bestanden allerdings noch einige Zeit länger. 1997 wurde in Leverkusen eine bundesweite Assoziation Marxistischer Studierender (AMS) gegründet, die sich ausdrücklich als Nachfolgeorganisation des MSB versteht und daher bewusst den Namen des MSB-Vorläufers von 1969 annahm.

Daneben gab es aber bis Dezember 2008 auch eine MSB-Gruppe an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die nach eigenen Angaben jedoch eine Neugründung ohne personelle, organisatorische oder programmatische Verbindungen zum „alten“ MSB darstellte.

Literatur

  • Mit Spartakus im Spartakus. Protokoll des 1. Bundeskongresses des Marxistischen Studentenbundes Spartakus – 20. und 21. Mai 1971; Bonn 1971
  • Bundesvorstand des MSB Spartakus (Hg.): Für die eigenen Interessen kämpfen, mit der Arbeiterklasse verbünden. Programm für das gemeinsame Handeln der Studenten; Bonn: MSB Spartakus, [1984]
  • Marxistischer Studentenbund Spartakus: MSB Spartakus. 1971–1986; [Bonn: MSB Spartakus, Bundesvorstand, 1986]
  • Marxistischer Studentenbund Spartakus (Hrsg.): … und kein bißchen heiser; Lieder aus der Studentenbewegung; Dortmund: Weltkreis, 1978; mit einem Vorwort von Hannes Wader
  • Frauen im MSB Spartakus / MSB, Marxistischer Studentenbund Spartakus: Frauenpower gegen Reaganschauer. Standpunkte: Frauen an der Uni, Frauen für den Frieden, Rotstiftpolitik, Vergewaltigung, Alternativrolle Hausfrau?; [Bonn:] MSB Spartakus, [1982]
  • Hartmut Weyer: MSB Spartakus. Von der studentischen Protestbewegung zum Klassenkampf; Stuttgart 1973
  • Wolfgang Sprogies: MSB Spartakus; Bonn: SLB (Sozialliberaler Hochschulverband), Bundesvorstand, 1979
  • Helmut Bilstein [u. a.].: Organisierter Kommunismus in der Bundesrepublik Deutschland. DKP, SDAJ, MSB Spartakus, KPD, KPD (ML), KBW; Materialien zur politischen Auseinandersetzung mit kommunistischen Parteien und Gruppen; Veröffentlichung der Landeszentrale für Politische Bildung, Hamburg; Hamburg: Landeszentrale für Politische Bildung, 1974 (19774)
  • Gerd Langguth: Protestbewegung. Entwicklung – Niedergang – Renaissance; Köln 1983; zum MSB S. 162–182

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