MS Seattle

MS Seattle
Seattle

Dicht bewachsenes Geländer am Heck des Wracks der Seattle
Technische Daten (Überblick)
Schiffstyp: kombiniertes Fracht- und Passagierschiff
Einsatzzweck: Transatlantik-Linienverkehr
Schiffsvermessung: 7.369 BRT
Länge (LüA): 146 m
Breite (BüA): 18,7 m
Schiffsantrieb: 2 x MAN Siebenzylinder-Zweitaktdiesel mit 5.400 PS
2 Propeller
Geschwindigkeit: 14 Knoten
Besatzung: 63
Werft: Deutsche Werft AG Hamburg-Finkenwerder
Stapellauf (Schiffstaufe): 1928
Indienststellung:
Schicksal: Am 9.April 1940 nach Artillerie- oder Bombentreffer bei Kristiansand (Norwegen) gesunken.

Die Seattle war ein kombiniertes Fracht- und Passagierschiff der Reederei HAPAG in Hamburg, das 1928 vom Stapel lief, 1940 während der Operation Weserübung bei Kristiansand versenkt wurde und heute ein beliebtes Wrack für Sporttaucher ist.

Bau und Einsatz

Die Seattle gehörte zu einer Serie von fünf baugleichen Schiffen, die 1928-1929 für die HAPAG gebaut und nach amerikanischen Städten benannt wurden. (Seattle, Los Angeles, San Francisco, Portland und Oakland). Sie waren als kombiniertes Fracht- und Passagier-Motorschiffe konzipiert und für den Linienverkehr zur Westküste der USA vorgesehen. Sie bot Platz für 48 Passagiere und verfügte über Laderäume mit 13.619 Kubikmetern. Die Seattle lief 1928 bei der Deutschen Werft AG Hamburg-Finkenwerder vom Stapel und absolvierte noch im selben Jahr ihre Jungfernfahrt. In den folgenden Jahren pendelte sie drei mal pro Jahr zwischen Deutschland und der Westküste der USA. Ab 1938 stand sie unter dem Kommando von Kapitän Hermann Lehmann, der das Schiff bis zu seinem Untergang führte. Die letzte Reise der Seattle begann im Mai 1939 und führte durch den Panamakanal nach Los Angeles, San Francisco und Tacoma. Auf dem Heimweg fing die Besatzung der u.a. mit Südfrüchten, Holz, Stückgut, Fellen, Honig, Kaffee und Tee beladene Seattle ein Funksignal der Kriegsmarine auf, das eine schnelle Rückkehr nach Deutschland wegen Kriegsgefahr anordnete. Alternativ schrieben die für diese Lage vorbereiteten Instruktionen das Einlaufen in einen neutralen Hafen vor. Da die Seattle in der vorgegebenen Zeit Deutschland nicht erreichen konnte, lief sie Willemstad auf der zu den Niederländischen Antillen gehörenden Insel Curacao an, wo sie am 29. August 1939 eintraf. Zusammen mit einigen anderen deutschen Schiffen, darunter dem HAPAG-Dampfer Vancouver, wurde die Seattle von den niederländischen Behörden festgehalten und unter Aufsicht gestellt. Nach einiger Zeit mussten die Deutschen in die ungeschützte San Miguel-Bucht wechseln, wo sie von alliierten Kriegsschiffen überwacht wurden. Die deutschen Kapitäne trafen einerseits Vorkehrungen zur Selbstversenkung, bereiteten andererseits auch einen Ausbruchversuch vor, der am 4. März 1940 umgesetzt wurde. An diesem Abend entkamen die Seattle und die Mimi Horn, am folgenden Abend die Hannover.

Als einziges der drei Schiffe gelang es der Seattle, den alliierten Kriegsschiffen zu entkommen und trotz fehlender Seekarten durch den Nordatlantik, die Dänemarkstraße und nördlich um Island herum Norwegen zu erreichen, wo sie am 31. März in Tromsö einlief. Auf ihrer Fahrt in Richtung Süden wurde die Seattle durch norwegische Kriegsschiffe eskortiert, ab Stavanger durch den Zerstörer Gyller, dessen Kommandant Kapitän Lehmann am Abend des 8. April anwies, bei der vor Kristiansand gelegenen Insel Oksøy zu ankern. Als Lehmann am nächsten Morgen die Fahrt fortsetzen sollte, sichtete man Kriegsschiffe auf dem Weg nach Kristiansand. Es handelte sich um einen deutschen Verband unter der Führung des Kreuzers Karlsruhe, der im Rahmen des Überfalls auf Norwegen (Operation Weserübung) die Hafenstadt besetzen sollte. Lehmann hielt die Schiffe für Briten und versuchte, mit seinem Schiff Richtung Kristiansand zu fliehen. Hierbei geriet die Seattle in das Abwehrfeuer der norwegischen Küstenartillerie auf der Insel Odderöya, mit dem die Angreifer zunächst zum Abdrehen gezwungen wurden. Sie erhielt mittschiffs einen Treffer und geriet in Brand. Es ist nicht restlos geklärt, ob es sich um eine Granate der Norweger oder um eine Fliegerbombe von einer der von der Karlsruhe zur Unterstützung angeforderten Heinkel He 111-Bomber handelte. Auch die Gyller soll auf die Seattle geschossen haben. Die gesamte Besatzung konnte das Schiff verlassen, das vier Tage brennend vor Kristiansand trieb, bis es schließlich bei Dvergsnestangen im Korsvikfjord sank.

Das Wrack

Am Heck der Seattle

Die Seattle wurde 1988 durch den norwegischen Taucher Erling Skjold wieder entdeckt und hat sich seitdem zu einem der beliebtesten Wracks in Südnorwegen entwickelt. Der Rumpf liegt aufrecht auf dem Meeresgrund, mit dem Heck auf einem Felsrücken, das dadurch nach oben abgeknickt ist. Das Heck ragt bis etwa 25 Meter auf, Ruder und Propellerwellen (die Propeller wurden demontiert und geborgen) befinden sich in einer Tiefe von etwa 38 m, während der Bug in 72 m Tiefe liegt. Trotz deutlichen Schäden durch das Feuer und die Korrosion ist das Wrack insgesamt noch recht gut erhalten. Teile wirken jedoch so fragil, dass in absehbarer Zeit mit einem Zusammenbrechen zumindest von Teilen des Rumpfs gerechnet werden muss. Der Schornstein ist im Winter 2006/2007 wohl bei einem Sturm abgesackt. Das Wrack weist einen starken Bewuchs mit Totemannshänden, Seescheiden und Schwämmen auf und wird von zahlreichen Fischen und Seesternen bewohnt.

Für mit Druckluft tauchende Sporttaucher ist lediglich das Heck des Wracks mit dem gut sichtbaren Ruderquadranten, Pollern, den Heckaufbauten und den hinteren Laderäumen erreichbar. Die tiefer gelegenen Teile wie die mittschiffs gelegene Brücke (ab ca. 50 m) und die vorderen Laderäume sind Technischen Tauchern vorbehalten. Die Seattle muss als anspruchsvoller Tauchgang gelten, da das Heck steil abfällt und Taucher dort schnell große Tiefen erreichen können. Insbesondere im Herbst, wenn die Oberflächenschichten das Wassers trüb sind, gelangt kaum Sonnenlicht zum Wrack und es kann dort sehr dunkel sein. Ein Eindringen in Innenräume ist aufgrund der offensichtlichen Zerfallserscheinungen gefährlich. An der Seattle haben sich mehrere tödliche Tauchunfälle ereignet, in mindestens einem Fall, weil ein Taucher durch zusammenbrechende Wrackteile im Schiffsinneren eingeschlossen wurde.

Siehe auch


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