- Margarethe Maultasch
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Margarete von Tirol - Görz (genannt: Maultasch) (* 1318 in Tirol; † 3. Oktober 1369 in Wien) war die Tochter von Herzog Heinrich von Kärnten und Tirol aus seiner Ehe mit Adelheid von Braunschweig und Gräfin von Tirol.
Inhaltsverzeichnis
Leben
1330 schloss Herzog Heinrich von Kärnten und Tirol mit Kaiser Ludwig dem Bayern einen Vertrag, der ihm für seine Töchter die weibliche Erbfolge garantierte, wenn sie mit Genehmigung des Kaisers verheiratet würden. Die 1318 geborene Margarete wurde 1330 mit Johann Heinrich, dem Bruder des späteren Kaisers Karl IV. von Böhmen vermählt, der 1335 nach dem Tod Heinrichs die Regentschaft über Tirol übernahm, während Herzog Albrecht II. von Österreich das Herzogtum Kärnten nach einer Übereinkunft mit Ludwig besetzte. Der um vier Jahre jüngere Johann Heinrich wurde bereits im Alter von fünf Jahren von seinem Vater mit großem Gefolge nach Tirol geschickt. Die beiden Kinder waren sich von Anfang an unsympathisch. Auch der Heranwachsende war nicht gerade ein netter Ehemann, der nicht gewillt war, deutsch zu lernen. Gegenüber seiner Ehefrau gebärdete er sich wild, er kratzte, biss und schikanierte sie und allmählich wurde aus deren Antipathie Hass. Als Margarethes Vater 1335 verstarb konnte nur sie die Erbschaft antreten, ihr junger Gatte begann sich jedoch wie der Herr von Tirol aufzuspielen, wie sie von ihren Tiroler Beratern erfuhr. Ihr Schwager Karl, der politisch begabter und geschickter als sein jüngerer Bruder Johann Heinrich war, tauchte auf, um den Unerfahrenen und auch Uninteressierten zu beraten. Dieser war zwar zu diesem Zeitpunkt bereits überall als Frauenheld bekannt, seine eigene Ehe hatte er allerdings noch nicht vollzogen. Karl hatte böhmische Berater mitgebracht, welche schon bald wichtige Ämter inne hatten. Von Margaretes Tiroler Freunden wurden diese jedoch abgelehnt und sie halfen Margarete ihren verhassten Ehemann los zu werden.
Margarete vertrieb im November 1341, am Allerseelentag zusammen mit ihren Tiroler Räten, ihren Gemahl Johann Heinrich aus Tirol. Gleichzeitig verkündeten sie, dass es nie zum Vollzug der Ehe gekommen sei, Johann demnach impotent gewesen sein muss. Der Ehemann war spätnachts nach einer Jagd heimgekommen und hatte polternd Einlass begehrt und stand vor versperrten Toren. Er fand auch keine Bleibe auf anderen Schlössern in Tirol. Seiner erbarmte sich schließlich der Patriarch von Aquileja und gewährte ihm Unterkunft. Dies und dass sie am 10. Februar 1342 in Meran in Anwesenheit des Kaisers dessen Sohn Ludwig I. von Brandenburg heiratete, trotz Ermahnungen der Kurie, erregte in ganz Europa Aufsehen. Die Hochzeit erfuhr in ganz Tirol große Zustimmung, da der zukünftige Ehemann Ludwig, im Einvernehmen mit seiner zukünftigen Frau den Adeligen im Tiroler Freiheitsbrief viele Vorrechte bestätigte, die jedoch nicht auf Dauer eingehalten wurden. Aus politischen und kirchenrechtlichen Gründen erkannte Papst Clemens VI. aber die Ungültigkeit der ersten Ehe nicht an. Darüber hinaus waren Margarete und Ludwig auch noch im dritten Grad verwandt. Eine Dispenz war der Papst nicht gewillt auszustellen, da er ja auch mit dem Kaiser im Unfrieden stand und ihn bereits etliche Male selbst gebannt hatte. Da dieser jetzt auch noch die Frechheit besaß, diese zweite Ehe vollziehen zu lassen und sich der Kurie ein weiteres Male widersetzte, bestand kein Zweifel daran, dass der Papst diese Ehe nicht für gültig erklären konnte. Aus diesen Gründen wurden sie gebannt sowie ein Interdikt über das Land Tirol verhängt. Marsilius von Padua und William von Ockham verteidigten jedoch in Traktaten diese „Zivilehe“, die im Gegensatz zur ersten Ehe Margaretes mit Kindern gesegnet war. Ludwig der Brandenburger setzte sich mit harter Hand als Regent in Tirol durch. Ein Putschversuch des Papstes und der Luxemburger, die auch einige Kurfürsten gegen ihn gewinnen konnten, mißlang. Ludwigs Herrschaft wurde danach noch strenger und viele Adlige mussten Länder und Güter zurückgeben.
Als der Luxemburger Karl (der spätere Kaiser Karl IV.) seine Ex-Schwägerin im März 1347 im Schloss Tirol belagerte, verteidigte Margarete dieses erfolgreich. Auf dem Rückzug vom gescheitetern Kriegszug ließ der Luxemburger die Städte Meran und Bozen aus Rache niederbrennen. Ludwig verjagte ihn erfolgreich. Erst als Karl zum Kaiser gewählt wurde, steckte er den Fehdehandschuh ein und versöhnte sich mit Margarethe und Ludwig.
1348 ersuchte der vertriebende Johann, jetzt Markgraf von Mähren, der nur noch den Titel des Herzogs von Kärnten und Graf von Tirol mit sich rumschleppte, ohne jedoch noch größeren Anspruch darauf erheben zu können und als Ehemann ohne Ehefrau, die Kurie auf, um in Übereinstimmung seines Bruder Karls die Auflösung seiner Ehe mit Margarethe zu bewirken. Karl hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen Erben und musste daher daran interessiert sein, dass sein Bruder eine rechtmäßige Ehe schließen und legitime Söhne zeugen konnte, wenn nicht nach seinem Tod die böhmischen Länder an seinen Schwiegersohn Rudolf IV. von Habsburg fallen sollte. Auch bei Margarethe und ihrem Gemahl Ludwig wird das böhmische Vorhaben auf Zustimmung gestoßen sein, denn nur im Falle einer kirchlichen Auflösung von Margarethes erster Ehe würden sie rechtmäßig heiraten dürfen und ihre aus dieser Verbindung bereits hervorgegangenen Kinder auch offiziell als legitim erklären können. Johann Heinrich bat Papst Clemens VI. um eine Annullierung seiner Ehe mit Margarethe und begründete seine Klage zunächst mit dem Hinweis auf das Ehehindernis der Blutsverwandtschaft und der Schwägerschaft im vierten Grad, von dem sie aber nicht gewusst hätten. Zum zweiten vertrat Johann die Meinung, dass zwar eine rechtmäßige Eheschließung zwischen ihm und Margarethe stattgefunden hatte, es aber nie zum tatsächlichen Vollzug der Ehe gekommen sei. Johann Heinrichs Eingeständnis seiner Impotenz war nicht unproblematisch, wurde damit doch zugleich zugegeben, dass Margarethes Klagen nicht unbegründet waren. Die aggressive Haltung des Papstes gegenüber Margarethes Persönlichkeit unterblieben, genauso wie der Vorwurf, die Tiroler Gräfin sei mit Ludwig dem Brandenburger eine inzestiöse Verbindung eingegangen. Der Grund für diese Haltung mag darin zu suchen sein, dass Margarethes Wunsch nach Kindern der kirchlichen Lehre entsprach, wonach der Sinn einer Ehe in der Erzeugung von Nachkommen liegt. Wenn Johann die päpstliche Erlaubnis zu einer erneuten Ehe erhalten wollte, wie es geplant war, dann musste sicher sein, dass seine Unfähigkeit zum Vollzug einer Ehe mit Margarethe zusammenhing, also nur durch ein „maleficum“, eine Verzauberung, bewirkt wurde. Da er mit ihr zusammen aufwuchs, kann dieser Grund seiner Impotenz bei Margarethe im psychisch-sozialen gefunden werden. Er hatte eher eine Art „Geschwisterliebe“ zu ihr aufgebaut, wenn überhaupt. Daher bekräftigte Johann in den Urkunden immer wieder, seine Impotenz bezöge sich nur auf Margarethe, und gestand sogar Ehebruch. Schließlich wurden beide am 21. Juli 1349 rechtmäßig geschieden. Doch Margarethes Ehe mit Ludwig wurde immer noch nicht von der Kurie anerkannt. Sie befanden sich weiterhin im Bann. Es sollte noch zehn Jahre dauern, bis sich endlich die Kurie dazu bereit erklärte, den Bann zu lösen.
Erst 1359 wurde nach Vermittlung durch Albrecht II. seitens Papst Innozenz IV. der Bann gelöst. Nach dem Tod Ludwigs 1361 (der kerngesunde Mann fiel völlig unerwartet vom Pferd und starb in den Armen seiner entsetzten Leute) besuchte Margarete Karl IV. in Nürnberg; dabei bezeichnete der Kanzler Johann von Neumarkt die Herzogin als „Kriemhild“. Nachdem sowohl Margaretes Gemahl als auch ihr Sohn Meinhard III. gestorben waren, überschrieb sie Tirol den nächsten Verwandten, dem Habsburger Rudolf IV. und übergab diesem 1363 die Regierungsgewalt. Die Wittelsbacher fielen daraufhin in Tirol ein, auf das sie jedoch letztlich 1369 im Frieden von Schärding gegen eine hohe finanzielle Entschädigung verzichteten.
Ihre letzten Jahre verbrachte sie in Wien, wo ihr Leibgedingsitz einer ganzen Vorstadt den Namen „Margaretengrund“ gegeben haben soll (Bezirk Wien-Margareten.) Rudolf veranlasste, dass sie nicht mehr nach Tirol kommen sollte, damit die Kurfürsten nicht erneut, Margarethe als ihre eigentliche Herrin ansahen. Die Sehnsucht nach ihrem Tirol verließ sie nie.
Der Beiname „Maultasch“
Der Beiname „Maultasch“ wurde erstmals um 1366 in der dritten bayerischen Fortsetzung der „Sächsischen Weltchronik“ und 1393 in der „Österreichischen Chronik“ erwähnt. Er bedeutet soviel wie „Hure, liederliches Weib“ und fand hauptsächlich in der päpstlichen und böhmischen Propaganda Anwendung. Seit 1425 hat man dann den Beinamen wörtlich genommen und sich Margarete mit einem missgestalteten Mund vorgestellt. Die daraus folgende Ansicht, Margarete sei allgemein von großer Hässlichkeit gewesen, ist aller Wahrscheinlichkeit nach falsch, denn Zeitzeugen, wie Johann von Winterthur, haben Margarete als besonders schöne Frau beschrieben. Auch die Vorstellung, sie habe einen besonders anstößigen Wortschatz besessen, ist historisch nicht haltbar. Des weiteren ist auf einem Siegel mit ihrem Konterfei ihr Mund durchaus nicht verunstaltet.
Eine dritte Erklärung leitet den Namen vom Lieblingsaufenthaltsort Margaretes, der im Volksmund „Schloss Maultasch“ genannten Burg Neuhaus in Terlan, ab. Demnach habe diese Burg ihren volkstümlichen Namen von der unterhalb gelegenen "mala tasca" (Mausefalle) genannten Zollstation übernommen und sei in der Folge auf die Gräfin übergegangen.
Eine weitere Möglichkeit ist auch, dass der zweifelhafte Beiname „Maultasch“ von ihrem ersten Ehemann Johann Heinrich in die Welt gesetzt wurde, der sich nicht gescheut hatte, die übelsten Gerüchte über sie zu verbreiten.
Der italienische Autor Filippo Villani bezeichnete sie um 1400 als „Medusa“. Die angebliche Belagerung der Burg Hochosterwitz geht auf die „Kärntner Chronik“ Jakob Unrests zurück; derartige Legenden wurden 1816 von Jakob Grimm in den „Deutschen Sagen“ publiziert und durch Lion Feuchtwangers Roman (1923) neu popularisiert.
Letzten Endes war Margarethe als alleinige Erbin Tirols Spielball der drei Dynastien der Wittelsbacher, Luxemburger und Habsburger, die alle um ihre Gunst warben, um das strategisch wichtige Passland Tirol in ihre Finger zu bekommen. Sie ist ein Beispiel dafür, wie stark Liebe und Politik damals ineinanderflossen und war ein Opfer der Staatsräson geworden.
Literatur
- wissenschaftlich
- Wilhelm Baum: Margarete Maultasch. Ein Frauenschicksal im späten Mittelalter. Kitab-Verlag, Klagenfurt/Wien 2004, ISBN 3-902005-43-2
- Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): Margarete „Maultasch“ − zur Lebenswelt einer Landesfürstin und anderer Tiroler Frauen des Mittelalters. Vorträge der wissenschaftlichen Tagung im Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol, Schloss Tirol, 3. bis 4. November 2006. Wagner, Innsbruck 2007, ISBN 978-3-7030-0438-4
- Karl Schnith (Hrsg.): Frauen des Mittelalters. Styria, Graz-Wien-Köln 1997, ISBN 3-222-12467-1. S. 299-330
- belletristisch
- Lion Feuchtwanger: Die häßliche Herzogin. 7. Aufl. Aufbau, Berlin 2008, ISBN 978-3-7466-5627-4
- Ulrike Wegner: "Die Eheangelegenheiten der Margarethe von Tirol", ISBN 3-930324-74-1
Weblinks
- Margarete von Tirol. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 328.
- Margarete von Tirol. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Artikel Margarete von Tirol im Österreich-Lexikon von aeiou
- www.geschichte-tirol.com
- Sage von der Belagerung Hochosterwitz'
- genealogie-mittelalter.de
- FemBiografie Margarete von Tirol mit Zitaten, Links und Literaturangaben
Personendaten NAME Margarete von Tirol ALTERNATIVNAMEN Margarete Maultasch KURZBESCHREIBUNG letzte Gräfin von Tirol - Görz GEBURTSDATUM 1318 GEBURTSORT Südtirol STERBEDATUM 3. Oktober 1369 STERBEORT Wien - wissenschaftlich
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