Marguerite d'Alençon

Marguerite d'Alençon
Margarete von Angoulême, um 1527

Margarete von Angoulême, auch Margarete von Navarra (* 11. April 1492 in Angoulême; † 21. Dezember 1549 in Odos im Département Hautes-Pyrénées) war ältere Schwester von König Franz I. und, als Gattin von Henri d'Albret, Königin von Navarra. Sie war eine Förderin von Dichtern, Künstlern und protestantischen Gelehrten und war auch selbst Schriftstellerin. Ihr bekanntestes literarisches Werk ist das Heptaméron.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Margarete stammte aus einer Nebenlinie der französischen Königsfamilie der Valois, die durch den Tod von Ludwig XII. ohne männliche Erben zur Hauptlinie wurde. Sie war Tochter von Karl von Orléans, Graf von Angoulême, und zwei Jahre ältere Schwester von François d'Angoulême, der 1515 als Franz I. auf den Thron nachrückte. Sie wurde zunächst mit Karl IV. Herzog von Alençon verlobt und 1509 mit ihm verheiratet. Die Thronbesteigung ihres Bruders, den sie sehr liebte, machte sie neben ihrer Mutter Luise von Savoyen zur mächtigsten Frau Frankreichs. So reiste sie z.B. persönlich als Unterhändlerin nach Madrid, um Franz zu befreien, als er dort nach der verlorenen Schlacht bei Pavia (1525) als Gefangener von Karl V. festgehalten wurde.

Margarete von Angoulême mit ihrem Bruder

1525 wurde sie Witwe und von vielen Fürsten für eine erneute Heirat umworben, unter anderem, wie es heißt, von Karl V. und Heinrich VIII. 1527 verheiratete Margarete sich mit Henri d'Albret, König des diesseits der Pyrenäen gelegenen Restes des alten baskischen Königreichs Navarra, dessen größerer Teil 1512 von Spanien annektiert worden war. Henri war 11 Jahre jünger als sie und scheint ihre Zuneigung, wenn nicht mit Liebe, so doch mit Wertschätzung erwidert zu haben. Das Paar lebte überwiegend am französischen Hof, viel aber auch in den südwestfranzösichen Residenzstädtchen Nérac und Pau, wo sie einen eigenen kleinen Hof unterhielten.

Margarete, die sieben Sprachen lesen konnte, betätigte sich nicht nur als Mäzenin, sondern war auch sehr interessiert an Glaubensfragen und sympathisierte mit Luther. Sie förderte und protegierte (und beherbergte auch häufig) Intellektuelle, die ebenfalls der Reformation zuneigten, z.B. Clément Marot, Bonaventure des Périers, Jean Calvin, N. Denisot, Jacques Peletier, V. Brodeau, François Rabelais und Étienne Dolet.

Eine Zeitlang hatte sie mäßigenden Einfluss auf ihren Bruder, der die Anliegen der Reformatoren missbilligte, zunächst aber duldete. 1534, nach der sog. affaire des placards, musste sie erleben, dass er sich, mehr aus politischen als aus religiösen Erwägungen, auf die katholische Seite schlug. Margarete selbst wurde aber von ihm geschont; persönlich neigte sie ohnehin eher zu einem mystischen, undogmatischen "Evangelismus" als zu streng protestantischen Ansichten.

Margarete hatte von ihrem ersten Ehemann keine Kinder, von ihrem zweiten einen Sohn, der noch als Kind starb, und eine Tochter, Jeanne d'Albret, die die Mutter von Heinrich IV. wurde. Obwohl die Dichter ihrer Zeit nicht müde wurden, ihre Reize zu loben, scheint sie – nach Porträts von ihr zu urteilen – keine Schönheit gewesen zu sein. Ihre Liebenswürdigkeit und ihr Intellekt stehen aber außer Zweifel.

Literarisches Schaffen

Heute ist Marguerite de Navarre (wie sie in der Literaturgeschichte heißt) vor allem als Autorin ein Begriff. So publizierte sie 1524 die Versmeditation Dialogue en forme de vision nocturne und 1531 drei religiöse Langgedichte unter dem Titel des längsten von ihnen, Le Miroir de l'âme pécheresse (=der Spiegel der sündigen Seele). Der kleine Band spiegelt das enorme Interesse, das die von Reformatoren und Anti-Reformatoren polarisierten gebildeten Schichten, nicht zuletzt auch der Adel, theologischen Problemen entgegenbrachten, insbesondere der neuen Frage nach dem Verhältnis des einzelnen Gläubigen zu "seinem" Gott.

Ihren literarischen Ruhm erlangte Marguerite durch L'Heptaméron, eine Novellensammlung mit Rahmenhandlung, die wie praktisch alle Novellensammlungen der Zeit in der Tradition des Decamerone von Giovanni Boccaccio (um 1350) steht.

Margarete von Angoulême

Das ab 1542 wohl per Diktat, z.T. auf Reisen, entstandene Werk sollte ursprünglich ebenfalls hundert Novellen umfassen, die in der Fiktion an zehn Tagen von zehn Personen (fünf Damen und fünf Herren) erzählt werden sollten; es blieb jedoch unvollendet durch den Tod Marguerites bei Novelle 72. Hauptthema ist, wie in allen Sammlungen dieser Art, die Anziehungskraft der Geschlechter aufeinander und die vielgestaltigen Verwicklungen, die sie zu verursachen pflegt. Neu ist Marguerites Behauptung absoluter Wahrheitstreue des Erzählten und neu auch ihre Idee, ihr Zehnergremium nach jeder Novelle mehr oder weniger ausführlich über deren jeweilige Moral diskutieren zu lassen. Da diese Diskussionen häufig wenig zielstrebig wirken und der Leser den sehr idealistischen Standpunkt der Autorin selbst nicht immer recht erkennt oder nicht nachvollziehen kann, erschienen sie schon jüngeren Zeitgenossen, z.B. Montaigne, als etwas aufgesetzt und blutlos.

Das Werk wurde postum 1559 im Auftrag von Marguerites Tochter Jeanne d'Albret im Originaltext und mit dem etwa passenden Titel L'Heptaméron (=Sieben-Tage-Werk) veröffentlicht, nachdem schon 1558 unter dem Titel Histoires des amants fortunés ein Raubdruck erschienen war, dessen Text im Sinne des gegenreformatorischen Konzils von Trient (1545-49) theologisch und moralisch "gereinigt", d.h. mitunter ziemlich verstümmelt worden war.

Noch zu ihren Lebzeiten dagegen erschien eine Sammlung von Gedichten unter dem Titel Marguerites de la marguerite des princesses (= Margariten von der Margarite der Fürstinnen, 1547). Erhalten sind darüber hinaus einige ungedruckt gebliebene Theaterstücke sowie zahlreiche Briefe. Eine Sammlung ebenfalls ungedruckt gebliebener Gedichte erschien 1896 als Les dernières poésies (=letzte Dichtungen).

Werke

  • L'Heptaméron (1559)
  • Les dernières poésies. Paris 1896
  • Das Heptameron 2. Auflage. dtv, München 1999, ISBN 3-423-12710-4 (deutsche Übersetzung)
  • Marguerites de la marguerite des princesses. Johnson, New York 1970, ISBN 0-85409-204-8 (Rep. d. Ausg. Lyon 1547)

Literatur

  • Barbara Stephenson: The Power and patronage of Maguerite de Navarre, Aldershot 2004
  • Jean-Luc Déjean: Marguerite de Navarre. Le Grand Livre du Mois, Paris 1997, ISBN 2-7028-0832-8
  • Lucien Febvre: Margarete von Navarra. Eine Königin der Renaissance zwischen Macht, Liebe und Religion. Campus-Verlag, Frankfurt/M. 1998, ISBN 3-593-35926-X
  • Samuel Putnam: Marguerite of Navarre. Grosset & Dunlap, New York 1936

Diskografie

  • Elfe Gerhart liest aus dem Heptameron der Königin Margarete von Navarra (1982?)

Weblinks



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