Markgraftum

Markgraftum

Markgraf war der Titel für einen Grafen als königlicher bzw. kaiserlicher Amtsträger, der eine Grenzmark, also ein Gebiet, das direkt an der Reichsgrenze des Fränkischen Reichs bzw. Ostfrankenreichs gelegen und zur Verteidigung dieser Grenze errichtet worden war, zum Lehen hatte. Es ist auch der Titel Grenzgraf (Comes terminalis)[1] üblich.

Inhaltsverzeichnis

Die Markgrafen des Frühmittelalters

Das Amt des Markgrafen wurde von Kaiser Karl dem Großen um 800 eingeführt und von seinen Nachfolgern lange Zeit beibehalten. Karls Ziel war es, die Grenzen des in teilweise blutigen und langen Kriegen erweiterten Reiches gegen Angriffe von außen zu sichern.

Zur Erfüllung ihrer risikoreichen Aufgabe erhielten die Markgrafen Grenzgebiete vom König bzw. Kaiser direkt als Lehen. Die Markgrafen hatten gegenüber den gewöhnlichen Grafen besondere Befugnisse. So konnten sie Befestigungen anordnen und erhielten eine größere Zahl an fränkischen Vasallen zur Unterstützung zugewiesen. Wehrhafte Bauern wurden im ganzen Frankenreich zur Ansiedlung in den Marken angeworben, so dass die Markgrafen mancherorts beträchtliche Heere (den Heerbann) selbst aufbieten konnten. Zudem übten sie die Gerichtsbarkeit aus, ohne dass diese ihnen durch den König übertragen wurde (ohne Königsbann).

Die Markgrafen wurden in der frühen Zeit vom Kaiser durch besondere Sendboten (Königsboten) kontrolliert.

Weitere Entwicklung des Amtes

Zahlreiche Markgrafen, die ursprünglich aus dem niederen Adel oder Ritterstand stammten, konnten sich in den Marken eine mächtige Position aufbauen, die später für machtpolitischen Einfluss innerhalb des Reiches genutzt wurde. Dementsprechend stammen einige spätere Königshäuser von Markgrafen ab, so z. B.

Vom 12. Jahrhundert an wurden die meisten Markgrafschaften in Reichsfürstentümer umgewandelt. Der Titel eines Markgrafen war also dem eines Fürsten nicht nur gleichgestellt, er war auf Grund seiner alten Wurzeln oftmals mit wesentlich mehr Ansehen unter den Großen des Reiches verbunden - ähnlich dem Titel eines Landgrafen, mit dem er ebenfalls gleichgestellt war. Der Markgraf von Brandenburg erhielt mit der Goldenen Bulle von 1356 sogar kurfürstliche Rechte – die mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 ebenfalls dem Markgrafen von Baden zuerkannt wurden.

Im deutschen Sprachraum blieb der Titel des Markgrafen regierenden Fürsten und auf Grund vergangener Belehungen zu gesamter Hand sowie Haus- und Erbgesetzen deren nichtregierenden Verwandten vorbehalten. Der österreichische Kaiser führte bis 1918 auch den Titel eines Markgrafen von Mähren.

Nach dem Sturz der deutschen Monarchien 1918 gingen die späteren Chefs des königlichen Hauses Sachsen und des großherzoglichen Hauses Baden aus Traditionsgründen dazu über, wieder den Namen eines Markgrafen von Meißen bzw. eines Markgrafen von Baden zu führen.

Markgraf(en)tum

Nachdem König Sigismund 1415 die Mark Brandenburg an den hohenzollernschen Burggrafen Friedrich VI. übertragen hatte, führten die Hohenzollern auch den Titel Markgrafen von Brandenburg in ihrem Namen. Später verwendeten sie den Titel Markgraf auch in ihren beiden fränkischen Fürstentümern Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Kulmbach/-Bayreuth, die allerdings - anders als die Mark Brandenburg - keinesfalls Markgrafschaften waren (es handelte sich ja auch um keine Grenzgebiete, sondern sie lagen beinahe mitten im Zentrum des alten Reiches). Um den prestigeträchtigen Titel Markgraf dennoch auf ihre fränkischen Gebiete übertragen zu können, verwendeten die Hohenzollern deshalb das (rechtlich durchaus fragwürdige) Wortkonstrukt Markgraftum oder Markgrafentum.

Markgrafschaften (seit Karl dem Großen)

Berühmte Markgrafen

Situation in anderen Ländern

Dieser fränkische Titel wurde auch nach dem Zerfall des Frankenreiches in zahlreichen Ländern Europas weiterhin genutzt und in weitere Länder exportiert. So wurde der Titel Markgraf außerhalb des Deutschen Reichs in zahlreichen romanischen Ländern Europas sowie im von normannisch-französischer Tradition beeinflussten England auch als bloßer Adelstitel ohne Herrschaftsfunktion vergeben.

Britische Inseln

In England ist der Marquess seit 1385 der zweithöchste Rang, nach dem eines Duke (Herzog) und noch vor dem eines Earls, der in der britischen Peerage vergeben werden kann. Der erste derartige Titel war der eines Marquess of Dublin (für Robert de Vere, 9. Earl of Oxford, 1385), der 1386 schon zum Herzog von Irland gemacht und 1388 bereits wieder eingezogen wurde. Der zweite war 1397 der Marquess of Dorset (für John Beaufort, 1. Earl of Somerset), der ebenfalls kurze Zeit später (1399) wieder eingezogen wurde. Zwar beantragte das House of Commons die Wiederherstellung des Titels, doch bezeichnete König Richard II. den Titel Marquess selbst als Fremdkörper in seinem Königreich, so dass er nicht mehr benutzt wurde, bis 1442 Heinrich VI. ihn wieder aufgriff. 1532 wurde Anne Boleyn in Vorbereitung der Hochzeit mit Heinrich VIII. als bisher einzige Frau zur Marchioness erhoben.

Insgesamt gibt es bis heute 36 Verleihungen, die letzte im Jahr 1926:

Frankreich

Eine ähnliche Stellung nahm der Marquis in der Gesellschaft des alten Frankreich ein, nachdem der Titel seine militärischen Funktionen verloren hatte. Unterschiede zu den britischen Inseln sind lediglich zum einen, dass er bis zum 19. Jahrhundert im Rang nicht über dem Grafentitel stand, sondern lediglich unter dem Herzogstitel und dem Titel eines Prinzen von Geblüt (Prince de sang), zum anderen, dass es nicht unüblich war, ihn auch an Frauen zu verleihen: Ludwig XIV. und Ludwig XV. machten es sich zur Gewohnheit, ihre jeweilige Mätresse in den Rang einer Marquise zu erheben. Die berühmteste unter ihnen ist die Marquise de Pompadour.

Da es hier zudem zur Regel wurde, ausländische Adlige generell als Marquis zu bezeichnen (und Französisch die Sprache des Hofes war), setzte sich dieser Brauch zeitweise auch in Deutschland durch. Beispiele dafür sind in der Politik der Marquis von Pombal (Portugal, 18. Jahrhundert) und der Marquis von Salisbury (Großbritannien, 19. Jahrhundert), sowie in der Literatur der Marquis von Posa in Schillers Don Carlos, Frank Wedekinds Marquis von Keith und Heinrich von Kleists Marquise von O.

Italien

Die Entwicklung des Markgrafentitels (Marchese) in Italien ist vollkommen anders. Die ersten Markgrafschaften entstanden wie im Westfränkischen Reich im 9. Jahrhundert wohl als Gegenstück zu den langobardischen Herzogtümern: Friaul, Tuszien, Spoleto (zusätzlich zu seinen Herzogstitel) und Ivrea und waren die Gebiete, aus denen dann in der Regel die italienischen Könige kamen: Berengar von Friaul, Guido von Spoleto, Berengar von Ivrea. Eine gegen die Sarazenen gerichtete Regionalreform Berengars II. teilte von Ivrea weitere Markgrafschaften ab: die Markgrafschaft Turin, die Markgrafschaft Ostligurien und die Markgrafschaft Westligurien. Die ihm fast gleichzeitig abgepresste Markgrafschaft Verona war der Stützpunkt des deutschen Kaisers südlich der Alpen.

Insbesondere bei den Familien der Obertenghi und der Aleramiden, Markgrafen von Ost- und Westligurien, wurde es bald üblich, dass jedes männliche Familienmitglied den Titel Markgraf trug und der ihm bei den häufigen Erbteilungen zugestandene Teil dann zu einer neuen Markgrafschaft wurde. Die bekanntesten sind bei den Obertenghi die Linien Este, Massa-Carrara, Parodi, Malaspina und Pallavicini, bei den Aleramiden die Montferrat und Saluzzo.

Spanien und Portugal

Im Spanien und Portugal des 18. und 19. Jahrhunderts sanken der Marqués bzw. Marquês sogar zu einem Allerweltstitel ab, so dass es heute in Spanien – neben drei Fürstentiteln, die dem Kronprinzen vorbehalten sind, und 153 (2005) Herzogstiteln – weit mehr Markgrafentitel (2005: 1349) als Grafen- (span. „Conde“, 2005: 923) oder Freiherrntitel (span. „Baron“) gibt.

Weblinks

  • Artikel Markgraf im Österreich-Lexikon von aeiou, zu den Markgrafschaften in Österreich

Einzelnachweise

  1. Pestaslozzi-Verein der Provinz Brandenburg: DieProvinz Brandenburg in Wort und Bild, Verlag von Julius Klinkhardt, Berlin 1900, S. 14, ISBN 3-86047-209-7

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