Markomannische Runen

Markomannische Runen
Der junge Rabanus Maurus (links), unterstützt von Abt Alkuin (Mitte), überreicht dem Mainzer Erzbischof Otgar (rechts) ein Werk - Darstellung in einem Manuskript aus Fulda um 830/40
Rabanus Maurus: De rerum naturis (früher Druck)

Rabanus Maurus (auch Hrabanus, Rhabanus; * um 780 in Mainz; † 4. Februar 856 in Winkel im Rheingau) war Abt des Klosters Fulda und Mainzer Erzbischof. Er gehört zu den großen Gestalten der Umbruchzeit des 9. Jahrhunderts und war mit Kaiser Lothar I. und dessen Gattin Irmingard von Tours befreundet.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Rabanus wurde um 780 als Sohn adeliger Eltern in Mainz geboren. Schon als Kind besuchte er ab 788 zur religiösen und wissenschaftlichen Erziehung die Schule des damals berühmten Benediktinerklosters Fulda. Nach erfolgter Ausbildung konnte er bereits früh am Hof Karls des Großen als Gelehrter glänzen. Später wurde er von Alkuin, dem Leiter der kaiserlichen Hofschule zu Aachen, gefördert. Alkuin nannte ihn „Maurus“, wie auch der Ordensgründer Benedikt seinen Lieblingsschüler genannt hatte. Als Alkuin sich in die Benediktinerabtei Saint-Martin de Tours begab, folgte ihm Rabanus, um dort Bibel-, Liturgie- und Rechtsstudien zu betreiben. 801 kehrte er nach Fulda zurück, erhielt dort die Diakonatsweihe und wurde Leiter der dortigen Klosterschule. Unter seinen Schülern waren Lupus von Ferrières, Gottschalk von Orbais, Walahfrid Strabo und Otfried von Weißenburg.

In der Zeit als Leiter der Klosterschule (bis 822) verfasste Rabanus wichtige Schriften, von denen die berühmteste das Figurengedicht De laudibus sanctae crucis („Vom Lob des Heiligen Kreuzes“, erschienen 814) ist. Es ist noch heute in Abschriften erhalten, die direkt unter der Aufsicht Rabanus’ angefertigt worden sein dürften; ein Exemplar wird in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrt. Von seiner Tätigkeit als Leiter der Schule zeugt sein 819 erschienenes dreibändiges Werk De institutione clericorum („Von der Ausbildung der Geistlichen“).

Am 15. Juni 822 wurde er für zwanzig Jahre Abt des Klosters Fulda, das damals über 600 Mönche beherbergte. Er vergrößerte die Klosterbibliothek und baute die Klosterschule zu einer der renommiertesten im Fränkischen Reich aus. Außerdem kümmerte er sich um die seelsorgerliche Versorgung der Bauern und ließ etwa 30 Kirchen und Kapellen errichten, darunter im Jahre 836 auch die Grabeskirche der Lioba auf dem Petersberg bei Fulda. Rabanus war ein Gefolgsmann von Kaiser Lothar I., jedoch nicht von Ludwig dem Deutschen, zu dessen Herrschaftsbereich Fulda gehörte. Als er in die Auseinandersetzungen zwischen Ludwig dem Frommen und dessen Söhnen hineingezogen wurde, trat er 842 von seinem Amt als Abt zurück und zog sich als Gelehrter auf den Petersberg ins Privatleben zurück.

Trotz der Meinungsverschiedenheiten erhob Ludwig ihn 847, bereits 67-jährig, nach einer Aussprache in Rasdorf, einer Außenstelle des Klosters Fulda, zum Erzbischof von Mainz. Am 16. Juni desselben Jahres trat Rabanus sein Amt als Oberhirte der größten Kirchenprovinz im ostfränkischen Reich an. Bereits kurz nach seiner Amtsübernahme berief er eine erste Synode ein, auf der Bischöfe, Chorbischöfe (eine Vorform des heutigen Weihbischofs) und Äbte in der Mainzer Abtei St. Alban über die Stärkung des Glaubens und der Disziplin berieten. Die Prediger wurden dazu angehalten, dem einfachen Volk verständliche Predigten zu halten.

Rabanus Maurus starb am 4. Februar 856 der Überlieferung nach in Winkel im Rheingau und wurde im Stift St. Alban vor Mainz beigesetzt. Schon bald wurde er als Heiliger verehrt. 1515 wurden seine sterblichen Überreste vom Mainzer Erzbischof Albrecht von Brandenburg nach Halle überführt, von dort kamen sie später nach Aschaffenburg. Sein heutiges Grab ist nicht bekannt.

Eine ihm gewidmete Gedenktafel fand Aufnahme in die Walhalla bei Regensburg.

Bedeutung

Als durch die Teilungen des Reichs Karls des Großen die so genannte Karolingische Renaissance in den Anfängen stecken blieb und das entstehende Ostfrankenreich seine geistigen Grundlagen suchte, wirkte Rabanus Maurus als Sammler und Vermittler des gesamten philosophischen, theologischen und naturwissenschaftlichen Wissens seiner Zeit.

Die Fülle seiner Schriften über alle Wissensgebiete[1] und die große Zahl seiner bedeutenden Schüler brachte ihm im frühen 19. Jahrhundert den Ehrentitel „Erster Lehrer Germaniens“ (primus praeceptor Germaniae) ein, dessen Berechtigung jedoch von der neueren Geschichtsforschung in Frage gestellt wird (vgl. den Artikel von Raymund Kottje im Literaturanhang).

Der Pfingsthymnus Veni Creator Spiritus (Komm Schöpfer Geist) ist, wenn nicht von ihm verfasst (wie früher angenommen), so doch von ihm überliefert und bleibt mit seinem Namen verbunden. Rabanus Maurus ist der Verfasser der aus 22 Büchern bestehenden Enzyklopädie De universo („Über das Universum“, auch: De rerum naturis – „Die Natur der Dinge“).

Sein wesentliches Verdienst lag in der Vermittlung zwischen der christlich-antiken Tradition und der frühmittelalterlichen Denkweise, indem er herausragende Schriften der Antike dem Wissen des Frühmittelalters entsprechend neu zusammenstellte und enzyklopädisch veröffentlichte.

Er ist ein typischer Vertreter der Karolingischen Renaissance.

Gedenktag

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. vgl. die tabellarische Übersicht bei Haarländer (siehe unten: Literatur) S. 161–171.

Literatur

  • Hrabanus Maurus: De institutione clericorum = Über die Unterweisung der Geistlichen Lateinisch/Deutsch, Bd. I, II. In: Fontes Christiani Bd. 61/1 und 61/2. Turnhout 2006
  • Hanns-Christoph Picker: Pastor doctus. Klerikerbild und karolingische Reformen bei Hrabanus Maurus (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz. Abteilung für Religionsgeschichte 186). Mainz 2001
  • Hans-Jürgen Kotzur (Hrsg.): Rabanus Maurus. Auf den Spuren eines karolingischen Gelehrten. Mainz 2006
  • Michele C. Ferrari: Il „liber sanctae crucis“ di Rabano Mauro. Testo – immagine – contesto (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 30). Bern u. a. 1999
  • Hans-Georg Müller: Hrabanus Maurus – De Laudibus sanctae crucis – Studien zur Überlieferung und Geistesgeschichte mit dem Faksimile-Textabdruck aus Codex Reg. Lat. 124 der vatikanischen Bibliothek (Beihefte zum „Mittellateinischen Jahrbuch“ 11). Ratingen u. a. 1973
  • Maria Rissel: Rezeption antiker und patristischer Wissenschaft bei Hrabanus Maurus. Studien zur karolingischen Geistesgeschichte (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 7). Bern, Frankfurt am Main. 1976
  • Winfried Böhne (Hrsg.): Hrabanus Maurus und seine Schule. Fulda 1980
  • Wilhelm Weber (Hrsg.): Rabanaus Maurus in seiner Zeit. Mainz 1980
  • Raymund Kottje, Harald Zimmermann (Hrsg.): Hrabanus Maurus. Lehrer, Abt und Bischof. Mainz/Wiesbaden 1982
  • Franz J. Felten, Barbara Nichtweiß (Hrsg.): Hrabanus Maurus. Gelehrter, Abt von Fulda und Erzbischof von Mainz. Mainz 2006
  • Stephanie Haarländer: Rabanus Maurus zum Kennenlernen. Mainz 2006, ISBN 3-934450-24-5
  • Raymund Kottje: Hrabanus Maurus – Praeceptor Germaniae?. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 31 (1975), S. 534–545
  • Zeno Diegelmann: Der vierte Codex. ISBN 3790003832
  • Brigitte Englisch, Die Artes liberales im frühen Mittelalter (5.–9. Jh.). Das Quadrivium und der Komputus als Indikatoren für Kontinuität und Erneuerung der exakten Wissenschaften zwischen Antike und Mittelalter (Sudhoffs Archiv, Beihefte 33). Stuttgart 1994
  • Gereon Becht-Jördens: Litterae illuminatae. Zur Geschichte eines literarischen Formtyps in Fulda. In: Gangolf Schrimpf (Hrsg.): Kloster Fulda in der Welt der Karolinger und Ottonen (Fuldaer Studien 7) Frankfurt am Main 1996, S. 325–364
  • Walter Heinemeyer, Berthold Jäger (Hrsg.): Fulda in seiner Geschichte(Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 57). Fulda, Marburg 1995
  • Friedhelm Jürgensmeier, Franziskus Büll (Hrsg.): Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Hessen (Germania benedictina 7). St. Ottilien 2004

Elektronische Texte

Weblinks


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