- Match des Jahrhunderts
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Die Kontrahenten der Schachweltmeisterschaft 1972 Porträts
(nicht
zeitgetreu)Boris Spasski Bobby Fischer Nation Vereinigte Staaten Status Titelverteidiger
Weltmeister seit 1969Herausforderer Alter 35 Jahre 29 Jahre Elo-Zahl (Juni 1972)2660 2785 Die Schachweltmeisterschaft 1972 war der als Match des Jahrhunderts geltende Zweikampf zwischen dem amtierenden 35 Jahre alten Weltmeister Boris Spasski und seinem 29 Jahre alten Herausforderer Bobby Fischer um den Weltmeistertitel im Schach, der auch über die Schachwelt hinaus Aufsehen erregte.
Vom Dienstag, dem 11. Juli 1972 bis zum Freitag, den 1. September 1972 fanden die 21 Partien des auf 24 Partien angesetzten Wettkampfes in der Ausstellungshalle Laugardalshöllin in der isländischen Hauptstadt Reykjavík statt. Dem amtierenden Weltmeister sollten 12 Punkte zur Titelverteidigung genügen, während der Herausforderer 12,5 Punkte zur Übernahme des Weltmeistertitels benötigte. Spasskis Sekundanten waren Efim Geller, Nikolai Krogius und Iivo Nei, Fischer wurde von William Lombardy sekundiert, dessen Dienste er jedoch kaum in Anspruch nahm. Fischer besiegte Spasski und wurde somit der 11. Schachweltmeister.
Inhaltsverzeichnis
Prolog
Der Wettkampf fand auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges statt. Seit dem Zweiten Weltkrieg hatte nur die antikommunistischen Klima der McCarthy-Ära aufgewachsene Bobby Fischer sah sich als Einzelkämpfer gegen eine erdrückende sowjetische Übermacht, die es seiner Meinung nach zu beseitigen galt.
Die amerikanische Schachmeisterschaft von 1970 galt gleichzeitig als Zonenturnier und ermöglichte den drei Erstplatzierten (William Addison, Samuel Reshevsky und Pál Benkö) die Teilnahme am Interzonenturnier. Bobby Fischer, der die amerikanische Schachmeisterschaft schon seit einigen Jahren boykottierte, war daher nicht zum Interzonenturnier qualifiziert. Lediglich der Verzicht Pal Benkös, welcher dafür vom US-Schachverband 2000 US-Dollar erhielt, ermöglichte Fischer die Teilnahme, der dann das Turnier im November und Dezember 1970 in Palma de Mallorca vor 23 anderen Teilnehmern, darunter Efim Geller, Wassili Smyslow, Vlastimil Hort und Robert Hübner, mit 3,5 Punkten Vorsprung tatsächlich gewann. Dabei gelang es ihm, die letzten sieben Runden in Folge zu gewinnen (Interzonenturnier Palma 1970: Abschlusstabelle).
Anschließend erkämpfte er sich im Verlauf des Jahres 1971 mit einer beispiellosen Siegesserie in den Kandidatenturnieren das Recht zur Herausforderung des Weltmeisters: 6:0 gegen Mark Taimanow (16. Mai bis 1. Juni), 6:0 gegen Bent Larsen (6. Juli bis 20. Juli), der ihm im vorangegangenen Interzonenturnier die einzige Niederlage zugefügt hatte[1] und im Finale 6,5:2,5 gegen Tigran Petrosjan (30. September bis 26. Oktober). Unter Anrechnung der sieben Abschlusssiege von Palma de Mallorca und dem Sieg in der ersten Runde gegen Petrosjan gelangen ihm also 20 Siege in Folge gegen Großmeisterkollegen – eine seither nie mehr erreichte Serie. Nach dem Sieg gegen Petrosjan spielte Bobby Fischer bis zum Beginn der Weltmeisterschaft 1972 keine offizielle Partie mehr.
Die Kandidatenwettkämpfe in der Übersicht:
Viertelfinale Halbfinale Finale Bobby Fischer 6 Mark Taimanow 0 Bobby Fischer 6 Bent Larsen 0 Bent Larsen 5,5 Wolfgang Uhlmann 3,5 Bobby Fischer 6,5 Tigran Petrosjan 2,5 Tigran Petrosjan 4 Robert Hübner 3* Tigran Petrosjan 5,5 Viktor Kortschnoi 4,5 Viktor Kortschnoi 5,5 Efim Geller 2,5 (*) nach der 7. Partie von Hübner aufgegeben
Spasski hingegen war seine Generalprobe beim Aljechin-Gedächtnisturnier Ende 1971 in Moskau gründlich missglückt: Er belegte lediglich den 7. Platz mit 9,5 Punkten aus 17 Partien und verlor dabei gegen Tigran Petrosjan und Viktor Kortschnoi. Das Turnier gewann der spätere Weltmeister Anatoli Karpow. Spasski war von der Kommunistischen Partei in dem von den Massenmedien zum Wettkampf der Systeme hochstilisierten Match dazu auserkoren, die grundsätzliche Überlegenheit der sowjetischen Gesellschaft im Allgemeinen und die der Sowjetischen Schachschule im Besonderen unter Beweis zu stellen. Eine Aufgabe, die den sensiblen Sportler – dem man unterstellte, dass er sich seiner Pflicht gegenüber dem sowjetischen Volk nicht genügend bewusst sei und der bei vielen im sowjetischen System als unzuverlässig galt – möglicherweise überforderte.
Aber auch Fischer konnte nicht auf die uneingeschränkte Unterstützung seiner Landsleute setzen: Er galt insbesondere in den amerikanischen Medien als arrogant, unberechenbar und paranoid – Charaktereigenschaften, die in der amerikanischen Öffentlichkeit auf wenig Gegenliebe stießen, während die durch den eskalierenden Vietnamkrieg und durch erste Vorboten der Watergate-Affäre diskreditierte US-amerikanische Regierung einen weiteren Imageverlust durch das irrationale, oftmals vulgäre und in der Regel wenig diplomatische Auftreten des genialen Exzentrikers befürchtete.
Nach einem zermürbenden Gezerre um Preisgelder (Fischer gelang es schließlich, das ausgelobte offizielle Preisgeld im Vergleich zum vorangegangenen Weltmeisterschaftskampf von 1969 auf letztendlich 150.000 US-Dollar mehr als zu verhundertfachen), Spielbedingungen und Spielorte, bei dem Fischer mehrmals mit seiner Abreise gedroht hatte, konnte der ursprünglich auf den 4. Juli, den amerikanischen Unabhängigkeitstag, terminierte Wettkampf am 11. Juli 1972 endlich beginnen. Sogar Nixons Sicherheitsberater, der spätere amerikanische Außenminister Henry Kissinger hatte sich telefonisch eingeschaltet, um Fischer zum Spielantritt zu bewegen: „Hier ist der schlechteste Spieler der Welt, um mit dem besten Spieler der Welt zu sprechen“, leitete Kissinger das Telefonat ein, und im weiteren Gesprächsverlauf: „Amerika wünscht sich, dass Sie da hinfahren und die Russen schlagen!“. Ohrenzeugen des Telefonats berichteten, Fischer sei beeindruckt gewesen und habe anschließend in dem Streit eingelenkt.
Der am 1. Juli 1972 mit einem negativen Kommentar auf der Titelseite der New York Times bedachte Fischer erschien trotzdem nicht zur offiziellen Eröffnungsfeier, die am selben Tag im Isländischen Nationaltheater in Reykjavík stattfand. Der Platz neben Spasski blieb während der ganzen Veranstaltung leer, der Herausforderer weilte zu diesem Zeitpunkt noch immer in New York und traf erst am 3. Juli in der isländischen Hauptstadt ein.
Preisgeld
Es war vereinbart, dass der Sieger des Wettkampfes 78.125 US-Dollar erhalten sollte, der Verlierer 46.875 US-Dollar. Beide Spieler sollten außerdem zu jeweils 30 Prozent an den zu erwartenden Erlösen aus den Film- und Fernsehrechten beteiligt werden, insgesamt ging es also um ca. 150.000 US-Dollar. Im Verlauf der Verhandlungen und angesichts immer weiterer Drohungen Fischers, nicht anzutreten, sprang kurzfristig noch der britische Bankier James Slater ein und erhöhte am 3. Juli 1972 das Preisgeld nochmals um 50.000 Pfund Sterling (ca. 125.000 US-Dollar) auf damit insgesamt rund 275.000 US-Dollar.
Das Match
Fischers Fehlstart
Boris Spasski – Bobby Fischer
1. Partie der Weltmeisterschaft 1972a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Stellung nach dem 29. Zug von Schwarz In der ersten Partie des Wettkampfes leistete sich Bobby Fischer, der erst sechs Minuten nach dem offiziellen Beginn der Partie und Spasskis Eröffnungszug 1. d2-d4 im Spielsaal erschienen war, mit seinem 29. Zug in vollkommen ausgeglichener Stellung (sechs jeweils gleichmäßig verteilte Bauern bei gleichfeldrigen Läufern) einen schwer zu erklärenden und folgenschweren Fehler: Ld6xh2. Nach dem Schlagen des „vergifteten“ Bauern war der Läufer nach 30. g2-g3 vom Spiel abgeschnitten und ging wenig später verloren. Anschließende Analysen haben allerdings ergeben, dass Schwarz bei genauestem Spiel die Partie ausgeglichen hätte halten können. Der damals 21-jährige Anatoli Karpow meinte, dass Spasski überzeugt gewesen sei, mit Weiß jederzeit gegen Fischer zumindest ein Remis halten zu können, während Fischer (der natürlich den drohenden Verlust des Läufers gesehen hatte) keinesfalls auf Remis spielen und Spasski das Gegenteil beweisen wollte – auch um den Preis einer eventuellen Niederlage.
Zur zweiten Partie trat Fischer erst gar nicht an – er protestierte damit gegen drei im Zuschauersaal aufgestellte Fernsehkameras, durch die er sich in seiner Konzentration gestört sah und gab die Partie kampflos verloren. Dieser Sieg erwies sich in der Folge für den sensiblen Weltmeister jedoch als Pyrrhussieg; statt den Zusatzpunkt einfach einzustreichen, ließ sich Spasski – der das Spielkönnen von Fischer sehr hoch einschätzte – durch dessen extremes Verhalten verunsichern. Von Fischer wiederum hieß es, er hätte schreckliche Angst davor, zu verlieren und wäre deshalb nicht angetreten: Die Angst vor dem Verlieren würde bei ihm die Spielfreude überwiegen.
Es wäre allerdings falsch, Fischer zu unterstellen, sein Auftreten bewusst darauf ausgerichtet zu haben, Spasski mit psychologischen Tricks aus dem Gleichgewicht zu bringen. Er verhielt sich einfach genauso, wie er sich sein ganzes bisheriges Leben verhalten hatte. Unbestreitbar jedoch wirkte Fischers Verhalten auf viele seiner Gegner einschüchternd.
Auch am Schachbrett sitzend strahlte Fischer eine bedrohliche und unheilvolle Aura aus. Der russische Großmeister Alexander Kotow berichtete vom Kandidatenturnier Fischer gegen Taimanow 1971 von seinen Eindrücken: „Dieses ständig drohend über dem Schachbrett lauernde Gesicht eines Fanatikers, die brennenden Augen, die Entrücktheit von der äußeren Welt! Diese langen Finger, die deine Bauern und Figuren vom Brett nehmen … Und die Gegner Fischers verlieren die Kontrolle über sich selbst“.
Die Wende
In der dritten Partie des Wettkampfes gelang Fischer – der wieder kurz vor einer Abreise gestanden hatte – sein erster Sieg über Spasski überhaupt. Vor dem Wettkampf hatten beide erst fünfmal gegeneinander gespielt, dreimal war Spasski jeweils mit Weiß erfolgreich, zweimal trennten sich die Kontrahenten remis. Das erste Mal trafen die beiden anlässlich eines Turnieres in Mar del Plata am 30. März 1960 in Argentinien aufeinander – Spasski gewann [2]. Fischer adelte Spasskis Sieg durch die Aufnahme in sein 1969 erschienenes Buch Meine 60 denkwürdigen Partien. Die letzte Begegnung von Spasski und Fischer vor dem Wettkampf fand am 19. September 1970 bei der Schacholympiade in Siegen statt, und wieder hatte Spasski in einer bemerkenswerten Partie die Oberhand behalten[3].
Bobby Fischer – Boris Spasski
6. Partie der Weltmeisterschaft 1972a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Stellung vor dem Qualitätsopfer 38.Txf6 Ein Doppelschlag in der 5. und 6. Partie leitete die Wende im Weltmeisterschaftskampf ein und brachte Fischer in Führung, die dieser im weiteren Verlauf nicht mehr abgab. Ein schwerer Fehler Spasskis im 27. Zug der 5. Partie beendete diese sofort, und in der anschließenden 6. Partie zeigte der konsequent auf Sieg spielende Fischer seine ganze Stärke.
Im vollbesetzten Saal erhielt Fischer direkt nach Partieende vom begeisterten Publikum spontan stehenden Applaus, in den der sichtlich geschockte Spasski noch am Brett sitzend einfiel.
Lediglich in der 11. Partie gelang es dem Titelverteidiger, seinen Herausforderer (wieder mit Weiß) in 31 Zügen überzeugend zu schlagen.
Boris Spasski – Bobby Fischer
11. Partie der Weltmeisterschaft 1972a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Schlussstellung nach 31.Txe6 Das Ritual
Im Laufe des Duells entwickelte sich zwischen den beiden Spielern das folgende, beispielhafte Ritual: Stets schon lange vor Spielbeginn um 17 Uhr war der Saal bereits vollständig mit schachbegeisterten Isländern gefüllt. Kurz vor 17 Uhr erschien Boris Spasski, der mit einer Verbeugung das applaudierende Publikum begrüßte, dem deutschen Schiedsrichter Lothar Schmid die Hand schüttelte und sich in seinen schwarzen Ledersessel setzte. Bis zur 6. Partie musste der Weltmeister mit einem einfachen Polsterstuhl mit nicht verstellbarer Rückenlehne und hölzernen Armlehnen vorlieb nehmen, während der Herausforderer einen Luxusdrehsessel aus Leder benutzte. Ab der 7. Partie verfügte Spasski über das genau gleiche Modell: Importiert aus den USA vom selben Hersteller. Lothar Schmid trat an den Bühnenrand, bat das Publikum nochmals um absolute Ruhe und setzte Punkt 17 Uhr die Schachuhr von Boris Spasski in Gang. Dieser überlegt etwa 15 Sekunden, spielte dann den ersten Zug, e2-e4, lehnte sich nochmals zurück und verließ nach etwa einer Minute über eine Seitentür gemächlich den Spielsaal. Fünf Minuten blieb das Brett verwaist, dann eilte Fischer, begleitet vom freundlichen Begrüßungsapplaus des Publikums, mit langen Schritten an den Spieltisch, musterte kurz die Stellung, im Stehen der Zug c7-c5, dann bequemes Zurückwippen im Sessel. Nun war es an Fischer, auf seinen Gegner zu warten. Nach zwei, drei Minuten erschien Spasski wieder in der Seitentür, obligatorisches Händeschütteln mit Fischer, die Partie konnte beginnen.
Das Ende
Boris Spasski – Bobby Fischer
21. Partie der Weltmeisterschaft 1972a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Schlussstellung der letzten Partie der Weltmeisterschaft nach 40. … h5 Nach der 20. Partie benötigte der Herausforderer noch einen Punkt bis zum endgültigen Sieg: Die 21. und letzte Partie des Wettkampfes wurde am 31. August 1972 nach dem 41. Zug von Spasski (Le6-d7) als Hängepartie abgebrochen. Am folgenden Tag erschien Spasski jedoch nicht mehr zur Wiederaufnahme des Kampfes, sondern teilte dem deutschen Schiedsrichter Lothar Schmid telefonisch die Aufgabe der Partie mit. Die 2500 Zuschauer, die sich an diesem Tage im Spielsaal eingefunden und jeweils fünf Dollar Eintrittspreis entrichtet hatten, wurden um ein spannendes Finale gebracht. Die Stellung von Spasski war zwar schlecht, aber nicht hoffnungslos, Spasski hatte zumindest noch die Aussicht, bei genauem Spiel ein Remis zu erreichen. Sowie Fischer am Spielort zur Fortsetzung der Partie eintraf, gab Lothar Schmid die telefonische Aufgabe durch Boris Spasski bekannt.
Höflicher Applaus des äußerst sachverständigen isländischen Publikums, ein linkisch ins Publikum winkender neuer Weltmeister – das Match des Jahrhunderts war vorbei.
Bei der Abschlussfeier am Sonntag, dem 3. September, in der Laugardal-Halle in Reykjavík – zu der Bobby Fischer zur Erleichterung der Veranstalter entgegen allen Befürchtungen in einem violetten Samtanzug fast eine Stunde zu spät doch noch erschien und sogar neben Boris Spasski seinen Platz einnahm – hatte der Amerikaner keine Hemmungen, noch auf der Bühne den überreichten Umschlag mit dem Siegerscheck zu öffnen und den Inhalt genau in Augenschein zu nehmen.
Auf eine Abschlussrede verzichtete Bobby Fischer.
Im Haus der Kultur im Stadtzentrum der isländischen Hauptstadt Reykjavík sind der Originalschachtisch, die verwendeten Figuren und die verwendete Schachuhr ausgestellt.
Beurteilung
Die Qualität der Mehrzahl der gespielten Partien rechtfertigte letztendlich nicht die überragende Beachtung, die der Wettkampf in der ganzen Welt weckte, lediglich die Partien 3, 4, 6, 10, 11, 13 und 15 zeigten die beiden Akteure auf der Höhe ihres Könnens, wurden den hohen Erwartungen gerecht und entschädigten die Schachfans in der ganzen Welt. Aber die überwiegende Mehrheit der in der Regel nicht so schachkundigen Öffentlichkeit war sowieso mehr an der schillernden, exzentrischen und unberechenbaren Persönlichkeit Bobby Fischer interessiert und wurde nicht enttäuscht. Er hatte es tatsächlich geschafft, die jahrzehntelange Sowjetherrschaft im Schach zu brechen und die mit Abstand höchste Siegprämie zu erringen, die bis dahin bei einer Schachveranstaltung ausbezahlt wurde. Es war ihm außerdem gelungen, das Schach aus seinem Nischendasein zu katapultieren und dem Spiel der Könige neue Anhänger zuzuführen, auch wenn die vielen unschönen Begleitumstände dem Ansehen des Schachs nicht unbedingt zuträglich waren.
Der amerikanische Präsident Richard Nixon ließ es sich nicht nehmen, Fischer von seinem Urlaubsort San Clemente aus zur „absoluten Meisterschaft im schwierigsten Spiel der Welt“ zu gratulieren und zu einem Besuch ins Weiße Haus einzuladen – ein Besuch, der allerdings nie stattfand.
Spasski meinte anschließend, dass er bis zuletzt geglaubt hätte, er könne seinen Titel erfolgreich verteidigen, doch Fischer sei ihm stets – wenn er das Gefühl gehabt habe, er hätte ihn – „wie ein Fisch aus den Händen geglitten“.
Partienverlauf
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Ergb. Boris Spasski 1 + 0 ½ 0 0 ½ 0 ½ 0 1 ½ 0 ½ ½ ½ ½ ½ ½ ½ 0 8½ Robert J. Fischer 0 - 1 ½ 1 1 ½ 1 ½ 1 0 ½ 1 ½ ½ ½ ½ ½ ½ ½ 1 12½ Eröffnung E56 A77 B88 E41 D59 B97 A39 D41 C95 B97 D66 B04 D37 B99 C69 B09 B69 B05 B68 B46 Datum 11. Juli 13. Juli 16. Juli 18. Juli 20. Juli 23. Juli 25. Juli 27. Juli 1. August 3. August 6. August 8. August 10. August 15. August 17. August 20. August 22. August 24. August 27. August 29. August 31. August Epilog
1992, genau 20 Jahre später, traten die beiden Kontrahenten ausgerechnet im Jugoslawien des geächteten Diktators Slobodan Milošević während des Jugoslawienkriegs unter großem Medieninteresse nochmals gegeneinander an. Bobby Fischer, der seit dem Ende des Weltmeisterschaftskampfes am 31. August 1972 keine ernsthafte Turnierpartie mehr gespielt hatte, bezwang Boris Spasski, der nach dem Finale von 1972 nur noch einmal, bei seinem Sieg bei der 41. UdSSR-Meisterschaft 1973, seine alte Spielstärke erreichte, mit 17,5 zu 12,5 (+10 =15 –5). Das Preisgeld diesmal: 5 Millionen US-Dollar, davon zwei Drittel für den Sieger.
Fischer wurde anschließend von US-Behörden mit Haftbefehl gesucht, da er nach deren Ansicht gegen das Jugoslawien-Embargo verstoßen haben sollte. Dies führte zu einer mehrjährigen Flucht Fischers, der nach einer Inhaftierung in Japan schließlich 2005 Asyl in Island erhielt, wo er 2008 in Reykjavík als isländischer Staatsbürger verstarb.
Literatur
- David Edmonds / John Eidinow: Wie Bobby Fischer den Kalten Krieg gewann. München: DVA 2004, ISBN 3-421-05654-4 (für 2007 als TB angekündigt: S. Fischer Verlag ISBN 3-596-17168-7)
- Svetozar Gligorić: Fischer Spasskij, Schachmatch des Jahrhunderts. Droemer Knaur, Zürich 1972, ISBN 3-85886-021-2
- Luděk Pachman: Der Titelkampf Fischer-Spasskij. Rau-Verlag, Düsseldorf 1972
- Rudolf Teschner: Fischer gegen Spasski 1972 und 1992. Edition Olms 1993, ISBN 3-283-00270-3
- Reinhard Munzert: Schachpsychologie. Beyer Verlag, Hollfeld 1998, ISBN 3-88805-467-2
Siehe auch
Partie des Jahrhunderts: Donald Byrne vs Robert James Fischer
Weblinks
- Schachweltmeisterschaft 1972 bei Chessgames
- Video-Clip vom Match 1972
- Die Partien zum Nachspielen und zum Download
- Alle WM-Kämpfe zum Download
- Schachausstellung in Reykjavik
- Fischer – Spasski – Der Wettkampf 1992
Einzelnachweise
1886, 1889, 1891, 1892 (Steinitz) | 1894, 1897, 1907, 1908, 1910 (Jan.–Feb.), 1910 (Nov.–Dez.) (Lasker) | 1921 (Capablanca) | 1927, 1929, 1934 (Aljechin) | 1935 (Euwe) | 1937 (Aljechin) | 1948, 1951, 1954 (Botwinnik) | 1957 (Smyslow) | 1958 (Botwinnik) | 1960 (Tal) | 1961 (Botwinnik) | 1963, 1966 (Petrosjan) | 1969 (Spasski) | 1972 (Fischer) | 1975, 1978, 1981 (Karpow) | 1984/85 und 1985, 1986, 1987, 1990, 1993, 1995 (Kasparow) | 2000, 2004, 2006 (Kramnik) | 2007, 2008 (Anand) | 2010
Weltmeisterschaften der FIDE während der Titelspaltung: FIDE-Schachweltmeisterschaften 1993–2005
Qualifikationsstufen: Zonenturnier • Interzonenturnier • Kandidatenturnier
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