- Meinungsbildung
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Meinungsbildung bezeichnet den Prozess, wie sich Meinungen von einzelnen Menschen oder auch Gruppen ändern.
Inhaltsverzeichnis
Meinungsbeeinflussung
Man greift auf Erfahrungen zurück, versucht anhand der Meinungen anderer eine eigene zu entwickeln. Es gilt, Argumente abzuwägen - was zunächst oft vorwiegt. Man muss die Handlungen von Personen beurteilen und oft ein Übel mit einem anderen Übel vergleichen; es kann sehr schwierig sein, sich eine fundierte Meinung zu bilden. Meinungsbildung ist sehr leicht auch Ideologiebildung.
Bedeutung der Meinungen
Die Wichtigkeit dieses Prozesses wird oft unterschätzt. Er ist — als öffentliche Meinung — eine Basis demokratischer Staatsformen. Nur eine Meinung zu haben ermöglicht den Dialog in der Gesellschaft und sichert (oder auch verunsichert - je nach dem Inhalt der Meinung -) den Bestand einer politischen Ordnung und auch dessen Zukunft. Wägen Menschen nur ab, finden keine Meinung zu einem Thema und versuchen, immer in der Mitte zu stehen, ist ein Zusammenleben und eine Weiterentwicklung kurzfristig erleichtert, längerfristig erschwert. Am einfachsten ist es, sich einer Person, einer Partei oder einer anderen Gruppe anzuschliessen, und dann alles für richtig zu halten, was diese für einen abgewogen haben.
Wie kontrovers die Meinungs- bzw. Überzeugungsbildung innerhalb derselben Familie verlaufen kann, zeigen die Kinder und Enkelkinder von Hanns Ludin bei der Beurteilung seiner politischen Verantwortung und seiner Persönlichkeit. [1]
Meinungsbildungsprozess
Zur Öffentlichen Meinung allgemein siehe hier.
Der demokratische Meinungsbildungsprozess, wie er beispielsweise im Deutschen Bundestag stattfindet, folgte früher in der Regel innerparteilichen Richtlinien. Nähere Einzelheiten über den innerparteilichen Meinungsbildungsprozess erfährt man meist nicht.
Im Buddhismus gibt es eine Anleitung zur sorgfältigen Meinungsbildung, die dem Buddha zugeschrieben wird [2]; sie fordert dazu auf, selbst die Verantwortung für die eigene Meinungs- und Überzeugungsbildung zu übernehmen.
„Glauben Sie an nichts, nur weil Sie es gehört haben. Glauben Sie nicht einfach an Traditionen, weil sie von Generationen akzeptiert wurden. Glauben Sie an nichts, nur auf Grund der Verbreitung durch Gerüchte. Glauben Sie nie etwas, nur weil es in Heiligen Schriften steht. Glauben Sie an nichts, nur wegen der Autorität der Lehrer oder älterer Menschen. Aber wenn Sie selber erkennen, dass etwas heilsam ist und dass es dem Einzelnen und allen zugutekommt und förderlich ist, dann mögen Sie es annehmen und stets danach leben.“
– Kalama Sutta
Argumente und Meinungen
Der Autor Rafael Seligmann und Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin, haben in der Jüdischen Allgemeine vom 26. Juni 2008 Argumente für oder gegen eine kommentierte Neuausgabe von Hitler's 'Mein Kampf' niedergeschrieben.
- Soll 'Mein Kampf' in einer kommentierten Ausgabe erscheinen? Contra Wolfgang Benz, Pro Rafael Seligman in Jüdische Allgemeine Nr. 26/08 vom 26. Juni 2008
Seligman ist für eine Neuausgabe, er ist davon überzeugt, dass jeder Leser durch die Lektüre verstehen wird, dass Hitler bei seinen politischen Verbrechen geplant und systematisch vorgegangen ist, um vorher festgelegte Ziele zu erreichen. Benz ist dagegen, weil seiner Ansicht nach aus dem Buch nichts mehr zu lernen ist.
Die Form einer Pro- und Contra-Debatte ohne Reaktion auf die jeweiligen Argumente der Gegenseite läßt eine Veränderung im Meinungsbild nicht erkennen.
Wortumfeld
Als stärkere Form des Meinens wird oft der „Glauben“ angesehen. Dann wird Meinungsbildung oft auch als Suche nach einem Glauben verstanden. Als Gegensatz zum Meinen wird einerseits der Begriff „Wissen“ gebraucht, andererseits aber auch (kritisch) die „Meinungslosigkeit“.
Abweichend davon sah der Soziologe Ferdinand Tönnies (z. B. in „Kritik der öffentlichen Meinung“ oder in „Gemeinschaft und Gesellschaft“) als „gesellschaftlich“ stärkste (stabilste) Form des für wahr haltenden Meinens die Wissenschaft an, als „gemeinschaftlich“ stärkste Form des für wahr Haltens hingegen den „Glauben“. Bei ihm reicht die Meinungsbildung also von flüchtigem Fürwahrhalten (in heutiger Sprache: für uns-hier ist das cool) bis zum festen Wahrheitsurteil (das weiß die Wissenschaft und wissen wir doch alle). Somit entspricht bei Tönnies die „gesellschaftliche“ öffentliche Meinung der „gemeinschaftlichen“ Religion, in soziologischer Terminologie: Religionsentstehung und Meinungsbildung sind einander funktional äquivalent.
Quellen
- ↑ Der unheimliche Vater - Wie Kinder und Enkel nach der Wahrheit über den Nazi Hanns Ludin suchen. Berliner Zeitung vom 28. Juli 2007
- ↑ Kurzfassung des Kalama Sutta von den Seiten des Buddhistischen Hauses Frohnau
Literatur
- Ferdinand Tönnies, Kritik der öffentlichen Meinung, hgg. von Alexander Deichsel, Rolf Fechner, Rainer Waßner, in: Ferdinand Tönnies Gesamtausgabe, Bd. 14, Berlin/New York (de Gruyter) 2002²[1922], ISBN 3-11-015349-1 (mit ausführlicher Einleitung zur Meinung allgemein)
- Elisabeth Noelle-Neumann, Öffentliche Meinung, Die Entdeckung der Schweigespirale, Erweiterte Ausgabe 1996, Ullstein, ISBN 3-550-06934-0
Weblinks
Siehe auch
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