Midianiter

Midianiter

Midian (hebr. מִדְיָן) ist der Name des Stammvaters der Midianiter im Tanach, der hebräischen Bibel. So heißt dort zugleich dieses Volk und sein Siedlungsgebiet. Der Name bedeutet wörtlich „Streitsache“ oder „Gerichtsurteil" (arab. مَدْيَن madyan).

Inhaltsverzeichnis

Stammvater

Midian wird im 1. Buch Mose 25,2-4 als vierter Sohn Abrahams und seiner zweiten Frau Keturah genannt. Seine Brüder waren Simran, Jokschan, Medan, Jischbak und Schuach. Isaak war demnach sein Halbbruder aus Abrahams erster Ehe. Das 1. Buch der Chronik 1,32f greift diese Stelle auf und ordnet Midian in die Ahnentafel Israels ein. Es nennt zudem fünf seiner Söhne: Epha, Epher, Hanok, Abida und Eldaba.

Midian wurde von Abraham wie Ismael nach Osten geschickt und mit Geschenken bedacht, offenbar um nicht mit Isaak in Konflikt zu geraten. Dieser wurde als erstgeborener Sohn Saras, der Hauptfrau Abrahams, dessen Erbe.

Auch im Koran und folgender arabischer und islamischer Tradition gilt Midian als legitimer Sohn Abrahams und Vorfahre der Midianiter, die sich mit den Ismaelitern vermischten. Daraus seien die Araber hervorgegangen. Der ägyptische Historiker Al-Maqrizi (1364-1442) hat dies schon im Mittelalter betont.

Volk und Region

Midian

Die Midianiter waren nach der Bibel ein Stamm kriegerischer Wüstennomaden. Sie werden dort zusammen mit den Aramäern, Edomitern, Israeliten und Joktanitern zu den Hebräern gezählt. Ihr Auftreten fällt in die vorstaatliche „Richterzeit", die um 1200-1000 v. Chr. angesetzt wird.

Das Land Midian wird in der Bibel nur in ungefährer Richtung südöstlich von Palästina in der gebirgigen Wüste lokalisiert. Da die Midianiter ausgedehnte Raubzüge unternahmen, durchzogen und beherrschten sie vermutlich auch weit von ihrer Stammregion entfernte Gebiete. Deshalb bleibt deren Lokalisierung ungewiss.

Da sich nach Ex 3,1 dort der Gottesberg Horeb - der erst viel später mit dem Berg Sinai im Süden der gleichnamigen Halbinsel identifiziert wurde - befand und dieser nach der Theophanieschilderung in Ex 19,16vermutlich ein tätiger Vulkan war, nimmt man an, dass sich die Gegend im nordwestlichen Teil des heutigen Saudi-Arabiens östlich des Golfs von Akaba befand. Dort gab es in antiker Zeit Vulkanismus.

Biblische Bedeutung

Midian und die Midianiter sind für die Ursprungsgeschichte des Volkes Israel im Pentateuch von großer Bedeutung. Mose floh nach seinem Mord an einem ägyptischen Sklaventreiber nach Midian, heiratete dort Zippora, die Tochter Jitros, des Priesters von Midian, die ihm zwei Söhne, Gerschom und Elieser gebar (Ex 2). Nach 40 Jahren (Apg. 7,30-35) begegnete Mose dann JHWH, dem bis dahin unbekannten Gott seiner Vorväter, am Gottesberg Horeb in einem brennenden Dornbusch und erhielt die Berufung zum Anführer seines Volkes aus der Sklaverei (Ex 3).

Nach dem gelungenen Auszug aus Ägypten hatte der Priester Jitro am Gottesberg Horeb seinen Gott für die Befreiungstat gelobt, ihm ein Opfer dargebracht und mit Moses und den Ältesten der Israeliten das Opfermahl gehalten. So bekräftigt die Bibel die gemeinsame Verehrung desselben Gottes in beiden Völkern, obwohl Jitro seinen Gott nicht explizit „JHWH" nennt (Ex 18). Im Anschluss an diese Szene findet dann die große Sinaioffenbarung, Verkündung der Tora und der Bundesschluss Gottes mit dem Volk Israel statt (Ex 19-24).

Zwar sieht die heutige historisch-kritische Bibelforschung diese Darstellung überwiegend als Konstrukt, das verschiedene, ursprünglich selbstständige Überlieferungskomplexe erst nachträglich verbinden sollte. Ein Hinweis darauf ist die unterschiedliche Benennung des Priesters von Midian in verschiedenen Bibeltexten als Reguel (Ex 2,18) oder Hobab und seine teilweise Zuordnung zu den Kenitern (Ri 4,11), eines auf Kain zurückgeführten anderen Volksstammes im Osten Palästinas.

In Numeri 25 und 31 sowie Ri 6 erscheinen die Midianiter als Erzfeinde Israels, deren vollständige Ausrottung (Bann) JHWH gebietet bzw. durch das dem Heerführer Gideon verliehene Charisma selbst vollstreckt.

Dennoch wird eine frühe Begegnung zwischen Hebräern und Midianitern bzw. Kenitern und gemeinsame Verehrung des Gottes JHWH für wahrscheinlich gehalten, da dieser Gottesname auch in außerbiblischen Funden wie der Mescha-Stele belegt ist und diese teilweise ebenfalls auf ein Gebiet östlich des Golfs von Akaba verweisen.

Siehe auch

Literatur

Ernst Axel Knauf: Midian. Untersuchungen zur Geschichte Palästinas und Nordarabiens am Ende des 2. Jahrtausends v.Chr. Abhandlungen des deutschen Palästinavereins 10. Wiesbaden: Harrassowitz 1988. ISBN 3-447-02862-9


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