Militärstiefel

Militärstiefel
Marschstiefel M1866 in der geschwärzten Ausführung ab 1915
Seestiefel der Bundesmarine, letztes Modell
Sohle eines Seestiefels der Bundesmarine
Seestiefel der Bundesmarine, Frontalansicht

Marschstiefel (umgangssprachl. Knobelbecher) sind lederne Schaft- und Kampfstiefel.

Merkmale

Der Knobelbecher entwickelte sich aus den Ursprünglich bis zu den Knien reichenden Marschstiefel des 17. und 18. Jahrhunderts. Sie reichen bis etwa 30cm über den Knöchel und sind aus schwarzem Leder. Knobelbecher haben keine Verschnürung. Noch während des Zweiten Weltkriegs trug man häufig Fußlappen („Fußlappenindianer“) an Stelle von Socken. Ein Fußlappen war ein Stück Tuch, das um den Fuß geschlagen und sehr sorgfältig gefaltet wurde, um Wundlaufen beim Marschieren zu vermeiden.

In der ursprünglichen Form besaßen Knobelbecher eine Ledersohle, die mit Nägeln und einem Absatzeisen ('Hufeisen') gegen Abnutzung geschützt war. Ledersohlen sind hautfreundlicher (vergleiche Hautpilz), weil durch Transpiration freigesetzte Feuchtigkeit besser abgeführt wird. Das Metall führte aber zu Geräuschen beim Laufen und führte somit zu einem Nachteil beim Straßen- oder Häuserkampf. Bei starker Kälte zeigte sich noch ein weiterer Nachteil der Metallteile: die Nägel leiteten die Wärme im Stiefelinneren nach außen, was das Auskühlen der Füße beschleunigte und so zu Erfrierungen an den Füßen führen konnte. Daher verwendeten die Landser oftmals die wintertauglicheren Filzstiefel gefallener Rotarmisten.

Geschichte

Bereits 1866 hatte die preußische Armee naturfarbene, fast kniehohe Marschstiefel eingeführt, welche ab 1914 geschwärzt werden mussten. Im Ersten Weltkrieg waren sie fester Bestandteil der Heere Deutschlands und Russlands, wo sie bis heute unverändert zur Ausrüstung des Soldaten gehören. Schon 1939 wurde in der Wehrmacht eine gekürzte Version eingeführt, um Leder zu sparen.

Nach 1945 kamen sie in der DDR bei der NVA und in den ersten Jahrzehnten beim Bundesgrenzschutz (BGS; ab 1951) der Bundesrepublik Deutschland in der Bundeswehr (ab 1955), und beim Katastrophenschutz zum Einsatz. Im BGS wurde ab 1951 die gekürzte Kriegsvariante eingesetzt. Statt Nagel- wurden nun Gummisohlen verwendet, auf der eine Stahlkappe befestigt wurde.

Die in den ersten Jahrzehnten bei der Bundeswehr eingeführten Knobelbecher lösten einen knöchelhohen Schnürstiefel ab, an den eine kurze Ledergamasche angearbeitet war. Dieses Schuhwerk hatte sich nicht bewährt. Der dann eingeführte Knobelbecher verfügte, entgegen dem Modell der Wehrmacht, über eine Schnalle zum Verengen des Schaftes und über langlebige Hartgummisohlen mit einem Rillenprofil, die auf die ledernen Sohlen aufgeklebt und aufgenäht waren. Die Form war geringfügig anders als die der Wehrmacht, Eisenteile kamen an diesem Schuh nicht mehr vor (außer der Schnalle am Schaft und den sogenannten Stoßeisen an der Stiefelspitze), man hatte aus den Erfahrungen des Krieges gelernt. Dieses bewährte Schuhwerk wurde nach und nach von der Bundeswehr durch den geschnürten Kampfstiefel ersetzt. Die letzten Knobelbecher wurden circa Mitte der 1980er Jahre an die Truppe ausgegeben. Heute verwendet lediglich noch die Deutsche Marine einen vom Schnitt her identischen Stiefel, der zwiegenäht und mit einer Hartgummiprofilsohle versehen ist. Allerdings wird auch dieser Stiefel nunmehr durch ein neueres Modell ersetzt.

Heute werden die ursprünglichen Stiefel nur noch vom Wachbataillon in einer eleganteren Ausführung, sowie von den verschiedenen Musikkorps getragen. Bei den Stiefeln des Wachbataillons handelt es sich um die ehemaligen Offiziersknobelbecher, die mit einem Absatzeisen ausgestattet sind. In der restlichen Truppe trifft man nur noch selten auf den Stiefel. Wenn, dann wird er meist von älteren Soldaten mit einem höheren Dienstgrad noch gerne getragen. Der Grund hierfür ist, dass manche Personen die Schnürstiefel (die den gesamten Fuß gleichmäßig mehr oder weniger eng umschließen müssen) als einengend empfinden; die Wahl zwischen Schnür- und Schaftstiefeln bleibt letztlich eine subjektive.

Nur noch wenige private Firmen fertigen in der Bundesrepublik auf Wunsch diesen bewährten Stiefel in der originalen Form mit identischen Materialien.

Literatur

  • Laurent Mirouze: Infanteristen des Ersten Weltkriegs Verlag Karl-Heinz Dissberger, Düsseldorf 1990 ISBN 3-924753-28-8
  • Laurent Mirouze: Infanteristen des Zweiten Weltkriegs Verlag Karl-Heinz Dissberger, Düsseldorf ISBN 3-924753-27-X
  • Hans-Jürgen Schmidt: Wir tragen den Adler des Bundes am Rock Band 1, Chronik des Bundesgrenzschutzes 1951-1971, Fiedler-Verlag, Coburg 1995 ISBN 3-923434-17-0
  • Cardona/Sanchez: Deutsche Herresuniformen und Ausrüstung 1933-1945 Motorbuch Verlag 2005 ISBN 3-613-02476-4

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